Bioökonomie statt Hauswirtschaft: Neues Unterrichtsmodell des BMELV setzt fragliche Prioritäten

Presseinformation - Berlin, 13. November 2013

Bioökonomie statt Hauswirtschaft: Neues Unterrichtsmodul des BMELV setzt fragwürdige Prioritäten

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Die Butterbrotdose aus Pflanzenstärke, das Smartphonegehäuse vom Acker – aber Fleisch wird neuerdings im Labor hergestellt, und unsere Schulkinder verwechseln schon mal Erdbeeren und Tomaten. Das kürzlich vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) vorgestellte Unterrichtsmodul Biobasierte Wirtschaft: Neue Produkte aus der Natur gemacht will dazu beitragen, „Herausforderungen wie Ernährungssicherheit, Klimaschutz und den Erhalt von biologischer Vielfalt“ (PM 289/13 des BMELV) zu bewältigen und das eigene Lebensumfeld zu gestalten. Grundlegende Alltagskompetenzen aber, die genau diese Herausforderungen anpacken, sind der direkte Umgang mit Essen und Ernährung. Daher sollten die Themen Essen, Ernährung und nachhaltige Lebensmittelerzeugung auf den Lehrplan gesetzt werden – in theoretischer Aufbereitung aber wichtiger noch praktisch durch Einbindung von Schulküchen und Schulgärten.

„Kochen können, Lebensmittel anbauen können, ein umfassendes Wissen über Lebensmittel und die Zusammenhänge der Globalisierung haben: Das ist Lebens- und Überlebenswissen,“ so Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e.V. „Essen, Ernährung und Lebensmittelerzeugung spielen ein zentrale Rolle im privaten Lebensalltag ebenso wie im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Wir müssen junge Menschen darin unterstützen, ihren eigenen Ernährungsalltag verantwortlich und bewusst, genussvoll und selbstbestimmt gestalten zu können.“

Garten und Küche sind lebendige Lernorte, an denen man von anderen und von der älteren Generation und ihren Erfahrungen lernen kann, wie man Lebensmittel zieht und was man daraus machen kann. Auch die angestammten Schulfächern können Garten wie Küche als Lernorte nutzen: Geografie, Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Anthropologie, Kulturgeschichte – zu allem lässt sich im Garten ein Bezug herstellen und gleichzeitig das Engagement der Schüler und Schülerinnen fördern.  Schulgärten, in denen der gesamte Kreislauf der Lebensmittelerzeugung tatsächlich bis zur kulinarischen Verwertung für junge Menschen zugänglich wird, bieten von daher eine große Chance für die erfahrungsbezogene praktische Bildung eines verantwortungsvollen und wissenden Essers und Konsumenten. Nicht zuletzt tragen Lebensmittelwissen und Kompetenzen wie Hauswirtschaften und Kochen dazu bei, die enorme Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen. Sie ermöglichen es, sinnvoll einzukaufen, Reste zu verwerten und Lebensmittel durch Verarbeiten, Konservieren und richtiges Lagern vor dem frühzeitigen Verderben zu schützen.

Geschmacksbildung und Lebensmittelwissen

Slow Food leistet Geschmacks- und Lebensmittelbildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Bildungsprojekte von Slow Food nehmen verschiedene Formen an: Geschmackserlebnisse, Besuche auf Bauernhöfen und in Produktionsstätten, Konferenzen, Workshops und Abendessen mit den Produzenten. Teilnehmern jeden Alters wird dadurch das Verständnis für Lebensmittelqualität, Saisonalität, biologische Vielfalt und Respekt vor der Natur nahegebracht. Der Slow Food Ansatz zur Bildung basiert auf der Ansicht, dass Ernährung untrennbar mit Genuss, Kultur und Geselligkeit verbunden ist. Geschmacksbildung ist das beste Mittel gegen die Flut aus Fast Food und genormten Lebensmitteln, und der beste Weg, die einheimische Küche, traditionelle Produkte, Gemüsesorten und Tierrassen zu schützen.

Mehr Informationen zum Slow Food Bildungsaktivitäten für Kinder und Jugendliche:
www.slowfood.de/kinder_und_jugendliche

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Foto © Stefan Abtmeyer; Für Pressefotos schreiben Sie bitte an  a.klitzing@slowfood.de

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