Gepflückt und geschüttelt

Gepflückt und geschüttelt

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22. September 2018

Auch wenn in weiten Teilen des Landes wegen des extremen Wassermangels dramatische Ernteausfälle zu beklagen waren: Die Apfelernte auf dem Obst- und Ziegenhof Hochgürtel in Wachtberg-Züllighoven war dieses Jahr überreich – und das, obwohl im Unterschied zum intensiven Ertragsobstbau hier niemand mit andauernder künstlicher Bewässerung nachgeholfen hatte. Dies liegt an den alten, teils mächtigen Hochstammbäumen, die von Dorothee Hochgürtel auf sortenreichen Streuobstwiesen kultiviert werden. Deren Wurzelgeflecht ist nämlich ebenso ausgedehnt und verzweigt wie ihre Baumkrone. Mache Exemplare beschatten damit eine Fläche von über 100 Quadratmetern. Deshalb können solche Baumriesen wie etwa die Goldrenette von Blenheim oder der Kaiser Wilhelm selbst lange Trockenperioden gut überstehen. Typisch für alte, gepflegte Streuobstwiesen ist die große Vielfalt, die man dort bestaunen kann. 130 Apfelsorten kultiviert Frau Hochgürten an verschiedenen Stellen in Wachtberg. Jede hat ihre Besonderheiten in Farbe, Größe und Geschmack ihrer Früchte und in ihren Verwendungsmöglichkeiten. Da gibt es die für besonders gute Apfelsäfte, andere eigen sich hervorragend zum Backen und Kochen, wieder andere bieten die Basis für sortenreine Apfelbrände. Manche reifen früher, andere später, einige lassen sich Monate lang lagern.

Aber wie alles im Leben hat auch diese paradiesische Vielfalt ihren Preis. Eine sortenreiche Streuobstwiese zu beernten ist unvergleichlich arbeitsintensiver als eine Apfelplantage mit niedrigen Spindelbäumchen. Deshalb hatte Slow Food Bonn gemeinsam mit „Bonn im Wandel“ zu einem Erntehelfer-Nachmittag eingeladen. Mit Eimern, Rüttelstangen und Auffangplanen ausgestattet zog man gemeinsam auf die Wiese. Da ein erster Herbststurm tags zuvor schon gute Arbeit geleistet hatte, war erst einmal bücken angesagt. Faule und stark beschädigte Äpfel warfen wir im hohen Bogen weit weg, es sollte ja nicht jede unbrauchbare Frucht zehnmal umgedreht werden müssen. Äpfel mit Druckstellen wanderten in die Mostkiste, gänzlich unversehrte, nach Sorten getrennt, in den Behälter für die Guten. Dann ging’s ans Pflücken. Was mit Händen greifbar war, wanderte direkt in den Sammeleimer. Erst wenn die körpereigene Reichweite an ihre Grenzen stieß, kamen Leitern und schwereres Gerät zum Einsatz. Mit langen Stangen wurden die Äste nun gerüttelt und geschüttelt. Ein wahrer Apfelregen prasselte nieder und wurde in großen Planen aufgefangen. Wer hier am Rand stand, um die Plane hochzuhalten – die Äpfel sollte ja nicht auf dem Boden aufschlagen – tat gut dran, seinen Kopf unter dem Rand der Folien zu schützen. Ein großer Apfel aus mehreren Metern Höhe gegen die Stirn – das kann ganz schön schmerzhaft sein. So zogen wir von Baum zu Baum, vom Boskoop zur Grauen Französischen Renette und von der Champagner Renette zum Rheinischen Bohnapfel. Und nach gut zwei Stunden hatten wir etwa 1200 Kilo geerntet, darunter auch noch Grünapfel und Purpurroter Cousinot. Eine stolze Menge, wie wir fanden – aber nur ein Bruchteil dessen, was anderenorts noch an den Bäumen hing.

An Ende des Nachmittags hatten wir Hunger und Durst und nahmen alle an einer großen Kaffeetafel im neuen Seminarraum der Hochgürtels Platz. Hier gab’s dann Apfelsaft und heiße Getränken und ein leckeres Kuchenbüffet, zu dem alle etwas beigetragen hatten.
   

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