Es gibt sie noch, die gute Milch - Slow-Food-Fachgespräch am Tag der Milch

PRESSEINFORMATION – Berlin/Ottobeuren, 12. Mai 2015

Mit Milch fängt alles Leben an. Daher startete Slow Food Deutschland 2013 die Initiative zu Rettung der Rohmilch, ein Plädoyer für die Vielfältigkeit der Milch. In den letzten Jahren belegen immer mehr europaweite und internationale Studien, dass mit dem Verzehr naturbelassener Milch gesundheitliche Vorteile verbunden sind. Wie wenig die stark verarbeitete Supermarkt-Milch mit dem naturbelassenen Ausgangsprodukt zu tun hat, ist weiten Bevölkerungsteilen jedoch gar nicht bekannt. Direktvermarkter und regionaler Einzelhandel machen vor, wie Verbraucher auch heute noch an hochwertige naturbelassene Milch kommen können. Trotz dieser Erkenntnisse kursieren immer noch viele Mythen und Halbwahrheiten über Milch, gestaltet sich die Suche nach „guter Milch“ schwierig. Aus diesem Grund lädt Slow Food Deutschland im Vorfeld des internationalen „Tag der Milch“ am 28.5.2015 um 11 Uhr zum Fachgespräch „Es gibt sie noch, die gute Milch“ mit Milch-Verkostung auf den Milchhof Lerf im Allgäu.

H-Milch macht mittlerweile über 50% der im Handel erhältlichen Kuhmilch aus. Selbst Bio-Milch ist häufig schon mikrofiltriert und fettreduziert. Milch, die für ein langes Regalleben designt wurde, wirbt mit dem Aufdruck „länger frisch“. Gleichzeitig wird Kuhmilch von vielen Verbrauchern immer schlechter vertragen- der neuste Trend ist laktosefrei. Angeblich auch, weil die Verbraucher es so wollen. Doch liegt das wirklich an „der Milch“? Wie sollen Verbraucher wissen, was sie wollen, wenn sie nicht wissen, was sie nicht wissen?

Teilnehmer der Fachgesprächsrunde auf dem Allgäuer Milchhof Lerf in Ottobeuren sind die Ärztin und Forscherin Prof. Dr. med. Erika von Mutius, der Vorzugsmilch-Landwirt Erich Lerf und die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Dr. Ursula Hudson.

Erich Lerf produziert Vorzugsmilch. Vorzugsmilch ist die einzige Form, in der naturbelassene Milch heutzutage noch in den Handel gelangen kann. Vorzugsmilch wird nach dem Melken und Filtern sofort auf unter 6°C runtergekühlt und muss per Gesetzgebung innerhalb von 96 Stunden verbraucht werden. Nur zugelassene Betriebe dürfen dieses Naturprodukt, das absurderweise nicht als „Frischmilch“ bezeichnet werden darf, vertreiben. Immer strengere Gesetze und Verordnungen – vermeintlich zum Schutz für die Verbraucher  – haben dazu geführt, dass es bundesweit nur noch sehr wenige Vorzugsmilch-Betriebe gibt. Und die Möglichkeit, legal an Rohmilch zu kommen, vom Aussterben bedroht ist.

Auf der Suche nach Alternativen stoßen findige Rohmilch-Fans zunehmend auf Rohmilch-Automaten oder  Rohmilch ab Hof. Diese darf nur mit dem Hinweis „Vor Verzehr abkochen“ abgegeben werden. Und wirft Fragen nach der Sicherheit für Verbraucher und für die Landwirte auf.

Prof. Dr. med. Erika von Mutius und ihre Mitarbeiter haben mit der europaweiten PASTURE-Studie den Beweis erbracht, dass die gesundheitlichen Vorteile unbehandelter Milch weit größer sind als mögliche Risiken. In der öffentlichen Wahrnehmung werden die möglichen Risiken jedoch weit stärker betont.

Forschungsschwerpunkt von Prof Mutius sind Allergien und Asthma bei Kindern. Vor 200 Jahren war Heuschnupfen noch nicht existent; heute leidet fast jedes fünfte Kind darunter. Der sprunghafte Anstieg sogenannter Zivilisationskrankheiten wie Asthma und Allergien stellt mittel- bis langfristig eine ernsthafte Bedrohung dar. Ein Ergebnis der PASTURE-Studie ist der sogenannte „Bauernhof-Effekt“: Bauernhofkinder, die Rohmilch verzehren und sich in Ställen aufhalten, entwickeln seltener Autoimmunkrankheiten und Allergien als Menschen, deren Immunsystemen diese Reize fehlen. Kinder, die naturbelassene Milch trinken, bilden erwiesenermaßen einen besseren Schutz gegen ein überschießendes Immunsystem als Stadtkinder. Das hieße im Umkehrschluss, dass unbehandelte, naturbelassene Milch, gesund ist.

Ökologische und ganzheitliche, am Tierwohl orientierte Landwirtschaft ist Leidenschaft. Wirtschaftlich gesehen ist sie oft purer Überlebenskampf. Mit dem Fall der Milchquote zum 1. April 2015 standen viele kleine Milchbetriebe wieder vor der Frage: Wachsen – um jeden Preis – oder aufgeben? Schon seit Jahren bestellen Direktvermarkter erfolgreich das Feld zwischen diesen beiden Extremen. Sind die tragenden Säulen in der regionalen Landwirtschaft, stehen für Qualität und Transparenz. Bäuerliche Erzeugergemeinschaften und einzelne Milchhöfe haben sich über den Aufbau eigener Hofmolkereien eine Möglichkeit geschaffen, all die Vorteile handwerklicher Lebensmittelerzeugung zu bezahlbaren Preisen an ihre Kunden weiterzugeben.

Dr. Ursula Hudson, selbst bekennender  Fan naturbelassener Milch, weiß: Geschmacksbildung hat viele Facetten. Sie plädiert dafür, dass Verbraucher wieder genau hinschmecken lernen. Und dass sie die Wahl haben, sich zu entscheiden. Denn nur wer seine Wahlmöglichkeiten kennt, kann die Verantwortung für seinen Konsum auch selbstbestimmt tragen. Diese Veranstaltung  im Vorfeld des internationalen „Tag der Milch“ ist ein weiteres Statement im Rahmen der Initiative für naturbelassene Milch. Für ein Maximum an Vielfalt, Geschmack und Qualität von natürlichen und handwerklich hergestellten Lebensmitteln.

Weitere Informationen

Pressemitteilung

Programm

Slow-Food-Grundsatzerklärung zur Milch

Slow-Food-Beitrag im Kritischen Agrarbericht 2014 - "Raus aus dem standardisieriten Elend! - Initiative(n) zur Rettung der vielfältigen Milch"


Ihre Ansprechpartnerin:
Kirsten Kohlhaw
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Auf Wunsch stellen wir Ihnen gerne Pressebilder zur Verfügung.

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Über Slow Food

Slow Food ist eine weltweite Bewegung, die sich für eine lebendige und nachhaltige Kultur des Essens und Trinkens einsetzt. Der Verein tritt für die biologische Vielfalt ein, fördert eine nachhaltige, umweltfreundliche Lebensmittelproduktion, betreibt Geschmacksbildung und bringt Erzeuger von handwerklich hergestellten Lebensmitteln auf Veranstaltungen und durch Initiativen mit Ko-Produzenten (Verbrauchern) zusammen.

Slow Food Deutschland wurde 1992 gegründet und ist ein eingetragener Verein mit Geschäftsstelle in Berlin. Die Slow-Food-Bewegung zählt Anfang 2015 in Deutschland über 13.000 Mitglieder in rund 80 Convivien (lokalen Gruppen), weltweit sind es mehr als 100.000 Menschen in über 150 Ländern. www.slowfood.de

V.i.S.d.P.: Dr. Ursula Hudson

Internationaler Tag der Milch

Der Internationale Tag der Milch wurde von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Internationalen Milchwirtschaftsverband (IDF) ins Leben gerufen. Er wird in über 30 Ländern veranstaltet und findet in der Regel einmal jährlich am 1. Juni statt.

Milchhof Lerf

Der Milchhof Lerf bei Ottobeuren im Allgäu steht für ökologische Landwirtschaft wie kein zweiter in der Region. Er wurde 2011 mit dem Förderpreis ökologische Landwirtschaft ausgezeichnet. Seit über 25 Jahren stellen die Landwirte aus Leidenschaft aus der Milch ihres Braunviehs Vorzugsmilch in Bio-Qualität her, seit neuestem sogar als Heumilch.

http://www.milchhof-lerf.de/ Standort, Googlemaps

Der Hof ist Mitglied im Bundesverband der Vorzugsmilcherzeuger und Direktvermarkter von Milch und Milchprodukten, BVDM.

Prof. Dr. med. Erika von Mutius

Prof. Dr. med. Erika von Mutius, Oberärztin an der Haunerschen Kinderklinik in München, Leitung der Asthma- und Allergie-Ambulanz, leitete u.a. die europaweite PASTURE-Studie. Diese zeigt, dass rohe Kuhmilch Kinder vor Infektionen und Atemwegserkrankungen schützt. 2013 erhielt die vielfach ausgezeichnete Prof. Dr. Mutius für ihre Forschungen den Leibniz-Preis.

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