Zum Lob der Kartoffel 2013

Zum Lob der Kartoffel!

 

Was liegt für Slow Food Sauerland in der Phase der Wiederbelebung näher als die Genüsse und leuchtenden Farben des Herbstes durch ein Feuer im Freien und ein traditionelles Kartoffelbraten abzurunden?

 

Die Kartoffel ist uns Europäern ein treuer Ernährer, der seit den nachdrücklichen Bemühungen Friedrichs des Großen zu Beginn des 18. Jahrhunderts geholfen hat, die regelmäßigen Hungersnöte in Europa einzudämmen.

 

Als die Kartoffel 1567 von den Konquistadoren über die Kanarischen Inseln aus Südamerika nach Spanien und Italien eingeführt wurde,  hat man ihre Bedeutung für die Ernährung zunächst nicht erkannt. Vielmehr pflanzte man sie lange Zeit wegen ihrer hübschen Blüten in Botanischen Gärten an. Als kulinarische Kostbarkeit war sie bis ins 18. Jahrhundert adligen und später vermögenden bürgerlichen Feinschmeckern vorbehalten, bevor sie zur Volksnahrung avancierte. So stammt das erste in Westfalen erhaltene Kartoffel-Rezept nach  Krewerth  aus einem vermutlich um 1640 auf Schloss Hovestadt im Münsterland entstandenen adeligen Küchen- und Gartenbuch:

 

„Siedet die Erdapffelen in waßer biß das felchen darab gehet, ziehet dieses davon und siedet frisch waßer auf, lasset sie darein gahr werden, alstan kurztet ein wenig daß waßer oder die Brühe, machet sie zu mitt wein, eßig, butter, pfeffer und saltz …“ (Krewerth 2000, 32)

 

In Deutschland sollen die ersten Kartoffeln 1647  in Oberfranken angebaut worden sein, 1716 in Sachsen und ab 1738 in Preußen (Quelle: Wikipedia). Weil sie in Preußen von der Bevölkerung zunächst nicht angenommen wurde, erließ Friedrich der Große am 24. März 1756 den berühmten Kartoffelbefehl:

 

„Also habt Ihr denen Herrschaften und Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd Gewächses  begreiflich zu machen, und denselben anzurathen, dass sie noch dieses Früh-Jahr die Pflantzung der Tartoffeln als einer sehr nahrhaften Speise unternehmen ……… Wo nur ein leerer Platz zu finden ist, soll die Kartoffel angebaut werden, da diese Frucht nicht allein sehr nützlich zu gebrauchen, sondern auch dergestalt ergiebig ist, dass die darauf verwendete Mühe sehr gut belohnt wird. …… Übrigens müsst ihr es beym bloßen Bekanntwerden der Instruction nicht bewenden, sondern durch die Land-Dragoner und andere Creißbediente Anfang May revidieren lassen, ob auch Fleiß bei der Anpflantzung gebraucht worden, wie Ihr denn auch selbst bey Euren Bereysungen  untersuchen müsset, ob man sich deren Anpflantzung angelegen seyn lasse.“

 

Seit 1785 gilt die Kartoffel dann als eingeführt. Ihr Name leitet sich ab von tartufolo , der italienischen Bezeichnung für den Trüffel. Als Trüffel-Verehrerin ist die Kartoffel für mich auf dem Hintergrund einer sich im  Sauerland entfalteten Biografie die „Sauerländische Trüffel“ so wie die Schwarzwurzel der Spargel des Bergmanns genannt wird.

 

 Sie verfügt über einen hohen Nährwert und ihre relative Geschmacksneutralität fordert eine Vielzahl an kreativen Zubereitungsmöglichkeiten heraus. Daneben ist sie als Grundnahrungsmittel preiswert und lässt sich einfach lagern.

 

Das alles veranlasst mich, das Lob der Kartoffel zu singen!   

 

Die Ergiebigkeit  der Kartoffel konnte ich  in diesem Sommer an einer kleinen „Stichprobe“ dann selbst erfahren. Mein Sohn gab mir den Tipp, eine drei qm große Giersch-Plantage, der auch durch regelmäßige Wildkräuter-Salate, - Pestos und die Herstellung von Wildkräuter-Butter nicht beizukommen war, durch gepflanzte Kartoffeln (mitten im Blumenbeet) anzugehen. Der Giersch wurde also letztmalig mit der Hand bekämpft, bevor ein Rat gebender Landschaftsgärtner den Mutterboden demnächst abtragen würde.  Danach fanden sich schließlich 10 Kartoffeln im Küchenkorb, die Ende Mai gesetzt wurden. Jetzt, Ende Oktober konnte ich nicht nur feststellen, dass Kartoffeln tatsächlich ein wirksames Mittel gegen Giersch sind, sondern auch 38 junge, eigene (allerdings sehr kleine) Kartoffeln ernten, die als köstliche Rissolet-Kartoffeln in meinem Kochtopf gelandet sind.  Da die Kartoffel am Anfang ihrer Eroberungsgeschichte in Europa als hübsche Zierde die Botanischen Gärten bereicherte, wird sie auch im kommenden Jahr, wahrscheinlich zum Amüsement meiner Nachbarn, mein Blumenbeet im Vorgarten schmücken und sich sehr nützlich machen.

 

Bei dem diesjährigen Slow Food Kartoffelbraten wurden auf dem Hof Ax in Schmallenberg zur Verkostung die Sorten Belana und Cilena ausgewählt, wobei Frau Ax anmerkte, dass die Cilena im kommenden Jahr nicht mehr angebaut werde. Sie umgehe die Steine im Boden und wachse deshalb häufig krumm und würde dann vom Käufer nicht akzeptiert. Wir haben sie gekauft ganz nach unserem Motto:

„Essen was man retten will!“

Ingrid Schlicht-Olbrich

Quellen:

Krewerth, R.A.  Münsterländer Allerlei, Münster 2000, 32

Olbrich, I.  Vom Essen um zu leben zum Leben um zu essen; Vortrag an der SGVWanderakademie Arnsberg am 24.02.2012

www.wikipedia.de

www.hof-ax.de   

 

Uralte Tradition: das Kartoffelbraten im Sauerland


Das Kartoffelbraten hat vielfache Tradition: hier im Sauerland aber auch im
Siegerland, Weserbergland und in Teilen der Eifel. Seit mehr als 400 Jahren werden
im Sauerland zur Erntezeit Kartoffeln im Feuer gebraten.


Das Kartoffelbraten (teilweise auch „Feuerkartoffeln machen“ genannt)


Früher war das Kartoffelbraten ein „Arme-Leute-Essen“, dass aus dem Essen auf
dem Feld bei der Ernte entstand. Heute ist es ein traditionsreiches „Event“, bei
dem Kartoffelbräter und ihre Familien und Freunde zusammenkommen und gutes
Essen, Geselligkeit und die heimelige Atmosphäre am Feuer genießen.
Fragt man, woher diese Tradition des Kartoffelbratens im Sauerland kommt, erhält
man die unterschiedlichsten Antworten. Die „Dorfältesten“ erzählen ihre
Geschichten, alte Bücher versuchen sich in bunten Schilderungen…
Der Ursprung der Tradition des Kartoffelbratens (nicht des Garens von Kartoffeln
im Feuer allgemein) geht bis in das Spätmittelalter zurück. Deutschland war
aufgeteilt in viele hunderte Fürstentümer. Die Ackerflächen rund um die Dörfer
waren durch Erbteilung oft klein und verschachtelt, so dass vielfach weite Wege
auf die Felder zurückzulegen waren. Je weiter unten eine Familie im damaligen
Gesellschaftssystem stand, umso weiter war es meinst zum kleinen Acker.
Ein Arbeitstag hatte damals 10-14 Stunden, so dass die Nahrungsversorgung über
den Tag kreativ gehandhabt werden musste. Ein kurzer Weg nach Hause zum
Essen war den meisten nicht vergönnt.
So trug man nach der Ernte die Reste (Strünke und Übriges) abends zusammen
und schichtete ein Feuer, an dem Nahrung an Ort und Stelle zubereitet werden
konnte. Dabei sind wohl „Restkartoffeln“ mit in das Feuer geraten. Diese wurden
von neugierigen Bauern aufgebrochen und auf die Essbarkeit überprüft – und
siehe da: sehr lecker!
In späteren Jahren gab es bei der Ernte immer ein "Hurke-Feuer", an dem die
Kinder hockten (hurkten) und die Glut für das Kartoffelbraten hüteten.


Feuerholz und Arbeitswerkzeuge für das Kartoffelbraten heute


Eine Kugel-Gräipe (vielzinkige Forke mit kugelförmigen Enden der Zinken) und
Lederhandschuhe sind das Werkzeug des Kartoffelbräters! Benutzt werden i.d.R.
die „juten Buchenknüppels“ – die guten Buchen-Scheite: unbehandeltes
Buchenholz ist deal für das Kartoffelbraten. Von Nadelholz ist wegen der
Funkenfreudigkeit des Holzes abzuraten.  

Das Kartoffelfeuer 

Im Kartoffelfeuer werden festkochende Kartoffeln gebraten. Es folgen mehrere
Arbeitsschritte, um ein wohlschmeckendes Ergebnis zu erreichen:

 Schichtung des Kartoffelfeuers
 Gluterzeugung
 Formen der Kartoffelmulde
 Anschwitzen der Kartoffeln
 Häufeln und Gar-Braten
 Bergen der Kartoffeln

Der traditionelle Verzehr


Die Kartoffeln werden mit den Händen aufgebrochen und nicht mit dem Messer
aufgeschnitten. In einigen Orten wird das Messer zwar toleriert, aber dies ist nicht
ursprünglich korrekt und wird vielfach nicht gern gesehen.
Feuerkartoffeln werden mit der bräunlich-schwarzen Schale gegessen. So will es
die Tradition. Die Kartoffeln zu pellen, ist erst in neuerer Zeit entstanden. Versuchen
Sie einmal, die Feuerkartoffeln nach Brauch zu verzehren und lernen sie deren
einzigartigen Geschmack kennen!
Traditionell werden Salz und Butter zu den Feuerkartoffeln gereicht.
Wer mag, kann das Kartoffelbraten zu einer Tafelrunde erweitern mit Flamm-
Lachs, eingelegte Sahneheringen, selbstgemachten Soßen und Dips sowie
frischen Salaten.


Flammlachs am Brett


1 Lachsfilet mit Haut
1 TL Pfefferkörner
1 TL Wacholderbeeren
1 TL Meersalz
1 TL Paprikapulver

Quelle:

Survival- und Wildnisschule 
Inh. Frank Draeger
Rembrandtstr. 40
58095 Hagen
Tel 02331.92 30 833
Mob 0160.755 54 54
katrin.lenz@survival-wildnisschule.de
www.survival-wildnisschule.de

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