ein Rückblick

 12.9.2012 - Die Aktivisten des "Good Food March" haben auf ihrem Weg nach Brüssel am 28. August im schwäbischen Günzburg an der Donau Station gemacht. Im Mittelpunkt der von Slow Food mitorganisierten Kundgebung stand die Kartoffel - aus einheimischer, naturnaher Landwirtschaft. Redner protestierten gegen die massenhafte Verschwendung von Lebensmitteln und forderten eine am Gemeinwohl orientierte Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik. Ein Bericht von Sigi Körner

Good Food March macht Station in Günzburg

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"Rauchschwaden hängen über dem Wetteplatz an diesem letzten Dienstag im August. Es ist Markttag in Günzburg, der schwäbisch-bayerischen Kreisstadt an der Donau. Ein Ungetüm aus mannshohen Kesseln und meterhohem Kamin auf hölzernem Fahrgestell drängt den Schweinchenbrunnen in den Hintergrund. Dieter Gerstmeyer legt Buchenholz nach, um seine historische „Kartoffeldämpfe“ auf Temperatur zu bringen. Damit wurden einst die Kartoffeln für die Schweinemast gedämpft, da Energie teuer war, immer gleich fürs ganze Dorf.

Heute werden aus der „Dämpfe“ dem neugierigen Marktpublikum Kartoffeln aus regionaler Erzeugung angeboten. Kartoffeln, wie sie die Kartoffelwirte aus dem Donaumoos an ihrem Stand zeigen. Daneben informiert das Slow Food Convivium „Schwäbische Donau“ über das Slow Food Projekt Terra Madre. Die bayerische Umweltstation Bächingen und das Donaumooseum fassen den Platz mit großformatigen Plakaten, die für eine nachhaltige Landwirtschaft und weitreichende Artenvielfalt werben.

Kräuter für den Lukelleskäs

Kinder des St. Claraheimes rupfen und schneiden Kräuter für den „Lukelleskäs“, dem idealen Kartoffelbegleiter aus Quark (natürlich aus heimischer Molkerei), Zwiebeln und Kräutern, die die Kinder in ihrem Garten am Morgen gepflückt haben. Mit dem Eintreffen der Radler des Good Food Marches eröffnet Hubert Krimbacher, der Biolandwirt aus dem Kamental, die Veranstaltung, die in Günzburg dem Motto folgt: Welche Landwirtschaft, welche Ernährung wollen wir. Der zweite Bürgermeister der Kreisstadt, Anton Gollmützer, betont in seinem Grusswort die kleinteilige, naturnahe Landwirtschaft der Region, die es zu erhalten gilt. Ganz wesentlich für den Erhalt dieser Kulturlandschaft sind die Bienen. Thomas Hefele, Vorstand des Kreisimkerverbandes und Slow Food Mitglied: „ Der volkwirtschaftliche Nutzen unserer Bienenvölker übertrifft den Ertrag aus der Honigernte um ein Vielfaches.“

Ein Lebensmittel ist kein Wegwerfprodukt

Unser Vorstandsmitglied Robert Friedenberger, stellvertretender Leiter des Conviviums „Schwäbische Donau“, setzt sich mit dem Problem der Verschwendung auseinander. Die derzeit stattfindende Verramschung unserer Lebensmittel führt notwendig zur fehlenden Wertschätzung dieser Lebensmittel. Dadurch werden Lebensmittel zum Wegwerfprodukt. Er setzt sich für eine bäuerlich strukturierte, wertorientierte Landwirtschaft ein: gegen eine Agrarindustrie, die entgegen ihrer Versprechungen den Hunger in der Welt weiter rapid ausbreitet.

Slow Food steht für:

  • die Erforschung der Funktion lokaler Ökosysteme
  • die Vermittlung von traditionellem Wissen mit zeitgemässen Methoden
  • die Unterstützung der Jugend, damit die in der Lebensmittelerzeugung wieder Fuss fassen können
  • die Bewahrung und Stärkung regionaler Identitäten und der biologischen Vielfalt.

Bauernhöfe statt Agrarindustrie

Slow Food fordert eine Agrarpolitik, die die Ernährungssicherheit der Menschen nicht weiter bedroht. Slow Food will Bauernhöfe statt Agrarindustrie. Stephan Kreppold, Aichacher Biolandwirt und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft will eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik. In seinem leidenschaftlichen Vortrag stellt er die Frage nach der Strukturentwicklung in der Landwirtschaft. „Auf Grund der Flächensubvention werden gigantische EU-Subventionssummen von billigst produzierenden Grossgrundbesitzern abgeschöpft. Durch diese Monokulturen werden Lebensmittel in vielerlei Hinsicht unsicher und zum Ramschartikel. Wir brauchen eine am Gemeinwohl orientierte Agrarpolitik. Notwendige Subventionen müssen sich an ökologischen Grundsätzen orientieren. "Agrarindustrie-orientierte EU-Bürokraten dürfen nicht das Wesen unserer Landwirtschaft bestimmen", sagt Hubert Krimbacher, bevor er die Good Food March Aktivisten mit seinem Lied „Die Erde liebt euch“ auf ihren langen Weg nach Brüssel entlässt."

Text: Sigi Körner

Mehr Informationen:

Slow Food Aktivitäten zur Lebensmittelverschwendung

Good Food March


Im Bild oben: Kartoffelwaschen, bevor die Kartoffeldämpfe zum Einsatz kommt.

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 Günzburger Marktplatz: Kartoffeldämpfe in Aktion

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 Informationsstand: Besucher informieren sich über den Good Food March 2012

Conviviumsgründung an der Schwäbischen Donau

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 14.8.2012 - Am 29. Juli wurde zwischen Ulm und Neu-Ulm das 81. Slow Food Convivium in Deutschland aus der Taufe gehoben. Den Gründungsakt des Conviviums "Schwäbische Donau" feierten 46 Slow Food Mitglieder anschließend gemeinsam mit zahlreichen Gästen und der lokalen Presse mit einer zünftigen Donauschifffahrt.

Zuvor wurde unter Leitung von Rupert Ebner, Vorstandsmitglied und Schatzmeister von Slow Food Deutschland, der Weinhändler und Koch Sigi Körner aus Blaustein zum Conviviumsleiter gewählt. Als Stellvertreter fungiert der Günzburger Robert Friedenberger. Über die Satzungsforderungen hinaus wählte die Gründungsversammlung Verena Weindl aus Neu-Ulm und Wolfgang Schmucker aus Blaustein als Beisitzer der Conviviumsleitung, beide mit definierten Aufgabenbereichen. Die Wahlen waren bei Enthaltungen der jeweiligen Protagonisten einstimmig.

Die anschliessende Vesper auf der Donau bildete den kulinarischen Rahmen der Gründung. Mitglieder der Kochgruppe des Conviviums servierten Leckerbissen aus dem Donaumoos und von der Schwäbischen Alb, darunter Quark aus der Molkerei Gast (Kötz bei Günzburg), abgeschmeckt mit frischen Kräutern, "Laubfrösche" (mit Fischfarce gefüllte Mangoldblätter); Forellenküchlein (Frikadellen) auf Linsensalat aus dem Slow Food Arche-Passagier Albleisa; selbstgebackenes Brot; Ziegenkäse von der Bertelemühle in Günzburg und als Dessert selbstgebackene Donauwellen. Begleitet wurde der Festschmaus von Weinen des Weinguts Bader aus dem Remstal sowie badischen Weinen und dem süffigen Bier der Pflugbrauerei in Hörvelsingen.

"Unser neues Convivium umfasst ein flächenmässig großes und recht unterschiedliches, landwirtschaftlich strukturiertes Gebiet," erläutert der stellvertretende Conviviumsleiter Robert Friedenberger. "Deshalb wollen wir uns in erster Linie den landwirtschaftlichen Erzeugern und den handwerklichen Verarbeitern zuwenden. Wir wollen ihr Wissen aufnehmen und ihre Erinnerungen wachhalten. Wir wollen lernen, Lebens-Mittel als Mittel zum Leben zu beurteilen und ihre Qualitäten zu schätzen."

Als erste Veranstaltungen plant das Convivium Schwäbische Donau am 28. August die Teilnahme am Good Food March mit einer Kartoffelaktion in Günzburg sowie am 2. September gemeinsam mit dem Convivium Ostalb-Limpurger Land den Besuch des letzten deutschen Köhlers.

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