Für Slow Food Deutschland (SFD) ist handlungsorientierte Ernährungsbildung einer der zentralen Pfeiler, um Ernährungskompetenz aufzubauen und nachhaltige Entscheidungen und Strukturen zu fördern. Wir bringen Interessierte mit Expert*innen aus Theorie und Praxis in Schulen, auf Höfen, in Küchen und Backstuben sowie bei Veranstaltungen zusammen, damit sie mit allen Sinnen bzw. mit „Kopf und Bauch“ erleben, wie eine für Mensch und Planet gesunde Ernährung politisch, praktisch und kulinarisch gelingt, schmeckt und lohnt. Einige Bildungsprojekte richten sich an Schüler*innen; SFD bietet aber auch Bildungsformate wie die Slow Food Youth Akademie für Jugendliche und wie die Geschmackserlebnisse, Verkostungen und Hofbesuche für Erwachsene.
Für die Bildungsarbeit kooperiert Slow Food auch mit Partnerorganisationen. Multiplikator*innen werden weitergebildet. Die Bildungsprojekte werden durch die Slow Food Deutschland gUG umgesetzt. Die Bildungsformate von Slow Food Deutschland haben verschiedene Formate: Geschmackserlebnisse, Besuche auf Bauernhöfen und in Produktionsstätten, Konferenzen, Workshops und Abendessen mit den Produzent*innen. Außerdem führt Slow Food Deutschland eine Reihe an Bildungsprojekten wie die >> Slow Food Youth Akademie durch und betreibt Bewusstseinsbildung zu diversen Themen wie >> Gesundheit und Ernährung, >> Lebensmittelverschwendung und vieles mehr.
Auf regionaler Ebene unterstützen die Convivien und die Slow Mobile beim Thema Ernährungsbildung. Die Mobile sind zum Kochen und Lernen ausgebaute Bauwagen. Sie machen Kindern Lust darauf, Essen selbst zu zubereiten.
Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen der Art, wie Lebensmittel global erzeugt und weiterverarbeitet werden und dem Zustand des Klimas sind immens – und die Komplexität des Problemfeldes enorm. Vereinfacht gesagt verstärken einerseits industrielle Landwirtschaft sowie die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Nahrungsmittels den Klimawandel. Andererseits bekommen Landwirte und Fischer vielerorts schon jetzt die verheerenden Folgen der Erderwärmung zu spüren.
Arme besonders benachteiligt
Es ist eine Tragödie, dass – wie so oft – insbesondere die Ärmsten der Armen vom Klimawandel betroffen sind. So werden zum Beispiel schon jetzt ganze Fischereidörfer, die für ihren Unterhalt auf die Fischerei angewiesen sind, ihrer Lebensgrundlage beraubt. Auch in der Landwirtschaft sind vor allem Kleinerzeuger aus dem globalen Süden durch die Folgen des Klimawandels benachteiligt und verlieren durch Dürren, steigende Temperaturen oder ausbleibende bzw. zu starke Regenfälle große Teile ihrer Ernte.
Landwirtschaft ist ein zentrales Handlungsfeld
Insgesamt verursacht die Landwirtschaft circa ein Viertel aller globalen Treibhausgase. Laut Weltagrarbericht beschränkt sich dieser Prozentsatz allein auf die Landwirtschaft und berechnet weitere Schritte der Lebensmittelproduktion noch nicht einmal mit ein (Weltagrarbericht mit Daten des IPCC): „Verarbeitung, Transport, Kühlung, Erhitzung, Zubereitung und Entsorgung von Lebensmitteln hinzugerechnet, die der IPCC in anderen Sektoren verbucht, ergibt, dass über 40% aller Emissionen davon abhängen, wie wir uns ernähren und Landwirtschaft betreiben“. Weitere zentrale Handlungsfelder, die sich auch negativ auf Umwelt und Klima auswirken, sind z. B. die Lebensmittel- und Ressourcenverschwendung, der Verlust der Bodenfruchtbarkeit, die Erzeugung von Unmengen an Verpackungsmüll wie Plastik, lange Transportwege und Wertschöpfungsketten sowie das individuelle Konsumverhalten eines jeden Bürgers.
Gute, saubere und faire Praktiken fördern die Nachhaltigkeit
Abhängig von der Art der Lebensmittelproduktion gibt es allerdings sehr deutliche Unterschiede, was das Ausmaß an Umweltbelastungen angeht. Während die Prozesse der Agrarindustrie sehr hohe Umweltbelastungen nach sich ziehen, gibt es Erzeuger, die bereits heute zukunftsfähig wirtschaften und nachhaltig produzieren: Erzeuger, die auf gute, saubere und faire Praktiken und Prozesse setzen zeigen die Alternativen für morgen auf. Deswegen unterstützt Slow Food Erzeuger, Gastronomen, Lebensmittelhandwerker und Verbraucher, die dem Problem des Klimawandels mit klimafreundlichen und zugleich alltagstauglichen Modellen begegnen, und stellt diese Leuchtturmprojekte in den Mittelpunkt der Vereinsarbeit. Slow Food möchte zeigen, dass es sie gibt: Die Möglichkeiten, seinen Beitrag zu leisten, um dem Klimawandel und seinen Folgen entgegenzuwirken. Ein sofortiges Handeln ist unabdingbar, denn die Auswirkungen der Erderwärmung sind für lokale Gemeinschaften und vor allem auch kleine Landwirte und Erzeuger vielerorts schon jetzt dramatisch.
Hinweis: Für Deutschland sind die Zahlen des Umweltbundesamtes von Bedeutung www.umweltbundesamt.de
Bilder oben: Massai mit Viehherde in Kenia. | © Barbara Assheuer
Es ist ein zentrales Anliegen für Slow Food Deutschland, Verbraucherinnen und Verbraucher über das dramatische Ausmaß an Lebensmittelverschwendung aufzuklären und ihnen positive Handlungsalternativen zur Vermeidung aufzuzeigen. Denn während etwa jeder neunte Mensch an Hunger leidet, werden jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weltweit weggeworfen. Rund ein Drittel aller erzeugten Lebensmittel kommen also nicht dort an, wo sie ankommen sollten – nämlich auf den Tellern. Ein Grund für die Verschwendung in der Produktionsphase auf dem Acker ist ein industrielles System, das auf Überproduktion und optische Marktnormen setzt und die durch die Lebensmittelverschwendung verlorenen Ressourcen wie Energie, Wasser und Boden außer Acht lässt. Die Verschwendung zieht sich weiter durch die gesamte Lebensmittelwertschöpfungskette und ist dort systematisch verankert, vom Acker, über den Transport bis hin zum Konsum in Privathaushalten, öffentlichen Einrichtungen und der Gastronomie. Auf Verbraucherebene begünstigen zum Beispiel zu niedrige Preise Verschwendung und haben zur fehlenden Lebensmittelwertschätzung geführt. Laut einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen werfen Privathaushalte in Europa und Nordamerika pro Kopf 95 - 115 kg Lebensmittel in den Müll, obwohl viele dieser Lebensmittel noch genießbar sind und verzehrt werden könnten. Hinzu kommen die ökologischen Folgen dieses Überflusses. Die Höhe der mit der Lebensmittelverschwendung verbundenen CO2-Emissionen macht sie zu einem wahren Klima-Killer: Sie alleine ist für 3,3 Gigatonnen CO2-Ausstoß verantwortlich und damit nach den USA und China der größte CO2-Emittent. Die Zahlen machen eines deutlich: Der Verschwendung Einhalt zu gebieten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der nicht zuletzt die Politik mit Verantwortung begegnen muss.
Einer unter vielen Gründen für das hohe Aufkommen an Lebensmittelabfällen in Privathaushalten ist der unsichere, teils unreflektierte Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Was dieses aussagt und worauf es hinweist, wird von zu vielen Menschen falsch interpretiert und von Handel und Politik nicht ausreichend erklärt. Denn anders als das Verbrauchsdatum, das für mikrobiologisch sehr leicht verderbliche Lebensmittel wie zum Beispiel Hackfleisch gilt und als solches ernst zu nehmen ist, ist das MHD kein Wegwerfdatum. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gibt das MHD den Zeitpunkt an, bis zu dem ein Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften (z. B. Geschmack, Farbe und Konsistenz) behält. Insbesondere für noch verschlossene Lebensmittel und manche Lebensmittelgruppen wie Kaffee, Reis, Salz und sogar Milchprodukte ist das MHD lediglich als Richtwert anzusehen. Man sollte deshalb lernen, weniger dem MHD als vielmehr den eigenen Sinnen zu vertrauen und das Lebensmittel optisch und geschmacklich selbst zu beurteilen, bevor man es wegwirft. Zusätzlich sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher in der Verantwortung sehen, maßvoll und nach dem realen Bedarf einzukaufen. Dabei unterstützt die klassische Einkaufsliste. Durch richtige Lagerung und Konservierung wie Einmachen und Fermentieren können sie die Verschwendung zu Hause ebenfalls minimieren.
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Menschengesundheit nur mit Planetengesundheit
Gesunde Ernährung ist aus Sicht von Slow Food nur dann gesund, wenn sie dazu beiträgt, Böden, Wasser und Umwelt gesund zu halten, Artenvielfalt zu bewahren, Tierwohl zu schützen sowie globale Nahrungssicherheit und -gerechtigkeit zu schaffen.
Um das zu konkretisieren hat Slow Food Deutschland zehn Grundsätze zu gesunder Ernährung in einem Positionspapier zusammengefasst: >> Menschengesundheit nur mit Planetengesundheit.
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