Bergschafe

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Bergschafe im Werdenfelser Land

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Wenn sich im oberen Loisachtal der Schnee auf den Gipfeln zurückgezogen hat und die hochaufragenden Felsen des Wettersteingebirges wieder grau geworden sind, dann ist der Almsommer für die weißen und braunen bayerischen Bergschafe des Werdenfelser Landes nicht mehr weit. Bald schon werden sie unter hellem Bimmeln von Hunderten von Glöckchen begleitet von Hirten, Treibern und Haltern hinaufziehen auf ihre Sommerweiden. | Der Text von Ursula Hudson ist erschienen im Slow Food Magazin 03/2012.

Das Werdenfelser Land ist eine der genuinen bayerischen Bergschafregionen; der Zuchtverein für Bergschafe besteht seit 1923. Die Rasse, heute zählt sie zu den gefährdeten Nutztierrassen, ist ursprünglich aus einer Mischung aus Bergamaskerschaf, Steinschaf und Zackelschaf hervorgegangen. Die Tiere sind mittelgroß, extrem trittsicher und durch die dichte und lange Wolle wetterunempfindlich. Die raue Hochgebirgslandschaft halten sie frei von Verbuschung und – gemeinsam mit ihren Haltern, Hirten und Treibern – sind sie von zentraler Bedeutung für den Erhalt der besonderen Kulturlandschaft der bayerischen Hochalpen. Am Berg verfestigen die Schafe mit ihrem Tritt den Boden und dabei arbeiten sie den selbst produzierten Dünger gleich mit in den Boden ein. Sie transportieren in ihrem Fell Samen und kleine Tiere und sorgen so für einen Austausch von Tier und Pflanze in luftigen Höhen. Das weiße Bergschaf ist seit 1938 als eigenständige Rasse anerkannt; das braune Bergschaf war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg fast ausgestorben. Seit den 70ern bemühen sich Schafhalter wieder um den Erhalt des braunen Schafes, das einst wegen des Lodens gezüchtet worden war.

Jeder Markt, jedes Dorf des oberen Loisachtals hat seine Vor- und Hauptweiden, kleinteilig aufgeteilt für verschiedene Herden und Gruppen. Die niedergelegene Hauptweide für die Bergschafe aus dem Ortsteil Partenkirchen ist je nach Schneelage ab Ende April das Gebiet des ca. 1.800 Meter hohen Wank. Um den traditionellen Auftriebstag für die Schafe ins Wettersteingebirge, dem Namenstag des Heiligen Anton am 13. Juni, geht es dann in die Hochlagen: Zunächst wird die gesamte Partenkirchner Hauptherde, je nach Jahr etwa 500 Bergschafe, in den Reintalanger unterhalb der Zugspitze aufgetrieben. Von dort verteilen sich die Schafe unter der Führung von alten erfahrenen Mutterschafen selbständig in Kleingruppen an ihre angestammten Weideplätze: ins hintere Reintal, auf das Frauenälple unter der Dreitorspitze, wo angeblich ganz besondere Gräser und Kräuter wachsen, ins obere Reintal, in das hochgelegene Schüsselkar und auf das gesamte Zugspitzplatt.

Oft geht es hoch hinaus. Die braunen Bergschafe von Sepp  Grasegger, dem Sprecher der Partenkirchner Schafhalter, ziehen zum Beispiel weit in die Höhen des Schüsselkars – bis auf 2.600 Höhenmeter. Der Aufstieg erfolgt auf einem schmalen, extrem steilen Steig durch eine Felswand, auf dem die Schafe hinter ihrem Halter her im Gänsemarsch schnell an Höhe gewinnen. Ein Fehltritt und das Schaf stürzt ab – glücklicherweise passiert selten etwas.

Auf ihrer Hochweide bleiben die Schafe bis Anfang September. Mit Beginn des Bergherbstes werden sie von ihren Haltern an ihren Weideplätzen aufgesucht und bis zur gemeinsamen Sammelweide im Oberreinthal Boden zusammengetrieben. Der Abstieg der Braunen aus dem steilen, unwegsam gelegenen Schüsselkar ist ein Schauspiel, das sich lohnt zu betrachten. Bis zur endgültigen Rückkehr nach Partenkirchen dauert es aber noch. Zunächst bleiben die Schafe wieder ein paar Tage im Oberreintal, bevor sie zum nächsten Bestimmungsort, dem niedriger gelegenen sogenannten Stuibn aufbrechen. Ein Fest der Partenkirchner Schafhalter ist unmittelbar nach dem endgültigen Abtrieb die sogenannte Schafscheide, bei der die Schafe voneinander getrennt und von ihren Besitzern wieder in Empfang genommen und prämiert werden.

Foto: Nachzügler. Die Männer bringen einige Schafe von Stellen am Berg, die schwer zugänglich sind. | © Bärbl Strobel, Partenkirchen


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