Etwa einen Kilometer nach Bettwar flussaufwärts öffnet sich linker Hand das Steinbachtal und lockt mit einer bequem zu gehenden Wanderung, wenn man will bis hinauf zum großen und kleinen Lindleinsee.
Den Wagen parkt man am besten einige hundert Meter bachaufwärts, vorbei an hübschen Häusern, bis ein Schild die Weiterfahrt untersagt. Robustes Schuhwerk ist nun angeraten. Entlang des murmelnden Bachs durch sich’s windende anmutige Tal mit sachtem Anstieg, dabei immer wieder über Brücken die Uferseite wechselnd, erlebt man ein Habitat mit seltenen Schmetterlingen, vielfältigen Vogelstimmen und schönen Ansichten. Bei der sechsten, der letzten Brücke wähle man den Weg rechter Hand. Er führt durch ein Gebiet mit Ursprünglichkeit, und wo der Saubach aus den Lindleinsseen sich mit dem Ruhbach zum Steinbach vereint, dabei sein Bett suchend. Hier dürfen Bäume wachsen und sterben wie sie wollen und Totholz ist Lebensraum seltener Tiere und Pilze. 45 Minuten, also ca. 3,5 Kilometer, sind es insgesamt, bis man den kleinen Lindleinsee auf der anderen Seite der B 25 liegen sieht. Beide schilfumwachsene Seen, einst von Rothenburg als Verteidigungsbauwerk angelegt, sind heute eine Naturschutzgebiet für Vögel, wo sie in Ruhe brüten und rasten können.
Gut essen gehen in der Nähe:
Rothenburg o.T. (5 km): Villa Mittermeier*, Vorm Würburger Tor 9
Windelsbach (13 km): Landhaus Lebert*, Schlossstr. 8
Tauberzell (5 km ): Landhaus zum Falken*, Tauberzell 41
Gut einkaufen beim nahen Erzeuger:
Creglingen (12 km): Bäckerei Hein*, Hauptstr. 20; Demeter-Rosenhof Taubertal*, Rothenburger Str. 14 (Rosenprodukte)
Rothenburg o.T. (5 km): Villa Mittermeier*, Vorm Würzburger Tor 9: Tauberhase-Produkte
Tauberzell (5 km): Landhaus zum Falken*, Tauberzell 41: Tauberhase-Produkte
Von Hans-Werner Bunz
Die schönere Ankunft ist von Westen kommend im Tal der Tauber: den Ankömmling begrüßt Detwang mit seiner einstigen Dorfmühle, historischen Bürgerhäusern und der romanischen Kirche St. Peter und Paul mit einer Kreuzigungs-Retabel, die der Werkstatt Tilman Riemenschneider zugeschrieben wird.
Wer nicht der Neigung widerstehen kann, nun rasch hinauf – zu Fuß oder per Fahrzeug - nach Rothenburg zu wollen, sollte die Altstadt an der Nordwestspitze durch die Klingenbastei betreten (ein Parkplatz wartet daneben). Dieses beeindruckende Verteidigungsbauwerk mit seinen Kasematten wartet auch mit einer in die Wehranlagen integrierten Wehrkirche auf, der St. Wolfgangs-Kirche: Trutzig von außen mit Schießscharten, kunstvoll von innen mit spätgotischem Maßwerk und drei Altären des 15. Jahrhunderts. Im Schäfertanzkabinett wird der einstigen Bedeutung der Stadt im Wollhandel und der damit verbundenen Schäferei gehuldigt. Die Klingengasse hinauf zur geradezu riesig anmutenden St. Jacobs-Kirche, dabei eventuell eine kleine Abschweifung in die Judengasse wagend, die noch recht viel ihrer mittelalterlichen Bausubstanz erhalten hat, vertieft die Vorstellung damaligen Lebens.
Diese gotische Kirche, an der von 1311 bis 1485 gebaut wurde, ist seit 1544 protestantisch. Ihren Ostchor schmücken der wertvolle, spätgotische Zwölf-Boten-Altar von Friedrich Herlin und großartige Glasgemälde, deren Leuchtkraft besonders das Morgenlicht hervorhebt. Das Altar-Retabel „Das letzte Abendmahl“ im Westchor schnitzte Tilman Riemenschneider. Ebenfalls sein Werk ist das Retabel des Ludwig-von-Toulouse-Altars.
Jene, die Rothenburgs außergewöhnliche Mühlenlandschaft kennen lernen wollen, wandern zuerst rund drei Kilometer mal rechts, mal links entlang der sich windenden Tauber und treffen dabei auf 14 Mühlen. Bei vielen informieren Schilder über deren frühere Funktion, denn die meisten produzieren heute Strom, einige wurden gastliche Stätten oder Wohngebäude. Wer den Taubertalweg etwa einen halben Kilometer spaziert ist, kann den Fluss überqueren, um nach Umrundung des Burgfelsens die Weingärten der „Tauber-Riviera“ zu durchwandern und via Doppelbrücke die spätgotische Kirche mit ihrer Rokoko-Orgel des einstigen Fischerdorfes Kobolzell besuchen. Den Taubertalweg Weiterwandernde können das auch: nach der Lukasrödermühle die Doppelbrücke über- und unterquerend. Zur Oberstadt hinein führt die Kobolzeller Steige durch die dreigliedrige Kobolzeller-Torwehr. Wer sich oben dann nach rechts wendet, dem Spitalviertel zu mit seiner filmkulissenhaften Anmutung, bekommt eine Vorstellung über die Sozialgeschichte der Freien Reichsstadt. Aber auch ihrer Wehrhaftigkeit durch die fast schon monströse, militärisch raffinierte Anlage des Spitaltors ebenso wie durch die zivile, einst von 16 Pferden betriebene städtische Getreidemühle, die Roßmühle (heute Jugendherberge) in der Roßmühlgasse. Beim Rückweg gibt der Weg entlang der Stadtmauer bis zum Galgentor (heute Würzburger Tor), durch das früher die zum Tode Verurteilten hinaus geführt wurden, Einblicke in die Hinterhöfe und offeriert neue Sichtweisen auf die Stadt. Zugleich ist diese kaum einen Kilometer lange Strecke auch ein Lehrstück über mittelalterliche Verteidigungskunst: Neun Meter hoch ist die Mauer und neun Meter tief reicht sie in den Boden, um feindliches Untergraben zu verhindern.
Gut essen gehen in der Nähe:
Rothenburg o.T.: Villa Mittermeier*, Vorm Würzburger Tor 9
Gut einkaufen beim nahen Erzeuger:
Rothenburg o.T.: Villa Mittermeier*, Tauberhase-Produkte
*) mit Slow Food verbunden
]]> Kurzer historischer Ausflug
Tauberfranken ist historisch ziemlich identisch mit dem Taubergau karolingischer Zeiten: die Landschaft mit dem Taubergrund in seiner Mitte. Wir rechnen noch ein schmales Band östlich der A 7 zwischen Uffenheim und Rothenburg o.T. dazu. Der größte Teil des Taubertals verwaltet der baden-württembergische Main-Tauberkreis, doch haben auch die Landkreise Würzburg (am Mittellauf) und Ansbach (am Oberlauf) Anteile daran. Viele Herrscher sah die Region. Die Grafen Hohenlohe – im 12. Jahrhundert Herren der Burg Hohlach bei Uffenheim - beherrschten es im 15. Jahrhundert. Später, nach ihrem weitgehenden Rückzug ins südlichere Hohenlohe, teilten sie sich die Region bis in die Neuzeit mit den Grafen von Wertheim, der Kurpfalz, dem Deutschen Orden, dem kurfürstlichen Erzbistum Mainz, dem Fürstbistum Würzburg, der Reichsstadt Rothenburg und dem Fürstentum Ansbach. Napoleon schließlich ordnete neu: das Großherzogtum Baden erhielt die Lande am Unterlauf, das Königreich Württemberg am Mittellauf mit Ausnahme eines schönen Stücks um Röttingen, das wie den Oberlauf Bayern sich einverleibte. Beim Wein ist diese Ordnung bis heute erhalten – trotz der Vereinigung von Baden und Württemberg 1952.
„Liebliches Taubertal“ – so wirbt man hier - ist kein Euphemismus für diese vielgestaltige, harmonische Landschaft. Romantisch ist sie, fast schon ein wenig dramatisch in ihrem engen, windungreichen Tal am Oberlauf zwischen Rothenburg und Creglingen wie am Unterlauf zwischen Gamburg und Wertheim, wo der Fluss den Main verstärkt. Weinberge begleiten den Fluss beidseitig von Tauberzell am Oberlauf mit Unterbrechungen bis Wertheim. Charakteristisch sind die Jahrhunderte alten Muschelkalk-Steinriegel, aufgeschichtet von Generationen fleißiger Bauern und Winzer, heute Habitate spezieller Fauna- und Floragemeinschaften. Verschwunden freilich sind sie dort, wo die Flurbereinigung aktiv war.
Es ist das Land der autochthonen Rotweinrebe Tauberschwarz, ein Weinland von ca. 1.100 Hektar, das einst – vor der Reblausplage - zu den großen Deutschlands zählte. Romantik verströmen Rothenburg, Creglingen, Weikersheim, Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim und Wertheim. Aber auch manches winkelige Dörflein; besonders am Oberlauf haben sie sich erhalten. Nicht nur die Städte und Städtchen beherbergen kulturhistorische Schätze, auch so manches Dorf wie das einstige Zisterzienserkloster in Bronnbach oder in Gerlachsheim die barocke Abteikirche des vormaligen Prämonstratenserklosters. Auch das Weikersheimer Renaissance-Schloss, bis in die 1970er Jahre einer der Stammsitze des Fürstenhauses Hohenlohe, mit dem barocken Schlossgarten und seiner Orangerie ist jede Verweilstunde wert.
Die Abstecher beidseitig der Tauber erklären, warum die B 290 Romantische Straße heißt. Und so sollte man auch Röttingen nicht umfahren, sondern der praktisch unter Denkmalschutz stehenden Altstadt einen Besuch abstatten. Ebenso Creglingen und dem Marienaltar von Tilmann Riemenschneider, eines der Hauptwerke mittelalterlicher Holzbildhauerkunst, in der außerhalb gelegenen Herrgotts-Kirche. Ein buchstäblicher Höhepunkt ist die über dem Fluss thronende ehemaligen Reichsstadt Rothenburg, Ziel hunderttausender Touristen aus aller Welt, erlebnishungrig nach fränkischer Gemütlichkeit und deutscher, mittelalterlicher Stadtromantik.
Ganz anders, nämlich ein stilles Bauernland ist das Bauland, südwestlich der Tauber zwischen Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim, längs mittig durchschnitten von der A 81 Würzburg – Weinsberg. Rau ist hier das Klima, weswegen es einst Badisch-Sibirien genannt wurde. Flachhügelig ist die Landschaft, vorwiegend Äcker und Weiden, durch kleine Wäldchen gelockert. Es ist das Land, dessen Bewohner den Fränkischen Grünkern erfanden – aus Not: traditionell über Buchenholz gedarrter, unreif geernteter Dinkel der alten Lokalsorte „Bauländer Spelz.
Besondere Kulinaria
Brände - Trester und Obstbrände
Fränkischer Grünkern - eine Spezialität des Baulandes
Quetschigblootz - dicke Kartoffelsuppe mit Zwetschgen-Streusel-Hefeblootz
Rollen - ein Blätter- alt. Mürbeteiggebäck, frittiert in einem Rolleneisen
Schneeballen - kugeliges, frittiertes Gebäck aus Mürbteigstreifen mit reichlich Puderzucker
Tauberschwarz-Wein - eine autochthone, alte Rotweinsorte für delikate, kraftvolle Weine
Weitere traditionelle Spezialitäten und Speisen der Region
Die Romantische Straße begleitet den Fluss durchs Taubertal 60 Kilometer lang zwischen Tauberbischofsheim und Rothenburg ob der Tauber. Nach Creglingen beim Ortsteil Archshofen wird die bislang gut ausgebaute Straße enger und kurvig und lässt dem Automobilisten wenig Möglichkeit, die kleinen Besonderheiten abseits wahrzunehmen. Besser sind die Radler dran, die auf gut ausgebauten Wirtschaftswegen die Landschaft besser aufzunehmen in der Lage sind. Ein besonders schönes Stück, das allerdings dem Radfahrer Kondition und auch dem Kraftfahrer etwas Mut abfordert, verbirgt sich auf der Höhe der linken Uferseite zwischen Tauberzell und Bettwar, beide sehenswerte Kleinodien, unbeachtet zumeist von den Autofahrern.
Tauberzell selbst ist ein verwinkeltes, schmuckes, typisch fränkisches Dörflein, wo im März seit einigen Jahren an einem Sonntag für fünf Stunden ein Genießermarkt im Slow Food Geiste stattfindet mit knapp 40 Erzeugern der Region. Berühmt ist Tauberzell freilich durch den Weinautor Stuart Pigott geworden mit seinem Lob der Weine, vor allem des Müller-Thurgau aus der Lage „Hasennestle“ – eine Steillage, flurbereinigt entlang der Tauber, belassen wie einst mit Steinriegeln in den Nebentälern. Im „Landhaus zum Falken“, das traditionsreiche Haus blickt auf eine über 400-jährige Geschichte zurück, logiert man komfortabel und speist in der ländlich anmutenden Gaststube die saisonale Küche der Region von Patron und Küchenchef Lars Zwick: gut, solide, voller Geschmack und ohne Schnörkel.
Wir verlassen Tauberzell flussaufwärts. In Tauberscheckenbach biegen wir in der Ortsmitte nach rechts die Straße hinab, die zur Karrenmühle zeigt und folgen dem Schild „Burgstall“. Die enge Straße führt steil bergauf (für Radsportler eine Herausforderung), dabei dem Autofahrer nur wenige Ausweichstellen bietend. In Burgstall, wie alle Orte hier oben Ortsteile des württembergischen Creglingens, folgen wir dem Richtungsschild zum nahen Ort Finsterlohr - ein durchaus freundlicher Ort. Namensgebend war die einst durch Wald (lohr = mittelalterlich „lohe“ für Wald) verfinsterte, enge und steile Felsenschlucht aus der Dorfmitte hinunter ins Taubertal. Hier hatten sich einst im 13. Jahrhundert die Ritter von Vinsterlohe direkt rechts an der Schluchtkante ein burgähnliches, wehrhaftes und stattliches Schloss gebaut – alte Angaben sprechen von 20 Metern Höhe - und darin für sich und ihre Hörigen eine wehrhafte Kirche, deren Turm als Burgfried diente. Als den Rothenburgern diese Herren zu mächtig wurden, zerstörten sie 1381 das Schloss; das an dieser Stelle heute stehende Haus soll aus Steinen des Schlosses gebaut sein. Übrig blieben die sehenswerte Wehrkirche St. Margarethen, der untere Teil eines Turms und eine stattliche Mauer. Die Herren von Finsterlohe freilich verzogen sich in ihr Schloss nach Laudenbach im Vorbachtal, wo sie als vermögende Herrschaft 1552 im Mannesstamme ausstarben.
Weiterfahrt über Burgstall, Schonach und Wolfsbuch, wo wir in der Dorfmitte nach links abzweigen Richtung Seldeneck und Bettwar. Die einstige Stammburg der Ritter von Seldeneck an der Steilkante zum Taubertal, 1450 vom Haus Hohenlohe übernommen, ist heute nur noch ein verschwindender Ruinenrest unterhalb des Weilers Seldeneck. Steil führt die Straße hinab ins Tal und über den Fluss nach Bettwar. Einen Besuch wert ist hier die spätromanische Chorturmkirche aus dem 13. Jahrhundert mit dem „Neubau“ des Langhauses aus dem 15. Jahrhundert. Frisch renoviert – auch durch Bürgerengagement – erstrahlt das sehenswerte Innere: die Gemeindebestuhlung aus der Entstehungszeit (um 1490), die Bemalung im bäuerlichen Stil und die wunderschöne Barockorgel des Hochfürstlich Anspachischer Hof-Orgel- und Instrumentenbauers Christoph Gottlieb Hubert; die Bettwarer hatten sie einst den Ansbachern günstig abgekauft. Einen Schlüssel hat der Küster einige Häuser die Straße aufwärts. Als Baudenkmäler eingestuft sind ebenfalls einige der umstehenden Häuser aus dem 15. bis 19. Jahrhundert.
Gut essen gehen in der Nähe:
Tauberzell: Gasthof Landhaus zum Falken*, Nr. 41
Rothenburg o.T.: Hotel Restaurant Villa Mittermeier*, Vorm Würburger Tor 9
Gut einkaufen in der Nähe:
Creglingen: Bäckerei Hein*, Haupstraße 22; Demeter-Rosenhof Taubertal*, Rothenburger Str. 14
*) Mit Slow Food verbundene Betriebe