EU-Konsultationen zur Bodenschutzstrategie - Die Zeit ist reif für Agrarökologie!

Bodenbildung ist ein langwieriger Prozess: Es dauert gut tausend Jahre, bis sich fünf Zentimeter fruchtbarer Boden bilden. Wenn Boden zerstört wird, bspw. durch Bauarbeiten, so ist dies nahezu unwiderruflich und erfordert langwierige und komplexe Maßnahmen zur Wiederherstellung. Aber es sind nicht nur Bauarbeiten, die den Boden zerstören, auch die industrielle Landwirtschaft trägt erhebliche Verantwortung. „Die Verbreitung der industriellen Landwirtschaft, die auf Ertragssteigerung abzielt, ist eng mit dem Einsatz von synthetischen Chemikalien, Gentechnik und Technologie verbunden; sie fördert die Ausbreitung von Monokulturen mit unausweichlich negativen Folgen für unseren Wasser- und Bodenverbrauch und beeinträchtigt die Bodenfruchtbarkeit“, kommentiert Marta Messa, Leiterin des Europabüros von Slow Food. „Slow Food sagt ganz klar: Nur agrarökologische Praktiken, die Monokulturen und den Einsatz synthetischer Chemikalien verhindern, tiefes Pflügen vermeiden, Fruchtfolgen einhalten und Gründüngung einführen, können die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten bzw. regenerieren.”

Ziel der Biodiversitäts- und der Farm-to-Fork-Strategien der EU ist es, den Nährstoffverlust bis 2030 zu halbieren – bei Sicherstellung einer gleichbleibenden Bodenfruchtbarkeit. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns alle lautstark dafür einsetzen, „dass die EU einen rechtsverbindlichen Rahmen bekommt, um die Böden in Europa vor den Bedrohungen durch illegale Landnahme, Bodendegradation und Verschmutzung zu schützen“, so Messa weiter. „Aus diesem Grund muss die neue Bodenschutzstrategie Agrarökologie als Hauptinstrument festlegen, um diese Ziele zu erreichen.“ Die Bodenschutzstrategie hat das Potential, Europa wieder auf den richtigen Kurs zur Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit zu bringen. Dafür ist es aber von grundlegender Bedeutung, dass die Gemeinsame Agrarpolitik sowohl auf die Bodenschutzstrategie als auch auf die Biodiversitäts- und die Farm-to-Fork-Strategieabgestimmt ist. 33,1 Prozent, also gut ein Drittel des gesamten EU-Haushalts, entfallen auf die Gemeinsame Agrarpolitik, da muss der Green Deal in konkrete Maßnahmen übersetzt werden.

Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation kann sich jeder bis zum 27. April >> hier zur Bodenschutzstrategie zu Wort melden.

Ziel der neuen EU-Bodenschutzstrategie ist es, Problematiken in Verbindung mit Land und Boden zu bewältigen und bis 2030 eine Neutralität der Bodendegradation zu erreichen, einen der Schlüsselpunkte der UN-Nachhaltigkeitssziele. Die Strategie beschreibt, wie man die Fruchtbarkeit der Böden schützen, Erosion verringern und den Gehalt organischer Substanzen im Boden erhöhen kann. Dabei kommen auch Herausforderungen zur Sprache, wie die Identifizierung verschmutzter Standorte, die Wiederherstellung degradierter Böden, die Definition von Bedingungen für einen guten ökologischen Zustand der Böden und eine verbesserte Überwachung der Bodenqualität.

Böden mit weniger als 2 Prozent organischer Substanz, wie sie häufig in Ländern vorkommen, in denen intensive Landwirtschaft mit einem starken Einsatz von Chemikalien und einem hohen Grad an Mechanisierung vorherrscht, sind ausgelaugt, strukturlos und degradiert. Die Hälfte aller europäischen Länder haben Böden mit einem geringen Gehalt organischer Substanz, insbesondere in Südeuropa, aber auch in einigen Teilen von Großbritannien und Deutschland. Kein chemischer Dünger kann dieses Defizit ausgleichen.

Der Verlust der biologischen Vielfalt des Bodens gefährdet die Funktionen des Ökosystems Boden. Der Übergang zu agrarökologischen Lebensmittelsystemen sollte von den Zehn Elementen der Agrarökologie und den 13 Agrarökologischen Prinzipien der FAO geleitet werden, sowie von den Empfehlungen der hochrangigen Expertengruppe zu Ernährungssicherheit und Ernährung des Ausschusses Welternährungssicherung. Kurz gesagt, kann Chemie allein unser Agrarland nicht retten, wie auch die Wissenschaft belegt: Ende März hat die Fachzeitschrift Nature Geoscience eine Studie veröffentlicht, die eine Gruppe von Wissenschaftlern der Universität Sydney vorgelegt haben, nach der 64 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche von Verschmutzung durch Pestizide bedroht und 31 Prozent, darunter der Großteil der Flächen in Europa, stark gefährdet ist.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir die wichtige Rolle anerkennen, die agrarökologisch arbeitende Kleinbauern dabei spielen, gesunde Böden zu erhalten und welches Potential sie dabei haben, den Übergang der breiteren Gemeinschaft der Landwirte zu nachhaltiger Bodenbewirtschaftung sicherzustellen. Auch lokale Gemeinschaften sind unerlässlich, um gesunde und faire Lebensmittelsysteme zu garantieren. Öffentliche Fördermittel müssen deshalb an diejenigen gehen, die regenerative Praktiken in die Tat umsetzen“, schließt Messa.

>> Hier erfahren Sie mehr über unsere Position zu den Biodiversitäts- und Farm-to-Fork-Strategien der EU.

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