Vom Koblenzer Hauptbahnhof geht die Busfahrt direkt in die unberührte Natur zum Schäfer Helmut Reuter auf die Gemarkung Lutzerath. Auf der einstündigen Fahrt dorthin werden die Teilnehmer vom Schäfer der Schäfer, Günther Czerkus in das Thema eingestimmt.
„Schafe hüten das, was wir so lieben!“
Langer, grüner Lodenmantel, Schlapphut, zwei wache Augen – der Chef des deutschen Berufsschäferverbandes ist eine leibhaftige Urgestalt – und ein begnadeter Geschichtenerzähler. Es geht um die artgerechte Haltungsweise der Schafe, in stationärer Hütehaltung und um die Wanderschäferei, die immer seltener wird. „Schafe steigern den Erholungswert einer Landschaft. Sie beweiden die Wiesen und Almen, sodass dort wieder eine Artenvielfalt an seltenen Tieren und Pflanzen entstehen kann!“, erklärt er den intensiven Naturschutz der Tiere. „Sie hüten das, was wir so lieben!“. Denn Schafe sind Natur-Taxis, die in ihrem Fell Samen und auch kleinste Lebewesen, wie Grashüpfer, weiter transportieren. So können sich Wilde Orchideen, der seltene Enzian, die verschiedensten Wildkräuter urplötzlich an Orten ausbreiten, wo sie sonst selbst der Wind nie hingetragen hätte. Kein anderes Tier auf der Welt tut diesen Dienst an der Biodiversität. „Wir sind stolz auf dieses Alleinstellungsmerkmal!“, erklärt Czerkus. Aber die Kehrseite der Medaille gibt es auch. Gerade mal 10 bis 20 Lehrlinge pro Jahr deutschlandweit lassen sich zum Schäfer ausbilden. Czerkus sorgt sich um seinen Berufsstand.
Hautnaherlebnisse mit den vierbeinigen Mäh-Maschinen
Rund 300 Merinos vom Schäfer Helmut Reuter aus Alflen beweiden 30 Hektar Grünland. Es ist Mittagszeit und so bitter kalt, dass der Tau gefroren auf dem Gras liegen bleibt. Hinter Nebelschwaden verschwindet die Herde. Man sieht die Hand vor den Augen nicht. Schnell macht ein Vorurteil die Runde: „Die armen Schafe, so kalt und erst die Hunde... !“„Frieren die nicht bei diesem Wetter?“, fragt Adele Frensel (im Bild mit grüner Jacke) besorgt.
Die Gruppe umringt den Schäfer. Reuter stützt sich auf seinen Schäferstab und schmunzelt erst Mal in sich hinein: „Schafe sind lieber in der Herde und draußen, auch im Winter!“. Nur, wenn ein Schaf krank oder ein Lamm zu schwach sei, würde er das Tier von der Herde trennen und in den Stall bringen. Das bedeute für das Schaf oftmals mehr Stress als bei der Herde zu bleiben. Leider herrsche allgemein ein falsches Bild von der Schafhaltung. Reuters Merinos sind noch bis Ende Januar auf den Feldern von Lutzerath unterwegs. Das sei ganz normal. Dann beginne die Schafschur und die Tiere sind für einige Wochen im warmen Stall.
Einmal Schäfer, immer Schäfer
Seit 40 Jahren betreibt Reuter Schafhaltung. „Ich habe noch nie länger als vier Tage Urlaub gemacht“, das glaubt man ihm aufs Wort. Umso mehr ist es verständlich, dass Schäfer sehr viel Wert darauf legen, dass bei der Schlachtung das ganze Tier verwertet wird. Aber leider, die Nachfrage regle das Angebot. Nur die edlen Teile wie Kottelets, Nacken oder Filets gehen weg, der Rest wird nicht selten zu Hundefutter oder landet in der Tonne. „Es geht darum, den Wert eines Lebensmittels schätzen zu lernen!“, resümiert Martin Fuchs, Convivienleiter von Slow Food Rhein-Mosel. Auch Elke Menne zieht aus dem Besuch beim Schäfer Reuter für sich eine Entscheidung: „Hier kommt man ins Nachdenken, ich werde ab sofort ganz anders einkaufen!“.
Vulkanhof – das Paradies für Ziegen
Jetzt geht es weiter zum Vulkanhof. Dort, in Gillenfeld, wartet bereits Inge Thommes-Burbach und ihre Tochter Manuela samt ihren 220 deutschen Edelziegen auf die Besucher. Der Vulkanhof zählt zu den besten Käsereien Deutschlands. Dafür gibt es einige Gründe. Es duftet nach Heu – und nicht etwa nach Ziege. 200 edelrassige Paarhufer liegen oder stehen wiederkäuend in ihren großen Boxen und beäugen neugierig die Besucher. Hell ist es im Stall. Man merkt sofort, die Ziegen werden artgerecht gehalten und ernährt. Es heißt, mit sauberem, naturbelassenen Futter von den Wiesen um den Hof und frischem Quellwasser – die Familie achtet peinlichst darauf, dass das Futter nicht die Milchmenge, sondern die Milchqualität steigert. „Wir melken unsere Ziegen zwei Mal am Tag, morgens und abends“, erklärt Manuela Holtmann. „Die Milch wird sofort in unserer Käserei zu Käse weiterverarbeitet und wird nicht alt“. Je frischer die Milch desto frischer der Käse, so lautet das Motto auf dem Vulkanhof. 40 bis 50 Variationen an Frischkäse aus drei bis vier Grundsorten machen das Käse-Sortiment aus. Je ein Drittel wird über den Hofladen, die Gastronomie und die Wiederverkäufer vermarktet. Selbst in Berlin im berühmten Kaufhaus des Westens (KADEWE), wo nur die allerbesten Erzeuger ihre Ware verkaufen dürfen, gibt es den Ziegenkäse vom Vulkanhof. Vielleicht hat Frau Merkel auch schon davon gekostet!
Bild oben: © Rose Schweizer
Vor Wintereinbruch gab es für den Bauern viel zu tun. Berge von geerntetem Gemüse, Karotten, Kartoffeln und Rote Beete türmen sich im Vorratsstall vor den Kindern auf. „Das Gemüse bleibt hier über Monate frisch und verdirbt nicht!“, erklärt Kohlschütter der Schulklasse, denn seine Vorratsräume würden wie große Kühlschränke funktionieren, weil sie mit Ziegelsteinen gepflastert sind und so Kälte und Feuchtigkeit abgeben können. „Ich spare eine Menge Geld an Energiekosten“, erklärt der Bauer. Allerdings, und dabei streckt er eine Rote Beete in XXL-Größe in die Höhe, lasse sich sein Ackerboden hier auf 400 Höhenmetern nicht so einfach bearbeiten wie beispielsweise ein Auenboden in der Rheinebene. “Bio bedeutet naturnah produzieren!”, erklärt er. Biobauern wie er verwenden keinen Kunstdünger, der Nitrat enthält. Einerseits wird daher das Grundwasser nicht belastet, andererseits bleibt das Gemüse frei von Giften. Bio ist gut, aber wenn man nicht mit Dünger nachhilft, kann die Größe des Gemüses darunter leiden, es entspricht nicht mehr der Norm. Aber unabhängig davon und weil Biobauern ihren Pflanzen immer mehr Zeit zum Reifen lassen, schmeckt auch unperfektes Bio-Gemüse viel intensiver als konventionell Angebautes – und es ist natürlich viel gesünder.
Individuelles Gemüse – ja bitte, denn der gesunde Geschmack bleibt.
„Kennt einer von euch Tobinambur?“, Kohlschütter zeigt auf eine volle Kiste mit braunen, Golfbällen großen Knollen in der Ecke. Keiner rührt sich. “Dieses Jahr ist der Tobinambur arg klein, aber der Geschmack ist wie immer ausgezeichnet, trotzdem kauft ihn niemand auf dem Markt!”, sagt er. Denn Gemüse, das nicht Modelmaßen entspricht, benötigt beim Schälen und Schnippeln mehr Zeit. Aber ist das ein Grund, es nicht zu kaufen? Jetzt beginnen die Kinder mit dem Aussortieren. Emma holt sich eine Karotte aus dem Gemüseberg, die auf drei Beinen stehen kann. Sarah findet eine, die sie sich wie eine Tabakpfeife in den Mund steckt. Sie kichert dabei laut vor sich hin. Simon findet eine Sellerieknolle mit einem Loch. „Da war die Maus dran“, meint der Bauer und lacht als Simon die Knolle erschrocken anschaut. „Wir müssen das Gemüse waschen, damit ihr die Schönheitsmängel besser sehen könnt“, sagt der Bauer. Hinter dem Stall steht Kohlschütters “Waschmaschine”, ein langes Ungetüm aus Stahl, in dem sich das schmutzige, nicht normgerechte Gemüse langsam in der Röhre hin und her drehen kann. Der Bauer hält den Wasserschlauch hinein, auf der anderen Seite purzeln Rote Beete, Karotten, Tobinambur und Kartoffeln in einen großen Trog. Die Kinder sind begeistert. Wie das Gemüse in allen möglichen Farben glänzt. Kaum hat Max eine frisch gewaschene Karotte heraus geholt, beißt er herzhaft hinein. „Na, schmeckt’s?“, fragt Reinhard Kohlschütter lächelnd. Max nickt und grinst zufrieden über beide Ohren.
Bilder: © Rose Schweizer
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