Animal Peace

28.1.2015 - Der Jubel der Tierrechts- und Veganerorganisation Animal Peace über den tödlichen Angriff eines Bullen auf seinen Bauern führt zu heftigen Turbulenzen und Distanzierungen in der Veggieszene. Die verantwortliche Aktivistin lässt sich vom Sturm der Entrüstung und mehreren Strafanzeigen nicht beeindrucken. Der Angriff des Bullen sei ein Aufstand der Opfer. Ein Bericht von Manfred Kriener

Radikalveganer beklatschen tödliche Stierattacke

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Ein 61 Jahre alter Bauer aus Nümbrecht bei Köln ist von seinem wild gewordenen Zuchtstier tödlich verletzt worden. Der Leichnam war am Abend des Unglückstages vom Sohn des Bauern im Kuhstall entdeckt worden. Die Tierrechtsorganisation Animal Peace bejubelte daraufhin den Bullen als „Helden“ und beschimpfte den toten Bauern als „Sklavenhalter“. Und: Man wünsche sich noch mehr solcher Attacken der geknechteten Kreatur. Unglaublich, aber genau so passiert. Wörtlich hieß es in dem im Internet geposteten Kommentar zu dem tödlichen Unglück:

„Rinder-Mann, geh‘ du voran: Wieder ist ein Held aus unserer Mitte aufgestanden. Ein dreijähriger Bulle hat nahe Köln seinen Sklavenhalter angegriffen und tödlich verletzt. Wir verneigen uns vor dem Helden der Freiheit. Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen.“

Selbst nach heftigen Protesten aus allen Ecken der Republik sind die Aktivisten von Animal Peace nicht bereit, sich für ihr Statement bei der Familie des betroffenen Bauern zu entschuldigen und selbstkritisch zurück zu rudern. Stattdessen gräbt man sich noch tiefer im Schützengraben ein. Auf ihrer Internetseite viva-vegan-info verteidigen die Radikalveganer ihre heftig umstrittenen Aussagen weiterhin offensiv und ungerührt. Dies sei ein „Tabubruch, der mehr Stoff zum Denken und Diskutieren gibt, als ein Rezept über Zucchini-Spaghetti“, schreibt die Aktivistin Silke Ruthenberg. Sie habe „mit keinem einzigen Wort den getöteten Bauern verhöhnt“. Man freue sich lediglich über die Gegenwehr des Bullen. Als Anwältin der Tiere wäre es „Mandantenverrat, nicht jederzeit und unerschütterlich zum Mandanten zu stehen und seine und nur seine Interessen zu vertreten.“ Mit dem Bullen habe sich eines der Opfer erhoben, die sich „zu Millionen und Abermillionen widerstandslos und in tiefster Seele gebrochen in den Schlachthof treiben lassen, sich ihre Kinder wegnehmen lassen, sich in düstere Verschläge und Stehsärge sperren lassen.“

Die Kritik des Deutschen Bauernverbands, der Animal Peace „Menschenverachtung“ vorwirft, weist Ruthenberg aggressiv zurück: Der Verband benutze die trauernde Familie für seine politischen Interessen und versuche Animal Peace „rufmörderisch etwas unterzuschieben“. Hier seien „bauernschlaue Hassprediger“ am Werk.

Foto oben: Zuchtbullen sind mächtige Tiere, die Haltung ist deshalb immer gefährlich. Im Bild: Zuchtbulle der Rasse Murnau-Werdenfelser. | © Max Schreiner

Vegane Gesellschaft ist „schockiert und beschämt“

Inzwischen haben sich eine ganze Reihe von Tierschutz- und Vegan-Organisationen von Animal Peace distanziert. Der Vorsitzende der Veganen Gesellschaft, Christian Vagedes, zeigte sich „schockiert“. Er schäme sich, dass der tragische Tod dieses Bauern so instrumentalisiert werde: „Wir dürfen doch nicht klatschen, wenn ein Mensch ums Leben kommt.“ Die Gleichstellung von Mensch und Tier durch Animal Peace sei „totaler Quatsch“, da tue man auch den Tieren keinen Gefallen, denn diese stünden eben nicht auf gleicher Ebene, sondern seien auf den Schutz durch Menschen angewiesen.

Die Tierrechtsorganisation Peta erklärte: Der Tod eines Menschen dürfe niemals verherrlicht und für die Rechte von Tieren genutzt werden, so die Aktivistin Lisa Wittmann. Auch der freie Tierrechtsaktivist Daniel Schneider distanzierte sich. Die Tierliebe von Animal Peace sei „zur Menschenfeindlichkeit mutiert“. Die Gruppe vertrete aber nicht die Ansichten der deutschen Tierschutz- und Tierrechtsszene. Tierrechtler sein, heiße nicht automatisch alle Menschen zu hassen, die sich an der industriellen oder ökologischen Tierhaltung beteiligen.

Auch die ABL erstattet Strafanzeige

Die Äußerungen von Animal Peace haben inzwischen mehrere Strafanzeigen und einen Sturm der Entrüstung provoziert. Unter anderem haben die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft und der Kreisbauernverband der Kölner Region Strafanzeige gestellt. In der ABL-Stellungnahme heißt es unter anderem: „Wir fordern alle Bündnisse gegen Megaställe, in denen diese Organisation möglicherweise mitarbeitet, auf, diese Organisation sofort auszuschließen. Wer Bauern so bewusst diffamiert, darf keinerlei Unterstützung erwarten. Unsere Grundlage für eine faire Zusammenarbeit ist der hohe menschliche Respekt für- und miteinander.“

Animal-Peace-Aktivistin Silke Ruthenberg sieht einer möglichen Gerichtsverhandlung indes gelassen entgegen, wie sie der Süddeutschen Zeitung verriet. Viele Veganer würden sich doch nur noch über Rezepte unterhalten. Wenn sie mit ihrer Aktion ein paar Veganer weg von den Rezepten und hin zu den eigentlichen politischen Themen bewegen könne, dann „wird es mir eine Freude sein, wieder einmal vor Gericht zu stehen.“ Angesprochen auf die Familie des tödlich verletzten Bauern sagte Ruthenberg: „Die Sache mit den Hinterbliebenen ist das einzige, was mir keinen Spaß macht.“

Der betroffene Bauer hatte nach Aussagen des Kreisbauernverbands eine relativ kleine Herde von nur 70 Kühen, denen große Weideflächen zur Verfügung standen – ein familiärer Milchviehbetrieb, der sich den Luxus erlaubte, einen eigenen Zuchtbullen zu halten. Slow Food-Vorsitzende Ursula Hudson verurteilte die „zynische Stellungnahme“ von Animal Peace als „unverzeihlich und infam“. Tierliebe dürfe nicht zum Menschenhass führen. Auch wenn der Frust über die anhaltenden Quälereien von Tieren in den Ställen der industriellen Tierhaltung groß sei, so Hudson, gebe es keine Entschuldigung für diese unglaublichen Äußerungen. Im Bündnis der Agraropposition hätten solche Organisationen keinen Platz.


Mehr Informationen:

Statement von Animal Peace

Slow Thema: Tiere in der Landwirtschaft

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