Herbstzeit ist Fermentierzeit

30.10.2020 - Jetzt ist Erntezeit und es gibt bei uns regionales Gemüse in Hülle und Fülle. Die perfekte Jahreszeit zum Fermentieren, denn es ist preiswert, nachhaltig, bunt und schmeckt!

lila_Rettich (c) Barbara Assheuer.jpgFermentieren ist viel mehr als das bloße Haltbarmachen von Gemüse. Es ist die Verwandlung von rohem Gemüse zu etwas Neuem, Einzigartigem. Die Milchsäurebakterien befinden sich in und auf dem Gemüse. Sie machen das Gemüse nicht nur haltbar; durch die Milchsäuregärung entsteht eine Aromenpalette von einer erstaunlichen Vielfalt.

Das Fermentieren ist eine jahrtausendealte Kulturtechnik und gehört in vielen Regionen der Welt zur Alltagsküche. Auch hierzulande machen sich viele von uns diese Technik bereits zunutze, und erweitern damit ihr eigenes kulinarisches Spektrum. Denn Fermente können für sich als kleiner Imbiss genossen oder mit Gerichten kombiniert werden. Sie geben den Speisen nicht nur einen Kick Säure, sondern verleihen ihnen besondere geschmackliche Noten.

Ganzheitliches Vergnügen

Blumenkohl_Kimchi (c) Barbara Assheuer.jpgFermente sind probiotisch, in ihnen stecken wertvolle Mikroorganismen. Diese sind besonders wichtig für das Mikrobiom des Darms und somit die menschliche Gesundheit. Zudem sind Fermente preiswert und ein Beitrag zu nachhaltigem Handeln. Zum Beispiel wenn es darum geht, die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden. Beträchtliche Mengen des angebauten Gemüses kommt nicht in den Handel, es bleibt auf den Äckern liegen oder wird entsorgt, obwohl es gut und verzehrbar ist. Das Fermentieren bietet sich hier als eine von vielen Möglichkeiten der weiteren Verwertung an. Am besten auf den lokalen Wochenmärkten oder direkt bei den Höfen nach ausgemustertem Gemüse Ausschau halten.

Nahezu alle Gemüsesorten lassen sich fermentieren. Auch Gemüseteile, die wir aus Gewohnheit wegwerfen. So lässt sich aus Blumenkohlblättern Kimchi zubereiten. Zu klein geratene Rettiche oder Gurken lassen sich im Ganzen mit Kräutern, Meerrettich, Senfkörnern oder anderen Gewürzen in Salzlake einlegen und bereits nach einer Woche sind es knackige Begleiter zum Abendbrot.

Und wenn eine Sellerieknolle im Kühlschrank in Vergessenheit geraten und nicht mehr so ansehnlich ist, dann lässt sich auch diese noch gut fermentieren. Dafür wird sie gewaschen, geraspelt und mit etwas Salz und Currypulver gewürzt. Nach wenigen Tagen entsteht aus ihr ein feines Ferment. Zwar enthält dies nicht mehr die volle Menge an Vitaminen und anderen wertvollen Inhaltsstoffen, aber das ist kein Grund, die Sellerieknolle zu entsorgen.

Fruchtige Begleiter

Vietnam_in_Lake (c) Barbara Assheuer.jpgIn China und Vietnam zum Beispiel werden noch unreife Früchte wie Feigen im Ganzen mit Ingwer, Chili und Knoblauch in Salzlake eingelegt. So wird Obst, das roh ungenießbar ist, durch Fermentieren essbar gemacht. Fermentierte fruchtige Begleiter lassen sich auch bei uns herstellen: Mit einer Auswahl an Gewürzen nach eigenem Belieben können wir Holunderbeeren oder Kirschen fermentieren, obwohl diese nicht vollständig ausgereift sind. Das geht auch mit Wildapfel oder Zierpflaume, von denen wir oft meinen, sie seien nicht genießbar oder gar giftig.
Also, es gibt nur Vorteile. Ran an die Wurzeln, Blätter und Früchte! Und zwar jetzt.

Allgemeine Tipps


Tipps Gemüse

  • Fermentiertes Gemüse ist probiotisch, denn es steckt voller wichtiger Mikroorganismen.
  • Nahezu alle Gemüsesorten können fermentiert werden.
  • Sehr dankbar sind Wurzelgemüse, Rettiche und alle Kohlsorten.
  • Mit Gewürzen, Kräutern und Algen (gibt es in getrockneter Form im Bioladen) das Ferment ansetzen und geschmacklich aufpeppen. Die Aromenvielfalt ist beeindruckend.
  • Am besten ein Sturzglas, kein bauchiges Glas verwenden.
  • Fermentieren ist preiswert, nachhaltig, bunt und schmeckt saugut.

Tipps Obst

  • Auch Obst kann fermentiert werden. Besonders gut eignet sich Obst mit festem Fruchtfleisch wie Birnen oder noch nicht ausgereifte Aprikosen.
  • Gewürzt wird entweder nur mit etwas Salz und Thymian oder Rosmarin oder wenn es geschmacklich etwas kräftiger sein darf mit etwas Salz, Ingwer, Chili und Knoblauch.
  • Ein Obst-Ferment ist es ein wunderbarer Magenöffner vor dem Essen oder geeignet als Zwischengang.
  • Auf diese Weise fermentiertes Obst hält sich nicht lange, da es durch den hohen Fruchzuckeranteil schnell gärt. Am besten also sofort aufessen.
  • Obst kann auch als Zugabe zu einem Gemüse fermentiert werden. Klassisch ist Rotkohl mit Apfel, aber auch gelbe Bete mit geriebenem Apfel und etwas Zitronenschale oder Weißkohl mit Birne werden sehr fein.

Rezepte

Goldgelber Blumenkohl in Lake

Blumenkohl_in_Lake (c) Barbara Assheuer.jpg1 Kopf Blumenkohl

70 g naturbelassenes Salz

1,5 Liter Wasser

1 Kurkumawurzel

2 Lorbeerblätter

1 TL Pfefferkörner

2-3 getrocknete Chilis

Zunächst die Salzlake herstellen. Dazu 50 g Salz in einem Liter Wasser auflösen. Beiseite stellen.

Den Blumenkohl waschen und in Rosetten von ca. 5-7 cm teilen. Den Strunk in kleine Stücke schneiden.

Dann werden die Gewürze in ein großes, hohes Glas gegeben:

Die Kurkumawurzel waschen, nicht schälen. 3 cm der Kurkumawurzel hobeln oder reiben und zusammen mit den Lorbeerblättern, den Pfefferkörnern und den Chilis in das leere Glas geben. Darauf die Blumenkohlrosetten dicht schichten und mit der Salzlake auffüllen.

Das Glas bis maximal 4/5 befüllen und darauf achten, dass keine großen Luftlöcher verbleiben. Das Gemüse muss vollständig unter der Lake sein. Dann mit einem mit Wasser gefüllten Marmeladenglas beschweren. So wird es unter Wasser gedrückt und es kommt nicht mit Sauerstoff in Berührung, denn das könnte zu Schimmelbildung führen.

Das Glas 5-7 Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen. Das ist die aktive Gärphase. Nach drei oder vier Tagen eine erste Kostprobe nehmen und bei Wohlgefallen da Marmeladenglas entfernen, den Blumenkohl mit der Lake in kleinere Gläser füllen und diese in den Kühlschrank stellen. Ist der Geschmack noch nicht intensiv genug oder die Säure noch nicht ausgeprägt, dann noch einige Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen, täglich probieren.

Tipps

  • Nach zwei oder drei Tagen den Inhalt des Glases einmal durchmischen, damit sich der Kurkuma und die Aromen gut verteilen. Dazu die Hälfte des Blumenkohls einmal herausnehmen, auf einem Teller parken, den verbleibenden Inhalt im Glas gut durchmischen und mit dem Blumenkohl wieder auffüllen. Dann weiter verfahren wie oben beschrieben.
  • Ist der Blumenkohl frisch geerntet und hat noch seine frischen Blätter, dann kann aus den Blättern ein Kimchi bereitet werden: Dazu die dicken Teile des Strunks in 1-2 cm große Stücke schneiden, die Blätter können im Ganzen bleiben. Mit Salz (2 %, bezogen auf die Gemüsemenge), Chiliflocken, etwas gehacktem Ingwer und Knoblauch vermischen und alles in ein Glas füllen. Das Gemüse mit einem Marmeladenglas beschweren und wie oben beschrieben weiter verfahren. Daraus wird ein köstliches und sehr besonderes Kimchi.

Coleslaw – Weißkohl mit Karotte

1 mittelgroßer WeißkohlColeslaw (c) Barbara Assheuer.jpg

Ca. 300 g Karotten

3 Zwiebeln

30 g unbehandeltes Salz

frisch gemahlener Pfeffer

Die äußeren Blätter des Kohls entfernen, den Kohl vierteln und hobeln oder mit einem großen Messer in dünne Streifen schneiden. Den Strunk raspeln.

Die Karotten raspeln.

Die Zwiebeln schälen und in dünne Streifen schneiden oder kleinhacken.

Alles zusammen in eine große Schüssel geben, salzen und pfeffern. Gut vermischen und eine Stunde in der offenen Schüssel ziehen lassen.

Das Salz entzieht dem Gemüse Wasser und es bildet sich natürliche Lake. Das Gemüse sehr dicht in ein großes Glas schichten und das Glas maximal bis zu vier Fünftel befüllen. Das Gemüse mit einem mit Wasser gefüllten Marmeladenglas beschweren. Dadurch wird das Gemüse nach unten gedrückt, die Lake steigt nach oben und das Gemüse kommt nicht mit Sauerstoff in Kontakt.

Das Gemüse einige Tage bei Zimmertemperatur ohne direkte Sonneneinstrahlung ziehen lassen. Das ist die aktive Gärphase. Nach zwei oder drei Tagen kann eine erste Kostprobe genommen werden und man lässt es solange weiter gären, bis der gewünschte Geschmack erreicht ist. Das können fünf bis zehn Tage dauern. Dann das Gewicht entfernen und das Glas mit einem Deckel verschließen oder in kleinere Gläser umfüllen. An einem kühlen Ort (Kühlschrank oder Keller) aufbewahren. Es hält sich mehrere Monate. Wenn es nicht vorher aufgegessen wird.

Tipps:

  • Möglichst ein großes Sturzglas, kein bauchiges Glas verwenden.
  • Die Salzmenge hängt vom Gesamtgewicht des Gemüses ab. Auf ein Kilogramm geschnittenes Gemüse kommen 20-30 g Salz.
  • Die äußeren Blätter des Kohls können zum Abdecken während der aktiven Gärphase verwendet werden. Weiterhin beschweren, die Blätter nach einigen Tagen entfernen.
  • Coleslaw kann zusätzlich mit Oregano oder Thymian oder mit getrockneten Algen oder Chiliflocken gewürzt werden. Vorsichtig würzen!

Fermentierte Chili-Birnen

4-5 reife Birnen mit noch festem Fruchtfleischfermentierte_Birnen (c) Barbara Assheuer.jpg

2 TL naturbelassenes Salz

½ TL gehackter Ingwer

½ TL Chiliflocken

2 Frühlingszwiebeln oder etwas Lauchgrün

Die Birnen in Würfel von 2-3 cm schneiden. In eine Schüssel geben und mit dem Salz bestreuen, vermischen. Eine Stunde in der offenen Schüssel ziehen lassen.

In der Zwischenzeit den Ingwer hacken und die Frühlingszwiebel bzw. den Lauch in Ringe von 1 cm schneiden. Alles zusammen mit den Chiliflocken unter die Birnen mischen. Die gewürzten Birnen abdecken. Einen Tag bei Zimmertemperatur unter Ausschluss von Sauerstoff ziehen lassen. Dann am besten direkt essen oder maximal einige Tage im Kühlschrank aufbewahren.

Tipps:

  • Zunächst nur kleine Mengen bereiten, denn Obst gärt sehr schnell. Zwar sind die Birnen lange haltbar, aber die Einzigartigkeit der besonderen Aromen bleibt nach einer Woche schon fast komplett auf der Strecke.
  • Kann auch mit etwas Knoblauch oder Knoblauchgrün zubereitet werden.
  • Kinder lieben es wegen des natürlichen und hohen Fruchtzuckergehalts. Dann nur ganz wenig Chili verwenden.
  • Geht auch mit anderen Obstsorten mit festem Fruchtfleisch, je nach Jahreszeit zum Beispiel Pfirsich, noch nicht ausgereifte Aprikosen.

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Text & Bild: Barbara Assheuer

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