Slow-Food-Workshop: Was ist ein gutes Lebensmittel?

8.10.2016 - Was gehört in eine gute Wurst und was nicht? Wie lese ich das Etikett auf dem Fruchtjogurt richtig? Was verrät es mir und was wird mir dort verschwiegen? Diese und andere Fragen rund um die Qualität unseres täglichen Essens beantwortet der Slow-Food-Workshop „Was ist ein gutes Lebensmittel?“ am 22. Oktober 2016 in Nürnberg.

Slow-Food-Workshop: Was Etiketten so alles verschweigen

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Slow Food sieht es als wesentliche Aufgabe, Wissen über unsere Lebensmittel und ihre Herstellung zu vermitteln, so dass der informierte Verbraucher – im Sinne einer selbstbestimmten Ernährungssouveränität – entscheiden kann, was er isst. An den Beispielen Wurst, Käse und Brot vermittelt das Seminar „Was ist ein gutes Lebensmittel?“ Hintergrundwissen zum Thema Lebensmittelerzeugung. Es gibt Einblicke in die Methoden der Industrie und erklärt traditionell-handwerkliche Herstellungsweisen, die der Slow-Food-Qualitätsphilosophie entsprechen.

Bild oben: Handwerklich hergestellte Lebensmittel im Sinne der Slow Food Philosophie "gut, sauber, fair" - hausgebackenes Weizensauerteigbrot aus dem nordhessischen Slow Food Selbstversorger-Haushalt Artzt-Kniepkamp und die drei Arche-Produkte Nordhessische Ahle Wurscht, Westcombe Cheddar (hinten) und Raw Milk Stichelton (vorn). | © Margret Artzt

Zusatzstoffe: Nicht unbedingt gefährlich, mit Sicherheit aber überflüssig!

„Die Produkte der Industrie sind nicht gefährlich, dafür gibt es die entsprechenden Gesetze. Aber sie manipuliert den Geschmack unserer Lebensmittel und uns Verbraucher. Dazu verwendet sie Zusatz- und Hilfsstoffe“, erklärt Hanns-Ernst Kniepkamp, Diplom-Chemiker und Leiter der Qualitätskommission von Slow Food Deutschland, der die Seminare konzeptioniert hat. „Die Frage lautet, ob man diese Stoffe verzehren möchte, die für eine industrielle Produktion notwendig sind, und für eine handwerkliche Herstellung nicht.“

Bei der industriellen Herstellung steht das Ziel im Vordergrund, möglichst kostengünstig und gewinnoptimierend das immer gleiche Produkt herzustellen. Das bedeutet, die Zutaten müssen von Maschinen vollautomatisch be- und verarbeitet werden können, das ist billiger als menschliche Arbeitskraft. Zudem muss die Herstellung schnell gehen und es muss eine hohe Prozesssicherheit herrschen. Letzteres heißt, es darf wenig Ausschuss geben und alle Produkte sollen immer gleich aussehen und schmecken. Das wird erreicht durch jede Menge Hilfs- und Zusatzstoffe aus der chemischen Trickkiste und geht unter anderem zu Lasten des Geschmacks. Dieser wird dann nachträglich wieder in Form von Aromastoffen hinzugefügt.

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Deklarationspflicht: Was Etiketten so alles verschweigen.

„Alles in allem werden unseren Lebensmitteln Tausende von Stoffen zugesetzt – auch wenn offiziell nur von wenigen Hunderten die Rede ist. Der Gesetzgeber hat viele Stoffe, zum Beispiel die allermeisten Aromastoffe und Enzyme, etikettenfreundlich zu Nicht-Zusatzstoffen ernannt“, schreibt auch Udo Pollmer vom Europäischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungswisssenschaften e. V. in einer Broschüre für das „Deutsche Zusatzstoffe Museum“ in Hamburg.

Ein Beispiel: Fertigknödel. „Der Teig kommt geschmacklos wie Tapetenkleister aus der Maschine und wird dann mit den entsprechenden chemischen Hilfsmitteln wieder aufgepeppt“, erklärt Kniepkamp. Ein weiteres, gutes Beispiel sei auch Fleischsalat. Es mache einen großen Unterschied ob Fleischsalat mit der Hand in einen Becher gefüllt wird oder mit einer Maschine. Da entstehen Temperaturen und Scherkräfte, die den Geschmack stark beeinflussen. Das muss nachträglich mit Chemie wieder gerichtet werden. Selbst bei einer Scheibe Rohschinken mache es geschmacklich einen großen Unterschied, ob diese von einem Messer oder einer Maschine heruntergeschnitten wird, wie eine Gruppe deutscher Metzger bei einer Verkostung auf der internationalen Slow Food Messe, dem Salone del Gusto in Turin, erstaunt zugeben mussten, die Kniepkamp begleiteten.

Bild oben: Beispiele von Chemikalien, die Lebensmitteln bei der industriellen Herstellung zugesetzt werden. | © Deutsches Zusatzstoffmuseum 

Industriephilosophie: Wie die Wurst zur Schraube wird.

„Diese Arbeitsweise der Industrie ist ja hoch zu loben - bei der Herstellung von Schrauben. Aber Lebensmittel sind aus Sicht von Slow Food das falsche Objekt“, fasst Kniepkamp den Slow-Food-Ansatz pointiert zusammen. Die Herstellung nach traditionellen handwerklichen Methoden ohne Zusatzstoffe, die Slow Food Deutschland beispielsweise von allen Ausstellern auf dem „Markt des guten Geschmacks – der Slow Food Messe“ in Stuttgart verlangt, ist im Vergleich dazu eine große Herausforderung für den Produzenten. Denn die naturgemäße Verarbeitung von naturbelassenen Rohstoffen erfordert umfassendes Wissen, lange Erfahrung und Liebe zum Produkt.

Der Workshop wurde bundesweit bereits in mehreren deutschen Städten angeboten und findet auf Grund der großen Nachfrage nach einer längeren Pause nun in Nürnberg statt.

Eine Anmeldung zur Veranstaltung ist erforderlich! Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt. Auch Nicht-Mitglieder sind als Teilnehmer herzlich willkommen.

Workshop-Referenten:
Gert Weber, Chemie-Lehrer
Dr. Hanns-Ernst Kniepkamp, Diplom-Chemiker und Leiter der Qualitätskommission von Slow Food Deutschland

Ansprechpartnerin und Anmeldung:
Andrea Lenkert-Hörrmann
Projektbeauftragte Slow Food Deutschland e.V.
projektbeauftragte@slowfood.de

Kostenbeitrag:
20 Euro für Slow-Food-Mitglieder
35 Euro für Nicht-Mitglieder
Überweisung bitte bis 15.10.2016 auf das Konto von Slow Food Deutschland e.V.

Kontodaten:
GLS Bank
IBAN DE59 4306 0967 4037 9596 00
BIC GENODEM1GLS
Betreff: sfd-workshop Nürnberg 2016 und Mitgliedsnummer bei Slow-Food-Mitgliedern

Tagungsort:
NOA gGmbH
Noris-Arbeit gemeinn‚ützige Beschƒäftigungsgesellschaft der Stadt Nü‚rnberg m.b.H.
Allersberger Stra„ße 130 90461 N‚ürnberg Großer Saal, 3. Stock

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab Nürnberg-Hauptbahnhof:
Mit der Straßenbahn Linien 8 und 9 bis Haltestelle Wodanstraße. Von dort ein kurzer Weg zu Fuß. Die Linien 8 und 9 haben den gleichen Streckenverlauf und können beide genutzt werden.

Weitere Informationen:

Workshop-Informationen (PDF)

Das Programm (PDF)

Informationen zum Tagungsort (PDF)

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