oder:
Wir wollen 100 kg Salz zusammen essen, um uns kennen zu lernen.
(Eine Weisheit aus Apulien)
Convivien-Partnerschaft zwischen Alberobello e Valle d`Itria und Mosel Hunsrück Eifel
Nachdem einige Mitglieder des italienischen Condotto schon dreimal an der Mosel waren, beschloss das Convivium Mosel Hunsrück Eifel, einen Gegenbesuch zu machen. Die Vorsitzenden Francesco Biasi und Ulrike Böcking auf der deutschen Seite hatten beim letzten Besuch beschlossen, eine Partnerschaft einzugehen. Das Valle d`Itria in Apulien, im Süden Italiens, ist ein zwar kleines, aber feines Gebiet, in dem man früher mit Schwerpunkt Weißwein anbaute. Die Bestrebung, dies wieder ins Bewußtsein zu rücken, ist ein Ziel des dortigen Conviviums, obwohl es Alternativen wie Olivenöl, Käse und Kirschen gibt. Nachdem die Italiener viele Weingüter an der Mosel besucht hatten und sowohl vom Wein als auch von der Landschaft begeistert waren, boten sie eine Veranstaltung an, in der die Weißweine aus den jeweiligen Gebieten verglichen werden konnten.
Sieben Slow Food Moselwinzer schickten also ihre besten Rieslinge nach Italien, gestalteten eine große Schieferplatte als Partnerschaftsgeschenk und flogen nach Bari.
Zur unendlich schönen und großen Gastfreundschaft der Italiener gehörte, dass Francesco Biasi, Francesco Rinaldi, Gian Carlo, Pino und Tino die Moselaner mit ihren privaten Wagen am Flughafen abholten, um sie nach Alberobello, einer malerischen Stadt, die wegen ihrer aussergewöhnlichen Häuser, der "Trulli" ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen ist, ins Hotel zu fahren.
Am Abend gab es die erste kulinarische Überraschung:
Im Nebenzimmer des örtlichen Metzgers - natürlich in einem solchen "Trullo" - stand ein Holzkohlengrill. Ein Teller nach dem anderen wurde mit verschiedenen Würsten - vor allem den Bombette, einer regionalen Spezialität- und Involtini....
Mit genau so vielen Gläsern Primitivo fühlten sich die Deutschen am Ende in der italienischen Slow Food -"Familie" aufgenommen.
Am Sonntagmorgen besuchten ab 10 Uhr ca. 200 Menschen die gemeinsame Weinpräsentation. Die Italiener waren mit elf Weinständen und einigen Lebensmittelproduzenten vertreten. Sommeliers erklärten den Gästen die Weine an den sieben deutschen Tischen, während im Festsaal die Verbrüderung stattfand. Fünf höchstoffizielle Redner von italienischer Seite und drei von der Deutschen Seite berichteten über die gar nicht so unähnlichen Probleme im Weinbau, auch mit der Weinbaupolitik.
Begeistert waren alle von der Moselweinkönigin Sonja Christ, die ihren Vortrag charmant auf italienisch hielt. Sie stellte die Mosel in einem interessanten Wechsel von Zahlen und lebendigem Tun vor. Peter Storck überbrachte eine Grußbotschaft der Bürgermeisterin von Traben-Trarbach.
Am Ende wurde feierlich eine Urkunde unterzeichnet. Nun waren sie Brüder und Schwestern - Fratelle e Sorelle -. Das Ziel der Verbrüderung ist der kulturelle und kulinarische Austausch der Convivien.
Gefeiert wurde an einem riesig langen Tisch in einem Lokal, wo es vor Familien nur so wimmelte. Aperitivi, alle aus der Region, mit Mozzarella, Schinken, Oliven, Würsten, Fisch, Muscheln, Gemüse usw. Danach gab es ein typisches Nudelgericht mit Cime de Rapa, Olivenöl, Mus aus Puffbohnen -fave- Käse...Und zum Nachtisch nach all den Köstlichkeiten aufgeschnittenes, frisches Obst.
Am Montag und am Dienstag wurden Produzenten besucht. Angefangen beim Apfelhof, der auch Schweine züchtet, damit alle Äpfel verwertet werden können - köstliche Würste und Marmeladen konnte man kaufen, zur ökologischen Olivenöl-Mühle, wo ein üppiger Imbiss eingenommen wurde, zu einem wunderschönen barocken Gut auf dem Pferde der Rasse Murgia gezüchtet werden. Diese Pferde haben ein so besonderes Gemüt, dass sie sogar für die berittene Polizei nach New York gebracht werden. Bei der Mozzarella-Herstellung war nicht nur der Geschmack des frischen Käses beachtlich, sondern auch die Muskeln der weiß gekleideten Käser, die den Käse kneten und schlagen, verknoten und formen. Dort lernte man, dass man Mozzarella am gleichen Tag essen soll.
Nicht erst die Besichtigung der italienisch-barocken Altstadt von Martina Franca und der Besuch eines alten Cafes mit Dolci tipici weckte in manch einem die Lust, wieder zu kommen.
Dienstag gab es eine exklusive Führung durch Fratello Francesco Rinaldi durch Bari. Der Archäologe zeigte aber nicht nur romanische Kirchen und uralte Ausgrabungen und die Hinterlassenschaften des großen Stauferkönings Friederich II, nein, auch dort wurde genossen. Foccacia direkt aus einem 200 Jahre alten Ofen, der noch nie ausgegangen ist und der besichtigt werden konnte, und die Bierprobe eines kleinen Bierbrauers waren genau so lecker wie das italienische Eis.
Im Mai wollen die neuen Freunde wieder an die Mosel kommen und werden dann einige ihrer Produkte mitbringen und präsentieren.
Für die Moselaner steht fest: Slow Food ist wirklich eine Idee, eine Vision, die Spaß macht. Ein Stück Lebensqualität, die man sich erhalten sollte.
]]>März 2011:
Besuch bei unseren Fratelle und Sorelle im Partner-Convivium Alberobello.
Vor 2 Jahren hatten wir feierlich unsere Freundschaft besiegelt. Die Italiener haben uns schon mehrfach an der Mosel besucht und nun waren wir endlich wieder in Apulien! Unser Freund Francesco holte uns am Flughafen in Bari ab und fuhr bis zum Weingut Polvanero vor uns her. Die ersten Begrüßungsschlucke Sekt tranken wir noch mit Gastgeber Filippo alleine und dann kamen sie: Die Mitglieder des Conviviums fuhren ihre Frauen vor und die trugen alle Köstlichkeiten der Region aus den Autos auf den Tisch.
Zuerst machte Filippo eine Weingutsführung. Die Kellerei Polvanera entstand aus einer Familientradition. Filippo Cassano, Angelo Antonio Tafuni, die Gebrüder Giuseppe und Michelino Posa, haben den Familienbrauch fortgeführt und im Jahre 2003 ein sehr ehrgeiziges Projekt ins Leben gerufen. Durch die Wertsteigerung der Rebsorte Primitivo und weitere autochthone Rebsorten hat die Familie mit der Produktion von Spitzenweinen begonnen.
Das Weingut vinifiziert Weine die zu den Besten Italiens gehören. Der Wein wird in Stahltanks die ebenerdig in der neuen, gut isolierten Halle stehen, ausgebaut. Unsere Überraschung und dann Begeisterung war groß, als wir in den Keller kamen. Über eine schräge Rampe liefen wir in den aus dem anstehenden Kalk ausgegrabenen Keller. Der Kalkstein ist ganz weiß und die dort unten gelagerten abgefüllten Weine liegen bei konstanten 13 Grad auch im heißen Sommer. Alles machte einen freundlichen Eindruck, fast wie eine historische Sehenswürdigkeit. Im Gegensatz dazu stach die perfekte, moderne Technik ins Auge.
Und dann gings zum Essen. Unzählige ciaos die mit mindestens 2 Küssen übermittelt wurden, ein ungeheurer Geräuschpegel und weitere Gläser köstlichen Weines waren der Beginn des Abends.
Die Antipasti waren so lecker! Unwissend aßen wir uns satt an Würsten, Schinken, Käse, Ricotta, Pilzen, Eselswurst, Brot und Mozzarella der gelblich war, weil er vom Bauern kam und nicht industriell hergestellt war. Wahrscheinlich staunten die Italiener was wir alles gegessen haben und wir staunten dann, dass das nur die Antipasti waren!
Der Hauptgang waren Nudeln mit Rape de Cime, einem Gemüse was wir zwischen Brokkoli und Raps ansiedeln würden und eine Art Omlette-Kuchen von Anna mit den typischen wilden Zwiebeln aus Apulien.
Das Dessert, ein leckerer Kuchen wurde mit süßem Wein gereicht. Köstlich!
Am Ende des fröhlich, lauten Abends wurden die mitgebrachten, jetzt schlafenden Kinder in die Autos gelegt und nach Hause gebracht Die deutschen Gäste fuhren müde und sehr zufrieden hinter Maria, der Gastgeberin des Agriturismo www.donnaclementina.it her in Richtung Bett.
Am nächsten Morgen bei Tageslicht kamen wir uns vor wie im Schlaraffenland: Das Hotel liegt inmitten einer Apfelsinenplantage. Diese waren noch nicht alle abgeerntet und so wuchsen einigen von uns die Apfelsinen vom Baum sozusagen in den Mund. Von den weitläufigen, weißen Terrassen im oberen Geschoß konnte man das Meer erahnen, über das weite Agrarland schauen und die Frühlingssonne aufnehmen..
Obwohl die Italiener keine Frühstückskultur in unserem Sinn haben, hatte Maria für uns den Tisch mit selbst gebackenen köstlichen Kuchen und Orangenmarmeladen gedeckt. Der frisch gepresste Orangensaft war genau so vorhanden wie Kaffee und verschiedene Jogurts und Brot. Pino sagte uns am nächsten Morgen, dass schon das Aufstehen so viel Stress für Italiener sei, dass sie sich den Stress des Frühstücks gerne ersparen würden!
Dann fuhren wir zu unserer Verabredung in die Bäckerei Pane y Pace . La Mama stand klein und energisch mit einer Slow Food-Schürze vor dem riesigen immer beheizten Steinbackofen und hatte die Fäden wohl in der Hand. Die Tochter und der Bäcker erklärten uns wie gebacken wurde und natürlich mussten wir alles probieren.
Wie von Zauberhand stand dann xxx vor uns und führte uns durch Matera. Die Stadt gehört in das Weltkulturerbe der UNESCO und ist wirklich beeindruckend. Das bereits seit der Jungsteinzeit besiedelte Gebiet kann als eine der ältesten Städte der Welt gelten. Nach der griechischen, römischen, langobardischen und byzantinischen Geschichte, die Matera mit ganz Süditalien teilt, ist es heute eine Museumsstadt die für wohlhabende Süditaliener als Ferienort angesagt ist. Ca 1500 Menschen leben jetzt wieder hier in sehr gut renovierten Häusern die vor die Höhlen gebaut wurden. Eine der Kalksteinhöhlen konnten wir uns ansehen. Die feuchte, kühle Luft ist im Sommer sicher sehr angenehm, jetzt erschien sie uns nicht anstrebenswert als Wohnung.
Nach einer on uns gewünschten Kaffeepause wurden wir relativ sofort in ein Lokal namens Bachus geführt wo es die besten Antipasti überhaupt geben sollte. Das können wir nur bestätigen! Unser Ansinnen nur GANZ WENIG essen zu wollen wurde lächelnd bejaht und dann ging es los: Schinken, Würste, Auberginen, Paprika, Tomaten, Zucchini, Mozarella, Salat, Omlette, Ricotta, Bauernkäse, kurz gebratener Peccorino, Pilze gebraten, Pilze ausgebacken, und dazu natürlich das Brot von Pane y Pace.
Hauptgang waren eine neue Variante von Oricchetti mit Gemüse und als Dessert gab es gefülltes Gebäck und Baisers aus der Bäckerei. Getrunken haben wir mehrere Karaffen des Hausweines…..
Vom ungewohnten Essen geradezu erschöpft fuhren wir in unser Hotel zurück und hielten erst einmal einen Mittagsschlaf. Maria hatte uns im Vorfeld gesagt, wir sollten nicht so viel essen weil es am Abend ein großes Essen gäbe….
Es lässt sich mühelos an die bereits geschilderten Essen anschliessen. Als Hauptgang gab es allerdings verschiedenste Würste und Bombette, die kleinen Bomben, wie sie Rouladen liebevoll nennen.
Die Gastfreundschaft ist einfach grandios! Denn zu all dem haben unsere Freunde sich Zeit genommen und uns eingeladen.
Leider mussten wir Maria und ihr gastliches Haus am Samstag schon wieder verlassen. Wir alle hatten das Vergnügen nicht nur Maria zu küssen sondern auch ihren Vater Giovanni der hatte nämlich Namenstag. Zum Zwecke des Küssens nahm er die Zigarre aus dem Mund.
Da die Eltern auf das Hotel aufpassten, konnte Maria mit uns auf einen Bauernhof fahren wie er hier vor 40 Jahren auch üblich war. Durch gepflegte Wiesen und Felder wo die Steine aus den Feldern als Mauern aufgeschichtet die Begrenzung darstellten fuhren wir zu einem Hof wo uns drei Hunde begrüßten, die Katzen vor der Haustür schnurrten, die Kühe und Kälber auf der Weide standen und die strahlende Bäuerin uns voller Enthusiasmus zeigte, wie man Mozzarella und Ricotta herstellt. Und was passiert mit der Molke die übrig bleibt? Sie ist kein Sondermüll wie in der Industrie, sie wird an die Tiere verfüttert. Der Bauer zeigte voller Stolz seine verschiedenen Tiere, leider konnte nur Timo italienisch, man hätte sich gerne mit diesem Paar unterhalten!
Bemerkenswerterweise haben unsere Freunde überhaupt kein Problem damit, den köstlichen Käse und den guten Wein in Plastikgeschirr anzubieten. Da sind wir Deutschen befangener. Ihre Produkte verkauft die Bäuerin nur an Freunde – du dazu gehörten wir!
Zum Abschluss unserer Reise besuchten wir noch Marino. Er hat einen urigen Laden mit allem was das Herz begehrt. Er hat einmal gesagt, der Laden sei so klein, da gingen höchstens 2 dicke Frauen rein. Theoretisch stimmt das auch. Wir waren aber zu 10. und haben Spumante getrunken und die eilig belegten leckeren Brote genossen. Der Mann ist ein Original! Zum Abschied gab er uns noch eine Tüte mit Wegzehrung mit: Auf dem Flugplatz stürzten wir uns – ausgehungert? – auf diese Köstlichkeiten von Broten.
Gerne wären wir länger geblieben. Wir fahren wieder hin – das ist klar!
An dieser Stelle Dank an Timo, der alles so gut organisiert hat und für uns so viel übersetzt hat.
Vier unserer Freunde waren schon 1 Woche später bei uns in Traben-Trarbach um von hier aus auf die Pro Wein zu fahren, eine weitere Gruppe hat sich schon angesagt für Juni. Die deutschen Frauen arbeiten daran, die italienischen Frauen zu bewegen sie hier zu besuchen.
Wir wollen unsere Partnerschaft lebendig erhalten.
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