Bremen: Fish Dependence Day

Wie sich der Klimawandel auf unser Gemeingut Fisch auswirkt, war Thema beim Fachgespräch „Kein Klima für Fische!“ am Fisch Dependance Day am 29. April in Bremen. Slow Food Deutschland, Brot für die Welt und Fair Oceans machten deutlich, dass klimabedingte Störungen die ohnehin ausgebeuteten Fischbestände weiter reduzieren. Ein globales Problem, bei dem Politik und Wirtschaft über Grenzen hinweg zusammenarbeiten müssen.

Bremen, 29.4.2017 | Fish Dependence Day 2017: Achtsam umgehen mit dem Gemeingut Fisch

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„Jeder Bissen Fisch, der seit heute in Deutschland verzehrt wird, ist rechnerisch nur noch mit Hilfe von Importen möglich“, sagte Kai Kaschinski zum Auftakt der Diskussionsrunde von Slow Food Deutschland, Brot für die Welt und Fair Oceans. „Deutsche Fänge aus Nord- uns Ostsee sind nun also schon aufgebraucht. Wir werden Fisch importieren und das wirkt sich auf die Ernährungssicherheit in ärmeren Ländern aus.“ Die marinen Ökosysteme sind nicht nur durch ausbeuterische Fangtechniken bedroht, sondern auch durch den Klimawandel. Der Meeresspiegel steigt, der Ozean wird sauer.

Bild oben: Die Teilnehmer des Fachgesprächs (v. l. n. r.) Stefan Königstein (Universität Bremen), Kai Kaschinski (Fair Oceans Bremen), Ursula Hudson (Slow Food Deutschland) und Uwe Sturm (Infoportal Fisch vom Kutter) diskutieren über die Folgen des Klimawandels für die weltweiten Fischbestände.

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Nachdenken über den Fischkonsum

Ursula Hudson forderte einen achtsamen Umgang mit dem Gemeingut Fisch. „An diesem Tag sollten alle über ihren Fischkonsum nachdenken. Wir wollen gute, saubere und faire Lebensmittel. Deshalb müssen wir uns fragen, woher der Fisch auf unserem Teller kommt und unter welchen Bedingungen er aus dem Wasser geholt wird“, so die Vorsitzende von Slow Food Deutschland. „Wenn wir fair und umweltschonend handeln wollen, haben wir zu akzeptieren, dass nicht jeder Fisch rund ums Jahr verfügbar ist. Gegebenenfalls müssen wir unsere Verzehrgewohnheiten ändern.“ Eine Aquakultur, die ähnlich wie in der industriellen Massentierhaltung hochtechnisiert riesige Fischmengen hochzüchtet, sei keine Lösung.

Bild oben: Gebackener Karpfen mit Spargelsalat. Für nachhaltigen (Fisch-)Genuss sorgen kleine Köstlichkeiten aus regionaler Fischerei, zubereitet von Jan-Philipp Iwersen und seinem Team des Restaurant Küche13 aus Bremen.

Entwicklungspolitische Verantwortung

Kai Kaschinski, weitete für Brot für die Welt und Fair Oceans den Blick auf die globale Perspektive. Die Konkurrenz um die letzten Fischbestände hat negative Folgen für die Ernährung der Menschen in Entwicklungsländern. „Es trifft immer die Ärmsten“, betonte er. „Wird der Fisch zum Beispiel aus Westafrika in Richtung Europa exportiert, ist die Proteinversorgung der einheimischen Bevölkerung dort gefährdet. Auswirkungen des Klimawandels wie der steigende Meerespegel oder auch Extremwetterereignisse treffen ebenfalls die Ärmsten zuerst. Und zwar massiv, denn sie sind von Naturzerstörung unmittelbar betroffen.“ Deshalb müsse die Bundesregierung auf der Klimakonferenz im September ihren Einsatz für die globalen Klimaziele verstärken.

Forschung mit ganzheitlichem Ansatz

Sauerstoffmangel in Küstengewässern, steigende Wassertemperaturen und das Abwandern von Fischarten in kältere Gewässer waren die Stichworte von Stefan Königstein. Der Biologe von der Universität Bremen stellte seine Arbeit im Rahmen des Forschungsprojekts „BIOACID“ vor (www.bioacid.de), das sich mit den Effekten der Ozeanversauerung auf die Organismen in den Meeren, sowie den Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft beschäftigt. Das Team in Bremen geht mit ganzheitlichem Blick ans Werk und ermittelt, wie die verschiedenen Nutzergruppen in Zeiten des Klimawandels über die Ressourcen des Meeres verfügen: Traditionelle Fischer, Aquakulturbetreiber, Tourismusbetriebe oder Lizenznehmer für Öl- und Gasextraktion. Alle sind sie auf die eine oder andere Weise vom Klimawandel betroffen, haben aber ganz unterschiedliche Möglichkeiten auf diesen zu reagieren. Gerade die Kleinfischerei kann von Klimaänderungen stärker betroffen sein als andere Gruppen.

Faire Lebensmittel aus der Region

Stark an den regionalen Interessen der handwerklichen Fischereibetriebe an der deutschen Nord- und Ostsee orientiert ist ein Projekt, das Uwe Sturm den Zuhörern ans Herz legte. Unter www.fischvomkutter.de können Verbraucher tagesaktuell sehen, wann Fischer in welchen Häfen anlegen und was sie aktuell gefangen haben. Frisch vom Kutter bekommen Einheimische, Touristen und Gastronomen regionale, saisonale und nachhaltige Ware.

Das Fachgespräch fand mit den folgenden Teilnehmenden am 29. April 2017 im Überseemuseum in Bremen statt:

Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e.V. 
Dipl. Biol. Stefan Königstein, Universität Bremen, Projekt „Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischerei“ 
Uwe Sturm, Infoportal Fisch vom Kutter
Kai Kaschinski, Fair Oceans

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Der Fokus des diesjährigen Fish Dependence Day am 29. April 2017: „Kein Klima für Fische!“

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Im Anschluss an das Fachgespräch setzte sich der rege Austausch zwischen den Podiumsteilnehmern und den Gästen fort.

Alle Bilder vom Fish Dependence Day 2017: © Rose Schweizer

Mehr Informationen:

Forschungsprojekt BIOACID

Infoportal Fisch vom Kutter

Slow Thema "Nachhaltige Fischerei": Aktionen, Informationen, Positionen

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