Risikogut gefrorenes Fleisch

10.3.2014 - Gefrorene Hähnchenware aus Deutschland und der Europäischen Union macht afrikanische Verbraucherinnen und Verbraucher krank, dies ergeben Recherchen des ZDF in Kooperation mit dem Slow Food Deutschland Partner "Brot für die Welt".

Risikogut Hähnchen

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In einem Beitrag für die Magazinsendung ZDF Zoom wurden nach Liberia/Westafrika exportierte Hähnchenteile aus Deutschland und aus der EU getestet. Das Ergebnis eines deutschen Labors ist erschreckend – kein Hähnchenteil war für den menschlichen Verzehr geeignet. Die Proben wurden auf verschiedenen Marktplätzen in und um Liberias Hauptstadt Monrovia genommen. Deutschland exportierte 2013 eine Million Kilogramm Hähnchenreste nach Liberia, die EU hat insgesamt 13 Millionen Kilogramm exportiert, was den Schlachthöfen in Europa acht Millionen Euro einbrachte.

„Das europäische Lebensmittelrecht verpflichtet Fleischproduzenten und Händler in ganz Europa seit der BSE-Krise, auch Verantwortung dafür zu übernehmen, in welchem Zustand das Fleisch dem Konsumenten angeboten wird. Deshalb können sich die deutschen Schlachthöfe, wie in der Dokumentation beschrieben, nicht damit herausreden, sie könnten nichts dafür, dass es in Afrika so heiß ist und es dort keine Kühlketten und keinen Strom dafür gäbe“, empört sich Francisco Mari, Agrarexperte bei Brot für die Welt. „Wer tiefgefrorenes Fleisch in Länder ohne Kühlkette verkauft, der nimmt gesundheitliche Schäden afrikanischer Verbraucher und Verbraucherinnen bewusst in Kauf. Das muss aufhören.“

Keine Exportgenehmigungen für Risikogut gefrorenes Fleisch

Brot für die Welt setzt sich schon seit längerem gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union dafür ein, die Zollämter anzuweisen, Exportgenehmigungen für das Risikogut „gefrorenes Fleisch“ zu verweigern, wenn bekannt ist, dass es im Zielland keine Kühlkette gibt.

„Die deutschen Botschaften oder die EU- Delegationen müssten nur angewiesen werden, zu melden, in welchen Ländern wegen fehlender Kühlketten ein Gesundheitsrisiko besteht“, sagt Francisco Mari. „Dazu zwingt eigentlich auch das Vorsorgeprinzip des EU- Lebensmittelrechts, und das gilt nach Artikel 12 auch für Exporte ins Ausland.“ Liberia ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Menschen sind immer noch auf Nahrungsimporte angewiesen, weil ein jahrelanger Bürgerkrieg die landwirtschaftliche Produktion zum Erliegen brachte.

Entwicklungsorganisationen wie Brot für die Welt unterstützen die Bevölkerung dabei, wieder eine lokale Nahrungsversorgung aufzubauen. Wie wichtig das ist, zeigt sich in Ländern wie Ghana, Togo oder Benin: Hier haben die fast 500 Millionen Kilo Hähnchenteile, die 2013 aus der EU nach Afrika exportiert wurden, die bestehenden einheimischen mittelständischen Hähnchenmastbetriebe, aber auch kleine Betriebe mit nur fünfzig Küken in den Ruin getrieben.

Aufbau einer lokalen Lebensmittelversorgung

Brot für die Welt begrüßt, dass Entwicklungsminister Gerd Müller Sondermittel zum Aufbau einer lokalen Lebensmittelversorgung in Afrika zur Verfügung stellen möchte. Francisco Mari: „Wir fragen uns aber, wie diese zur Reduzierung von Armut und Überwindung von Hunger beitragen sollen, solange arme Länder sich nicht gegen die Verwertung deutscher und europäischer Fleischreste auf afrikanischen Märkten mit leicht anwendbaren Handelsbeschränkungen wehren können.“

Quelle: Pressemitteilung von Brot für die Welt vom 6. März 2014

Im Bild oben: Gesunde Frischware auf einem Markt in Paris – nach Aufbau einer lokaler Versorgung sollte dies auch auf dem afrikanischen Kontinent Standard sein. | © Katharina Heuberger

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ZDF-Beitrag (Mediathek)

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