Preiskrise, Tierleid, Klima- und Bauernproteste: Aus ganz verschiedenen Blickwinkeln wurde Ernährung jüngst zu einem vermehrt diskutierten Thema. Für manche noch immer verbunden mit der Frage, ob man uns nun ans Schnitzel wolle, und was der Staat in unseren Kühlschränken zu suchen habe. Die Auswirkungen unseres individuellen Einkaufs- und Ernährungsverhaltens auf Umwelt, Gesundheit, Tierwohl, Teilhabe- und Entwicklungsmöglichkeiten aber werden zunehmend bewusster, und auch der Wunsch nach mehr Gerechtigkeit entlang der Wertschöpfungskette sowie bei der individuellen Versorgung ist groß. An erster Stelle aber steht bei 99 Prozent der Bevölkerung nach wie vor, dass Essen vor allem schmecken muss.[1]
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung die Erarbeitung einer Ernährungsstrategie in den Koalitionsvertrag der aktuellen Legislaturperiode einbezogen, und dabei die „Freude am guten Essen“ als Antrieb definiert. Nach einem Beteiligungsprozess mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbraucherschutz, Gesundheit und Umwelt im Zeitraum Juni 2022 bis Februar 2023 liegt seit dem 17. Januar 2024 die Ernährungsstrategie der Bundesregierung für „Gutes Essen in Deutschland“ vor. Damit soll es für alle Menschen möglich und einfach werden, sich gut zu ernähren.[2]
Für staatliche Rahmenbedingungen ist es höchste Zeit, denn viel steht für die Gesundheit von Mensch und Planet Erde auf dem Spiel: Weil Menschen, Böden, Tiere, Wasser und Umwelt systemisch miteinander verbunden sind, kann es gesunde Ernährung nur auf einem gesunden Planeten geben. Aktuell aber steht die Ernährungsweise in Deutschland in Zusammenhang mit etwa einem Fünftel unserer Treibhausgasemissionen und ist mitverursachend für den Verlust von Arten- und biologischer Vielfalt.[3] Und auch die individuelle Gesundheit vieler Menschen und insbesondere Kinder muss in den Fokus gerückt werden. Fehl- und Überernährung haben in allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen fatale Folgen für die Gesundheit einer wachsenden Zahl von Betroffenen, und aus den von Ernährung mitverursachten Krankheiten ergeben sich in der Summe erhebliche staatliche Gesundheitskosten.
Unsere Ernährung hat zudem eine soziale Dimension: Nicht erst seit der rapiden Teuerung von Lebensmitteln in der jüngeren Vergangenheit haben wirtschaftliche und soziale Voraussetzungen deutlichen Einfluss auf die Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren. In einem fairen Ernährungssystem ist Ernährung erst dann gut, wenn sie für alle zur Verfügung steht.
Mit der neuen Ernährungsstrategie nun soll das gesamte Ernährungssystem verändert werden. Leitbild hierfür ist eine stärker pflanzenbetonte Ernährung mit möglichst ökologisch erzeugten, saisonal-regionalen Lebensmitteln und möglichst wenig Lebensmittelverschwendung.
Die Wegmarken dafür sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu gesunder Ernährung und die planetaren Grenzen – sprich die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde. Um den daraus erwachsenden Anforderungen gerecht zu werden, muss der Umschwung auf eine vermehrt pflanzliche Kost mit wenigen tierischen Erzeugnissen gelingen. Hauptbestandteile sind Gemüse, Obst, Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse. Dieser Ansatz, den auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung teilt, gilt wissenschaftlich und medizinisch nun als der Königsweg.
Ein wichtiger Hebel bei der gewünschten Umstellung ist die Gemeinschaftsverpflegung. Da ein Großteil der Deutschen mindestens einmal werktäglich in Mensen oder Kantinen isst, ebnet sie den Weg zu nachhaltigem und gesundem Essen. Wenn in Kitas, Schulen, Betrieben, Kliniken und Senioreneinrichtungen eine gute Ernährung vorgelebt wird, kann daraus eine neue soziale Norm entstehen. Als wichtigstes Instrument legt die Strategie eine verbindliche Umsetzung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in den Kantinen bis 2030 fest. Und auch das Angebot an ökologisch erzeugtem Essen soll vergrößert werden.
Neben der ökologischen wird auch die nicht minder drängende soziale Frage von der Ernährungsstrategie aufgenommen: Eine ausreichende, gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung soll allen Menschen zugänglich sein, einschließlich Menschen aus armutsgefährdeten oder von Armut betroffenen Haushalten. Etwa drei Millionen Menschen sind in Deutschland von Ernährungsarmut betroffen, worunter eine qualitativ oder quantitativ unzureichende Ernährung verstanden wird.[4] Als weitere Gruppen mit besonderen Bedürfnissen identifiziert die Ernährungsstrategie Kinder und Jugendliche, Menschen mit Fehl- oder Mangelernährung und Menschen mit Einwanderungsgeschichte.
Beim Thema Lebensmittelverschwendung bezieht die Strategie sich auf das sowohl global als auch für die EU und Deutschland gesetzte Ziel einer Halbierung von Lebensmittelabfällen bis 2030. Die notwendige Verhaltensänderung soll insbesondere in privaten Haushalten erbracht werden, in denen mehr als die Hälfte der Abfälle stattfinden.
Was aber rechtfertigt nun, dass der Staat in die Rahmenbedingungen einer so privaten Angelegenheit wie dem Essen eingreift? Galt nicht der „mündige Verbraucher“ als das ernährungspolitische Leitbild schlechthin, mit der Folge, dass sich staatliche Intervention auf die Förderung "verantwortungsvoller Verbraucherentscheidungen" beschränkte? Diesem Ansatz lag die Vorstellung zugrunde, bereits eine Sensibilisierung und Aufklärung der Verbraucher*innen bewirke die Änderung ihres Ernährungsverhaltens. Dass Vebraucher*innen allein auf Grundlage von Informationen eine vernünftige Wahl treffen, hat sich indes als Trugschluss erwiesen. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der wirksamste und gerechteste Weg zur Änderung der Ernährungsgewohnheiten darin besteht, die Bedingungen zu ändern, unter denen Ernährungsentscheidungen getroffen werden.
Eine zentrale wissenschaftliche Empfehlung besteht daher darin, Verbraucher*innen durch die Gestaltung angemessener Ernährungsumgebungen bei der Realisierung einer nachhaltigeren Ernährung stärker als bisher zu unterstützen.[5] Die Ernährungsumgebung beeinflusst den gesamten Verhaltensprozess unserer Ernährung weitreichend. Konkret zählt dazu beispielsweise das Angebot gesundheitsfördernder, sozial-, umwelt- und tierwohlverträglicher Lebensmittel oder Gerichte überall da, wo Essen stattfindet. Wichtige Ansatzpunkte sind neben der strategischen Ausrichtung von Einrichtungen der Gemeinschaftsgastronomie und der Suche nach Möglichkeiten zur Nivellierung ungleicher sozioökonomischer Möglichkeiten auch die Gestaltung der Konsumlandschaft, also all jene Elemente der Ernährungsumgebung, die Lebensmittelhandel, -industrie, -werbung und -kennzeichnung betreffen.
Ergänzend zur Schaffung nachhaltiger Ernährungsumgebungen soll die individuelle Handlungsebene durch strikter nachhaltige und gesunde Ernährungsempfehlungen, Maßnahmen der Ernährungskommunikation/-information, Ernährungsbildung, Prävention sowie durch das Zusammendenken von Ernährung und Bewegung gestärkt werden.
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Mit der Ernährungsstrategie hat das Politikfeld „Ernährung“ in Deutschland eine entschiedene Aufwertung erfahren. Um nachhaltiges und gesundes Essen gesellschaftlich als das neue Normal sicher zu positionieren, muss die Strategie in Anbetracht der Dringlichkeit von Klima-, Artenvielfalts- und Gesundheitskrise nun zügig umgesetzt werden. Hierfür braucht es einen sinnvollen Durchführungsplan mit Arbeitspaketen, zeitlicher Terminierung und effizientem Management ebenso wie eine ausreichende Finanzierung. Aber vor allem darf das nicht verloren gehen, was die Strategie als ihre Mission definiert: die Freude am guten Essen. Denn nur mit Freude und Genuss kann der unbestritten notwendige Wandel gelingen.
Autorin: Dr. Nina Wolff
[1] BMEL Ernährungsreport 2023, S. 24 ff.
[2] Ernährungsstrategie der Bundesregierung 2024
[3] UBA Towards healthy and sustainable diets in Germany 2023
[4] WBAE Gutachten Ernährungsarmut 2023
[5] WBAE Gutachten 2020
Die Qualitätsprüfung von Slow Food umfasst eine handwerkliche Herstellung, das Weglassen fast aller Zusatzstoffe und ressourcenschonende Erzeugung und Verarbeitung. Eine große Herausforderung, denn die Verarbeitung von naturbelassenen Rohstoffen erfordert besonderes handwerkliches Können, lange Erfahrung, umfassendes Wissen und Liebe zum Produkt.
So schmeckt biologische und kulturelle Vielfalt
Ob Ahle Wurscht in Nordhessen, Burger Brezeln im Bergischen Land oder Nieheimer Käse in Ostwestfalen-Lippe: Regionale Spezialitäten sind das genussreiche Ergebnis der altbewährten Partnerschaft von Landwirtschaft und Lebensmittelhandwerk in einer Region. Aus Rohstoffen wie Getreide, Obst und Gemüse, Honig, Milch, Fisch und Fleisch werden je nach Landstrich besondere Köstlichkeiten kreiert. Der Markt des guten Geschmacks – die Slow Food Messe präsentiert vier Tage lang den kulinarischen Reichtum aus den Regionen.
Auf Entdeckungsreise in der Vinothek
„Wein spricht Deutsch“, sagt der prominente Weinkritiker Stuart Pigott und widmete dem deutschen Wein ein umfassendes Werk. In der Vinothek präsentieren Winzerinnen und Winzer Überraschendes, Inspirierendes und Neues aus deutschen Anbaugebieten zum Probieren, Schmecken und Erleben der Vielfalt des deutschen Weins. Die Besucherinnen und Besucher werden auf eine spannende Weinreise quer durch die deutschen Weinanbaugebiete mitgenommen. Slow Food Weinberater*innen informieren zu rund 150 Weinen und Sekten von bis zu 50 ausgewählten Winzerinnen und Winzern. In der angenehmen Atmosphäre der Vinothek erfährt man Spannendes über traditionelle und neu beheimatete Rebsorten, die Persönlichkeiten der Weine und die Landschaften, aus denen sie kommen. Und: Es werden die ersten zertifizierten Erzeugnisse von Slow Wein Deutschland präsentiert.
Verleihung Ursula Hudson Preis
Erstmals wird die Verleihung des Ursula Hudson Preises am Freitag, 5. April, im Rahmen der Messe in Stuttgart stattfinden. Der Slow-Food-Bildungspreis ehrt Menschen, die sich für eine Ernährungswende einsetzen. Die vier Nominierten werden auf der Messe vorgestellt, danach wird die Preisträgerin oder der Preisträger bekannt gegeben. Die Key Note spricht Frauke Fischer, Biologin, Unternehmerin und Autorin, die sich für den Schutz von Biodiversität einsetzt.
Slow Farming als neues Netzwerk
Im Herbst 2024 wird Slow Food weltweit ein neues Netzwerk ins Leben rufen. „Slow Food Farms“ setzt sich zum Ziel, Höfe, die gut, sauber und fair arbeiten, untereinander noch besser zu vernetzen. Während des Podiums gibt es exklusive Einblicke in die Kriterien, die Höfe erfüllen müssen, um ins Netzwerk aufgenommen zu werden.
Chef Alliance mit ausgefallenen Spezialitäten
Die „Seekrug Bio Genuss Manufaktur“ auf der autofreien Nordseeinsel Langeoog steht für den Geschmack Ostfrieslands. Wattenmeerspezialitäten, Inselkonfitüre und Nordsee-Süppchen. Matjes vom Saibling und Starnberger Seeforelle sind die Spezialitäten bei „BROEDING“. Das Münchner Restaurant führt ganz besondere Weine aus Deutschland und Österreich, die perfekt zum Charakter der Küche passen.
Nur zwei von zehn Beispielen aus der Chef Alliance von Slow Food, die sich auf der Messe vorstellen. Die Chef Alliance ist ein Zusammenschluss professioneller Slow-Food-Gastgeber. Die Köchinnen und Köche leben die Slow-Food-Idee in enger Verbindung mit Bäuerinnen und Bauern sowie Fischerinnen und Fischern der Region und setzen sie in professioneller Gastronomie um. Auf ihren Speisekarten finden sich regional typische Gerichte, alte Sorten und Produkte aus der Arche des Geschmacks von Slow Food. Auf der Messe nehmen sie die Gäste mit ausgewählten Menüs auf eine kulinarische Reise durch Deutschland mit. Sämtliche Gerichte werden zum Kennenlern- und Probierpreis von 15 Euro pro Menü angeboten. Weitere Informationen sind hier zu finden.
Kulinarisches Mitmachangebot
„Meet the Chef!“: ein kulinarisches Mitmachangebot mit Koch- und Genussprofis erwartet die Messegäste. Unter Anleitung können sie Geschmack und Textur von Lebensmitteln unterschiedlicher Herkünfte, Zubereitungsweisen oder Reifegrade verkosten und vergleichen. Die Teilnahmevoraussetzungen sind Neugierde, Spaß am Kochen und Leidenschaft für Geschmacks- und Genussvielfalt mit Verantwortung für Umwelt, Natur, Tier und Mensch.
Weitere Infos zum Rahmenprogramm unter diesem Link.
Dr. Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland zur diesjährigen Slow Food Messe: „Bei uns können die Besucherinnen und Besucher wieder Lebensmittel und Gerichte genießen, die leidenschaftlich und auf eine zukunftsverträgliche Weise hergestellt sind. Vor Ort möchten wir Verbindung schaffen: zwischen den Gästen und den Menschen, denen wir unser Essen verdanken sowie denen, die Visionen vorantreiben, wie wir uns auch in Zukunft gut, sauber und fair ernähren können. Deswegen verleihen wir erstmalig den Ursula Hudson Preis auf der Messe. Die Forumsbühne steht im Zentrum, wenn es darum geht, inspirierende Impulse für Kopf und Verstand mit nachhause zu nehmen.“
Auch in diesem Jahr wird parallel zur Slow Food Messe die FAIR HANDELN, Internationale Messe für global verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln, stattfinden. Am Donnerstag, 4. April, wird es eine gemeinsame Eröffnungsveranstaltung geben.
]]>Mit dem End of Fish Day sensibilisieren Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food Deutschland Öffentlichkeit und Politik seit 2019 für die Zusammenhänge zwischen dem Zustand mariner Ökosysteme und dem Wohl der Menschen – derer, die von der Fischerei als Einnahmequelle und für ihre Ernährungssicherheit angewiesen sind. Der Wandel der Meere ist trotz aller Bemühungen im Meeresschutz und dem Fischereimanagement verheerend. An der Ostsee zeigen sich die Folgen dieses ungebrochenen Abwärtstrends am deutlichsten. Die heimische Fischerei kann immer weniger zu einer nachhaltigen, regionalen Versorgung mit Fischereiprodukten beitragen. Da der Fischkonsum nicht abnimmt, wächst die Importabhängigkeit Deutschlands und damit die Verantwortung für den weltweiten Zustand der Meere und die globale Ernährungssicherheit.Während der erste End of Fish Day 2019 auf den 5. April datierte, findet er 2024 bereits fünf Wochen früher statt. 2024 liegt in Deutschland der Selbstversorgungsgrad mit Fisch und Fischerzeugnissen bei nur noch 16 Prozent. Die Berechnungen fußen auf dem aktuellen Bericht des Bundesinstituts für Landwirtschaft und Ernährung.
Dazu Vertreter*innen der drei Organisationen:
Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland: „Die Kleinfischerei, und insbesondere die handwerkliche Fischerei, muss als Wirtschaftsbereich sowie als wichtiger Beitrag zur kulturellen Vielfalt wirksam geschützt und zukunftsfähig aufgestellt werden. Die deutsche und europäische Fischereipolitik sollten in diesem Sinne positive Strahlkraft entwickeln. Auch auf die Verbraucher*innen: Ihre Wertschätzung für eine rare Ressource kann gesteigert werden, indem sie sich die globalen Folgen eines aus dem Ruder gelaufenen Fischkonsums bewusst machen.“
Francisco Mari, Brot für die Welt: „Die Zukunft der Kleinfischerei muss weltweit, in Nord- und Ostsee, genauso wie in Afrika oder in Ozeanien, gesichert werden. Klimakrise, Überfischung und Meeresverschmutzung sind globale Probleme. Allerdings sind die Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit im globalen Süden weitaus kritischer. Die Abhängigkeit der Fischergemeinschaften von intakten Meeren und deren Bedeutung für die Bekämpfung von Hunger und Armut sind in Afrika deutlich größer als in Europa. Dennoch müssen echte Problemlösungen letztlich global erfolgen, wie etwa die Umsetzung der Richtlinie der Welternährungsorganisation zum Schutz der Kleinfischerei.“
Kai Kaschinski, Vorstand von Fair Oceans: „Der Niedergang der deutschen Fischerei darf nicht widerspruchslos hingenommen werden. Dies wäre auch international das falsche Signal. Dadurch, dass wir momentan mehr als 80 Prozent unseres Bedarfs an Fischereiprodukten auf dem Weltmarkt decken, haben unsere Defizite in Fischerei und Aquakultur erhebliche globale Auswirkungen. Den Fisch, den wir nicht in Nord- und Ostsee fangen, holen wir uns aus anderen Meeresregionen und tragen damit dort Verantwortung für die Konsequenzen. Ohne eine nachhaltige Fischerei in deutschen Gewässern wird sich der weltweite Druck auf die marinen Ökosysteme und die Ernährungssicherheit weiter erhöhen.“
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Informationen zur hybriden Veranstaltung am 29. Februar 2024, 18:00 bis 20:30 Uhr:
Übersee-Museum Bremen (Bahnhofsplatz 13, 28195 Bremen) sowie via Zoom
Podien zur aktuellen Situation der Fischerei in Nord- und Ostsee sowie den Zukunftsperspektiven deutscher Fischerei mit folgenden Gästen:
Uwe Sturm, Arbeitskreis Fischerei in der Aktiv Region Ostseeküste
Dr. Sabine Horn vom Alfred-Wegener-Institut
Mathias Schilling, Hiddenseer Kutterfisch GmbH
Dr. Kristina Barz, Johann Heinrich von Thünen-Institut
Dr. Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland
Francisco Mari, Brot für die Welt
Moderation: Kai Kaschinski von Fair Oceans
Grußwort: Staatsrat Kai Stührenberg bei der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation
Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Bitte melden Sie sich bis zum 27. Februar » hier an.
Wichtiger Hinweis: Diese Pressemitteilung wird von Slow Food Deutschland, Brot für die Welt und Fair Oceans gemeinsam verschickt. Doppelsendungen bitten wir zu entschuldigen.
Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), würdigte die Initiative auf der Biofach: „Eine nachhaltige Zukunft unserer Landwirtschaft und Ernährung braucht Vielfalt und die Perspektive von Jung und Alt. Das Bündnis JöLL bündelt jetzt die Stimmen der nächsten Generation. Ich bin gespannt auf die Vorschläge vom JöLL, insbesondere was die Zukunft unserer Höfe oder Bäckereien, unserer Tierhaltung oder der Agrarpolitik angeht – sei es in Deutschland oder der EU. Im Sommer 2025 veranstalten wir am Rande der Öko-Feldtage auf dem Wassergut Canitz das Organic Future Camp, ich lade das
Bündnis jetzt schon herzlich dazu ein.“
Tina Andres, Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) begrüßt die Gründung: „Auf vielen Bio-Höfen, in der Bio-Lebensmittelverarbeitung und im Bio-Handel findet derzeit ein Generationswechsel statt: Viele Pionierinnen und Pioniere übergeben ihre Höfe und Unternehmen an die nächste Generation. Gut, dass sie sich nun zusammenschließen und sich aktiv an Entscheidungen über die Zukunft des Ernährungssystems beteiligen.“
Das Bündnis „Junge ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft“ hat sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen, die sich bereits für eine ökologische Transformation des Ernährungssystems einsetzen, zu vereinen und ihnen politisch eine Stimme zu geben.
Aus dem Gründungsdokument: „Wir, die heutige junge Generation, werden die Auswirkungen einer fehlgeleiteten Landwirtschafts- und Ernährungspolitik am stärksten zu spüren bekommen. Uns muss daher politisch eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung unseres Ernährungssystems eingeräumt werden. Denn vor allem gemeinsam können wir einen positiven Beitrag leisten.”
Das Bündnis JöLL wird beim Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) angesiedelt. Mitglieder sind bislang Vertreter*innen der Verbände Biokreis, Demeter, Naturland, Junges Bioland, BNN.next und Slow Food Youth. Neben einem Arbeitskreis, in dem die Mitglieder gemeinsame Positionen erarbeiten, gibt es einen repräsentativen Sprecher:innenkreis, bestehend aus jungen Ehrenamtlichen aus der Praxis. Diese tragen beschlossene Themen und Forderungen nach außen in Politik und Wirtschaft.
Zitate von Gründungsmitgliedern
Lennart Bertels & Johanna Zierl, Junges Bioland: „Die Uhr tickt für unseren Planeten, und wir, die Jugend, stehen an vorderster Front des Kampfes. Ein Zusammenschluss der ökologischen Jugend ist das dringend benötigte Sprachrohr, um unsere Leidenschaft, Ideen und Forderungen zu bündeln und die Veränderung anzuführen."
Susanne Witt & Dorothea Schmidt, Demeter: „Gemeinsam bündeln und weiterentwickeln, was junge Landwirt:innen und Unternehmer:innen der Öko-Branche bewegt und dies wirksam nach außen tragen. Ein zukunftsfähiges Ernährungssystem mitgestalten und eine verbandsübergreifende Plattform für Bildung und Vernetzung schaffen - dafür soll aus unserer Sicht das Bündnis JöLL stehen."
Flavio Traxl, Biokreis: „Der Ökolandbau mit seinen vor- und nachgelagerten Bereichen muss als Kreislauf verstanden werden. Mit dem Bündnis JöLL setzten wir als Generation der Zukunft ein Zeichen für die Landwirtschaft von morgen. Ich bin überwältigt, dass wir heute den Grundstein legen und uns gemeinsam dafür einsetzen.“
Clara Bobbert, Slow Food Youth: „Wir brauchen politische Rahmenbedingungen für ein
Ernährungssystem, das allen ermöglicht, sich für gute, saubere und faire Lebensmittel zu entscheiden. Für uns ist das Bündnis wichtig, damit bei der notwendigen Transformation die Interessen aller Akteur:innen berücksichtigt werden.”
Weitere Informationen:
=> Zur Gründungserklärung
Pflanzliche Lebensmittel bereiten viel Genuss und Freude, das zeigt Slow Food Deutschland u.a. mit Rezepten, einer Hülsenfrüchte Einkaufskarte und der Wissensdatenbank Slowpedia. Das globale Slow-Food-Netzwerk ruft im Februar zur Online-Initiative „Planting The Future“ auf – mit Tipps, Rezepten, Podcasts und Dokumentationen.
Ob auf dem Feld, in der eigenen Küche oder in der Gastronomie: Hülsenfrüchte spielen eine wichtige Rolle, um zur Zukunft unserer Ernährung sowie der Gesundheit unserer Böden beizutragen. Sie unterstützen die Bodenfruchtbarkeit, haben einen geringen ökologischen Fußabdruck und das Potenzial, Verbraucher*innen für eine pflanzenbetonte Küche sowie Ernährung, die für Mensch und Planet gesund ist, zu begeistern. Die Vielfalt an Hülsenfrüchten und ihren Zubereitungsmethoden erleichtert nach Ansicht von Slow Food die Reduktion tierischer Erzeugnisse. Deswegen macht Slow Food sich für Bohnen, Erbsen, Linsen, Lupinen und Kichererbsen national wie international stark. Der Bewegung ist der Respekt vor Tier, Mensch sowie Umwelt und Klima gleichermaßen wichtig.
Mit dem jüngst erschienen Papier Plant the Future verstärkt das internationale Slow-Food-Netzwerk seinen Aufruf für eine Ernährungswende hin zu mehr Hülsenfrüchten und Pflanzlichem. Begleitet wird der Bericht von der Online-Initiative „Planting The Future“, die Slow Food International und das Slow Food Youth Network (SFYN) organisiert haben. Die Mitmachaktion läuft bis Ende Februar und informiert Teilnehmende über unsere Ernährungssysteme und -weisen. Sie ermutigt, mit Freude zu essen und zugleich unseren Planeten schützen. „Die Zukunft pflanzen" dient auch als Metapher dafür, nachhaltige Ideen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu pflanzen und gemeinsam die Früchte zu ernten.
Hülsenfrüchte sind nicht nur eine nährstoffreiche, erschwingliche und leicht zugängliche Nahrungsquelle, sondern – laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) – auch eine Chance, Landwirt*innen in wasserarmen Gebieten ein besseres Leben zu ermöglichen. Hülsenfrüchte weisen eine hohe Trockentoleranz auf und sind widerstandsfähiger gegen den Klimawandel. Die Bodengesundheit verbessern sie, indem sie Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor und Mikronährstoffe liefern. Dazu Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland: „Für Slow Food sind Hülsenfrüchte Verbündete bei der Ernährungswende. Möglichst ökologisch angebaut und in der Küche geschickt und vielfältig eingesetzt, sind sie eine Win-win-Situation für alle. Sie begleiten uns daher positiv bei der Umstellung unserer Ernährung. Bei Slow Food werden wir immer wieder darin bekräftigt: Je besser Menschen vielfältige pflanzliche Lebensmittel, ihre positiven Eigenschaften und passende Zubereitungsweisen kennen, desto lieber und häufiger kommen sie zum Einsatz."
Planting the future – Inspiration in den sozialen Medien
Planting The Future ist eine Online-Initiative. Sie wurde von Slow Food und dem Slow Food Youth Network mit Unterstützung von Meatless Monday und dem Center for a Livable Future der Johns Hopkins University ins Leben gerufen. Mehr als 3.000 Teilnehmende aus 119 Ländern haben sich bereits angemeldet. Den ganzen Februar über erhalten sie täglich Tipps, wie sie mehr agrarökologische, pflanzenreiche Zutaten in ihren Alltag einbauen können; dazu gibt es u.a. Rezepte, Podcasts, Dokumentationen.
» Zum Bericht Plant the Future
» Rezeptesammlung: Hülsenfrüchte - Europas kulinarische Schätze
]]>"Die Deregulierung neuer GVO ist keine Lösung für die vielfältigen Krisen, mit denen wir im Lebensmittelsystem konfrontiert sind, einschließlich der Belastungen, denen die Landwirt*innen ausgesetzt sind", kommentiert Marta Messa, Generalsekretärin von Slow Food. "Wenn wir zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen übergehen wollen, müssen Landwirtinnen und Bürger in der Lage sein, zu wählen und zu wissen, woher ihr Saatgut und ihre Lebensmittel kommen: Der Vorschlag der Kommission nimmt ihnen dieses Recht".
Die Europäische Kommission möchte mit der Deregulierung den Zugang zu den neuen GVO, im Vergleich zu den aktuell für GVO geltenden EU-Rechtsvorschriften, vereinfachen. Die Industrie behauptet, dass neue GVO zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion beitragen würden. Der Vorschlag und der vom Umweltausschuss des Europäischen Parlaments im Januar angenommene Bericht sind jedoch voller leerer Versprechungen - und stark auf die Lobbygruppen der Agrarindustrie ausgerichtet. Es wird vorgeschlagen, die Risikoeinschätzung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der meisten neuen GVO abzuschaffen.
Wissenschaftler*innen, u. a. vom Europäischen Netzwerk von Wissenschaftlern für soziale und ökologische Verantwortung (ENSSER), sowie offizielle Stellen wie das deutsche Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die französische Nationale Agentur für Lebensmittel, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES), betonen die Notwendigkeit einer fallweisen Sicherheitsbewertung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit für neue GVO. All diese Kontrollinstanzen werden im aktuellen Vorschlag gestrichen.
Der Deregulierungsvorschlag würde dazu führen, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ohne unser Wissen auf unsere Felder und Teller gelangen und Profite über die Umwelt und Verbraucherschutz gestellt werden. So sind viele dieser neuen genetischen Veränderungen nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern dienen in erster Linie der Steigerung des Marktwerts für die Agrarindustrie. Auch die Frage der Patentierung neuer GVO wird im Rahmen der Deregulierung nicht geklärt, was den Weg für die Privatisierung von Produkten durch einige wenige multinationale Konzerne ebnet und das Grundrecht der Landwirt*innen auf freien Zugang zu Saatgut untergräbt.
Weiterführende Informationen finden Sie in unserem » Policy Brief über den Vorschlag der Kommission zu neuen GVO.
Nächste Schritte
Nachdem die Mitglieder des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments (ENVI) am 24. Januar dafür gestimmt haben, die neuen GVO von jeder Art von Sicherheitsprüfungen, Kennzeichnungsvorschriften und Haftungsprozessen auszunehmen, muss der Text von allen EU-Parlamentariern im Plenum abgestimmt werden. Diese Abstimmung wird für nächste Woche Mittwoch, den 7. Februar erwartet. Parallel dazu finden im EU-Rat Diskussionen statt.
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Die notwendige Transformation jetzt endlich anpacken!
Frieder Thomas, Geschäftsführer des Bündnisses, ging auf die Ursachen für die Proteste der vielen Bäuerinnen und Bauern ein: „Die anhaltende gesellschaftliche Diskussion über die Nutztierhaltung hat zu einer großen Verunsicherung in der Landwirtschaft geführt. Die Zahl der tierhaltenden Betriebe sinkt dramatisch, während die Fleischimporte zunehmen. Aber die notwendige Transformation hin zu einem gesunden, gerechten, umweltfreundlichen und für alle Beteiligten auch wirtschaftlich tragfähigen Agrar- und Ernährungssystem droht an parteipolitischen Querelen, fehlender Finanzierung, aber auch an mangelnder Einsicht in seine gesellschaftliche und ökonomische Notwendigkeit zu scheitern. Die Fortschreibung des bisherigen Trends mit intensiver Tierhaltung und immer größeren Ställen ist keine Lösung. Gleichzeitig wollen Bürgerinnen und Bürger zwar mehr Tierschutz und zugleich weniger Umwelt- und Klimabelastung durch die Tierhaltung, entscheiden sich aber als Verbraucher:innen viel zu oft für Billigangebote – verleitet von Rabattschlachten der großen Handelsketten, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht werden.“
Agrarpolitik endlich umsteuern!
Xenia Brand, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), nannte die wichtigsten Handlungsfelder: „Die Bundesregierung muss jetzt die Ursachen des Frustes vieler Bäuerinnen und Bauern an der Wurzel packen und in der Agrarpolitik umsteuern. Sie muss den Umbau der Landwirtschaft mit wirtschaftlichen Perspektiven und mit Planungssicherheit für die Betriebe verbinden. Die Lösungen aus der Zukunfts- und Borchertkommission liegen schon längst auf dem Tisch. Konkret heißt das: Die Bäuerinnen und Bauern brauchen faire und kostendeckende Preise durch bessere Marktpositionen. Der Umbau der Tierhaltung muss durch die Einführung einer Tierwohlabgabe angemessen finanziert werden. Mit den Fördermitteln aus Brüssel müssen die Umweltleistungen der Bäuerinnen und Bauern einkommenswirksam entlohnt werden; die Europäische Agrarpolitik muss insgesamt gerechter gestaltet werden. Ackerland gehört in Bauernhand – eine Stellschraube hierzu ist eine höhere Grunderwerbssteuer für jene, die bereits sehr viel Land besitzen. Zudem muss sich die Bundesregierung für eine weiterhin strikte Regulierung der Gentechnik einsetzen, um die gentechnikfreien Agrarmärkte zu schützen und damit Einkommensverluste der Betriebe zu verhindern.“
Die sozial-ökologische Agrarwende braucht Investitionen und weniger Bürokratie
Carolin Pagel, Referentin für Agrarpolitik bei Bioland, machte deutlich, dass für eine erfolgreiche sozial-ökologische Agrarwende der Staat investieren statt kürzen muss: „Wir brauchen positive Anreize – dazu zählt die Umsetzung der neuen Bio-Strategie des BMEL, die den Weg zum Ziel von 30 Prozent Bio bis 2030 konkretisiert. Die darin formulierten Ansätze sind ein Lichtblick – doch es bleibt abzuwarten, was davon auf den Höfen ankommt. Dort brauchen wir dringend Lösungen mit weniger bürokratischem Aufwand, wie zum Beispiel eine einfachere und umweltwirksamere Euopäische Agrarpolitik, die systemische Anbauweisen wie den Ökolandbau fördert statt ausbremst. Dringend geboten ist zudem die Ermöglichung und Absicherung einer gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft. Das ist nicht nur für den Ökolandbau wichtig, sondern auch für die vielen Landwirtinnen und Landwirte, die konventionell gentechnikfrei wirtschaften. Es ist im Interesse der gesamten Branche, Vorsorgeprinzip und Kennzeichnung zu wahren. Ansonsten würde die Abhängigkeit der bäuerlichen Betriebe von den Agrochemie-Konzernen durch Patente ins Bodenlose steigen.
Politischer Gestaltungswille in Sachen Pestizidreduktion dringlicher denn je
Olaf Bandt, Bundesvorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), mahnte mehr Gestaltungswillen an: „Obwohl gemeinsam entwickelte Konzepte auf dem Tisch liegen, wie der Umbau der Landwirtschaft gelingen kann, fehlt es an Kommunikation und konkreten Maßnahmen. Das ist fatal, denn Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, Tierwohl und weniger Umweltauswirkungen aus der Landwirtschaft. Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft brauchen Bäuerinnen und Bauern deshalb planbare Perspektiven und Unterstützung beim Umbau. Politischer Stillstand schadet. Es geht darum, wie Landwirtschaft ohne Gentechnik möglich ist, es geht um mehr Geld für den Umbau der Tierhaltung, es braucht eine ausbaufähige Umschichtung der GAP-Gelder für ökologische und soziale Gemeinwohlleistungen, einen klaren politischen Willen im Umgang mit Glyphosat und eine Strategie für die Pestizidreduktion. Umso enttäuschender ist, dass Glyphosat entgegen dem Koalitionsvertrag nun auch bei uns wieder zugelassen werden soll und die Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) auf EU-Ebene gestoppt wurde. Daher ist politischer Gestaltungswille in Sachen Pestizidreduktion nun dringlicher denn je. Bäuerinnen und Bauern brauchen Angebote, sie dürfen nicht in der Freiwilligkeitsfalle stecken bleiben.“
Keine Fortschritte in der Tierschutzpolitik
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kritisierte den Stillstand in der Tierschutzpolitik: „Nach zwei Jahren Ampel-Koalition wäre es Zeit, eine Bilanz der Tierschutzpolitik zu ziehen. Leider geht das nicht, weil es bisher keine Tierschutzpolitik gibt. Im Tierschutz hat sich nichts nachhaltig bewegt; Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wurden ignoriert. Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung bringt für kein Tier einen Mehrwert. Umso wichtiger ist nun die anstehende Überarbeitung des Tierschutzgesetzes und ein Umbau der Tierhaltung, bei dem auch die Landwirte mitgenommen werden müssen. Das Dilemma, in das sich die Ampel kopf- und planlos mit den Haushaltskürzungen im Agrarbereich gebracht hat, ist dabei jedoch kontraproduktiv. Die nächsten Wochen sind eine Nagelprobe für die Durchsetzungskraft der Regierung und der Regierungsfraktionen.“
10 x 5 Kernforderungen an die Politik
Das AgrarBündnis bietet mit seinem jährlich erscheinenden Kritischen Agrarbericht eine Informations- und Diskussionsplattform für die gesellschaftliche Auseinandersetzung um eine nachhaltige Transformation von Landwirtschaft und Ernährung – in Deutschland, in Europa, aber auch weltweit. Die Autor:innen der Jahresrückblicke (»Entwicklungen & Trends«) für die zehn Themenschwerpunkte, die regelmäßig im Kritischen Agrarbericht behandelt werden, haben auch für dieses Jahr jeweils fünf zentrale politische Forderungen zusammengestellt. Diese 10 x 5 Kernforderungen richten sich vor allem an die Bundesregierung, aber auch an andere politische Entscheidungsträger:innen sowie Akteur:innen der Zivilgesellschaft. Die Kernforderungen sind als eigenständiges Dokument erhältlich unter https://kritischer-agrarbericht.de
Quelle: Pressemitteilung des AgrarBündnis e.V. vom 18.01.2024., dem SFD auch angehört.
]]>„Mit ihrem Zick-Zack-Kurs in Sachen EU-Lieferkettengesetz erweist sich die FDP als unzuverlässiger Koalitionspartner – und beschädigt dabei massiv die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der EU. Der Bundeskanzler sollte dieses Wahlkampfmanöver der FDP zurückweisen und dem Lieferkettengesetz im EU-Rat zustimmen", fordert Johanna Kusch, Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz.
„Viele deutsche und europäische Unternehmen befürworten das deutsche Lieferkettengesetz und fordern explizit und öffentlich ein strengeres EU-Gesetz. Es ist auch ein Gebot der Stunde, Lieferketten resilienter zu machen und einen regelbasierten Handel voranzubringen", sagt Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
„Der Bundeskanzler darf nicht zulassen, dass der Einsatz für Nachhaltigkeit und Menschenrechte in der Wirtschaft zurückgeworfen wird. Vom Kanzler erhoffe ich ein Bekenntnis zum Schutz von Mensch und Umwelt, um jede Spekulation über eine deutsche Enthaltung zu beenden. Menschengemachte Katastrophen wie der Dammbruch in Brumadinho und der Gebäudeeinsturz in Rana Plaza mit hunderten Toten dürfen sich nicht wiederholen", betont Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor.
Die heute veröffentlichte Recherche der Initiative Lieferkettengesetz weist nicht nur grob fehlerhafte Darstellungen von Fakten im FDP-Parteitagsbeschluss nach, sondern zeigt auch, dass die FDP ihre nun hervorgebrachten Forderungen zu keinem Zeitpunkt in die Trilogverhandlungen eingebracht hat.
Diese und weitere in der Recherche dargestellten Beispiele belegen große inhaltliche Widersprüche zwischen den in den Verhandlungen eingebrachten Positionen und den aktuellen Äußerungen der FDP. Die Initiative Lieferkettengesetz bezeichnete den FDP-Präsidiumsbeschluss daher als „rein wahltaktisches Manöver". Mit einer Lichtprojektion ans Bundeskanzleramt forderte das Bündnis den Bundeskanzler am Freitag dazu auf, Haltung zu zeigen und dem EU-Lieferkettengesetz zuzustimmen. Misereor und der DGB gehören zu den Trägerorganisationen des Bündnisses, in dem sich mehr als 140 Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und kirchliche Akteure zusammengeschlossen haben.
Weiterführende Informationen:
Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des Bündnisses zum Lieferkettengesetz. SFD ist Unterstützer des Bündnisses.
8.000 Menschen finden sich vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin ein und fordern lautstark die Abkehr von einer Agrarpolitik, die Bäuer*innen und Gesellschaft gleichermaßen im Stich lässt und den sozialen Frieden gefährdet. Klimaextreme und Kostensteigerungen bringen Landwirtschaft und Gesellschaft in Not. Kennzeichnung und Risikoprüfung bei der Gentechnik sollen abgeschafft werden, obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dies ablehnt.
Die Protestierenden haben es satt. Sie fordern einen klaren Fahrplan für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und ein krisenfestes Ernährungssystem. Stadt und Land, Produzent*innen und Konsument*innen setzen sich gemeinsam und solidarisch für die ökologische und sozial-gerechte Agrarwende ein, für Klima-, Tier- und Artenschutz sowie weltweite Ernährungssicherheit.
„Die richtige Antwort auf Klimakrise, Artensterben und Hunger in der Welt ist eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft“ sagt Inka Lange, Sprecherin des „Wir haben es satt!“-Bündnisses, das bereits zum 14. Mal zum Protest aufgerufen hat. Neben Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Tierschutz, Ernährung, Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit gehören auch 35.000 Bäuer*innen dem Bündnis an. Sie benötigen für die Transformation zur umwelt- und tiergerechten Landwirtschaft sichere politische Rahmenbedingungen. Doch auch das grün geführte Landwirtschaftsministerium hat notwendige Maßnahmen trotz vollmundiger Absichtsbekundungen und vorliegender Lösungsvorschläge weitere zwei Jahre verschleppt.
„Alle Fragen wurden längst ausreichend beantwortet – wir fordern Taten! Faire Erzeuger*innenpreise und die Unterstützung der Höfe beim Umbau der Tierhaltung, etwa durch eine Tierwohlabgabe, müssen jetzt kommen“ so Lange. „Außerdem muss sich die Bundesregierung in Europa dafür einsetzen, dass Milliarden an Agrarsubventionen endlich den Umwelt-, Tier- und Klimaschutz in der EU honorieren, statt öffentliche Gelder blind pro Fläche Hektar auszuschütten und damit vor allem die Agrarindustrie zu füttern. Die Zukunft der Landwirtschaft muss sofort zur Chefsache in der Ampelkoalition werden.“
Entsprechende Forderungen und die bäuerliche Protestnote übergaben Bäuer*innen, Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen am Vormittag Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Mit rund 50 Traktoren waren die Teilnehmer*innen der Kundgebung „Bäuerliche Rechte weltweit stärken“ am frühen Morgen aus dem Berliner Umland zum Global Forum for Food and Agriculture gefahren. Dort sprachen sie mit dem Minister zeitgleich zu seiner Konferenz mit rund 70 internationalen Agrarminister*innen und wiesen ihn auf die Notwendigkeit eines solidarischen, raschen Handelns hin. Am Willy-Brandt-Haus vereinte sich die Traktordemo schließlich mit den „Wir haben es satt!“-Demonstrierenden, darunter ein Block mit Bäuer*innen, die ohne Traktoren aus ganz Deutschland angereist waren.
In Berlin adressieren sie neben der Ampelregierung auch das Europäische Parlament. Die im Februar drohende Abschaffung des strengen EU-Gentechnikrechts sorgt für Unmut auf den Höfen und bei den Verbraucher*innen. Milana Müller, Landwirtin aus dem Ost-Erzgebirge, und Benny Haerlin von Save our Seeds dazu: „Der Gipfel des umwelt- und agrarpolitischen roll back aus Brüssel: Die EU-Kommission will künftig Gentechnikpflanzen ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung zulassen. Niemand weiß mehr, wo es drin ist, keiner kann es mehr vermeiden. Die Risiken steigen, keiner haftet. Aber Bayer und Syngenta können unser Saatgut patentieren. Das lassen wir uns nicht gefallen!“
Die Demonstrierenden erwarten von der Bundesregierung, sich dem Durchmarsch der Gentechnik- und Pestizidindustrie in den Weg zu stellen. Passend dazu skandiert der Demozug „Gentechnik – wir haben es satt!“. Auf dem Weg von der SPD-Parteizentrale vorbei an Finanz- und Landwirtschaftsministerium zum Bundeskanzleramt, wo die Abschlusskundgebung stattfindet, hört man noch den Ruf: „Özdemir verbau's nicht! Agrarreformen! Trau dich!“
Martin Schulz, Bundesvorsitzender Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V.
„Die Proteste der Landwirte in den letzten Wochen haben gezeigt, dass es Ihnen um mehr geht als nur um die Kürzung beim Agrardiesel, auch wenn die Kürzungen für alle Betriebe sofort einkommenswirksam sind. Gleichwohl geht es den vielen Bäuerinnen und Bauern auch darum, wieder eine wirtschaftliche Perspektive und Planungssicherheit zu bekommen. Die Ampelregierung muss den Unmut von Bäuerinnen und Bauern im ganzen Land endlich ernst nehmen und die Ergebnisse der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft umsetzen. Ferner muss sie die Landwirtschaft in die Lage versetzen, endlich auf Augenhöhe mit der abnehmenden Hand Preise zu verhandeln, muss die Agrargelder endlich sozial gerecht verteilen und muss sich gegen die Deregulierung der neuen Gentechniken einsetzen.“
Luisa Neubauer, Fridays for Future Deutschland
„Es gibt keine Transformation ohne Investition. Die Landwirtschaft in Deutschland steht vor ihrer umfassendsten Ökologisierung jemals. Dafür braucht es echte Unterstützung. Sonst können wir uns die Klimaziele an den Nagel hängen.“
Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand Greenpeace
„Weil die Bundesregierung auf drängende soziale Fragen keine ehrlichen Antworten hat, fühlen sich viele Menschen ungerecht behandelt. Die Koalition muss mit einer sozial gerechten Agrarpolitik endlich dafür sorgen, dass Bäuerinnen und Bauern angemessen honoriert werden, wenn sie Artenvielfalt und Klima schützen und das Tierwohl verbessern. Und sie muss sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu gesunden und ökologisch erzeugten Lebensmitteln haben.“
Bezz Cruzada, Coordinator Asian People’s Exchange for Food Sovereignty and Agroecology
„Saving, using, exchanging, improving our own seeds matter – for farmers, for humanity, and for the planet. Farmers who rely on commercial seeds also rely on commercial chemicals, and being tied to debt and usury for resource-poor farmers. Those who use GM seeds pay more, risk more and lose their lands and livelihoods in the process. Let us save our seeds and assert farmers’ rights to seeds! No to corporate control in our food systems!“
Jörg-Andreas Krüger, Präsident NABU (Naturschutzbund Deutschland) e.V.
„Wir haben es satt, dass die Politik statt Lösungen nur mehr Probleme schafft! Die selbst ernannte Fortschrittskoalition ist bestenfalls eine Stillstandskoalition. Statt um Ver-besserungen für die Landwirtschaft, für Natur und Klima geht es nur um Streitereien. Die Ampel sollte Zukunft endlich ernst nehmen und wegweisenden Maßnahmen wie der Tierwohlabgabe grünes Licht geben!“
Mirjam Strotdrees, Junges Bioland eV
„Viele Bio-Junglandwirt*innen bangen um ihre Zukunft in der Landwirtschaft. Allein letztes Jahr mussten 4.400 Höfe in Deutschland aufgeben. Das muss gestoppt werden! Lebensmittel bekommen nicht den Preis, den sie verdienen. Neue Gentechnik schafft Intransparenz und eine Abhängigkeit von der chemischen Industrie. Patente auf Leben darf es nicht geben!“
Janina Hielscher und Theo Lentzen, Slow Food Youth
„Die weltweite Ernährungskrise verschärft sich durch multiple Krisen. Slow Food Youth fordert Ernährungsgerechtigkeit für alle, unabhängig von Klasse, kulturellem Hintergrund, Alter oder Geschlecht. Die ökologische und sozial gerechte Ernährungswende darf nicht aus wirtschaftlichen Gründen ausgebremst werden. Wir müssen komplexe Lebensrealitäten, wie die von alleinerziehenden Müttern, ernst nehmen, um die Ernährungswende fair und inklusiv zu gestalten.“
Maria Michaelys und Moritz Tapp, BUNDjugend
„Statt anzuerkennen, dass in unserem Land einige Wenige riesige Profite auch mit unseren Lebensmitteln einfahren, deren Vermögen er als Bundesfinanzminister heranziehen könnte, um den Umbau der Landwirtschaft und die krisenfeste, klima- und sozialgerechte Transformation unseres Landes zu finanzieren, entscheidet Christian Lindner sich dafür, Arm gegen noch Ärmer auszuspielen.“
Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz in Deutschland
„Jahrzehnte verfehlter Agrarpolitik torpedieren eine nachhaltige Landwirtschaft. Hier reiht sich auch die aktuelle Regierung ein. Darunter leiden besonders die Tiere, die Umwelt und die Kleinbetriebe in der Landwirtschaft. Zwar wird das Tierschutzgesetz gerade überarbeitet, um die Tiere zukünftig besser zu schützen. Doch statt dabei Tempo zu machen und quälerische Praktiken wie Anbindehaltung oder Schwanzkupieren endlich zu beenden, erleben wir Blockierer in der Regierung, die eine Veröffentlichung des Gesetzentwurfs bis heute verhindern. An diese gerichtet fordern wir: Statt sich bei der politischen Verantwortung vom Acker zu machen, muss jetzt endlich gehandelt werden.“
Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des "Wir haben es satt!"-Bündnisses
Weitere Informationen
Demonstration | www.wir-haben-es-satt.de
„Der von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgeschlagene Tierschutz-Cent ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Er würde die Landwirtinnen und Landwirte entlasten und beim dringend notwendigen tiergerechten Umbau ihrer Ställe unterstützen.
Tierschutz ist ein zentrales Thema in der Gesellschaft. Die zuletzt veröffentlichten Ergebnisse des Eurobarometers haben dies erneut klar aufgezeigt: So wünschen sich 90 Prozent der Deutschen mehr Tierwohl. 92 Prozent sprechen sich in der Umfrage gegen Verstümmelungen wie das Schwanzkupieren bei Tieren aus und 94 Prozent wünschen sich, dass Tiere mehr Bewegungsfreiheit in den Ställen haben.
Um diese Wünsche Realität werden zu lassen, müssen die Landwirtinnen und Landwirte beim tiergerechten Umbau ihrer Ställe hin zu viel Platz und Auslauf unterstützt werden. Die damit im Zusammenhang geforderten Erhöhungen sind für die Verbraucherinnen und Verbraucher verhältnismäßig gering. Sie würden zudem die Wertschätzung für tierische Produkte erhöhen und weitere wichtige Anreize für weniger Lebensmittelverschwendung setzen. Flankierend sollte die Mehrwertsteuer bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten auf Null herabgesenkt werden. So können alle profitieren: die Tiere, die Landwirtschaft, das Klima und die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Wichtig ist, dass die Bundesregierung jetzt ins Machen kommt. Es braucht ein klares gemeinsames Bekenntnis der Ampel-Spitze, den Tierschutz-Cent zügig einzuführen. Die Finanzierung muss langfristig aufgestellt und an tiergerechte Standards gekoppelt werden. Wer die Landwirtinnen und Landwirte ernsthaft unterstützen und das Leid der Tiere beenden will, muss sich dafür einsetzen. Die Zeit für Sonntagsreden ist vorbei.“
Unterstützende Organisationen
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Die im Koalitionsvertrag verankerte Erarbeitung einer Ernährungsstrategie zielt darauf ab, gesündere und ressourcenschonende Ernährungsweisen für alle Menschen zu fördern. Sie wird unter Federführung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie unter Beteiligung von Vertreter*innen u.a. aus Wissenschaft, Ernährungswirtschaft, Umweltschutz, Ländern, Kommunen und Zivilgesellschaft erarbeitet. Auf das 2022 veröffentlichte Eckpunktepapier folgt heute das finale Strategiepapier.
Slow Food Deutschland (SFD) hat den Prozess, u.a. als Bündnispartner von #ErnährungswendeAnpacken, seit Beginn an eng begleitet und begrüßt die jetzt verabschiedete Ernährungsstrategie als ersten wichtigen Schritt einer integrierten Ernährungspolitik. Vor allem, weil sie die kulturelle, gesundheitliche, ökologische und soziale Dimension der Ernährung einbezieht, also auch armutsbedingte Mangel- oder Fehlernährung in den Blick nimmt, wenn auch aus Sicht von Slow Food nicht ausreichend genug. Denn für Slow Food ist genau das ein zentrales Anliegen: Gutes, sauberes und faires Essen muss es für alle geben, unabhängig von Einkommen, Bildungsgrad oder Herkunft. Dazu Nina Wolff, SFD-Vorsitzende: „Die heute von der Bundesregierung verabschiedete Ernährungsstrategie bietet wichtige Lösungsansätze für den Übergang zu zukunftsfähigen und gerechten Ernährungssystemen, die für das Wohl der Menschen, des Planeten und der Tiere arbeiten. Statt, wie bisher, gegen sie. Nun darf die Strategie nicht in den Ansätzen stecken bleiben, sondern konkrete Maßnahmen müssen zügig, das heißt noch in dieser Legislatur, auf den Weg gebracht werden. Die Strategie ist ein Türöffner für eine gute, saubere und faire Ernährung in Deutschland und um erstmalig Kohärenz zwischen Ernährungs-, Landwirtschafts-, Umwelt-, Klima- und Gesundheitspolitik herzustellen. Eine ausreichende Finanzierung ist dafür grundlegend, in der heutigen Version jedoch noch nicht ersichtlich. Das ist enttäuschend. Konkrete Maßnahmen drohen ohne finanzielles Fundament zu scheitern."
Aus SFD-Sicht haben die in der Strategie priorisierten Ziele das Potential, Ernährung in Deutschland künftig an den planetaren Grenzen sowie an wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten: eine ausgewogene sowie pflanzenbetonte, regional-saisonale Ernährung, eine verbesserte Gemeinschaftsverpflegung, ein gesteigertes Angebot nachhaltig und ökologisch produzierter Lebensmittel, die Stärkung regionaler Wertschöpfung und die weitere Eindämmung von Lebensmittelverschwendung. Damit die Strategie unter den Bürger*innen akzeptiert wird, ist es dringlich, dass die Zivilgesellschaft weiterhin angemessen beteiligt bleibt.
]]>Rund ein Drittel aller erzeugten Lebensmittel erreicht nicht die Teller – vor dem Hintergrund ökologischer und sozialer Krisen ist das aus Sicht von Slow Food ein inakzeptables Ergebnis. Deswegen macht sich die Bewegung seit mehreren Jahrzehnten für die Wertschätzung von Lebensmitteln und deren Erzeuger*innen stark. Engagierte Verbraucher*innen nutzen dafür auch den Vorabend des diesjährigen Wir haben es satt!-Protests. Gewappnet mit Gemüseschäler und Kochlöffel, bereiten sie aus optisch nicht marktfähigem, aber geschmacklich einwandfreiem Gemüse wie zweibeinigen Karotten und knubbeligen Kartoffeln Suppen zu, die am Abend selbst und am Tag der Demonstration am Folgetag kostenlos verteilt werden. Dabei werden sie von den Profis großer Kochtöpfe begleitet: Das Kochkollektiv Fläming Kitchen hat schon viele Schnippeldiskos von Slow Food zum ‚kochen‘ gebracht. Höfe rund um Berlin spenden dafür über 2.000 Kilo Gemüse.
Die Schnippeldisko ist eine abendfüllende Veranstaltung: Neben Musik der DJs Rio, „Swashi“ und „ALAILA und Alle anders" erwarten die Gäste ein kniffeliges Kneipenquiz, Aktionen zum Mitmachen und das Radioballett „Good Crop, Bad Crop“, das mit einer Choreographie dazu einlädt, sich auf künstlerische Weise der Transformation von Agrar- und Ernährungspolitik anzunähern. Vor Ort sind auch Vertreter*innen verschiedener Höfe und Mitglieder zweier Solidarischer Landwirtschaften, die über ihren Einsatz für zukunftsfähige Ernährungssysteme berichten. Paula Gioia von La Via Campesina lädt bei einem Podium zur Auseinandersetzung mit Emanzipationsbestrebungen in bäuerlichen Organisationen ein. Spätestens, wenn die Suppe fertig ist, geht es für viele Teilnehmende auf die Tanzfläche.
„Mit der Schnippeldisko schlagen wir über das krumme Gemüse zum Anfassen die Brücke zu komplexen, (welt-)politischen Themen unserer Zeit. Indem die Teilnehmenden selbst mit anpacken und sich vor Ort austauschen, fühlen sie sich in ihrer Selbstwirksamkeit erfahrungsgemäß stärker angesprochen. Verschiedene Programmpunkte zeigen ihnen auf, was sie selbst gegen Lebensmittelverschwendung tun können“, erklärt Clara Bobbert aus dem Leitungsteam von Slow Food Youth Deutschland. „Das ist es: Wir möchten einen Protest initiieren, der zum Nachdenken anregt ebenso wie zu Freude, Zuversicht und Engagement motiviert. Meine Hoffnung ist, dass ein paar Teilnehmende als zukünftige Mitstreiter*innen für ein besseres Ernährungssystem nachhause gehen und beim nächsten Einkauf bewusst zum guten, sauberen und fairen Lebensmittel greifen.“
Wann? 19.01.2024 ab 18:00 Uhr | Wo? Forum Factory, Besselstr. 13-14, 10969 Berlin (Mitte / Kreuzberg). Der Eintritt ist barrierefrei und kostenlos. Hinweise für Pressevertreter*innen: Für Interview- und Bildanfragen wenden Sie sich an presse@slowfood.de; wir freuen uns, wenn Sie auf die Veranstaltung hinweisen. » Details zur Schnippeldisko am 19.1.
Über die Schnippeldisko: Slow Food Youth Deutschland rief die Schnippeldisko 2012 ins Leben. Seither wird sie bundesweit umgesetzt und weltweit in über 20 Ländern. Seit 2017 findet jährlich im April der World Disco Soup Day statt. Die Schnippeldisko zur WHES Demo ist die weltweit größte.
]]>Die geplante Streichung der Agrardieselbeihilfe und der KfZ-Steuerbefreiung ist der Auslöser für die Proteste so vieler Bäuer*innen. Die Ursache ihrer Unzufriedenheit liegt jedoch in einer jahrzehntelangen verfehlten Agrarpolitik, die auch wir schon lange kritisieren.
Der Klimawandel und das Artensterben stellen uns vor immense Herausforderungen, die wir als Gesellschaft nur gemeinsam mit der Landwirtschaft lösen können. Damit der umwelt- und tiergerechte Umbau der Landwirtschaft gelingt, brauchen die Bäuer*innen eine vorausschauende Politik, die ihnen wirtschaftliche Perspektiven und Planungssicherheit bietet.
Ein weiter so in der Landwirtschaft ist keine Option. Die Ampelregierung muss den agrarpolitischen Stillstand der letzten Jahrzehnte beenden und die Agrarwende endlich konkret angehen.
Wir erwarten von der Politik konsequente Antworten auf das Höfe- und Artensterben, die Klimakrise und den Hunger in der Welt. Die Regierung muss die Bäuer*innen endlich unterstützen, im Sinne der Gesellschaft zu wirtschaften, und in den gesellschaftlichen Zusammenhalt investieren!
Wir fordern die Bundesregierung auf:
Das „Wir haben es satt!“-Bündnis setzt sich seit über einem Jahrzehnt friedlich und demokratisch für die sozial und ökologisch gerechte Agrarwende ein: Wir sind Bäuerinnen und Bauern, konventionell und bio, von Tierhaltung bis Ackerbau, wir sind Imker*innen, Natur-, Umwelt- und Tierschützer*innen, Aktive der Entwicklungszusammenarbeit und Ernährungsbewegung, engagierte Jugendliche und kritische Bürgerinnen und Bürger. Wir demonstrieren gemeinsam für eine bäuerliche, ökologischere und gentechnikfreie Landwirtschaft und sagen Nein zu rechtsextremen Ideologien und Parteien, Menschenfeindlichkeit, Demokratiefeindlichkeit, Umsturzfantasien und Rassismus.
Wir laden dazu ein, zusammen mit uns am Samstag, den 20. Januar, vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin die Stimme zu erheben und zu fordern: „Gutes Essen braucht Zukunft!“
]]>"Die Erwartungen an potenziell positive Bemühungen wie die von über 150 Staaten unterzeichnete Erklärung der Emirate zur nachhaltigen Landwirtschaft, die gemeinsame Arbeit in Sharm el-Sheikh zu Landwirtschaft und Ernährungssicherheit und die FAO-Roadmap wurden durch das Fehlen konkreter und verbindlicher Ziele, den Einfluss der großen Emittenten im Landwirtschaftssektor und die Vertagung der Diskussionen zur Umgestaltung der Ernährungssysteme auf die nächsten Treffen enttäuscht".
Das wichtigste Ergebnis der COP28, nämlich die globale Bestandsaufnahme, war weitgehend bedeutungslos, mit nur einer Erwähnung der Ernährungssysteme im Abschnitt über die Anpassungsmaßnahmen, aber ohne Berücksichtigung im Abschnitt bezüglich der geplanten Eindämmungsbemühungen. Nach langen Verhandlungen wurde endlich zum ersten Mal die Abkehr von fossilen Brennstoffen erwähnt, aber die Vereinbarung ist voller Schlupflöcher, die es den Ländern offenhält, ob sie sich so schnell wie nötig zu engagieren, um die globale Erwärmung auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Darüber hinaus wird trotz der unterschiedlichen historischen Verantwortung für die Emissionen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ihre Rolle bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht richtig differenziert.
"Die Agrarökologie wurde erwartungsgemäß ausgeklammert und tauchte in den politischen Diskussionen weder als Schlüsselelement auf, noch wurde sie als die Lösung genannt, die es uns ermöglichen wird, den Kurs zu ändern und den Klimawandel zu bekämpfen".
Im Klartext bedeutet dies eine weitere besorgniserregende Verzögerung bei der Bewältigung der dringenden Klimaherausforderungen, mit denen unser Planet konfrontiert ist, und das Außerachtlassen entscheidender Klimalösungen durch eine sinnvolle Umgestaltung der Ernährungssysteme.
Einmal mehr hat die COP28 gezeigt, dass diese hochrangigen globalen Treffen die Zukunft unseres Planeten und unserer Gesundheit kaum im Blick haben, sondern von den Interessen der Großkonzerne beherrscht werden. "Auf der anderen Seite unternehmen Kommunen, regionale Organisationen und die Zivilgesellschaft glücklicherweise konkretere Schritte, um die täglichen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt zu bewältigen. Die Zukunft liegt in den Händen der Verantwortlichen vor Ort und in der Zusammenarbeit mit denjenigen, die wirklich an einem Übergang zur Nachhaltigkeit interessiert sind", so Mukiibi abschließend.
]]>In Deutschland landen in privaten Haushalten zu viele, noch genießbare Lebensmittel in der Tonne. 2020 waren es etwa 78 Kilogramm pro Person und Jahr. Mit dem Dialogforum private Haushalte 2.0 fördert das BMEL jetzt die Fortsetzung eines ersten Dialogforums und breit angelegten Akteursprozesses, der von Sommer 2020 bis Herbst 2023 Evaluationstools zur Messung der Wirksamkeit von Maßnahmen entwickelt und die Vernetzung relevanter Akteur*innen vorangetrieben hat. Das Projekt Dialogforum private Haushalte 2.0 wird die im Vorgängerprojekt entwickelten Tools jetzt noch nutzer*innenfreundlicher ausgestalten. Höhepunkt wird die Entwicklung und Verbreitung einer anwenderfreundlichen, web-basierten App-Funktion zur Messung von Lebensmittelabfällen sein, die in die existierende Zu gut für die Tonne!-App integriert wird.
Das Dialogforum läuft von Oktober 2023 bis September 2026, wird durch Slow Food Deutschland (SFD) geleitet und im Verbund mit der Abteilung Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft der TU Berlin durchgeführt. Beide Projektträger setzen damit ihre im ersten Dialogforum begonnene Kooperation fort. Auf ihrer Agenda steht auch die Fortführung der Netzwerkarbeit: Gemeinsam mit relevanten Akteur*innen aus Wirtschaft, Verbraucherinitiativen und Zivilgesellschaft sollen u.a. Best-Practice-Beispiele für die Reduktion von Verschwendung in Privathaushalten verbreitet werden. Möglichst viele Verbraucher*innen sollen erreicht werden.
Verbraucher*innen für einen nachhaltigen und Lebensmittel wertschätzenden Konsum zu gewinnen, ist auch ein Kernanliegen von Slow Food. Mit Bildungsangeboten, Netzwerkarbeit, Rezepte-Tipps und generationenübergreifenden Aktionsformaten wie der legendären Schnippeldisko engagiert sich die Bewegung seit drei Jahrzehnten dafür, dass Menschen wieder intrinsisch motiviert sind, Verschwendung zu reduzieren. Dazu Dr. Nina Wolff, SFD-Vorsitzende: „Wir freuen uns sehr, unser fundiertes Know-how in das Dialogforum 2.0 zu investieren. Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist im Kontext multipler Krisen unerlässlich. Wir brauchen zukunftsgerichtetes Handeln und einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln. Slow Food versteht es, Verbraucher*innen einen niedrigschwelligen Einstieg in solch verantwortungsvolle Aufgaben zu schaffen.“
Das Dialogforum private Haushalte 2.0 wird im Rahmen der Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Es arbeitet eng mit der BMEL-Initiative Zu gut für die Tonne! zusammen. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) über den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2026. Das Dialogforum wird von Slow Food Deutschland zusammen mit dem Fachgebiet Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft der TU Berlin durchgeführt.
Was gut, sauber, fair für die Weinerzeugung bedeutet, wird anhand der ersten Slow Weine konkret und mit allen Sinnen erfahrbar. Dafür hat Slow Food Deutschland (SFD) Kriterien und Bedingungen erarbeitet, die ein Wein erfüllen muss, um als Slow Wein Deutschland mit der charakteristischen Schnecke auf sich aufmerksam machen zu dürfen. Vier Weingüter haben an dieser Zertifizierung erstmalig und mit Erfolg teilgenommen: Jakob Christ Rüdesheim/Rheingau, Deppisch Theilheim/Franken, Dilger Freiburg/Baden und Melsheimer Reil/Mosel.
Die Weingüter und ihre Winzer*innen vereint die Leidenschaft für eine Weinerzeugung, die sich mit Ökologie und Vielfalt, Fairness und Handwerk, Raffinesse und Charakter der Produkte verbinden lässt. Die vier Weingüter sind biozertifiziert und seit langem im Slow-Food-Netzwerk engagiert. Sie verstehen sich als Botschafter des Slow-Food-Verständnisses der Weinerzeugung und sind motiviert, den Slow Wein Deutschland voranzubringen. Dazu SFD-Vorsitzende Nina Wolff: „Mit der Slow-Wein-Zertifizierung haben wir ein weiteres kraftvolles Netzwerk innerhalb unserer Bewegung ins Leben gerufen, das nun wachsen darf und hoffentlich bei Winzer*innen und Weinfans Anklang findet. Das wäre ohne das Wissen und die tatkräftige Unterstützung unsere Wein-Kommission nicht möglich gewesen. Erzeugnisse, die die Schnecke tragen, sind ein echtes Novum.“
Durch die Online-Verkostung am Terra Madre Tag führt unter anderem Martin
Wurzer-Berger, Leiter der Wein-Kommission. Er hat die Zertifizierung mit den Mitgliedern der Kommission entwickelt und weiß, dass gegenseitiges Vertrauen zu ihren tragenden Säulen zählt. „Die Weingüter, die sich beworben haben, haben dem Know-how von Slow Food und unserer Vision für Slow Wein vertraut. Im Gespräch und Austausch über Chancen und Herausforderungen nachhaltiger Weinerzeugung haben sich die sehr unterschiedlichen Anwärter*innen auch aufeinander verlassen können. Slow Wein bietet dafür einen geschützten Rahmen. Die Erfahrung des ersten Jahres zeigt: Die Winzerinnen und Winzer lernen mit- und voneinander.“
2024 können sich weitere interessierte Weingüter bewerben. Informationen folgen frühzeitig auf der Website von Slow Food Deutschland.
» Zu den Anforderungen von Slow Wein
» Das Online-Event am 10.12. wird über den YouTube-Kanal von SFD übertragen.
Im aktuellen Slow Food Magazin erschien ein ausführliches Dossier zum Slow Wein.
Was kann der Boden alles und wem gehört er eigentlich? Warum mag das Bodenleben am liebsten eine vielseitige Ernährung? Mithilfe von Experimenten, Rätseln, Rezepten und persönlichen Geschichten erkunden junge Menschen die Antworten auf diese Fragen. Insgesamt elf Podcasts und drei Videos mit Boden-Expert*innen wie Franz Rösl von der Interessengemeinschaft gesunder Boden e.V. und Maria Giménez, Leiterin des Betriebs Wilmars Gärten in Brandenburg, vermitteln Handlungsoptionen, die jede*r Einzelne und wir als Gesellschaft haben, damit wir nicht buchstäblich den Boden unter unseren Füßen verlieren.
Boden ist die Grundlage unserer Landwirtschaft und beherbergt einen Großteil der weltweiten Biodiversität. Weit über 90 Prozent unserer Nahrungsmittel entstehen im, auf oder durch den Boden. Doch sind unsere Böden durch Überdüngung, zu hohen Pestizideinsatz und Monokulturen geschädigt. Sie zu schützen und wiederaufzubauen hat höchste Priorität, damit sie uns weiterhin für die Lebensmittelerzeugung zur Verfügung stehen. Deswegen setzt sich auch Slow Food für Bodenschutz ein, u.a. mit Bildungsprojekten wie Green Spoons, das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert wird.
Das innovative Blended-Learning-Projekt verbindet digitales und analoges Lernen zu biologischer Vielfalt. Gemeinsam mit Fachleuten hat Slow Food für Lehrkräfte und Pädagog*innen fertige Unterrichtseinheiten und Lehrmaterialien erstellt. Sie können in der Klasse sowie im außerschulischen und privaten Kontext angewendet werden und schaffen Heranwachsenden niedrigschwellige und teils spielerische Einstiege. Dazu Claudia Nathansohn, Projektleiterin bei Slow Food: „Wir möchten, dass sich die jungen Leute selbst durch die Green-Spoons-Website navigieren und es ‚nice‘ finden, für ihren Boden einzustehen. Formate selbstständigen Erforschens und Lernens sowie spannende Interviews mit Expert*innen unterschiedlichen Alters sollen ihre Lust auf Engagement wecken. Am heutigen Weltbodentag selbst und darüber hinaus.“
Bis 2025 wird Green Spoons intensiv drei Themenblöcke bespielen: Das Bildungsmodul zu Boden ist vollständig; es folgen ‚Wasser‘ (2024) und ‚Klima‘ (2025). Das Projekt wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.
» Zur Website: greenspoons.slowfood.de
"Nach der enttäuschenden Ablehnung der Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) zur Pestizidreduktion letzte Woche, ist die erneute Zulassung von Glyphosat ein weiterer Rückschritt bei der Verwirklichung der Green-Deal-Ziele der EU, zu denen auch die Umgestaltung unserer Ernährungssysteme gehört, um den Schutz unserer biologischen Vielfalt, unserer Gesundheit und der zukünftiger Generationen zu gewährleisten", kommentiert Marta Messa, Generalsekretärin von Slow Food."
"Mit der Wiederzulassung des Einsatzes von Glyphosat hat die EU-Kommission die Bedenken vieler EU-Mitgliedstaaten und Bürger*innen missachtet. Die Entscheidung ignoriert eindeutige Belege, die zeigen, dass ein Glyphosat-Ausstieg bei gleichzeitiger Sicherung der Erträge und Senkung der Kosten für die landwirtschaftlichen Betriebe durch die Anwendung agrarökologischer Verfahren möglich ist", kommentiert Madeleine Coste, Slow Food Policy Director. "Wir haben die Lösungen, die Bürger*innen fordern sie, aber die Entscheidungsträger*innen ignorieren sie zugunsten der Interessen und Profite der Agrarindustrie".
Die Mitgliedstaaten sind weiterhin für die nationale Zulassung von glyphosathaltigen Pestiziden zuständig und können deren Verwendung auf nationaler und regionaler Ebene einschränken, um die Gesundheit ihrer Landwirt*innen und Bürger*innen zu schützen. Eine Vision für die Umstellung der EU-Ernährungssysteme auf Agrarökologie ist jedoch dringend erforderlich.
Die Diskussionen über Pestizide sind eng mit denen über die Deregulierung neuer GVO ("New Genomic Techniques") verknüpft. Die Biotechnologie-Industrie verspricht zwar, dass diese den Landwirt*innen eine Verringerung des Pestizideinsatzes ermöglichen würden, doch gibt es dafür keinen Beweis. In den nächsten Wochen werden die Agrarminister*innen über den Deregulierungsvorschlag der Kommission diskutieren, der nach Ansicht von Slow Food ernsthafte Risiken für den Planeten, die Landwirtschaft und die Wahlfreiheit von Verbraucher*innen birgt. Wir fordern die nationalen Entscheidungsträger*innen deshalb auf, für das Vorsorgeprinzip einzutreten und sicherzustellen, dass die Sicherheitsbewertung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung neuer GVO beibehalten wird.
Mehr Informationen unter:
Slow-Food- Podcast zu GVO und Pestiziden: https://www.slowfood.com/slow-food-europe/slow-food-europe-podcast/
Slow Food policy brief zu neuen GVO https://www.slowfood.com/wp-content/uploads/2023/10/Gmo-Paper_A4_V.3.pdf
"Auch wenn wir die offizielle Anerkennung der Rolle von Lebensmitteln als Treiber, aber auch als Lösung für den Klimawandel begrüßen, wird Slow Food die Debatten und die Schlussfolgerungen der COP28 kritisch verfolgen. Wir werden prüfen, welche Lösungen für eine dringende Transformation des Ernährungssystems vorgeschlagen werden und ob die Regierungen die Gelegenheit der aktuellen Bestandsaufnahme des Pariser Klimaabkommens nutzen werden, um die nationalen Klimapläne zu überarbeiten und die Ernährungssysteme mit einem ganzheitlichen Ansatz einzubeziehen", kommentiert Edward Mukiibi, Slow Food Präsident. "Das Risiko besteht darin, dass die Debatte die Komplexität der Ernährungssysteme, die Ursachen für Ernährungsunsicherheit wie beispielsweise Machtungleichgewichte und industrielle Lebensmittelproduktion sowie die Tatsache, dass die Länder des globalen Südens unverhältnismäßig stark vom Klimawandel betroffen sind, ignoriert. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die bevorstehende Erklärung der Emirate zu nachhaltiger Landwirtschaft, resilienten Ernährungssystemen und Klimaschutz weder konkrete Maßnahmen noch Zielvorgaben für eine wirksame Umgestaltung der Ernährungssysteme enthält. Ebenso wenig erklärt sie, wie nachhaltige Ernährungssysteme aussehen sollten. Unserer Ansicht nach basiert ein nachhaltiges Ernährungssystem auf der Agrarökologie."
Agrarökologie besteht nicht nur aus einer Reihe von landwirtschaftlichen Praktiken, sondern ist eine Vision, die sich auf die biologische Vielfalt, die Erhaltung von Ökosystemen und die Fähigkeiten und Bedürfnisse von Gemeinschaften konzentriert. Es ist ein Modell, das eine langfristige Ernährungssicherheit für alle gewährleisten kann und das von Bewegungen für Ernährungssouveränität, Think Tanks und internationalen Organisationen, nicht zuletzt den Vereinten Nationen, anerkannt und gefördert wird.
Die COP28 folgt auf den 6. Sachstandsbericht des IPCC, in dem unmissverständlich festgestellt wird, dass wir jetzt handeln müssen, bevor es zu spät ist, und in dem erneut betont wird, dass das Ernährungssystem als Ganzes bis zu 35 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursacht. Eine wichtige aus dem IPCC-Bericht hervorgehende Empfehlung ist, dass ein agrarökologischer Ansatz zu Ernährungssicherheit, Gesundheit, Biodiversität und Nachhaltigkeit beitragen kann.
Wie industrielle Lebensmittelsysteme den Klimawandel vorantreiben
Das moderne, industrialisierte Agrarmodell der letzten 50 Jahre hatte verheerende Auswirkungen auf Klima und Umwelt: Verschmutzung, Bodenerosion, zerstörte Landschaften, geringere Energieressourcen und ein allgemeiner Verlust an biologischer und kultureller Vielfalt. Im Rahmen dieses Modells hat die landwirtschaftliche Produktion die Form der Agrarindustrie angenommen. Die beiden Kennzeichen dieses Systems, nämlich der verstärkte Einsatz von aus Erdöl gewonnenen oder erdölbasierten Betriebsmitteln wie Düngemitteln, Pestiziden und Treibstoff für landwirtschaftliche Maschinen sowie der Anbau von Monokulturen, vor allem zur Erzeugung von Tierfutter, haben schwerwiegende Folgen für die Umwelt und gefährden das wirtschaftliche Überleben der Kleinbauern. Bei diesem Modell werden die natürlichen Ressourcen als bloße Rohstoffe betrachtet, die in großem Umfang verbraucht und ausgebeutet werden, wodurch unsere Gesundheit und Umwelt gefährdet werden.
Bei den Debatten auf der COP28 muss daher die Aufmerksamkeit auf die großen Fleisch- und Molkereifirmen gelenkt werden, die für einen hohen Prozentsatz der Emissionen verantwortlich sind, denn es ist möglich, dass diese Firmen versuchen werden, Hightech- oder Greenwashing-Lösungen vorzuschlagen, um ihre Verantwortung zu verschleiern.
Auf der COP28 werden viele potenzielle Lösungen vorgestellt, und es ist zu erwarten, dass es einen Wettstreit um verschiedene Visionen für die Landwirtschaft geben wird.
Lösungswege aus Sicht von Slow Food
Slow Food ist der Meinung, dass nur Lösungen, die die Herausforderungen der Ernährungssicherheit, des Klimawandels, der Gesundheit und des Verlusts der biologischen Vielfalt gleichzeitig angehen und eine Perspektive der Klimagerechtigkeit einschließen, in die Verhandlungen einfließen sollten.