Ein Sauermilchkäse mit besonderem Geschmack
Arche-Passagier seit 2006
Unterstützt von Slow Food Südlicher Teutoburger Wald
Der Nieheimer Käse ist ein Sauermilchkäse aus Kuhmilch, der in Nieheim (Kreis Höxter, Ostwestfalen-Lippe) nach traditionellem Rezept aus fettarmen Sauermilchquark hergestellt wird. Der trockene, nur leicht saure Quark wird fein gemahlen oder geklopft. Nach einer Reifung von drei bis fünf Tagen wird der Käse mit Salz, Kümmel und Wasser zu Handkäse verarbeitet.
Sauermilchkäse wurde früher in ganz Deutschland hergestellt. Beim Nieheimer Käse wird der gereifte Magerquark jedoch mittels Speisesalz in seinem Reifungsprozess abgestoppt. Im Gegensatz zu den üblichen Herstellungsarten wie z.B. beim Harzer Käse hat er dadurch keinen festen weißen Kern und reift nicht von außen nach innen. Der Nieheimer Käse wird mit der Zeit immer fester und härter und ist dann zum Reiben geeignet - was ihm auch den Namen Reibekäse eingebracht hat. Die Herstellung und Verkauf dieses Handkäses unterlagen früher einer äußerst strengen Kontrolle. Die Richtlinien aus dem Jahre 1927, die noch im Käsemuseum Nieheim zu sehen sind, gelten teilweise heute noch. Der Käse wird nicht gewogen, sondern stückweise verkauft. Die runden goldgelben Laibe sind jeweils genau 35 Gramm schwer und ein paar Wochen haltbar.
1927 bestanden in Nieheim noch ca. 80 Hauskäsereien, nach dem Krieg waren es rund 30 Häuser, in denen gekäst wurde. Heute vertreibt nur noch eine Käserei am Ort ihre selbst gemachten Produkte.
Der Nieheimer Käse wird in Menne‘s Nieheimer Schaukäserei hergestellt. Er kann dort im Hofladen erstanden oder bestellt werden. In weiteren Hof- und Delikatessläden sowie Supermärkten in den Landkreisen Lippe und Höxter ist der Käse erhältlich.
Der Nieheimer Käse wurde traditionell in Nieheim im Kreis Höxter in Ostwestfalen-Lippe hergestellt. Er wurde vermutlich schon Anfang des 19. Jahrhunderts in Hauskäsereien hergestellt. Die älteste Quelle stammt aus dem Jahre 1858: einem Artikel einer landwirtschaftlichen Zeitung ist zu entnehmen, dass man den Nieheimer Käse damals bereits auf Gut Externbrock hergestellte. Er wurde „allgemein ihres vorzüglichen Wohlgeschmackes und ihrer Haltbarkeit wegen geschätzt. Nicht wenige Personen erklärten sie für die besten unter allen ihnen bekannten Sorten Deutschlands, Hollands, Englands und Frankreichs. …".
Die Region um Nieheim hat eine lange Käsetradition. Dies hängt mit der charakteristischen Flechtheckenlandschaft zusammen. Im Schutze der Flechthecken (ein natürlicher „lebender" Zaun aus Haselnusshecken und eingeflochtenen Weidenzweigen) wuchsen am Rande der Wiesen und Weiden besonders viele nahrhafte und wohlschmeckende Kräuter, wodurch die Milch einen besonders guten Geschmack bekam. In den Hecken wuchs auch der wilde Hopfen, in dessen Blätter früher der Nieheimer Käse (auch Hopfenkäse genannt) zum besseren Trocknen eingelegt wurde. Dadurch wurde der Käse noch haltbarer.
Sein Geschmack ist würzig herb und fein säuerlich, scharf und pikant und natürlich entsprechend der Würzung mit der Kümmelnote. Trotz des geringen Fettgehalts (weniger als 1%) entwickelt er außergewöhnlich vielfältige Geschmacksnuancen.
Menne`s Nieheimer Schaukäserei
Hospitalstr. 22
33039 Nieheim
info@dieschaukaeserei.de
www.dieschaukaeserei.de
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]]>Nordhessens kulinarisches Erbe
Arche-Passagier seit 2004
Unterstützt von Slow Food Nordhessen
Die Nordhessische Ahle Wurscht ist eine gut gereifte Rohwurst aus Schweinefleisch. Dazu werden schwere Schweine geschlachtet, die aufgrund ihres Alters ein besonders gut gereiftes Fleisch haben („Wurstschweine“). Die Verarbeitung erfolgt in warmem Zustand, spätestens jedoch am nächsten Tag. Nach der Zerlegung wird die Fleischmasse gewolft, was der Wurstmasse eine mittelgrobe Textur verleiht. Zugefügt werden traditionell nur Salz, Zucker und Salpeter sowie Gewürze, die je nach Hersteller differieren und der Wurst eine individuelle Note geben. Häufig wird auch in Rum oder Cognac eingelegter, kleingehackter Knoblauch beigemengt. Je nach Wurstdurchmesser braucht Nordhessische Ahle Wurscht zwei bis neun Monate bis zur Genussreife und ist danach noch einige Monate haltbar.
Ahle Wurscht oder Worscht heißt im nordhessischen Dialekt so viel wie alte Wurst. Die Bezeichnung weist auf den langen Reifungsprozess hin, der traditionell in Lehmkammern erfolgt. Die Tradition der Nordhessischen Ahlen Wurscht wurzelt in der Selbstversorgung. Vor Jahrzehnten hielt noch nahezu jeder Haushalt in der Region ein Schwein, dessen Fleisch die Existenzgrundlage der Familie sicherte. Geschlachtet wurde nur in den Wintermonaten.
Traditionell werden nahezu das ganze Muskelfleisch und Teile des Rückenspecks zu Rohwürsten von unterschiedlichen Durchmessern verarbeitet und durch langsame Reifung in Lehmkammern („Wurschtekammern“) haltbar gemacht. Da die Genussreife vom Durchmesser der verwandten Därme abhängig ist, stellt sich so eine Versorgung über das Jahr bis zum nächsten Winter sicher: Zunächst wird die „dürre Runde“ mit einem Durchmesser von ca. drei Zentimetern verzehrt, dann folgen die verschieden dicken „Stracken“ (vier bis acht Zentimeter), am Ende werden die noch dickere „Schmalzhaut“ oder der keulenförmige „Feldkieker“ gegessen.
In der wenig industrialisierten Region Nordhessen haben sich bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts Traditionen der Selbstversorgung erhalten, dann hat sich auch hier mit Macht die Lebensmittelversorgung über den Handel durchgesetzt. Durch zwei Entwicklungen wurde die Tradition der Hausschlachtung zurückgedrängt: Der Einzug der Zentralheizung führte zur Unbrauchbarkeit der Wurschtekammern (die Wurst verdirbt wegen zu schneller Trocknung), der Einzug der Waschmaschine bedingte den Abbau der Waschkessel, die für die Hausschlachtung unentbehrlich waren. Die Versorgung der Nordhessen mit der geliebten Ahlen Wurscht haben Metzgerbetriebe und Fleischverarbeitungsbetriebe übernommen. Dort gelten andere Regeln für die Herstellung: günstiger Wareneinkauf, optimierter Wareneinsatz, schnelle Arbeitsabläufe, keine lange Verweildauer im Betrieb. Damit ändern sich Herstellung und Qualität der Rohwurst so sehr, dass sie für die älteren Nordhessen nicht mehr „unsere Ahle“ ist.
Das traditionelle Selbstversorgerprodukt Ahle Wurscht wird inzwischen von vielen handwerklich arbeitenden Metzgereien und auch von der Fleischindustrie hergestellt. Die industrielle und leider häufig auch die handwerkliche Produktion hat sich weit von der traditionellen Herstellung entfernt: Verarbeitet werden Teilstücke (Schultern, Bäuche) von jungen Schweinen in Kaltverarbeitung, Gewürzmischungen sorgen für einen standardisierten Geschmack, Reifebeschleuniger reduzieren Gewichtsverlust und sparen Reifezeit. Traditionell hergestellte Ahle Wurscht ist nur noch bei wenigen Handwerksbetrieben und bei einigen Direktvermarktern erhältlich, die in Nordhessen als Geheimtipp gehandelt werden. Um die traditionelle Herstellungsqualität abzusichern und für den Kunden verlässlich zugänglich zu machen, wurde im Jahr 2004 – parallel zur Aufnahme in die Arche des Geschmacks – ein Förderverein für die Nordhessische Ahle Wurscht gegründet. Die Mitgliedsbetriebe verpflichten sich auf ein an der traditionellen Qualität orientiertes Herstellungsverfahren und unterziehen sich einer jährlichen Auditierung.
Die traditionellen Hersteller der Ahlen Wurscht sind in fast ganz Nordhessen zu finden. Dazu gehören die Landkreise Waldeck-Frankenberg, Kassel, Schwalm-Eder, Hersfeld-Rotenburg, Werra-Meißner und die Stadt Kassel.
Historische Dokumente zur Rohwursttradition in Kurhessen gibt es bereits aus dem 16. Jahrhundert. In alten Wanderbüchern für Fleischergesellen wird die Region um Kassel und Göttingen zur Erlernung der Rohwurstherstellung empfohlen.
Wenn es um die Benennung des wichtigsten kulinarischen Produktes der Region geht, wird jeder Nordhesse die Ahle Wurscht an erster Stelle nennen. Auch das moderne Regionalmanagement betrachtet die Wurst als Alleinstellungsmerkmal für die Region und nutzt sie als Werbeträger.
Die Herstellung einer lange haltbaren Rohwurst erfordert eine besondere Sorgfalt in der Verarbeitung, insbesondere müssen die Därme blasenfrei und fest gefüllt werden. Die Reifung gelingt nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen, für die die nordhessische Mittelgebirgsregion mit vielen Wäldern prädestiniert ist: Kühle Luft und eine hohe Luftfeuchtigkeit zu Beginn der Reifung sind nötig, um eine zu schnelle Trocknung der Wurstoberfläche und ein Hohlwerden der Wurst zu verhindern.
Die Nordhessische Ahle Wurscht schmeckt fleischig und pfeffrig und hat leichte süße und säuerliche Noten. Im Unterschied zur anderen gereiften Rohwürsten behält sie eine geschmeidige, bröselige Textur. Örtlich unterschiedlich wird Ahle Wurscht luftgetrocknet oder zusätzlich geräuchert mit entsprechenden Auswirkungen auf den Geschmack. Während der Reifung erhält sie eine weitere geschmackliche Abrundung durch die in der Wurschtekammer vorhandenen Kulturen. Keine Ahle Wurscht schmeckt wie die andere. Die Ahle Wurscht begleitet traditionell das dick mit Butter beschmierte Bauernbrot, am besten aus Roggenmehl. Dazu passt leicht herbes Bier oder klarer Schnaps, obwohl die Nordhessen zu dieser Spezialität gerne auch schwarzen Kaffee trinken.
Ahle Wurscht traditioneller Herstellung in verlässlicher Qualität erhält man bei den Mitgliedsbetrieben des Fördervereines Nordhessische Ahle Wurscht. Adressen der Ladenlokale und der Onlineshops der Metzgereien finden sich unter www.nordhessische-ahle-wurscht.de. Dort gibt es auch weiterführende Informationen zu Geschichte, Kultur und Rezepten rund um die Ahle Wurscht sowie eine genaue Beschreibung des Qualitätssicherungssystems des Vereins.
Biokulturelle Vielfalt: Was einen erfolgreichen Archepassagier auszeichnet
Nordhessen geschmackvoll - Unterwegs zur "Ahle Wurscht"
Palle Herrlichkeit: Es geht um die Wurst
>> Slow Food Magazin: Nordhessische Ahle Wurscht
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Ein echtes Stück Handwerk
Arche-Passagier seit 2013
Unterstützt von Slow Food München
Schon manche Namen dieser Semmeln (der Münchener wird darauf bestehen, dass es keine "Brötchen" sind) zeigen ihren Ursprung an: Handwerker wie Maurer oder Schuster, die schon früh auf den Beinen waren, brauchten am späteren Vormittag eine sättigende Brotzeit (zweites Frühstück, Vesper). Riemische/ Remische/Römische nehmen ihre Bezeichnung vom Riemischen/Remischen/Römischen Mehl, was den ersten und zweiten Mahlgang beim Roggen bezeichnet, also die beste, praktisch kleiefreie Qualität. Ganz falsch sind die leider viel gebrauchten Bezeichnungen "Römer" oder "Riemer", da diese Semmeln nichts mit Rom oder dem Münchener Vorort Riem zu tun haben. Der Name Pfennigmuckerln dagegen stammt entweder vom früheren Preis der kleinen Backstücke oder von der Form der "geldrollenartig" aneinander gebackenen Vierer- oder Sechserstangen. Auch Remische, Maurerlaiberl und Schuastabuam werden vielfach als "Doppelte" gebacken – ein Hinweis auf eine sättigende Portion. Heute ist der Bezug zum Handwerk ein ganz anderer: Wenn Sie einen Bäcker entdecken, der diese Semmeln noch herstellt, können Sie sicher sein, einen echten Handwerksbäcker vor sich zu haben, denn der Grundstoff dafür ist nicht im "vorgemischten Sack" erhältlich; hier muss der Bäcker seinen Teig noch von Grund auf selber herstellen.
Die traditionellen Münchener Brotzeitsemmeln sind alle aus Roggen- bzw. Weizenmischteig hergestellt, haben also einen deutlichen Anteil an Roggenmehl (mindestens 20 Prozent bei Maurerlaiberl bis zu teils 70 Prozent bei Schuastabuam). Viele, zumindest die Riemischen, sind mit Kümmel bestreut und manche sind auch im Innern mit – teilweise gemahlenem – Kümmel gewürzt. Die meisten sind bemehlt, Remische und Maurer sind an der Oberfläche rustikal aufgesprungen, Pfennigmuckerln dagegen glatt und Schuastabuam haben einen leichten Schnitt. Sie werden in “Kränzen” (zusammenhängenden runden Scheiben) gebacken; beim Bäcker vorbestellt eignen sich diese Kränze hervorragend für Büffet und Party.
Pfennigmuckerln
Der Name stammt entweder vom früheren Preis der kleinen Backstücke oder von den geldrollenartig aneinandergebackenen Vierer-, Fünfer- und Sechserstangen. Gerade für Kinder sind die kleinen Pfennigmuckerln ideal: Sie mögen Sie schon des Namens wegen und die kleine Portion schaffen sie auch leichter.
R(i)emische
R(i)emische oder auch Römische nehmen ihre Bezeichnung vom R(i)emischen oder Römischen Mehl, was den ersten und zweiten Mahlgang beim Roggen bezeichnet, also die feinste, praktisch kleiefreie Qualität. Falsch sind die viel gebrauchten Bezeichnungen "Römer" oder "Riemer", da diese Semmeln nichts mit Rom oder dem Münchener Vorort Riem zu tun haben.
Maurerlaiberl
Schon der Name dieser Semmel zeigt ihren Ursprung: Handwerker wie die Maurer, die schon früh auf den Beinen waren, brauchten am späteren Vormittag eine sättigende Brotzeit. Die Maurerlaiberl werden vielfach als "Doppelte" gebacken - ein Hinweis auf eine sättigende Portion.
Schuastabuam
Wie bei den Maurerlaiberl weist auch hier der Name der Semmel noch auf ihre traditionelle Verwendung als Brotzeit-Backware von Handwerkern hin.
Diese Traditionssemmeln können Bäcker weder als Teiglinge noch als Backmischung erstehen; der Teig muss selbst aufwändig mit Natursauer hergestellt werden – Arbeit, die vielfach als "nicht lohnend" eingestuft wird. Auch das Wissen dazu hat sich über die Generationen ziemlich verloren – nicht nur bei den jungen Bäckern, sondern auch beim Verbraucher, der dieses Gebäck heute oft gar nicht mehr kennt, weil er es gar nicht mehr sieht. Eine Umfrage über die Münchener Bäckerinnung ergab einen positiven Rücklauf von gerade einmal sechs Bäckereien.
Alle diese Semmeln haben einen kräftigen, ausgeprägten Roggen-Geschmack, teilweise mit deutlichem Kümmel-Aroma. Sie sind durch den Roggen-Anteil sehr haltbar, trocknen wesentlich langsamer aus als Weizengebäck und müssen am nächsten Tag nicht einmal aufgebacken werden. Ihr ernährungsphysiologischer Wert ist nicht hoch genug einzuschätzen, da der Roggen viele wichtige Mineralien enthält und für eine gute Sättigung sorgt. Sie passen hervorragend zu allen typisch Münchener Brotzeiten mit Leberkäs, Wurstsalat, Presssack, "Obatzdn" (angemachtem Käse) oder zu den berühmten Weißwürsten (zu denen leider meist nur Brezeln angeboten werden) und vielem mehr. Die paarig oder in Stangen gebackenen Semmeln sind sehr kommunikativ: Man kauft sich eine Einheit und teilt sie mit dem Nachbarn – und schon ist die schönste Brotzeitunterhaltung im Gange und vielleicht sogar eine Bekanntschaft geschlossen. Für Kinder sind die kleinen Pfennigmuckerln ideal: Sie mögen sie schon des Namens wegen und die kleine Portion schaffen sie auch leichter. So wird nichts weggeworfen.
Verbreitungsgebiet der Semmeln ist München bis etwa 50 Kilometer im Umkreis, auch darüber hinaus, wenn ein Bäcker mal in München gelernt hat und das Rezept heute noch verwendet.
Erzeuger und Bezugsquellen
Berg-am-Laimer Backhaus Max Aumüller
Baumkirchener Str. 13
81673 München
www.max-aumueller.de/
Bäckerei Konditorei Brücklmaier
Neubiberger Str. 11
81737 München
www.bruecklmaier.de/
Backhaus Dümig,
Salmdorfer Str. 1
85540 Haar
www.backhaus-duemig.de/
Hoffmann's Jahreszeitenbäckerei
Reutterstr. 42
80687 München
www.baeckerei-hoffmann.com/
E. Knapp & R. Wenig
(Hausbäckerei der Hofbräuhaus-Kunstmühle)
Neuturmstraße 3
80331 München
+49 89 294 222
info@hb-kunstmuehle.de
www.hb-kunstmuehle.de/
Bäckerei Neulinger
Volkartstr. 48
80636 München
www.gruenundgloria.de/brot-feinbackerei-neulinger/
Bäckerei-Konditorei Ziegler
Gneisenaustr. 20
80992 München
www.baeckerei-ziegler.de/
Ludwig Stocker Hofpfisterei
Kreittmayrstr. 5
80335 München
www.hofpfisterei.de
>> Slow Food Magazin: Münchener Brotzeitsemmel
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Bannerbild: © Rudolf Böhler, weitere Bilder: © Rudolf Böhler (2), Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (4)
Die älteste Rinderrasse Baden-Württembergs
Arche-Passagier seit 2005
Unterstützt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe
Das „Limpurger Rind“, auch als „Leintäler Rind“ bekannt, ist die älteste Rinderrasse Württembergs. Entstanden nach dem 30-jährigen Krieg aus Kreuzungen des Roten Landviehs mit Allgäuer Vieh hielt sie sich bis heute rein. Ihren Namen hat sie von der Grafschaft Limpurg, deren von tief eingegrabenen Flusstälern durchschnittenes Hügelland mit Höhen bis über 500 Meter die Rasse ebenso prägten wie die Haltungsbedingungen und die klein-bäuerlichen Wirtschaftsverhältnisse der Region. Im angrenzenden Hohenlohe wurden - des Fleisches wegen - vor allem die Ochsen gemästet; ein seinerzeit hochprofitables Geschäft, was im 19. Jhdt. für heute noch sichtbaren Wohlstand sorgte.
Die einfarbigen Rinder in Tönungen von hellgelb bis rotgelb sind mittelgroß; die Weideochsen hingegen werden ungewöhnlich groß und schwer. Die Rasse zeichnet sich aus durch gute Bemuskelung, kräftige, tiefe Brust und regelmäßig gestellte Gliedmaßen mit harten Klauen, feinem Knochenbau; bei den Kühen zudem durch günstige Mutterkuheigenschaften, während bei den Weideochsen Härte und Mastfähigkeit hervorstechen.
1897 zählte man noch 56.000 Limpurger Rinder, 1963 nur noch einen Bullen und 17 Kühe im Herdbuch. In den 1980er Jahren war die Rasse fast ganz ausgestorben. Ende des Jahres 2016 waren im Herdbuch des Zuchtverbandes knapp 600 Kühe mit entsprechender Nachzucht in 92 Herdbuchbetrieben verzeichnet. Wegen der geringen Population werden keine Kälber geschlachtet, sondern frühestens Färsen, soweit sie nicht zur Zucht nötig sind. Nicht als Vererber gekörte Bullenkälber leben als Weideochsen.
Weideochsen vom Limpurger Rind sind mit ihrem außergewöhnlich geschmacksstarken und feinen Fleisch eine eigenständige Kategorie, für die eine "Geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) bei der EU in Brüssel angemeldet ist. Nur Limpurger Weideochsen aus dem traditionellen Zuchtgebiet (Limpurger Berge, Welzheimer Wald, Ostalb-Vorland) sowie aus dem angrenzenden Hohenlohekreis sind dafür zugelassen, vorausgesetzt weitere Bedingungen sind erfüllt: Die Ochsen müssen langsam wachsen und dürfen deshalb nur weiden und im Winter mit Wiesenheu gefüttert werden; jede Beigabe von Soja und dessen Erzeugnisse oder Maissilage ist verboten. Weiterhin dürfen die Ochsen erst ab dem 31. Monat geschlachtet werden und das Fleisch muss unvakuumiert am Knochen reifen.
Das Angebot ist naturgemäß noch klein: 2005 wurden 15 Limpurger Weideochsen geschlachtet, 2006 vielleicht 25. Das Fleisch vermarkten die Züchter meist direkt. Abnehmer ist vor allem die regionale Top-Gastronomie. Doch gibt es inzwischen auch einige Metzgereien, z.B. Bauers Brotzeit in Tauberbischofsheim-Distelhausen, die gelegentlich „Limpurger Boeuf de Hohenlohe“ anbieten.
Limpurger Berge, Welzheimer Wald, Ostalb-Vorland, Hohenlohekreis, Kreis Schwäbisch Hall.
Schon im 19. Jhdt. lobte man, dass insbesondere die Limpurger Ochsen ein „ganz vorzüglich zartes, saftiges und wohlschmeckendes Fleisch“ liefern, das man sogar über die Landesgrenzen hinaus transportierte „wo für feinere Fleischqualität auch ein entsprechend höherer Preis bezahlt“ wurde. Sie waren maßgeblich beteiligt an dem seinerzeit von Pariser Feinschmeckern geprägten Markenbegriff „Boeuf de Hohenlohe“, ein heute wieder zu Ehren gekommener und geschützter Begriff (g.g.A.).
Direktvermarkter:
Martin Munz
Mühlweg 1
74547 Untermünkheim-Haagen
Tel. (07 91) 85 54 11
familie.munz@kabelbw.de
Rainer Hofmann
Aussiedlung 3
74572 Blaufelden-Wittenweiler
Tel. (0 79 53) 85 65
r-b-hofmann@web.de
Martin Stier
Hintere Bachstr. 3
74677 Dörzbach-Hohebach
Tel. (0 79 37) 80 36 37
Metzgereien:
Schäfer Hohenloher Fleisch- und Wurstwaren GmbH & Co. KG
Muthofer Str. 10-12
74670 Forchtenberg
Jagsttal-Metzgerei Zinsler
Poststr. 34
74673 Mulfingen
Tel. (0 79 38) 2 05
info@metzgerei-zinsler.de
www.metzgerei-zinsler.de
Weitere Erzeugeradressen und aktuelle Informationen rund um den Weideochen vom Limpurger Rind finden Sie beim Convivium Hohenlohe-Tauber-Main-Franken: Bitte klicken Sie hier
Der Weideochse vom Limpurger Rind ist eines der fünf Presidi in Deutschland. Mehr Informationen zu dem internationalen Presidi-Projekt der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt finden Sie hier: Presidi
Züchtervereinigung Limpurger Rind
Werner Ehmann
Vorsitzender
Walklensweiler 7
71543 Wüstenroth
Tel. (0 79 45) 25 84
www.limpurger-rind.de
Umweltgerechte und Nachhaltige Fleischwirtschaft am Beispiel Rind
15 Jahre Engagement für eine bessere Ernährungswelt
>>Slow Food Magazin: Weideochse vom Limpurger Rind
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Der Schöne vom Oberland
Arche-Passagier seit 2012
Unterstützt von Slow Food Oberschwaben und Slow Food Ulm
Im Jahre 1903 hat der Landwirt Jakob Fischer im Wald in der Nähe von Rottum im Kreis Biberach einen Zufallssämling gefunden und bei seinem Hof eingepflanzt. Von diesem Baum, der als Naturdenkmal noch lange an seinem Platz stand, stammt die Apfelsorte „Schöner vom Oberland“, die landläufig „Jakob-Fischer-Apfel“ genannt wird. Obwohl die Sorte inzwischen selten geworden ist, werden ihre Äpfel manchmal noch von einigen kleinbäuerlichen Betrieben auf dem Biberacher Wochenmarkt angeboten.
Die Bäume sind robust und frosthart und werden daher gerne beim Veredeln anderer Apfelsorten als Stammbildner genutzt. Sie tragen früh, regelmäßig und reichhaltig. Die bis zu 500 Gramm schwer werdenden Äpfel erntet man meist schon Anfang September. Sie duften stark, sind unregelmäßig und grobkantig, hellgelb bis leuchtendrot verwaschen, oft blau-violett bereift. Das Fruchtfleisch ist grünlich weiß und wird schnell braun.
Der Jakob-Fischer-Apfel wurde in seiner oberschwäbischen Heimat früher häufig angebaut, vor allem auf den Streuobstwiesen. Der enorme Flächenbedarf durch Neubausiedlungen und Gewerbegebiete sowie die Intensivierung der Landwirtschaft und die Flächennutzung für Biogaserzeugung tragen viel Verantwortung für das langsame Verschwinden dieser traditionellen, artenreichen Streuobstwiesen. Heute wird die Zahl der Bäume in den Landschaften um die Städte Biberach, Memmingen, Ravensburg und Ulm auf weniger als 500 geschätzt.
Hauptsächlich wegen seiner frühen Reifezeit, der kurzen Haltbarkeit der Früchte und den schlechten Lagereigenschaften ist der Jakob-Fischer-Apfel wirtschaftlich nicht interessant und wird deshalb selten gepflanzt. Seine guten Stammbildnereigenschaften haben ihm zwar in seiner Verbreitung in neuen Streuobstbeständen etwas geholfen, aber letztlich bedeutet dies für die Sorte, dass sie gerne umveredelt wird und damit der Apfel Jakob Fischer und seine Produkte immer mehr verschwinden.
Auf dem Biberacher Wochenmarkt wird der Apfel von kleinbäuerlichen Betrieben hier und da noch während der Erntezeit angeboten. Regional wird er von Baumschulen als Halb- oder Hochstamm angeboten. Er darf auf keiner Streuobstwiese in Oberschwaben fehlen, die die Sortenvielfalt der Region widerspiegeln soll.
Der Jakob-Fischer-Apfel war neben seiner Heimatregion Oberschwaben früher in ganz Baden-Württemberg verbreitet. Die besondere Wertschätzung zeigt sich auch daran, dass der von Jakob Fischer gefundene "Urbaum" bis zum Sommer 2020 als Naturdenkmal erhalten geblieben ist (siehe obenstehendes Foto).
Nach 117 Jahren vertrocknete er altersschwach, dieser einzigartige Baum lebt weiter in den Holzskulpturen des Künstler-Holzgestalters Bernhard Schmid.
Die Geschichte des Baumes und seines Entdeckers sowie Ereignisse mit den ihn begleitenden Menschen fasste der Künstler nicht nur in berührende Skulpturen sondern auch in ein kurzweiliges, persönliches und informatives Buch. Stimmungsvolle und historische Fotos zeichnen auf bezaubernde Art die Liebesbezeugung zum „Jakob Fischer“ Baum Frucht Mensch. Die Skulpturen zeigen den Wandel und die Achtung vor diesem Lebewesen. Das Buch (60 Seiten DIN A 4 quer mit 47 Fotografien) kann für 18.-€ inclusive Porto direkt beim Künstler erworben werden.
Bezugsquelle: www.kuenstler-holzgestalter.de
Die Früchte sind aromatisch, feinsäuerlich und saftig. Obwohl sie am besten frisch vom Baum gepflückt schmecken, eignen sie sich nur begrenzt für den Frischeverzehr. Die Äpfel, halten sich nur ungefähr vier Wochen und werden schnell mehlig. In der oberschwäbischen Küche werden sie zum Backen verwendet oder mit Zucker und Zimt zu Apfelmus oder Kompott verarbeitet. Auch Süßmost wird aus Jakob-Fischer-Äpfeln gewonnen. Sortenreiner Saft ist wegen seines geringen Säuregehaltes bei Kindern sehr beliebt.
Obstbrand:
Wochenmarkt Biberach
Baumschule Haid, Ingerkingen
www.baumschule-haid.de
Oberschwäbisches Museumsdorf Kürnbach (Obstsortenarboretum)
www.museumsdorf-kuernbach.de
Kreisverband der Obst- und Gartenbauvereine Landkreis Biberach e.V.
www.kov-biberach.de
Baumwartvereinigung Landkreis Biberach, Ochsenhausen
>>Slow Food Magazin: Jakob-Fischer-Apfel
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Würzige Äpfel aus dem Alten Land
Arche-Passagier seit 2014
Unterstützt von Slow Food Hamburg
Entdeckt hat den Finkenwerder Herbstprinz Carsten Benitt um 1880 auf der Elbinsel Finkenwerder, südlich von Hamburg. Der Bauer war von dem Zufallssämling auf dem Grund seines Nachbarn derart begeistert, dass er ihn in seinem Garten vermehrte. Von hier verbreitete sich die Apfelsorte über die ganze Region. Im Zuge der Sortenbereinigung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie dann zur Umveredelung genutzt und zur Neupflanzung empfohlen. Ende der 1960er-Jahre gehörte der Finkenwerder Herbstprinz bereits zu den wichtigsten Wirtschaftsäpfeln des Alten Landes, eines der größten Obstanbaugebiete Europas.
Der Finkenwerder Herbstprinz als Hochstamm ist bestens an schwere, nasse Böden und kräftige, kalte Winde angepasst und damit eine perfekte Apfelsorte für Norddeutschland. Für einen optimalen Reifezustand müssen die Früchte Mitte bis Ende Oktober geerntet werden, nach allen anderen Apfelsorten. Dank der späten Ernte und ihrer sehr guten Lagerfähigkeit gehörten sie früher zu den Äpfeln, die bis ins Frühjahr hinein verkauft werden konnten.
Der Herbstprinz zeigt nur als Hochstamm seine besonderen Qualitäten. Auf den schwachwüchsigen Plantagenunterlagen werden die Früchte sehr groß, haben aber ein lockeres Fruchtfleisch und sind wenig haltbar. Die Ernte von hohen Bäumen ist jedoch aufgrund der schwierigeren Pflückbedingungen teurer als die anderer Äpfel, so dass Hochstammplantagen und Streuobstwiesen heute oft gerodet werden. Der Herbstprinz als Hochstamm wird zudem sehr spät reif, häufig erst dann, wenn die Erntehelfer nicht mehr auf den Obsthöfen sind. Aufgrund der heutigen technisch unterstützten Lagerungsmöglichkeiten in begasten Kühlhäusern ist man auch auf die gute natürliche Lagerfähigkeit des Herbstprinzen nicht mehr angewiesen.
Äpfel der Sorte Finkenwerder Herbstprinz und die daraus gewonnenen Produkte sind nur noch in wenigen Betrieben erhältlich (Adressen siehe unten unter "Züchter, Erzeuger und Bezugsquellen").
Bitte beachten Sie, dass bei den aufgeführten Produzenten in der Regel Äpfel von Hochstämmen und Halbstämmen erhältlich sind. Lassen Sie sich entsprechend beraten!
Das traditionelle Anbaugebiet des Arche-Passagiers liegt im Alten Land, südlich von Hamburg. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war der Finkenwerden Herbstprinz einer der bedeutendsten Wirtschaftsäpfel der Region.
Die Äpfel zeichnen sich durch festes Fleisch, ein harmonisches Zucker-Säure-Verhältnis und ihren kräftig-würzigen Geschmack aus. Sie werden als Ess-, Koch- und Backapfel verwendet. Wegen des intensiven würzigen Aromas verarbeitet man sie auch gerne zu Saft oder Obstbrand.
Bitte beachten Sie, dass bei den aufgeführten Produzent*innen in der Regel Äpfel von Hochstämmen und Halbstämmen erhältlich sind. Lassen Sie sich entsprechend beraten!
Apfelproduzenten:
Boomgarden-Projekt
Eckart Brandt
Bargster Karkweg 3
21717 Deinste - Helmste
Tel. 0174-1919098
eckart-brandt@web.de
www.boomgarden.de
Mosterei Uwe Engelmann
Freudenthalstr. 44
27389 Fintel
Tel. und Fax (0 42 65) 7 03
saft@engelmost.de
Obstwiese Appelwisch
Elke und Dieter Nitz
Auf der Heide 39
22393 Hamburg-Sasel
Tel. (0 40) 6 01 48 96
nitz@appelwisch.de
www.appelwisch.de
Hof Lachapfel
Familie Michels/Lühmann
Kriwitz 26
29485 Lemgow
Tel. und Fax (0 58 83) 4 56
Obsthof Cordes
Bergfried 9
21720 Steinkirchen
Tel. (0 41 42) 81 02 34
Fax (0 41 42) 81 02 36
post@obsthof-cordes.de
www.obsthof-cordes.de
>>Die schönen Unbekannten – Apfelvielfalt in Deutschland
>>„Schöner“ neuer Passagier: Slow Food schützt Oberlausitzer Apfelsorte
>>Slow Food Magazin: Finkenwerder Herbstprinz als Hochstamm
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Bannerbild: © Sebastian Wenzel, weitere Bilder © Judith Bernhard
Scharf-aromatische Delikatesse aus der Gärtnerstadt
Arche-Passagier seit 2014
Unterstützt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe
Der Bamberger Rettich ist ein Sommerrettich und gehört zu den Speiserettichen mit der botanischen Bezeichnung „Raphanus raphanistrum L. subsp. sativus (L.) Domin var esculentus (Metzger) Alef.“.
Der Begriff „Bamberger Rettich“ steht für eine früher große, heute sehr kleine Zahl von Haussorten Bamberger Gärtner. Von sieben bekannten Haussorten werden nur noch vier vermarktet, drei weitere werden im Bamberger Sortengarten weiter erhalten.
Der Bamberger Rettich ist eine robuste Pflanze mit einer relativ großen Kälteverträglichkeit. Er kann früh ins Freiland gesät werden und kommt im Treibhaus mit rund drei Grad niedrigeren Temperaturen aus als andere Sorten. Er ist deshalb die erste Wahl für den Anbau im zeitigen Frühjahr.
Der Bamberger Rettich ist aufgeführt in der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Er ist wegen seiner besonders großen Standortbindung auf das kleine Herkunftsgebiet im Stadtgebiet von Bamberg beschränkt. Ein Anbau an anderen vom Boden her geeigneten Standorten liefert nicht die erwartete geschmackliche Qualität.
Der Handel mag den Bamberger Rettich aus vielen Gründen nicht. Er ist zu ungleichmäßig in Größe und Aussehen, seine spitz zulaufende Form legt Schwierigkeiten bei der Verarbeitung nahe, die herzhafte Schärfe entspricht nicht den Erwartungen der heutigen Kunden. Lagerfähig ist er auch nicht. Nur in der Direktvermarktung hat er noch eine Chance.
In früheren Zeiten pflegte wohl jeder Gärtner auf seinem Teil den großen innerstädtischen Anbauflächen der Bamberger Gärtnerstadt seine Haussorte des Rettichs. Zur Zeit der größten Ausdehnung der Bamberger Gärtnerstadt 1858 bestanden im Herkunftsgebiet des heutigen weißen Bamberger Sommerrettichs 540 Betriebe. Nur vier der heute insgesamt etwa zwanzig Erwerbsgärtnereien des Herkunftsgebietes bauen die alte Lokalsorte auf circa 0,85 Hektar Fläche noch an und vermehren sie im eigenen Betrieb.
Der Bamberger Rettich ist käuflich erwerbbar im Hofverkauf Bamberger Gärtner und vereinzelt auch auf dem Bamberger Wochenmarkt, in Gemüseläden und Supermärkten im Bamberger Stadtgebiet. Von fast allen Erzeugern wird er nur in den ersten Wochen der Saison angeboten. Für die nachfolgende Zeit werden Rettiche anderer Sorten angebaut. Allein die Biolandgärtnerei Sebastian Niedermaier liefert ihre Haussorte während der ganzen Saison bis in den Frühherbst hinein.
Adressen von Züchtern, Erzeugern und Bezugsquellen finden Sie weiter unten auf dieser Seite.
Die Haussorten des Bamberger Rettichs waren eines der wichtigsten Wirtschaftsprodukte der Bamberger Gärtner im 20. Jahrhundert. Dass sie zum größten Teil am Ort selbst verkauft wurden, bezeugt die besondere Zuneigung der Bamberger zu „ihrem“ Rettich. Schon 1858 kann Ludwig Storch in der Zeitschrift „Gartenlaube“ über den Gartenbau in Bamberg berichten: „Radieschen und Rettige gelten hier für wahre Delicatessen“ (Storch 1858, Seite 653). 1978 stuft die Bamberger Gartenbauzentrale den Rettich als zweitwichtigste Kultur ein und 1984 als drittwichtigste. Seither geht ihre Bedeutung zurück.
In den Haussorten des Rettichs kulminiert auch der Stolz der Bamberger Gärtner auf das eigene Können in der Samengewinnung. Wie eifersüchtig man das eigene Rettich-Saatgut hütete, belegen ehemals geläufige Sprüche wie „der Sooma (Samen) bleibt im Haus“ oder „mei Dochdä (Tochter) kannst hom, mein Räddich ned“. Trotz aller gegenteiligen Behauptungen fand aber doch ein Austausch über die Grenzen der Familienbetriebe statt. Saatgut wurde getauscht und vererbt.
Der Bamberger Rettich ist butterzart, mit hochfein-würzigem Aroma und kräftiger, aber harmonisch eingebundener Schärfe. Einen Rettich dieser Art isst man traditionell roh. Er wird in möglichst dünne Scheiben geschnitten, leicht gesalzen und ein paar Minuten liegen gelassen, damit er Wasser ziehen kann. „Der Rettich muss weinen“, sagt man nicht nur in Bamberg. So ist er eine erstklassige Beilage zum Wurst- oder Käsebrot. Rettichgenießer legen die Scheiben aber auch allein auf das Butterbrot.
Der Bamberger Rettich benötigt kein spezielles Wissen in der Aufzucht. Er ist aber auf die besonderen Wachstumsbedingungen in den Schwemmsandböden des Talgrundes der Regnitz angewiesen. Jeder Anbauer muss sein Saatgut selbst erzeugen, weil die Qualität des Produktes in extremer Weise an den Einzelstandort gebunden ist. Die hoch entwickelten Fertigkeiten zur Saatgutgewinnung des seit dem frühen 14. Jahrhundert bezeugten Bamberger Gärtnerstandes sind unentbehrlich.
Erzeugerliste selbstvermarktender Gärtner:
Christian Burgis
Memmelsdorfer Str. 48
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 39 20
christianbu@web.de
Hans-Jürgen Eichfelder
Gundelsheimer Str. 76
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 2 20 82
eichfelder@t-online.de
Sebastian Niedermaier
Bioland-Gärtnerei
Mittelstr. 42
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 12 06 09 16
info@sebastian.niedermaier.de
>>Die Arche des Geschmacks und ihre fränkischen Passagiere
>>Buchtipp: "Nicht nur Süßholzraspler und Zwiebeltreter"
>>CV Mainfranken-Hohenlohe: Arche-Kochbuch
>>Würzig-scharf: der Bamberger Rettich mit ortstypischen Aromen
>>Mit Seele: Rezepte mit Bamberger Rettich
>>Slow Food Magazin: Bamberger Rettich
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Saftige Mostbirnen vom Nordrand der Schwäbischen Alb
Arche-Passagier seit 2014
Unterstützt von Slow Food Stuttgart
Bei der Schwarzen Birne handelt es sich um einen Zufallssämling unbekannter Herkunft, der am Nordrand der Schwäbischen Alb mit Schwerpunkt im Neuffener Tal früher eine große Verbreitung als vorzügliche Mostbirne hatte. Im Landessortenregister gibt es jedoch keine eingetragene Birnensorte mit dem Namen. Von der Baumkronenform her und dem Holz und den Knospen kommt die Birne der Träublesbirne am nächsten. Die Fruchtform ist aber abweichend. Die Birnen sind längst nicht so länglich wie die vorgenannte. Die Fruchtfarbe wird im hochreifen Zustand dunkeloliv bis graugrün. Daher wahrscheinlich auch der Name „schwarze Birne“. Die vegetativen Merkmale zeigen also eine gewisse Nähe zur Träublesbirne. Die Früchte sind aber deutlich verschieden. Daraus kann man ableiten, dass es sich bei der Schwarzen Birne um eine eigenständige Sorte handelt.
Die Schwarze Birne ist eine relativ anspruchslose Sorte, die gute Erträge liefert. Wie es bei alten Streuobstsorten üblich ist, alterniert sie allerdings und trägt in der Regel nur alle zwei Jahre voll. Am besten gedeiht sie an warmen Hängen im Weinbauklima. Die Früchte sind klein bis mittelgroß (Länge circa 60 Millimeter). Sie sind Mitte bis Ende Oktober reif. Oft fallen die Früchte erst Anfang November nach dem Laub. Bei der Lagerung werden sie schnell teigig und verlieren ihre Festigkeit. Die Früchte sind dann sehr saftig und etwas herb. Der Zuckergehalt ist sehr hoch und erreicht oft 70 Grad Öchsle.
Die Sorte bildet hochwachsende Bäume aus, die stark landschaftsprägend sind. Die Kronenform ist hoch-oval, das dünne Seitenholz ist leicht hängend.
Die Sorte verlor an Bedeutung durch den Rückgang der häuslichen Mostbereitung und das Verschwinden der traditionellen Streuobstwiesen. Auf der Frickenhäuser Markung sind nur noch acht großkronige Bäume bekannt. Diese sind 80 bis 100 Jahre alt und abgängig. Es gibt kaum Nachpflanzungen. Jetzt besteht noch die Möglichkeit, Reiser zur Veredlung zu gewinnen und so die Sorte zu erhalten.
Brände sind in einigen regionalen Brennereien erhältlich, auch Bäume gibt es in Baumschulen.
Die Heimat der Schwarzen Birne ist die Streuobstlandschaft am nördlichen Albtrauf der Schwäbischen Alb mit Schwerpunkt im Neuffener Tal in Baden-Württemberg.
Die saftigen, etwas herben Früchte zeichnen sich durch einen hohen Zuckergehalt aus. So eignet sich ihr Saft hervorragend für die Herstellung von einem traditionellen Birnenmost, einem mineralischen, von delikaten Gerbstoffen geprägten Birnenschaumwein oder einem aromatischen Birnenbrand. Schwarze Birnen, zusammen mit Äpfeln von Streuobstwiesen gekeltert, geben einen milden, fein birnenfruchtigen und erfrischenden Saft.
Brände:
Helmut Dolde
Linsenhofen
Beurener Str. 16
72636 Frickenhausen
Tel. (0 70 25) 49 82
info@DoldeWein.de
www.doldewein.de
Erhard Gneiting
Linsenhofen
Mühltobelstr. 13/1
72636 Frickenhausen
Tel. (01 51) 15 05 65 71
carmen-erhard.gneiting@t-online.de
Bäume:
Weissinger Baumschulen
Baintstr. 10
73235 Weilheim/Teck
Tel. (0 70 23) 90 02 50
Fax (0 70 23) 9 00 25 17
info@weissinger-baumschulen.de
www.weissinger-baumschulen.de
>>Slow Food Magazin: Schwarze Birne
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Goethes und Kants pikante Rübchen
Arche-Passagier seit 2008
Unterstützt von Slow Food Potsdam, Slow Food Berlin und Slow Food Weimar-Thüringen
Das Teltower Rübchen (Brassica rapa L. var. rapa) ist eine brandenburgische Spezialität. Es gehört innerhalb der Kohlgewächse in die Gruppe der Speiserüben, zusammen mit den Mai-, Herbst- und Wasserrüben sowie den Weißen Rüben. Beim Teltower Rübchen handelt es sich um besondere kleine Rüben, die einen relativ nährstoffarmen, lehmigen Sandboden verlangen, der nicht zur Trockenheit neigt, aber auch keiner großen Feuchtigkeit ausgesetzt sein darf. Versuche, die Teltower Rübchen in anderen Regionen anzubauen, scheiterten. Schon im 18. Jahrhundert erkannte man, dass die Samen der Sorte unter anderen Boden und Klimabedingungen nicht den charakteristischen Geschmack hervorbringen.
Das Teltower Rübchen zeichnet sich durch vier wichtige Merkmale aus:
Da in der DDR durch die Bildung der Genossenschaften die entstandenen Großflächen maschinell bearbeitet wurden, lohnte sich der arbeitsintensive Anbau des Teltower Rübchens in relativ kleinen Mengen nicht. Es ist allein den Hobbygärtnern zu verdanken, dass die 300-jährige Kontinuität des Anbaus nicht abriss.
Das Rübchen wird von zwei Bauern in der Region angebaut und über Hofläden und Wochenmärkte vermarktet.
Die historische Anbaufläche des Teltower Rübchens befindet sich auf den lehmigen Sandböden der eiszeitlichen Hochfläche im Teltow in Brandenburg.
Der Geschmack ist aromatisch, pikant und mit einer gewissen Schärfe, die dem Rettich ähnelt. Sein Geruch prägt sich erst beim Putzen kräftig aus. Die Teltower Rübchen haben einen hohen Gesundheitswert. Auf Grund der Ursprünglichkeit sind sie überdurchschnittlich reich an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Inhaltsstoffen wie Glucosinolaten, welche vorbeugend gegen Krebs wirken.
Das älteste Teltower Rübchen Rezept findet sich im Brandenburgischen Kochbuch von Maria Sophia Schellhammer (vermutlich 1723). Napoleons Truppen brachten die Teltower Rübchen als "navets de Teltow" ("Rüben aus Teltow") an den Hof des Kaisers. Gerühmt wurden die Teltower Rübchen von Johann Wolfgang Goethe, Theodor Fontane und Immanuel Kant.
Das Teltower Rübchen wird erst im August gesät und ist zur Ernte ab Oktober klein, nur 2 bis 4 cm dick. Aufgrund seiner Frosttoleranz wird das Teltower Rübchen von Oktober bis März bei entsprechender Witterung stets frisch angeboten. Die Ernte und die Erntenacharbeit sind arbeitsintensiv, ohne Schutzmaßnahmen durch Netze gegen die Kohlfliege droht ein Totalausfall der Ernte wegen Vermadung.
Obst & Gemüsehof Teltower Rübchen
Schenkendorfer Weg 1 A
14513 Teltow
Tel. (0 33 28) 47 48 43
info@teltower-ruebchen.com
www.teltower-ruebchen.com
Ronny Schäreke
Teltower Str. 18
14513 Teltow/ OT Ruhlsdorf
Tel. (01 74) 3 27 35 10
rs@teltower-ruebchenbauer.de
www.teltower-ruebchenbauer.de
Förderverein für das Teltower Rübchen e. V.
Schillerstraße 53
14513 Teltow
Tel. (01 73) 2 07 58 33
info@teltowerruebchen.de
www.teltowerruebchen.de
Neues aus der Dienstagsküche: Ronnys Teltower Rübchen glasiert
Teltower Rübchen trifft Bison - Hammers Landhotel
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Kleines Heideschaf aus dem Norden
Arche-Passagier seit 2020
Unterstützt von Slow Food Hamburg
Die Skudde ist die kleinste in Deutschland gezüchtete Schafrasse und hat ihre Ursprünge in Ostpreußen und im Baltikum. Ihr ‚Überleben‘ in Deutschland verdankt sie dem Direktor des Münchner Zoos, der in den 1940er Jahren zusammen mit seinen Kolleg*innen aus Leipzig und Berlin begann, sie vor dem Aussterben zu retten. Die robusten Tiere sind für die Schafzucht eine wichtige Genreserve und werden heute besonders in der Landschaftspflege eingesetzt. Fleisch und Wolle sind vielseitig verwendbar, werden aber fast ausschließlich in Direktvermarktung vertrieben. Für den Handel ist die Skudde aufgrund ihres verhältnismäßig kleinen Schlachtkörpers und der Billig-Preis-Konkurrenz aus Neuseeland uninteressant. Köch*innen der Chef Alliance und ihre Gäste hingegen hat sie überzeugt.
Die Skudde ist eine ursprüngliche, mischwollige Landschafrasse, die zu den kurzschwänzigen nordischen Heideschafen zählt. Es hat einen keilförmigem Kopf, der mit Stichelhaaren besetzt ist, die Stirn ist breit, der Nasenrücken schmal, die Ohren auffallend klein. Die Böcke besitzen eine Mähne und tragen ein schneckenförmiges Gehörn mit ausreichendem Abstand zum Kiefer, dessen Spitzen leicht nach außen gestellt sind. Die weiblichen Tiere sind entweder hornlos oder behornt oder haben abstoßbare Stummelhörner. Manche weiße Tiere haben kleine schwarze Pigmentflecken sowie fuchsige Verfärbungen an den Beinen und am Kopf. Der kurze dreieckig zulaufende Schwanz endet deutlich über dem Sprunggelenk und ist im oberen Drittel bewollt, in den unteren Dritteln mit Borstenhaaren besetzt. Das Vlies besteht aus der dreifaserigen Mischwolle einer C- bis D-Feinheit (30-36µ; auch gröber). Die Vliesfarbe ist schwarz, weiß, braun oder grau. Mutterschafe haben eine Widerristhöhe von 45 bis 60cm bei 30 bis 40kg Lebendgewicht; Böcke sind zwischen 50 bis 65cm hoch bei 40 bis 50kg. Die Brunst ist asaisonal, mit einem Zyklus von 21 Tagen; sie lammen – oft Zwillinge – eigenständig.
Heutiges Zuchtziel ist die Erhaltung der rassetypischen Merkmale als robustes Schaf, besonders geeignet zur Landschaftspflege an mageren Standorten. Denn Skudden beseitigen Verbuschung, verbeißen Holz und fressen Brennnesseln, Brombeeren und Ampfer. Auf Streuobstwiesen ist Vorsicht geboten: Auch hier sind Skudden fleißige Helfer, die Bäume aber sollten eingezäunt werden.
Die Skudde kann in Gruppen im Sommer wie im Winter im Freien gehalten werden, solange sie einen trockenen, windgeschützten Unterstand hat. Ihr Anspruch an Weidefläche mit ca. fünf bis sieben Tieren pro Hektar ist beträchtlich. Ein Hausgarten reicht da nicht aus. Sie benötigt im Vergleich zu Hochleistungsrassen sehr rohfaserreiches Futter, jedoch kein Kraftfutter.
Skudden sind ausgesprochene Herdentiere, scheu und flüchtig, wobei die Böcke durchaus wehrhaft sind. Aufgrund ihrer Robustheit benötigen sie bei regelmäßigem Weidewechsel kaum ein Medikament, regelmäßige Parasitenkontrolle mit entsprechend angepasster Therapie ausgenommen.
Skudden können bei artgerechter Haltung mit 12 bis 15 Jahren sehr alt werden.
Die Skudde gilt als gefährdet, Kategorie III gemäß der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und vom Aussterben bedrohter Haustierrassen (GEH). Der aktuelle Bestand ist tendenziell abnehmend, umfasst ca. 8.000 Tiere (davon 2018 im Herdbuch eingetragen: 2.658 Mutterschafe und 230 Böcke). Mit der Veränderung der Landwirtschaft seit den 1950er Jahren und dem Trend zu Hochleitungsrassen ist eine Vielzahl einheimischer Landschafrassen nur noch in Restbeständen vorhanden. Grund dafür ist ihre vermeintlich geringe Wirtschaftlichkeit aufgrund des geringeren Schlachtgewichtes bei vergleichsweise höheren Schlachtkosten und der Billig-Preis-Konkurrenz aus Neuseeland. Die zunehmende Ausbreitung von Wölfen stellen Erhaltungszüchter*innen vor weitere Herausforderungen: Einerseits, weil Verluste in einer eh schon sehr kleinen Population erheblich größere züchterische Lücken reißen; andererseits, da der Auf- und Abbau wolfsabweisender Zäune finanziell und organisatorisch anspruchsvoll sowie teils aus standortspezifischen Gründen nicht umsetzbar ist.
Die meisten Züchter*innen vermarkten Fleisch und Wolle ihrer Skudden selbst. Ihre Direktvermarktung ist entsprechend stark saisonal geprägt. Für den Vertrieb im Handel sind die bei dem kleinen Schlachtkörper unverhältnismäßig hohen Schlacht- und Fleischbeschaugebühren ein Hindernis. Dabei eignen sich zur Vermarktung sogar die älteren Tiere. Chef Alliance Köch*innen von Slow Food haben damit gute Erfahrung gemacht (>> hier)
Die spezielle Wolle der Skudden wird meist über Kunsthandwerker*innen und Handarbeitende in kleinen Chargen verarbeitet und/oder weitervermarktet.
Produzent*innen, die im Herdbuch züchten, können über den Zuchtverband erfragt werden.
Die Skudde ist seit der Besiedlung des Baltikums durch den Deutschen Orden (13. bis 14. Jahrhundert) bekannt. Sie gilt als die älteste und kleinste nordische Haustierschafrasse und hat sich vermutlich aus dem europäischen Mufflon entwickelt. Nachweislich war sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Baltikum und Ostpreußen beheimatet und dort bevorzugt in Gegenden mit armen Böden wie der Kurischen Nehrung oder Masurischen Seenplatte. Dort wurden diese anspruchslosen, unveredelten Landschafe oft von den „einfachen“ Leuten gehalten; laut der offiziellen preußischen Viehzählung von 1873 gab es auf dem Gebiet von Ostpreußen 77.000 Tiere (allerdings zusammen mit den Tieren der Rasse „Rauhwolliges Pommersches Landschaf“), 1936 nur noch 3.621 Tiere – eine Folge der intensiven landwirtschaftlichen Entwicklung schon in der damaligen Zeit. Im Ursprungsgebiet, das jetzt zu Polen und Russland gehört, gilt die Skudde als ausgestorben. Nur in Litauen soll es noch wenige Tiere vom Typ dieser Rasse geben. Die heutige Skuddenzucht geht im Wesentlichen auf die wenigen Tiere zurück, die 1941 vom Münchner Zoo vermutlich als Futter für die Raubtiere des Zoos gekauft worden waren. Der damalige Direktor soll so viel Gefallen an den Tieren gefunden haben, dass er sich zum Erhalt der Rasse entschloss und auch seine Leipziger und Berliner Kolleg*innen davon überzeugte. Die wenigen Tiere, die das Ende des Zweiten Weltkrieges in diesen Haustiergärten überlebt hatten, sind die Vorfahren aller heute lebenden Skudden.
Skudden werden heute in ganz Deutschland gehalten, Zuchtschwerpunkte sind Brandenburg, Berlin und Sachsen – Bundesländer, in denen die Haltung staatlich schon seit längerem gefördert wird. Skudden bilden für die Schafzucht eine wichtige Genreserve. Hobbyhaltung und Naturschutz sowie Landschaftspflege sind die häufigsten Gründe für die Haltung.
Skudden werden überwiegend ganzjährig im Freiland gehalten, häufig an Standorten, die sehr mager sind bzw. einen hohen Grad an Verbuschung aufweisen. Die Schafe kommen so gut wie immer ohne Gabe von Kraftfutter aus, denn zum Mästen eignen sie sich nicht. Diese Besonderheiten haben starken Einfluss auf Qualität und Geschmack ihres Fleisches: das Fleisch-Fett-Verhältnis von 14:1 ist außergewöhnlich – bei „normalen“ Lämmern von Fleischrassen liegt es bei 5:1.
Köch*innen der Chef Alliance von Slow Food haben im Herbst 2019 das Fleisch und die Innereien von 16 Skudden unterschiedlichen Alters verarbeitet und die Rückmeldung ihrer Gäste eingeholt. Die Konsistenz wurde als sehr feinfaserig und zart beschrieben – selbst das älterer Tiere. Es wurde dem Wildfleisch ähnlich als fest im Biss charakterisiert. Der Geschmack zeichnete sich aus durch Mineralität, zarten Wildgeschmack besonders bei geschmortem Fleisch, wie ganz zartes Lamm bei rosa gebratenem Fleisch, mild-nussig und dezenter als Lammfleisch der „Wirt
schaftsrassen“. Das Fleisch von Skudden jeden Alters ist gut und sehr vielfältig zu verarbeiten.
Was das Fleisch der Skudden besonders wertvoll macht, ist die außergewöhnlich günstige Verteilung des Fettsäuremusters: Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren stehen im Verhältnis von 1,4:1 (Brzostowski et.al.) – weit besser als es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit einem Verhältnis von 5:1 empfiehlt. Außergewöhnlich hoch ist zudem die Konzentration an spezifischen Linolsäuren (CLA).
Fleisch und Wolle der Skudden können sehr vielseitig genutzt werden: Neben dem frischen Fleisch sind geräucherter Schinken, Mettwurst, Sülze oder Bratwurst begehrte Produkte. Die Wolle eignet sich besonders gut zum Filzen und die teilweise imposanten Hörner erfreuen sich auf Mittelaltermärkten zunehmender Beliebtheit.
Schafhof Bernhard Habelt
97199 Erlach
Tel. (01 70) 9 34 26 45
www.mainskudden.de
Grün Berlin GmbH Herde I, Nora Herzlieb
Columbiadamm 10, Turm 7
12101 Berlin
Tel. (0 30) 70 09 06 - 1 80 |Mobil (01 73) 2 05 66 23
Grün Berlin GmbH Herde II, Josephine Neumann
Columbiadamm 10, Turm 7
12101 Berlin
Tel. (0 30) 70 09 06 - 8 46 | Mobil (01 52) 9 32 30 97
Marin Haesler
Bruchwitzstraße 4
12247 Berlin-Lankwitz
Tel. (0 30) 7 74 25 55 | Mobil (01 78) 5 90 75 07
Peter Strzelczyk
Alt-Moabit 89
10559 Berlin
Tel. (0 30) 27 86 22 2
Anja Brandenburg
Amselweg 10
14552 Michendorf OT Wilhelmshorst
Christian Kronmark
Dorfstraße 15
16928 Rosenwinkel
Tel. (03 39 84) 7 16 00 | Mobil (01 71) 8 10 67 36
Gut Schwaneberg, Dr. Christian Olearius
Dorfstraße 45
17291 Randowtal
Tel. (03 98 62) 22 26 | Mobil (01 72) 3 21 49 47
Helmut Biermann
Feldweg 2
14641 Berge
Tel. (0 33 21) 4 70 45
Landwirtschaftliches Unternehmen GbR Katja Kohlstock und Dr. Wolfram Korbien
Mahdel 9
04916 Herzberg
Tel. (0 35 35) 2 18 17, (01 71) 7 27 84 02
Naturpark Niederlausitzer Landrücken, Jana Zurackowski
Zaackower Weg 15
15926 Luckau
Tel. (0 35 44) 55 68 64
Penelope Baloi
Reesdorfer Dorfstraße 19
14547 Beelitz
Schäfermeister Knut Kucznik
Schäferweg 1
15345 Altlandsberg
Tel. (03 34 38) 6 43 65 | Mobil (01 60) 98 95 34 91
schaefer@kucznik.de
www.schaefer-altlandsberg.de
Skuddenhof Weseram, Katja und Christoph Behling
Hauptstraße 1
14778 Roskow-Weseram
Tel. (03 38 31) 40 61 95
www-skuddenhof-brandenburg.de
Arche Tier Nothilfe, Alexander Vay
Peeneweg 24-26
17168 Lelkendorf
Tel. (03 99 56) 29 59 30
mail@archetiernothilfe.de
www.archetiernothilfe.de
Michael Reddemann
Ziegelstraße 8
38350 Helmstedt
Tel. (0 53 51) 3 72 92
Sollingschaf
Sabine und Frank Zwolinski
Fliederstraße 8
37586 Dassel-Sievershausen
Tel. (01 60) 59 77 905
info@sollingschaf.de
www.sollingschaf.wordpress.com
Rüdiger Grossert c/o Schäferei Gutinga
Freienhägener Str. 3
37130 Gleichen-Ischenrode
Tel. (01 60) 96 63 51 08
schaeferei-gutinga@t-online.de
www.schaeferei-gutinga.de
Biologische Station Lippe, z. Hd. Stefanie Rzepka
Domäne 2
32816 Schieder-Schwalenberg
Tel. (0 52 82) 4 62
Christoph Münter
Finnebachstraße 16
32602 Vlotho
Tel. (0 52 28) 9 89 70 70
ChrisMuenter@t-online.de
NABU Kleve Herde I, Hubert Lemken
Tel. (0 28 25) 53 96 98
hubertlemken@t-online.de
NABU Kleve Herde II, Markus van Aken
Tel. (0 28 26) 81 93
info@geo3.de
Schäferei Humpert, Ortrun und Andreas Humpert
Löwendorf Haus Nr. 7
37696 Marienmünster
Tel. (0 52 77) 2 82
info@schaeferei-humpert.de
www.schaeferei-humpert.de
Skuddenhof Eifelhöhe, Dr. Dorothea Wolf
Hilterscheid Hauptstraße 15
53902 Bad Münstereifel
Tel. (0 22 57) 95 00 36
www.skudden-eifel.de
Toni Vollstedt
Julius-Bergfelder Weg 8
53819 Siegburg
haus-birkenbusch@t-online.de
Arche-Hof Bredland
Segeberger Straße 6
23813 Blunk
Tel. Inken Mohr (0 17) 24 75 11 78 und Hardy Marienfeld, (01 72) 9 90 50 73
www.arche-hof-bredland.de
Arche Warder
Landwedeler Weg 11
24646 Warder
Tel. Dr. Fröhlich (0 43 29) 9 13 40
www.arche-warder.de
info@arche-warder.de
Bio-Skuddenhof Moordiek
Heide Völtz und Norbert Westphal
Moordiek 11
25358 Horst
Tel. (0 41 26) 39 35 79
Mobil. (01 71) 5 56 72 70
info@skudden-moordiek.de
www.skudden-moordiek.de
Wolfgang Gresens
Fischergrube 28
23552 Lübeck
Tel. (04 51) 8 83 09 72
VDL Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände
Claire-Waldorf-Straße 7
10117 Berlin
Tel. (0 30) 31 90 45 40,
info@schafe-sind-toll.com
www.schafe-sind-toll.com
Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg
Neue Chaussee 6
14550 Groß Kreutz
Tel. (03 32 07) 5 41 68
info@szvbb.de
GEH Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen
Walburger Str.2
37213 Witzenhausen
info@g-e-h.de
Tel. (0 55 42) 18 64
www.g-e-h.de
Zuchtverband für Ostpreußische Skudden und Rauhwollige Pommersche Landschafe e.V.
Kalkstraße 17
53332 Bornheim
02222 63556
info@schafzuchtverband.de
www.schafzuchtverband.de
Landesverband Schleswig-Holsteiner Schaf- und Ziegenrassen
Steenbeker Weg 151
24106 Kiel
Tel. (04 31) 33 26 08
info@schafzucht-kiel.de
www.schafzucht-kiel.de
Sächsischer Schaf- und Ziegenverband
Ostende 5
04288 Leipzig
Tel. (03 42 97) 91 96 51
sszv_leipzig@sszv.de
Vollständige Quellenangaben zu zitierten und sinngemäß verwandten Quellen
Christoph Behling, SZV BB, Entwicklung der Skuddenzucht in Berlin und Brandenburg
Henryk Brzostowski et al., Schlachtwert und Fleischqualität von Lämmern der Schafrasse Skudden, Archiv Tierzucht 53 (2010) 5, 578588
Anja Marie Gold, Objektivierung der Asaisonalität bei Skudden sowie deren Herkunft und Abstammung, Diplomarbeit des Fachbereichs Landbau, Bingen, 1992
Nürnberg, Fischer et.al., Meat quality and fatty acid composition of lipids in muscle and fatty tissue of Skudde lambs fed gras versus concentrate, Small Ruminant Research 74 (2008) S. 279 - 283
Sambraus, Hans-Hinrich, Gefährdete Nutztierrassen, Zuchtgeschichte, Nutzung und Bewahrung, Verlag Eugen Ulmer, 3. Auflage 2010, S. 239 – 242
Knabe, Fischer, Leucht, Die Skudde – eine Rassestudie, Archiv Tierzucht 31, S. 83-90
Skudde: Chef Alliance widmetsich einer der ältestens Schafrassen Europas
>> Slow Food Magazin: Die kleine, fleißige Skudde
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Ein Schmuckapfel für den Weihnachtsbaum
Arche-Passagier seit 2014
Unterstützt von Slow Food Rhein-Mosel und Mosel-Hunsrück-Eifel
Der Birkenfelder Rotapfel, auch Rotäpfelchen genannt, ist vor allem im Landkreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz bekannt. Als eigenständige Regionalsorte wurde er erst vor wenigen Jahren vom Pomologen Richard Dahlem aus Trier bestätigt und beschrieben. Früher war das Birkenfelder Rotäpfelchen Bestandteil der Sortenvielfalt der heimischen Streuobstwiesen. Diese dienten hauptsächlich der Eigenversorgung, da der Hunsrück kein klassisches Obstanbaugebiet ist. Wegen ihrer guten Lagerfähigkeit wurden die Äpfel traditionell für Weihnachten aufbewahrt und auch als beliebte Weihnachtsdekoration und als Baumschmuck verwendet.
Der Baum des Birkenfelder Rotapfels ist vom Wuchs her etwas kleiner als andere alte Apfelsorten am Hochstamm. Die glänzend dunkelroten, manchmal fast schwarzen Äpfel werden Ende Oktober erntereif und zeichnen sich durch ihr leicht rot geädertes Fruchtfleisch und gute Lagerfähigkeit aus.
Die Apfelsorte galt als verloren, bis einige alte Bäume über Aufrufe in der Lokalzeitung gefunden und die Bestände über Veredelung vorerst gesichert wurden. Mit dem Baum wären auch beinahe die damit verbundenen kulinarischen Traditionen verloren gegangen, darunter die Herstellung von Apfelgelee aus Birkenfelder Rotäpfelchen. Inzwischen pflanzt man in der Region wieder die jungen Bäume dieser Sorte.
Aufgrund des geringen Restbestandes an Altbäumen und der erst vor einigen Jahren begonnenen Neupflanzung gibt es nicht viele vermarktungsfähige Rotäpfelchen. Über aktuelle Bezugsmöglichkeiten z.B. vom Rotapfelgelee informiert der Landschaftspflegeverband Birkenfeld.
Das traditionelle Anbaugebiet des Arche-Passagiers liegt im Hunsrück in Rheinland-Pfalz, vor allem in dem namengebenden Kreis Birkenfeld.
Der Birkenfelder Rotapfel hat einen feinsäuerlichen Geschmack. Den delikaten Geschmack und die leichte Rotfärbung kann man auch in den Rotapfelerzeugnissen wie dem klassischen Gelee feststellen.
Landschaftspflegeverband Birkenfeld
Andreas Schäfer
Spitzgarten 11
55758 Veitsrodt
Tel. (0 67 81) 3 66 65
Fax (0 67 81) 90 19 94
schaefer-veitsrodt@t-online.de
>>Neue Kandidaten auf der Arche des Geschmacks April
>>Regionale Gemeinschaft der Erzeuger von Birkenfelder Rotäpfeln
>>Slow Food Magazin: Birkenfelder Rotapfel
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Frühreife Rebsorte aus dem gemischten Satz
Arche-Passagier seit 2007
Unterstützt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe
Der Tauberschwarz ist eine autochthone Rebsorte aus dem Tauber- und Vorbachtal im Weinbaugebiet Tauberfranken. Sie wurde dort seit dem 16. Jahrhundert als Teil des Huntsch angebaut, eines Weins der als „gemischter Satz“ aus unterschiedlichen einfachen Weinen aus einem Weinberg angebaut und gekeltert wurde und nicht dem Zehnt unterlag.
Erstmals erwähnt wurde die Rebe als „Tauber schwarze Weinbergsfexer“ in einem Dekret des Hochstifts Würzburg aus dem Jahr 1726 während der Regentschaft des Grafen Carl-Ludwig von Hohenlohe zu Weikersheim. Erste Bezeichnungen als Tauberschwarz finden sich in den Jahren 1757 und 1768 in der Nürnberger Zeitschrift „Fränkische Sammlungen von Anmerkungen aus der Naturlehre“.
Die Rebe des Tauberschwarz hat eine grün-rötliche, kahle Triebspitze. Das Blatt ist mittelgroß. Die runde, mittelgroße, lockerbeerige Traube hat rundliche, dunkelblaue Beeren, die allerdings dünnhäutig sind und daher zum Aufplatzen und zur Fäulnis neigen. Im Anbau tendiert der Tauberschwarz zur starken Ausbildung von Geiztrieben. Zudem versucht sich die Rebe an allen sich bietenden Pfählen, Drähten und Gittern festzuklammern. Diese beiden Merkmale bedeuten für den Winzer einen erheblichen Mehraufwand in der Weinbergsarbeit, um beim Tauberschwarz gute Qualitäten zu erreichen.
Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts standen mit Tauberschwarz bepflanzte Rebflächen nur noch in den Weinlagen von Laudenbach (Vorbachtal) und Weikersheim (Taubertal). Durch Rebflurumlegungen in den 1950er-Jahren wurden die Rebstöcke in älteren Anlagen mit Mischsatz gerodet, so dass der Tauberschwarz fast komplett von den Rebflächen verschwand. Damit galt der Tauberschwarz 1959 sogar als ausgestorben, bis man in einem Weinberg in Ebertsbronn im Vorbachtal auf die letzten verbliebenen Rebstöcke stieß.
Durch züchterische Auslese fand eine Wiederbelebung durch die staatliche Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg mit ihrer Außenstelle in Lauda statt. Seit 1994 ist der Tauberschwarz in die Liste der zum Anbau zugelassenen Rebsorten aufgenommen. Heute sind im ganzen Taubertal wieder zwölf Hektar bestockt, eine verschwindend geringe Menge; allein das Weinbaugebiet Tauberfranken hat gegenwärtig eine Anbaufläche von insgesamt 1 400 Hektar.
Die Erwerbbarkeit, eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme des Passagiers in die Arche des Geschmacks, ist bei 12 Hektar Anbaufläche gewährleistet.
Nachweislich seit dem 16. Jahrhundert wird die Rebe im Taubertal und im vom mittleren Taubertal abzweigenden Vorbachtal angebaut. Der Name selbst ist erstmals urkundlich in einem Dekret des Hochstifts Würzburg vom 6. April 1726 erwähnt, das sich mit dem Anbau der verschiedenen Weinreben befasst. Sowohl die Geschichte der Rebe und ihre Jahrhunderte lange Bedeutung als Rotweinrebe für die Region als auch der sich auf die festumgrenzte Flusslandschaft der Tauber beziehende Name beweist, dass sie maßgeblich zur Identität der Region beiträgt. Auch die spezielle Anpassung der Rebe an ihren Standort durch Frosthärte zeigt, dass sie ein authentischer Teil der Region ist.
Heute wird aus dem Tauberschwarz ein sortenreiner Qualitätsrotwein gekeltert, ein leichter, unkomplizierter und fruchtiger Rotwein mit einzigartigen Zartbitter- und Weichseltönen im Geschmack.
Das ganze Potenzial des Tauberschwarz zeigt sich erst, wenn konsequente Ertragsbegrenzung im Weinberg betrieben wird und der Ausbau im Holzfass erfolgt. Die sonst eher blassen Weine zeigen sich dann dunkelrot im Glas.
Im Gegensatz zu den anderen heute ebenfalls in Franken angebauten roten Rebsorten Spätburgunder und Schwarzriesling, die schon frühzeitig vollreife Geschmacksnoten bieten, kann sich der Tauberschwarz erst nach zweijähriger Lagerung zu einem vollen Wein mit allen Nuancen seines einzigartigen, im Abgang leicht rauchigen Zartbittergeschmacks entwickeln.
Er kann dann zu einem wirklich großen, sehr markanten Wein werden. Seine Farbe geht in ein tiefes Rot über, die Aromen verstärken sich deutlich. Die Zartbittertöne treten zurück, das Aroma der Wildkirsche verstärkt sich deutlich, der Wein wirkt insgesamt harmonischer und eleganter.
Weingut Engelhardt
Kirchplatz 18
97285 Röttingen
info@weingut-engelhardt.de
Weingut Alois und Jürgen Hofmann
Strüther Str. 7
97285 Röttingen
weingut.a.hofmann@t-online.de
Weingut Hubert und Renate Benz
Im Walterstal 1
97922 Lauda-Königshofen
info@weingut-benz.de
Becksteiner Winzer eG
Weinstraße 30
97922 Lauda-Königshofen
m.spies@becksteiner-winzer.de
www.becksteiner-winzer.de
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Genügsames Landschaf aus dem Weser-Ems-Gebiet
Arche-Passagier seit 2007
Unterstützt von Slow Food Ostfriesland
Die Weiße Gehörnte Heidschnucke (WGH) ist ein genügsames, mischwolliges Landschaf und für die Beweidung von Heide- und Moorflächen besonders geeignet. Seinerzeit gab es im Weser-Ems-Gebiet noch ausgedehnte Heide- und Moorflächen. Die genügsamen Schnucken kamen mit den kargen Standorten zurecht. Die Rasse WGH hatte nie ein zusammenhängendes Zuchtgebiet. Die WGH wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als eigenständige Rasse züchterisch bearbeitet. Die verbliebenen kleinen Herden eingetragener Herdbuchtiere sind bis heute über das gesamte Weser-Ems-Gebiet verteilt. Ein Schwerpunkt war der Raum Cloppenburg. Aber auch in Ostfriesland hat es immer schon Weiße Gehörnte Heidschnucken gegeben. Derzeit existieren nur noch ein paar hundert Herdbuchtiere, von denen weit über die Hälfte im Weser-Ems-Gebiet in kleinen Beständen gezüchtet werden.
Die Böcke haben schneckenförmige Hörner, die weiblichen Tiere sichelförmige. Das Vlies ist weiß mit grobem Oberhaar und feinem, weichem Unterhaar. Kopf, Beine und der kurze Schwanz sind kurz behaart. Die schonend gegerbten Vliese sind langhaarig, sehr dekorativ und wärmen hervorragend. Die Erstzulassung der Jungschafe zum Deckbock erfolgt in der Regel mit 18 Monaten. Die Weiße Gehörnte Heidschnucke ist streng saisonal, das heißt, sie nimmt nur im Herbst auf. Nach fünf Monaten Tragzeit werden die Lämmer geboren. Sie trinken mindestens 100 Tage lang Muttermilch und die Lämmer wachsen sehr langsam bei Tageszunahmen von 100g bis 200g. Die Schafe sind fast ganzjährig draußen.
Der Rückgang der Heide- und Moorflächen zugunsten der konventionellen Landwirtschaft war verbunden mit dem fast völligen Verschwinden genügsamer Landschafe. Ökonomisch interessantere Fleischschafrassen, die viel schwerer sind, gemästet werden können, häufig asaisonal sind und ganzjährig Fleisch liefern, verdrängten die schmackhaften Schnucken. Wegen ihrer geringen Ausschlachtgewichte und ihrer strengen Saisonalität wurde die WGH für die konventionelle Schafhaltung uninteressant.
Weser-Ems-Gebiet in Niedersachsen.
Das Fleisch der Weißen Gehörnten Heidschnucke ist sehr zart, hat kurze Fasern und auf Grund der extensiven Haltungs- und Fütterungsbedingungen einen wildbretähnlichen Geschmack. Es ist geeignet für traditionelle Lammfleischgerichte, Salami und Schinken. Es kann auch kalt genossen werden, da das magere Fleisch der WGH nicht den für Schaffleisch charakteristischen Geschmack und Geruch hat. Unter Feinschmeckern gilt das Fleisch der WGH als Delikatesse. Es ist bedauerlich, dass ein großer Teil davon bisher in den allgemeinen Kanälen untergeht.
Die WGH stellt etwas höhere Ansprüche an die Futterqualität als die Graue Gehörnte Heidschnucke und hat auch tendenziell etwas höhere Ausschlachtgewichte. Durch die unterschiedliche Futtergrundlage (Sand-/Heide-Haltung, mooriges Gelände, landwirtschaftlich geprägtes Extensivgrünland zwischen Wallhecken mit Laubverfütterung) kann es zu einer unterschiedlichen geschmacklichen Ausprägung kommen.
Herdbuchzuchtbetriebe und Lammfleischproduzenten:
Biohof Beckers
Tiller Schnuckenschäferei
Tiller Weg 5
26409 Wittmund
Tel. (0 44 62) 94 24 86
Heidschnucken vom Ottermeer
Hinrich König
Pollerstr. 128 a
26639 Wiesmoor
Tel. (0 49 44) 18 74
Franz Rolfes
Bremersand
Overlaher Str. 56
26219 Bösel
Tel. (0 44 94) 3 09
Hof Glinmoor
Julianenebene 4
24806 Hohn
Tel. (0 43 35) 20 30 034
www.hof-glinmoor.de
Christoph Schuling
Essener Str. 15a
49456 Bakum
Tel. (0 44 46) 18 70
Werner Weddehage
Schafzucht
Peterstr. 4a
49681 Nikolausdorf
Tel. (0 44 74) 82 51
Sollingschaf
Sabine und Frank Zwolinski
Fliederstraße 8
37586 Dassel-Sievershausen
Tel. (01 60) 59 77 905
info@sollingschaf.de
www.sollingschaf.wordpress.com
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]]>Seltene und hochwertige Weizen-Dinkel-Kreuzung
Arche-Passagier seit 2013
Unterstützt von Slow Food Stuttgart
Beim Schwäbischen Dickkopf-Landweizen handelt es sich um eine dieser nun äußerst seltenen, hochwertigen Dickkopfweizen-Dinkel-Kreuzungen. Sein Genotyp entspricht den früheren regional verbreiteten anspruchsloseren Sorten, die Anfang des 20. Jahrhunderts im schwäbischen Raum angebaut wurden, oft lokal gezüchtet von der Saatzuchtanstalt Hohenheim. 2008 wurde er von Prof. Jan Sneyd (HfWU Nürtingen) als eine Handvoll Körner in einer Saatgutbank entdeckt und mit der Unterstützung des Bäckerhaus Veit (Bempflingen) über mehrere Jahre vermehrt. Die Ernte 2012 ergab etwa 4 Tonnen Körner. Die Vermehrungsflächen sind noch relativ klein (1,2 Hektar in 2012). Anbau, Verarbeitung und Backwarenherstellung erfolgt derzeit durch regionale Landwirte, Mühlen und Bäckereien.
Dinkel hat eine hervorragende Backfähigkeit, der kürzere Dickkopfweizen den besseren Ertrag. Der Schwäbische Dickkopf-Landweizen verbindet beides, und besitzt zudem einen hohen Proteingehalt und einen eigenständigen Geschmack. Durch seine dem Dinkel ähnlichen Wurzelsysteme ist er relativ anspruchslos, robust und sehr winterfest, und daher gut für ökologischen und integrierten Anbau auf verschiedenen Standorten geeignet, im Unterschied zu den Hochzuchtweizensorten, wo das genetisch vorhandene hohe Ertragspotential durch eine hohe Anbauintensität und intensiven Pflanzenschutz ausgeschöpft werden muss. Dickkopf-Landweizen drischt – anders als Dinkel – nacktkörnig; die spelzlosen Körner müssen in den Mühlen nicht mehr aufwändig gegerbt werden.
Die alten, regionaltypischen Dickkopfsorten sind seit 1950 praktisch ausgestorben. Im Unterschied zu den modernen Weizenhochzuchtsorten mit hohem Ertragspotential ist der Dickkopfweizen eine anspruchslosere, ertraglich aber höchstens mittelintensive Sorte. Der Schwäbische Dickkopf-Landweizen wurde 2011 in die „Rote Liste bedrohter einheimischer Nutzpflanzen“ aufgenommen.
Back- und Teigwaren bilden das Herz der schwäbischen Küche. Früher wurden sie aus Dinkel hergestellt, dem zählebigen „Schwabenkorn“, das auch auf schwierigen Böden gute Erträge brachte; heute gewöhnlich aus Weizen. Eine Besonderheit der Region waren Sorten, die durch die Kreuzung von Dickkopfweizen mit bewährten Dinkelsorten – besonders den lokalen winterharten Sorten mit hoher Kornqualität – entstanden sind. So blieben manche vorzügliche Dinkel-Eigenschaften im Weizen erhalten. Die zur Ernte goldgelben Dickkopfähren prägten von den 1880er Jahren für Jahrzehnte das schwäbische Landschaftsbild. Die Dickkopfsorten bilden eine Brücke zwischen der früheren Ära des Dinkelanbaus und den modernen Weizenhochzuchtsorten. Ihr Anbau ist aber unter heutigen Bedingungen kaum noch rentabel.
Der Anbau von Dinkel und Weizen, ihre Verarbeitung und Nutzung als Nahrungsmittel haben in der Region eine uralte Tradition. Typische regionale Produkte sind z.B. Seelen (knuspriges Weißbrot mit luftig-feuchter Krume), Reutlinger Kimmicher (Kümmelbrötchen), Ofenschlupfer (Brotauflauf mit Äpfeln), Pfitzauf (im Ofen gebackener Pfannkuchenteig), Striebele und Rosenküchle (in Fett ausgebackener Teig), Brot, Brezel, Musmehl, Brotsuppe, und Teigwaren wie Spätzle und Maultaschen. An Weihnachten wurde das übliche Brot mit Nüssen, Honig und Mohn angereichert und als Christbaumbrötle gebacken.
Der Schwäbische Dickkopf-Landweizen hat einen nussigen, frischen, dinkelähnlichen Geschmack, ist aber weißmehlig. Auch Verdaulichkeit und Verträglichkeit scheinen eher dinkelähnlich. Backwaren haben einen intensiven und angenehmen Geruch. Sie können sowohl nach üblichen Weizen- als auch Dinkelrezepturen hergestellt werden und treten am besten in einfachen, regionalen Rezepten auf. Der Dickkopf-Landweizen muss bei der Teigführung und Brotzubereitung anders behandelt werden als Reinweizen oder -dinkel. Die Produkte sollten auf jeden Fall – wie in früheren Zeiten – frisch und mit langer Teigführung zubereitet werden.
Bäckerhaus Veit GmbH
Weidachstraße 8
72658 Bempflingen
Tel.: (0 71 23) 93 99-0
E-Mail: info@baeckerhaus-veit.de
www.baeckerhaus-veit.de
Bäckerei Berger, Reutlingen
www.vollkornbaeckereiberger.de
Freilichtmuseum Beuren
www.freilichtmuseum-beuren.de
Saatgut & Pflanzen Klaus Lang, Wolfegg
Vielfalt auf dem Feld, Vielfalt im Ofen: Wie ein Unternehmen Arche-Passagiere wieder nutzt
>> Slow Food Magazin: Getreidesorten Passagiere
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Bannerbild: © Jan Sneyd , weitere Bilder: © Jan Sneyd (1), Dr. Michael Immendörfer (1)
Ein Herzstück lokaler Identität
Arche-Passagier seit 2020
Unterstützt von Slow Food Hohenlohe-Tauber-Main-Franken
Die Bamberger Birnförmige ist eine kleine bis mittelgroße, feste, milde Speisezwiebel. Sie hat eine bräunliche bis leicht rötliche Schalenfarbe und weißliches bis schwach grünliches Fleisch. Im Gegensatz zur groben und dicken Schale ist ihr Fleisch weich, hat eine feine und enge Aderung und lässt sich leicht in Ringe ziehen. Ihre Vorzüge vor anderen Zwiebeln sind vielfältig: Mit ihrem leicht süßlichen Geschmack lassen sich alle Speisen, besonders Rohkost, fein würzen. Dank ihrer schönen Ringbildung eignet sie sich zum Garnieren von Gerichten. Wegen ihrer langen Spindelform bleibt sie auf dem Schneidbrett gut liegen und ist damit selbst für ungeübte Zwiebelschneider*innen leicht handhabbar.
Die Zwiebel wurde in ihrem Bamberger Ursprungsgebiet „längliche", „lange" oder einfach „Bamberger" Zwiebel genannt. Die Bezeichnung „Bamberger Birnförmige Zwiebel" war zwar bekannt, setzte sich aber erst im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des vom städtischen ‚Zentrum Welterbe Bamberg‘ betreuten Projekts „Urbaner Gartenbau Bamberg" von 2009 bis 2013 durch. Ursprünglich stammt der Titel „Bamberger Birnförmige Zwiebel" aus der von Euroterroir in Paris initiierten Sammlung traditioneller regionaler Lebensmittel und Agrarerzeugnisse, deren deutscher Teil unter dem Titel „Deutschlands kulinarisches Erbe" 1998 als Buch erschien.
Darin wird die birnförmige Zwiebel als eine „uralte Sorte" bezeichnet, die im Bamberger Gebiet Tradition hat. In Wahrheit ist über die hier früher angebauten Zwiebelsorten wenig bekannt. Die Abbildung einer länglichen Zwiebel auf einer Zunftflasche der Gärtnerzunft aus dem Jahr 1704 lässt jedoch vermuten, dass man diese Zwiebelform schon damals für das Übliche und Normale hielt. Sortenangaben aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert führen längliche Zwiebeln neben anderen an prominenter Stelle gesondert auf. Da aber sortenreiner Anbau bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts nicht üblich war, dürfen daraus keine Schlüsse auf eine eigene Bamberger Sorte gezogen werden.
Recherchen des „Urbanen Gartenbaus Bamberg" ergaben, dass die Urformen dieser Zwiebel wohl in vielen Haussorten von Gärtner*innen und Landwirt*innen des Bamberger Raumes (Bamberg, Hallstadt, Dörfleins) zu finden sind. Sie unterscheiden sich in Form, Farbe und Geschmack voneinander. Dem Samenzüchter Hans Hoffmann aus dem nahe gelegenen Forchheim ist die Entstehung einer weitgehend einheitlichen Sorte zu verdanken. Er begann ab 1937 mit einer Auslesezüchtung aus diesen Haussorten. Er konnte die besonderen Qualitäten des weichen Fleisches und des milden Geschmacks erhalten und den Nachteil der „Zweitriebigkeit" (zwei Zwiebeln in einer Schale) stark reduzieren.
Der Nachweis einer eigenen Sorte findet sich in dem Sortenbuch „Gemüsesorten. Beschreibung und wirtschaftliche Bedeutung, I. Teil: Bohnen, Erbsen, Gurken, Tomaten, Zwiebeln, Porree", welches 1955 im landwirtschaftlichen Fachverlag von Paul Parey in Berlin und Hamburg erschien. Darin wird unter insgesamt 13 Zwiebelsorten eine „Birnförmige Zwiebel" mit dem Anbaugebiet um Bamberg beschrieben, die mit der später so genannten „Bamberger Birnförmigen" vollständig übereinstimmt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit lag die von Hoffmann selektierte Zwiebel dieser Beschreibung zugrunde.
Der Saatzüchter Hoffmann gab seine Selektion an die weltweit agierende Saatzuchtfirma „Enza Zaden" in Enkhuisen in den Niederlanden weiter, welche als Erhaltungszüchter für diese Zwiebelsorte beim Bundessortenamt in Hannover eingetragen ist. Aus dem Saatgut von Enza stellen andere holländische Erzeuger*innen die Steckzwiebeln her, die auch auf dem deutschen Markt vertrieben werden. Der Bamberger Erwerbsgartenbau hat jahrzehntelang mit der Bamberger Birnenförmigen als Steckzwiebel aus Enza-Saatgut gearbeitet, nachdem die eigene, vor allem in Hallstadt heimische kleinbetriebliche Steckzwiebelproduktion unrentabel geworden war.
Mit den Ergebnissen der Züchtungsarbeit von Enza war die Firma Hoffmann so unzufrieden, dass sie selbst bis heute weiter Erhaltungszüchtung in einem allerdings sehr geringen Umfang betreibt, um den originalen Typus der „Bamberger Birnförmige Zwiebel“ im Ursprungsgebiet zu sichern. Das Projekt „Urbaner Gartenbau Bamberg" hat bei seinen Nachforschungen nach alten Bamberger Gemüsesorten im Jahre 2012 Samen der letzten noch erhaltenen Haussorte der Bamberger Birnenförmigen aufgetan; sie stammten aus dem damals bereits aufgegebenen landwirtschaftlichen Betrieb Meier in Dörfleins. Sie wird nun im „Bamberger Sortengarten" des Vereins „Grünes Erbe Bamberg" gepflegt.
Aus der Entwicklungsgeschichte dieser Zwiebelsorte erklärt sich die Eigentümlichkeit, dass heute drei leicht unterschiedliche, aber nachweislich originale Herkünfte der Bamberger Birnförmigen bekannt sind: von Enza in den Niederlanden und den Gärtnereien Hoffmann und Meier aus dem Bamberger Umland.
Die Bamberger Gärtner*innen haben beim Anbau ihrer alten Sorte inzwischen von der Steckzwiebel- auf die Saatkultur umgestellt. Entweder, weil sie das Saatgut selber nachziehen können, ohne sich die Mühe der Steckzwiebelproduktion machen zu müssen, oder, weil sie lieber auf das Saatgut vom Pflanzenzüchter Hoffmann und aus dem „Bamberger Sortengarten" zurückgreifen als auf die Steckzwiebeln von Enza Zaden in Holland.
Gesäte Zwiebeln erreichen schon im gleichen Jahr eine ausreichende Größe, um sie als Küchenzwiebeln zu ernten, bleiben aber im Vergleich mit gesteckten Zwiebeln der gleichen Sorte kleiner. Sie benötigen bis zur Erntereife eine Kulturdauer von ca. 5 Monaten, während Steckzwiebeln nur ca. 4 Monate brauchen. Säen kann man ab Ende Februar, stecken oder pflanzen ab Ende März. Da wir, bedingt durch den Klimawandel, eine fast drei Monate längere Wachstumsperiode haben als vor ca. 30 Jahren, ist die Saatzwiebelkultur inzwischen ganz unproblematisch; vorausgesetzt, dass Boden- und Klimaverhältnisse so günstig wie in Bamberg sind und die Sorte sich für Saatkultur eignet.
Die Saatkultur hat den Nachteil, dass die Zwiebelpflanzen keinen Wachstumsvorsprung gegenüber den Beikräutern haben. Das „Unkrautjäten" stellt daher eine beachtliche Herausforderung dar, wenn man keine Agrarchemie einsetzen will. Der einzige Bamberger Bio-Gärtner baut die heimische Sorte aus diesem Grund nicht an. Abhilfe kann die sogenannte Jungpflanzenkultur schaffen, bei der kompakt zu jeweils 20 Stück je Topf gesäte Jungpflanzen von spezialisierten Betrieben angekauft werden. Einige Bamberger Gärtner*innen bemühen sich zur Zeit, auch von der Bamberger Birnförmigen solche Jungpflanzen herstellen zu lassen. Ob es gelingt, den an sich willigen Produzent*innen eine ausreichende Abnahmemenge zu garantieren, wird die Zukunft zeigen.
Für die Privatgärtner*innen, die mit der Direktsaat im Freiland wenig Erfolg haben, gibt es natürlich auch die Option, Jungpflanzen im Gewächshaus vorzuziehen. Dann dürfte dem Ernteglück noch im gleichen Jahr nichts mehr im Wege stehen.
In den rund 80 Jahren, in denen die Birnförmige als Handelssorte existiert, ist ihr gewerblicher Anbau im Ursprungsgebiet stark zurückgegangen. Hauptursache ist der Niedergang der traditionsreichen „Bamberger Gärtnerey". Von ca. 400 Betrieben Mitte des 19. Jahrhunderts waren im Jahr 1950 noch 329 übrig, 1980 noch 120 und um 2000 ca. 15; im Jahr 2020 sind es noch acht. Auch der seit den 1970er Jahren verstärkte wirtschaftliche Zwang, ertragreichere neue Zuchtsorten anzubauen, ließ die Birnförmige ins Hintertreffen geraten. Zu ihrer Anbaufläche in Bamberg liegen ältere Zahlen nicht vor. Erhebungen zeigen für die letzten zehn Jahre einen Rückgang von 1,3 auf 0,8 Hektar. Zum Vergleich: Die Anbaufläche aller Zwiebelsorten betrug in Deutschland 2019 rund 8.000 Hektar.
Der Rückzug der Birnförmigen aus den Privatgärten lässt sich indirekt an der Menge der verkauften Steckzwiebeln der Sorte ablesen. Nach Schätzungen des Samenhandels wurden um 2000 ca. 15 Tonnen in das deutsche Hauptabsatzgebiet im nordbayerischen Raum geliefert; im Jahr 2019 waren es nur noch vier Tonnen. Die Tendenz wird als weiter abnehmend eingestuft. Zum bedeutendsten Absatzgebiet haben sich seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs" die osteuropäischen Staaten entwickelt. Dort trägt die Birnförmige aber nicht ihren deutschen Sortennamen.
Für Erzeuger*innen im Erwerbsgartenbau ist die Birnförmige wegen ihres vergleichsweise geringen Ertrages längst zum Nischenprodukt geworden. Der notwendig höhere Preis lässt sich nur in der Direktvermarktung erzielen, die auf einen stetig kleiner werdenden Kreis von Kenner*innen und Liebhaber*innen angewiesen ist.
Die Verbraucher*innen schätzen die Vorzüge der Birnförmigen immer weniger. Ist eine Zwiebel mit geringer Schärfe gefragt, greifen auch die Bamberger inzwischen zur Schalotte.
Ein weiterer Gefährdungsgrund liegt in der Abhängigkeit der Erhaltungszüchtung von einem einzigen Großbetrieb. Solche Firmen geben eine Sorte schnell auf, wenn sie nicht mehr genügend Gewinn abwirft. Gegenwärtig verhindert das noch die Nachfrage aus Osteuropa. Die Erzeugung von Saatgut durch engagierte Sortenerhalter*innen wird eher hobbymäßig betrieben und ist entsprechend unsicher.
Steckzwiebeln von der Bamberger Birnförmigen sind im Samenhandel ohne Schwierigkeiten zu beziehen. Sie werden von spezialisierten holländischen Firmen aus dem Saatgut von „Enza Zaden" hergestellt.
Saatgut ist zu beziehen von der „Samenzucht Hans Hoffmann oHG" in Forchheim und vom „Bamberger Sortengarten" des Vereins „Grünes Erbe Bamberg" im Museumsshop des Gärtnermuseums Bamberg oder auf Saatgutfestivals und Samentauschbörsen der Region, auf denen der Sortengarten vertreten ist.
Der „Buchenwall-Hof" in Ostfriesland bietet in seinem Internet-Shop Saatgut aus eigener Vermehrung an. Das Ausgangsmaterial wurde nach eigenen Angaben auf Samentauschbörsen erworben und ist nicht mehr weiter zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen.
Im Internet-Shop der Dreschflegel-Höfe wurde bis zum Jahr 2000 Saatgut der Birnförmigen aus dem Hof von Ludwig Watschong in Nordhessen angeboten. Nach dem Tod des Besitzers 2019 ist unklar, ob das Angebot in Zukunft aufrechterhalten werden kann. Dass es sich um die originale Bamberger Birnförmige handelt, ist kaum anzuzweifeln, denn Ludwig Watschong gehörte zu den profiliertesten und versiertesten Sammlern und Erhaltern alter Gemüsesorten in Deutschland und war lange Jahre Vorsitzender des „Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V" (VEN).
Speisezwiebeln können auf dem Bamberger Wochenmarkt und gelegentlich auch auf anderen Wochenmärkten der Region von Markthändlern erworben werden, außerdem beim Erzeugermarktstand der Gärtnerei Eichfelder in Bamberg Mittwoch und Samstag vormittags.
Der Zwiebelanbau im Bamberger Raum hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seine frühere herausragende Stellung vollständig verloren. In erster Linie der Zwiebel, in zweiter Linie auch dem Süßholz verdankte die traditionelle „Bamberger Gärtnerey" seit ihren Anfängen im 14. Jahrhundert ihre beachtliche wirtschaftliche Entwicklung. Im Export von Gemüsesamen weit über die Stadtgrenzen hinaus nach Sachsen und Brandenburg, nach Holland und England, nach Österreich und Ungarn waren Zwiebelsamen das Leitprodukt und stellten den Hauptanteil der Menge. Mit der Zwiebelsamenkonjunktur des 17. Jahrhunderts hängt die Einrichtung des „Samenschauamtes", einer städtischen Behörde zur Qualitätsprüfung im Jahr 1611, und die Gründung der Gärtnerzunft 1693 eng zusammen. Auch im Verkauf verzehrfertigen Gemüses in der Stadt und ihrem Umland spielte die Zwiebel neben Kohl- und Wurzelgemüsen eine zentrale Rolle.
Die große Bedeutung der Zwiebel hat sich in dem bis heute gebräuchlichen spöttischen Spitznamen „Bamberger Zwiebeltreter" für die gesamte Stadtbevölkerung niedergeschlagen. Bei der Produktion von Speisezwiebeln wurden nämlich die Zwiebelschlotten umgetreten, damit die Pflanze nicht blühte, sondern eine möglichst große Zwiebel ausbildete. Es muss ein einprägsames Bild gewesen sein, wenn Ende Juli um den Margarethentag zahlreiche Mitglieder der Gärtnerfamilien mit Brettchen unter den Schuhen gravitätisch über die Zwiebelfelder stolzierten wie der sprichwörtliche „Storch im Salat".
Entsprechend ihrer historischen Vorrangstellung hat die Zwiebel großen Anteil an der starken identitätsstiftenden Wirkung der Bamberger Gartenbautradition. Das weitgehend erhaltene Gärtnerviertel bedeckte früher ein Drittel der Stadtfläche und bildet heute ein Drittel des „Weltkulturerbes Altstadt Bamberg". Die einzigartige ackerbürgerliche Sonderkultur mit ihrem spezifischen Lebens-, Arbeits- und Glaubensmilieu, besonderem Dialekt und besonderem Gebäudetyp prägt die städtebauliche Struktur und das kulturelle Bewusstsein bis heute. Fragt man Bamberger*innen, welche Aspekte sie ganz zentral mit ihrer Stadt in Zusammenhang bringen, nennen sie nach dem Dom und dem Bamberger Reiter auch gleich die hiesige Gärtnerkultur.
Die „Bamberger Zwiebel" lieh ihren guten Namen nicht nur dem Kulturmagazin der Stadt und ihres Umlandes, das bis vor wenigen Jahren unter dem Titel „Die Zwiebel. Magazin für das lebenswerte Bamberg" erschien. Sie musste ihn auch hergeben für ein Tellergericht aus einer mit Hackfleisch gefüllten großen runden Gemüsezwiebel in Rauchbiersauce zu Kartoffelpüree. Es ging in den 1960er Jahren als Sieger aus einem Kochwettbewerb hervor, der die ortstypischen Gemüse mit der ortstypischen Spezialität Rauchbier (Arche-Passagier seit 2017) verbinden sollte.
In der traditionellen Küche des Bamberger Raumes hat die Birnförmige einen unangefochtenen Ehrenplatz. Mit rohen Zwiebelringen dieser Sorte wird das nur noch selten zubereitete „Zwiebelbrot" belegt, eine dick mit Butter bestrichene Scheibe vom „Frankenlaib", dem großen runden Sauerteigbrot. Die Birnförmige adelt auch den Fränkischen Zwiebelkuchen: In Schweineschmalz gedünstete Zwiebelringe werden mit etwas saurer Sahne und ganz wenig Räucherspeckwürfeln auf dünnen Sauerbrotteig gelegt und idealerweise in der Nachhitze des Holzofens, nachdem die Brotlaibe herausgenommen sind, knusprig gebacken. Schließlich entscheidet eine große Menge Zwiebelringe der Birnförmigen über die besondere Qualität des Wein- oder Essigsudes, in dem Fränkische Bratwürste gar ziehen müssen, um zusammen mit dem Sud und den Zwiebeln als „Blaue Zipfel" serviert zu werden.
Charakteristisch für die Birnförmige ist der milde und feine Geschmack. Über den Grad der Milde gehen die Meinungen von sehr mild, fast süßlich bis nicht übermäßig mild, aber angenehm scharf recht weit auseinander. Hier spiegeln sich die Uneinheitlichkeit der alten Sorte und die Unterschiede im Anbau. Die Schärfe ist spürbar geringer als die anderer gelber Zwiebeln, reicht aber an die Milde der Schalotte bei weitem nicht heran. Einigkeit besteht über den ungewöhnlich exquisiten Zwiebelgeschmack. Diese Besonderheit der Birnförmigen verleiht Speisen, die mit ihr gewürzt werden, eine kraftvolle Feinheit und sanft wärmende Leichtigkeit, die leichter zu schmecken als zu beschreiben ist.
Wichtige geschmacksbildende Faktoren sind das Angebot des Bodens an Mineralstoffen und die Wassergaben während der Wachstumszeit.
Die Bamberger Birnförmige unterscheidet sich im Anbau prinzipiell nicht von anderen Zwiebelsorten. Soll sie jedoch ihre Vorzüge voll entfalten, sind Erfahrungswissen und Sorgfalt gefordert.
Die Gärtner*innen müssen wissen, auf welchen Teilflächen ihres Gartenlandes das Mineralienangebot im Boden optimal ist – es kann sich schon auf Distanzen von wenigen Metern ändern. Sie müssen diese Fläche dann in ihrer Anbauplanung für die Birnförmige freihalten.
Die Schärfe der Zwiebel lässt sich in einem gewissen Umfang durch die Regulierung der Wasserzufuhr steuern. Viel, aber nicht zu viel gießen bewirkt weniger, wenig, aber nicht zu wenig gießen bewirkt mehr Schärfe. Heikel ist die Sache, weil der nicht beeinflussbare Regen einkalkuliert werden muss.
Hofläden
Bittel, Robert
Jäckstraße 36
96052 Bamberg
Tel. (01 60) 8 44 75 93
ostermann1963@web.de
Burgis, Christian
Memmelsdorfer Straße 48
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 39 20
christianbu@web.de
Eichfelder, Hans-Jürgen
Gundelsheimer Straße 76
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 2 20 82
www.gärtnerei.eichfelder.de
Emmerling, Wolfgang
Hallstadter Straße 25
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 2 32 68
emmerling-wolfgang@web.de
Groh, Erhard und Adelgunde
Mainstraße 13
96103 Hallstadt
Tel. (09 51) 7 11 43
Neubauer, Heinrich
Heiliggrabstraße 32
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 61 12
gaertnerei.neubauer@arcor.de
Einzelhandel
Wunderburger Obst- und Gemüselädla
Holzgartenstraße 29
96050 Bamberg
Tel. (09 51) 2 86 84
>>Rezept für gefüllte Bamberger Zwiebeln
>>Mehr kulinarisches Erbe in Franken
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Bilder: © Georg Lang
Süße Schoten aus Koblenz-Kesselheim
Arche-Passagier seit 2013
Unterstützt von Slow Food Rhein-Mosel
Die Kesselheimer Zuckererbse, auch Kesselheimer Zucker genannt, ist die bisher einzige belegbare Sorte dieses Gemüses aus dem Koblenzer Raum. An das lokale Klima und die Böden angepasst, wurde sie früher in großen Mengen als Frischgemüse für den lokalen Markt produziert. Da die Stadt bereits vor den Preußen eine stetig wachsende Garnisonsstadt war, wurden die dortigen Märkte von den breiten Bürgerschichten rege besucht. Ein Absatz der frischen Schoten war damit gesichert. In den Koblenzer Stadtteilen und auf der Rheininsel Niederwerth hat sich der Gemüseanbau bis heute gehalten. Auf den Markt kommen die Zuckerschoten im Frühsommer, zeitgleich mit Spargel, zarten Möhrchen und Frühlingszwiebeln. Ihre Saison ist im Gegensatz zu anderen Gemüsen relativ kurz: Sie sind nur vier bis sechs Wochen zu haben.
Die Schoten der Kesselheimer Zucker sind knackig, fast fadenlos, und süß. Sie verfärben sich beim Blanchieren nur wenig und bleiben bissfest. Ebenso lassen sie sich gut einfrieren, ohne ihre Konsistenz und Farbe zu verlieren. Zur Anlage einer Erbsenbeete eignet sich ein eher humoser, dunkler Boden. Die Pflanze benötigt aber über die gesamte Kulturdauer relativ viel Wasser.
Obwohl sich die Sorte immer noch starker lokaler Beliebtheit erfreut, wird sie wegen des hohen Arbeitsaufwandes wie viele andere Gemüsearten in Gärtnereien nicht mehr angebaut. Sie vor allem in Privatgärten älterer Koblenzer angebaut. Ihre Zukunft ist durch diese Umstände fraglich. Sie wird in der Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen aufgeführt.
Samen der Kesselheimer Zuckererbse sind über die Leitung des Conviviums Rhein-Mosel erhältlich. Die Vermarktung von Frischgemüse über regionale Gärtnereien ist in Vorbereitung.
Die Sorte wird traditionell im Koblenzer Raum in Rheinland-Pfalz angebaut, vor allem im Koblenzer Ortsteil Kesselheim und auf der Insel Niederwerth.
Ihr typischer Erbsengeschmack ist ausgeprägter als bei den meisten modernen Sorten.
Die traditionelle Anzucht der Kesselheimer Zucker ist relativ aufwendig gestaltet. Getrocknete Erbsen aus dem Samenbestand wurden Mitte Februar vorgequollen. Anhand des Quellverhaltens wurde die Keimfähigkeit überprüft bzw. die gleichmäßige Keimung sichergestellt. Die angekeimten Samen wurden dann in Holzkisten, die mit Erde gefüllt waren, flach eingestreut und anschließend wieder mit 8cm Erde übererdet/aufgefüllt. Die gefüllten Kisten wurden in den Stall gebracht, wo die Körperwärme der Tiere eine gleichmäßige Keimtemperatur sicherstellten. Sobald die Witterung es zuließ wurden die 8-10cm hohen Jungpflanzen, die bereits Rankenansätze ausgebildet hatten, zum Abhärten rausgestellt.
Zur Kultur der Kesselheimer Zucker wurden Maschendrahtreihen in einer Höhe von 1,25 – 1,50 aufgesetzt, wobei die Reihen selber einen Abstand von 30 - 50cm hatten. Zur Anlage der Erbsenbeete wurde ein eher humoser, dunkler Boden bevorzugt. Startdünger wurde keiner gegeben.
Wenn die Witterung es zuließ, wurden die Erbsen umgehend ins Freiland gepflanzt. Hierbei wurden immer 3 Jungpflanzen zusammen als Tuff im Abstand von 25cm auf beiden Seiten des Maschendrahtes versetzt gepflanzt. Dies stellte die optimale Ausnutzung des Platzes im Beet dar.
Sie benötigen über die gesamte Kulturdauer relativ viel Wasser, daher waren Lagen in der Nähe der Wassertanks und – Hähne bevorzugt.
Samen und weiterführende Informationen gibt es bei der Convivienleitung rhein-mosel@slowfood.de.
Hülenfrüchte: Europas kulinarische Schätze
Aktionstag Andernach: Kesselheimer Zuckererbse
Arche des Geschmacks: Aktionstag Kesselheimer Zuckererbse
>>Slow Food Magazin: Kesselheimer Zuckererbse
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Sauerbier mit Salz und Koriander
Arche Passagier seit 2023
Unterstützt von Slow Food Südwest-Sachsen und Leipzig-Halle
Die Gose stellt einen eigenen, sehr alten Biertyp dar. Sie weist sowohl gewisse Ähnlichkeiten zur Berliner Weiße bzw. zum Lichtenhainer Bier auf und gehört mit diesen und weiteren belgischen Bierstilen wie Lambics, Faro, Kriek und Geuze zur Gruppe der europäischen Sauerbiere. Eine Gose wird als besonderes Bier auch heute noch mit Koriander und Salz hergestellt, weshalb sie nicht dem deutschen Reinheitsgebot entspricht. Diese besonderen Zutaten und die zusätzliche Milchsäuregärung verleihen ihr die ganz spezielle Eigenart.
Die Gose ist ein obergäriges, säuerliches und leicht salzig schmeckendes Spezialbier. Ihr Name leitet sich von ihrem Ursprungsort, der alten Kaiserstadt Goslar im Harz ab, durch die das Flüsschen Gose fließt. Die legendäre Ersterwähnung erfolgte durch Kaiser Otto III. (Regierungszeit 996-1002), die älteste erhaltene Urkunde stammt von 1239 (Privileg des Goseverkaufs für die Stadt Osterode). Die Gose ist damit wohl der älteste erhaltene deutsche Bierstil.
Im Mittelalter verbreitete sich das „Goslarisch Bier“, kurz die „Gose“ genannt, aufgrund seiner Beliebtheit im ganzen Harzgebiet, dann weiter über ganz Nord- und Ostdeutschland bis nach Hamburg, Anhalt und Sachsen, um später in der Gegend um Dessau und Halle erneut sesshaft zu werden. Seit 1738 hat sie – dank der legendären Empfehlung des "Alten Dessauers" (Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau, 1676 - 1747), der dieses Bier unterwegs kennengelernt hatte – vor allem in Leipzig ihre neue Heimat gefunden. Währenddessen beschloss der Stadtrat von Goslar 1826 die Gose-Herstellung einzustellen, da das neue untergärige Bier aus Pilsen das alte obergärige Bier verdrängte und der Verkauf zurückging. 1935 gab es den Versuch der Wiederbelebung, der allerdings erfolglos blieb. Erst 1993 versuchte es ein pensionierter Braumeister erneut damit und konnte das Projekt dann auch in jüngere Hände übergeben.
Noch heute existiert in Goslar eine kleine Gosebrauerei, deren Bier allerdings heute nicht mehr sauer ist. In Leipzig war die Gose um 1900 das meist getrunkene Bier; dort gab es allein um die achtzig Ausschankstellen, so dass man bald von der "Gosenstadt" sprach. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts versuchten sich in Mitteldeutschland einige Brauereien mit der Herstellung von Gose – mit mehr oder weniger Erfolg. Durch die Enteignung und Schließung der alten Gosebrauereien nach dem Krieg – vor allem der bedeutendsten Braustätte in Döllnitz, kam aber auch hier das Aus. Von 1949 bis 1966 braute einzig die kleine Leipziger Brauerei Wurzler noch Gose nach der alten Döllnitzer Rezeptur, bevor das Ende kam. Erst 1986 setzte dank der Bemühungen um die Wiedereröffnung der alten Gosenschenke „Ohne Bedenken“ wieder Interesse an dem ausgestorbenen Bierstil ein. Von 1990 bis 1995 wurde erstmals wieder Gose in Dahlen gebraut und in Leipzig ausgeschenkt. 1999 erfolgte die bis heute erfolgreiche Wiederbelebung der alten Döllnitzer Tradition der „Ritterguts Gose“.
Die Gose war in der Vergangenheit bereits mehrfach vom Aussterben bedroht. Der breite Rückzug setzte mit dem Erfolg untergäriger Lagerbiere nach der Entdeckung von Reinzuchthefen durch Emil Christian Hansen 1883 ein. So gab bereits Max Delbrück (1910) „Leipzig, Halle und Umgegend“ als letztes Verbreitungsgebiet an. An ihrem Ursprungsort Goslar gab es, wohl auch bedingt durch den Niedergang des Harzer Bergbaus, von 1826 bis 1993 keine Gose; in Leipzig war sie von 1966 bis 1990 verschwunden; in Dessau ist sie bis heute ausgestorben. Dieses besondere Bier wird heute nur von sehr wenigen Brauereien hergestellt und unterliegt daher einer latenten Gefährdung. Von größeren Brauereien wird sie auch mit Verweis auf das Reinheitsgebot ignoriert und von aufstrebenden deutschen Craftbeer-Brauereien wegen möglicher Infektion der anderen Bierarten mit Milchsäurebakterien zurückhaltend betrachtet. Im Zuge der Craftbeer-Bewegung wird Gose nicht nur ins Ausland exportiert, sondern insbesondere in den USA von Brauereien dort auch in zahlreichen Varianten hergestellt, die die traditionellen Herstellungsmethoden mehr oder weniger erfolgreich nachahmen.
Zurzeit ist die Gose in Mitteldeutschland und vor allem in Leipzig und in Halle zum Teil in gut sortierten Getränkehandelsunternehmen verfügbar, da neben der Ritterguts Gose inzwischen auch einige Gasthausbrauereien das Thema aufgegriffen haben. Größere Getränkevertriebsnetzwerke und Supermärkte lehnen Sauerbiere meist mit dem Hinweis auf die Gewohnheiten der Konsument*innen ab. Darüber hinaus bieten inzwischen Mitglieder der Craftbeer-Bewegung verschiedene Gosen als temporäre Spezialitätenbiere an und vermarkten sie selbst.
Die Gose stammt ursprünglich aus Goslar, wo sie bereits im 10. Jahrhundert erwähnt wurde. Sie ist damit einer der ältesten deutschen Bierstile überhaupt. Seit 1738 hatte die Gose in Leipzig ihre neue Heimat gefunden, wo sie um 1900 das meistgetrunkene Bier war („Gosenstadt“). Gebraut wurde Gose auch damals vor allem im weiteren Umland der Stadt. Hopfen, Malz, Koriander, Salz und Milchsäure bestimmen das kulinarische Profil der Gose. Die daraus entstehenden leichten, säuerlichen und spritzigen Biere dominierten wohl bereits während der napoleonischen Kriege die Getränkekultur Mitteldeutschlands. Napoleons Zitat zum „Champagner des Nordens“ erscheint auch aus heutiger Sicht gut begründet. Nachdem bereits im Mittelalter der von den Römern übernommene Weinbau im Norden und Osten Deutschlands an klimatischen Bedingungen und dem auch dadurch bedingten Druck von Schädlingen zerbrach, spielte Bier immer eine große Rolle als bakteriologisch sicheres Getränk im Alltag und zu Feierlichkeiten in weiten Teilen Deutschlands. Waren doch Getreidekulturen unter den herrschenden Anbaubedingungen leichter zu realisieren.
Bedingt durch mangelnde oder fehlende Hygiene dürften vor Einführung der Pasteurisierung von Getränken fast alle Biere in Deutschland Sauerbiercharakter besessen haben. Der Einsatz von Koriander im Bier ist nicht auf Gose beschränkt. Internationale Bierstile (z.B. Witbier) arbeiten ebenfalls noch mit Gewürzen. Eine Tradition, die sich auf Zeiten vor der Einführung des Reinheitsgebotes zurückführen lässt. Das Salz in der Gose dürfte im Salzbergbau Mitteldeutschlands begründet sein. So wies das Brauwasser des Goseflusses in Goslar wohl schon im Mittelalter eine höhere Salzkonzentration auf. Diese Tradition wurde bei der Übernahme der Goslarer Brautradition dann auf andere Regionen übernommen.
Die Gose konnte seit Beginn der 1990er Jahre sowohl in Leipzig als auch in Goslar (allerdings nicht als Sauerbier) erfolgreich wiederbelebt werden. Kulinarisch erwacht Bier in den letzten zehn Jahren aus seinem bis dahin von Großkonzernen gestärkten Nischendasein als aromatisch bitteres, alkoholisches Erfrischungsgetränk und entdeckt seine geschmackliche Vielfalt neu. Eine Rückbesinnung auf bereits fast vergessene Rezepturen machen Biervielfalt neu erlebbar.
Die Gose ist ein obergäriges, säuerliches und leicht salzig schmeckendes Bier. Gose wird aus Gersten- und Weizenmalz in alter obergäriger Brauart hergestellt; typisch ist der Zusatz von Koriander und Salz. Diese besonderen Zutaten und die zusätzliche Milchsäuregärung verleihen ihr die ganz spezielle Eigenart. Sie wird als Kombination von Zitrone und Salz beschrieben, die sich vor allem für leichten sommerlichen Biergenuss eignet. Als Getränk der leichten Küche eignet sich Gose u.a. als guter Begleiter für Gemüse und Fischgerichte.
Die Zutaten Brauwasser, Gersten- und Weizenmalz, Koriander, Kochsalz, Hopfen, obergärige Hefe und Milchsäurekulturen liefern die Grundlage der Gosebiere traditioneller Herstellung. Das geschrotete Malz wird mit Wasser gemischt („eingemaischt“). Die im Malzschrot enthaltene Stärke löst sich auf und Zucker, Eiweiß und Gerbstoffe werden freigesetzt. Durch „läutern“ wird die „Würze“ von den Feststoffen („Treber“) getrennt und anschließend unter Zugabe von Hopfen gekocht. Bei der traditionellen Herstellung wie sie bei den bekannten belgischen Sauerbieren Lambic, Kriek oder Faro heute noch praktiziert wird, wird die Würze dann in einen flachen Bottich („Kühlschiff“) „ausgeschlagen“. Dabei kühlt sie schnell ab und die in der Luft des Raumes vorhandenen Milchsäuerebakterien sorgen für die Milchsäueregärung. Beim „modernen“ Verfahren erfolgt die Milchsäuregärung in einem geschlossenen Fermenter, d.h. in einem Tank mit Heizung/Kühlung und der Möglichkeit zur Begasung mit CO2 (die Milchsäuere mag keinen Sauerstoff). Es wird ein „Sauerstück“ aus Würze mit Milchsäurebakterien angesetzt und bis zu einem bestimmten Grad säuern lassen. Dieses Sauerstück wird dann der „normalen“ Maische zugesetzt und mit dieser (unter Zusatz von Salz und Koriander) gekocht. Dadurch werden die Milchsäurebakterien abgetötet und anschließend wird die Hefe zugesetzt und das Ganze im Gärtank vergären lassen.
Eine besondere Herausforderung für die Herstellenden ist dabei der Wechsel zwischen unterschiedlichen Bierstilen. Ein unsauberer Umgang (insbesondere bei offenen Kühlschiffen) kann zum Eintrag der Milchsäurekulturen auf andere Bierstile führen. Daher stehen viele Brauereien dem Einsatz weiterer Fermentationsorganismen neben Hefe eher skeptisch gegenüber.
Ritterguts Gose GmbH
Am Schützenhaus 4
04654 Frohburg
(03 43 48) 17 00 64
trink@leipziger-gose.com
www.Leipziger-Gose.com
Trink@Leipziger-Gose.com
http://www.leipziger-gose.com/
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]]>Die robusten Schützer der höchsten Almlandschaften
Arche-Passagier seit 2013
Unterstützt von Slow Food Zugspitzregion
Das Alpine Steinschaf stammt direkt vom Torfschaf ab, einer ausgestorbenen Hausschafrasse aus der Steinzeit. Ursprünglich war die Rasse in den Bayerischen Alpen verbreitet, mit größeren Beständen im Berchtesgadener Raum. Aufgrund sehr harter Klauen, guter Trittsicherheit, großer Genügsamkeit und der guten Wetterhärte sind die Tiere bestens an die rauen Bedingungen im Hochgebirge angepasst. In den extremen Hochlagen, die für Rinder oder sogar andere Schafrassen unzugänglich sind, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung traditioneller Almlandschaften. Durch Verfestigung der Grasnarbe schützen die Schafe diese vor Erosion.
Das Alpine Steinschaf ist ein kleines bis mittelgroßes, feingliedriges Schaf mit geradem Kopfprofil und leicht gebogenem Nasenbein. Die Ohren stehen leicht hängend ab. Das Vlies kommt in allen Wollfarben vor. Die Schur sollte zweimal jährlich erfolgen. Weibliche Tiere zeigen sehr gute Muttereigenschaften und Milchleistung. Die nicht saisonal bedingte Brunft und gute Fruchtbarkeit lassen sogar zwei Ablammungen pro Jahr für die Mutterschafe zu. Die Böcke haben oft ein ausgeprägtes Schneckengehörn. Auch bei weiblichen Tieren können Hornansätze auftreten. Da Alpine Steinschafe in der Regel sehr zutraulich sind, eignen sie sich gut für die Haltung in kleinen Beständen und für Schulbauernhofprojekte.
Im östlichen Alpenraum hat diese alte Schafrasse lange den Bedarf der Bauern an Wolle und Fleisch gedeckt. Seit den 1960er Jahren wurde sie jedoch zu Gunsten von Fleischschafrassen gezielt verdrängt. Im Jahre 1985 waren nur noch Restbestände vorhanden, die auch die Grundlage für die heutigen Zuchten bildeten, für die seit 1991 ein Herdbuch geführt wird. Die meisten Alpinen Steinschafe werden heute in kleinen Herden von Hobbyhaltern oder Nebenerwerbslandwirten gehalten.
Lammfleisch, Wolle und Wollprodukte sind erwerbbar. Aktuelle Bezugsadressen finden sich auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Alpines Steinschaf.
Die Alpinen Steinschafe werden im gesamten bayerischen Alpenraum gezüchtet, mit einem Schwerpunkt im Berchtesgadener Land.
Bei artgerechter Haltung zeigen die Tiere keine Neigung zur Verfettung und das Fleisch weist wildartige Charakteristika auf, die zum Beispiel im Pichelsteiner Eintopf gut zum Ausdruck kommen.
Die ARGE Alpines Steinschaf wird koordiniert von:
Armin Friedrich
Die Schafhalterei
Marktstr. 34
87497 Wertach
Mobil (01 71) 9 94 82 67
info@alpines-steinschaf.de
www.alpines-steinschaf.net
Arche-Schäferei Wolle&Kraut
Verena Hausmann
Herzogstandstr. 8
82402 Seeshaupt
Tel. (0 88 01) 91 49 40
info@tier-kontakt.de
www.tier-kontakt.de
Kollektion der Vielfalt, Nathalie Ketterle
Bosslerstraße 1
73119 Zell u. A.
Tel. (0 71 64) 1 21 17, (01 77) 4 19 22 85
info@kollektion-der-vielfalt.de
www.kollektion-der-vielfalt.de
>> Schäferei retten: Kulturlandschaft braucht Schafe
>> Demo: Rettet die Schafhaltung!
>> Gewinner Öko Erlebnistage Landwirtschaft
>> Biodiversität: Alte Schafrassen und Wanderschäferei in Gefahr
>> Slow Food Magazin: Alpines Steinschaf
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Milde Zwiebelsorte vom Bodensee
Arche-Passagier seit 2008
Unterstützt von Slow Food Bodensee
Die Höri Bülle ist eine rote Speisezwiebel mit charakteristischer Form und Farbe, die traditionell auf der Bodensee-Halbinsel Höri angebaut wird. Die Außenhaut der Höri Bülle hat eine eher helle rotbraune Färbung, die im Gegensatz zu anderen roten Sorten beim Aufschneiden nicht abfärbt. Im Querschnitt erkennt man hellrote Trennschichten zwischen den einzelnen Zwiebelschichten. Die typische flache, bauchige Form der Zwiebel wird oft verglichen mit der einer fliegenden Untertasse.
Noch bis in die 1970er-Jahre hatte der Zwiebelanbau ein besonderes Gewicht für die sogenannte vordere Höri mit den Gemeinden Moos, Iznang, Bankholzen und Weiler – die Zwiebel war das charakteristische landwirtschaftliche Erzeugnis. Heute bauen diese aromatische Sorte nur noch wenige Bauern an. Wegen der flachen, bauchigen Form ist sie für moderne Sortieranlagen wenig geeignet. Auch ihre im Vergleich zu anderen Sorten weichere Konsistenz erfordert größere Sorgfalt bei der Ernte. Zudem ist die Höri Bülle nur bis etwa März oder April lagerfähig, was sich ebenfalls als großer Nachteil gegenüber handelsüblichen Sorten darstellt.
In den Jahren 1856 bis 1890 lag die Anbaufläche der Gesamtgemeinde Moos für die Höri Bülle bei 7 bis16 Hektar. Das entsprach einer durchschnittlichen Erntemenge von 600 bis 1.300 Zentnern pro Jahr. Der Anteil der Zwiebeln an der Gesamtanbaufläche für Kräuter und Gemüse betrug zwischen 45 Prozent und 65 Prozent. Heute umfasst die Anbaufläche für die Zwiebel auf der vorderen Höri schätzungsweise drei bis vier Hektar.
Die Zwiebelsorte Höri Bülle wird von verschiedenen Produzenten angebaut, die diese selbst vermarkten oder auf Märkten anbieten. Detaillierte Informationen sind über den Verein Höri-Bülle e. V. zu erfragen (siehe "Züchter, Erzeuger und Bezugsquellen").
Der Anbau der Höri Bülle ist auf die namengebende Region begrenzt: die Halbinsel Höri, die sich zwischen dem badischen Radolfzell und dem schweizerischen Stein am Rhein in den Bodensee schiebt. Schwerpunkt des Zwiebelanbaus sind die Orte der vorderen Höri. Bereits im 8. Jahrhundert wurde der Zwiebelanbau in dieser Gegend durch die Geschichtsschreiber des Klosters Reichenau urkundlich erwähnt.
Später bauten hier die Bauern Zwiebeln als das Hauptgemüse an, das auf den Märkten der nahen Schweiz und noch bis in die 1990er-Jahre in Konstanz im Herbst verkauft wurde. Dazu wurden die Zwiebeln auf Booten zu den jeweiligen Städten transportiert. Wegen des hohen Anbauanteils von Speisezwiebeln, vom Volksmund auch Bülle oder Bölle genannt, erhielt die Halbinsel den volkstümlichen Namen „Zwiebelhöri“ oder „Bülleland“. Auf dem jährlich am ersten Sonntag im Oktober stattfindenden Bülle-Fest auf der Höri wird die Bülle-Dünne, eine Art Zwiebelpizza, traditionell zusammen mit einem Glas „süeße Moscht“ angeboten.
Die Sorte zeichnet sich durch ihr zartes Aroma und eine milde, nicht aufdringliche Schärfe aus. Deshalb schmeckt sie auch roh hervorragend. Sie wird gerne in Salaten verwendet, insbesondere im regionalen Wurstsalat. Erwin Keller, ein Heimatdichter, lobt in seinem Bülle-Brevier die Höri Bülle als natürlichen Vitaminspender auf Wandertouren, die man „Biss für Biss wie einen Apfel“ verzehren könne. Ihre Schärfe entwickelt sie erst beim Garen, ohne dass dabei die charakteristische rote Färbung verloren geht.
Das Saatgut der Höri Bülle ist im Handel nicht erhältlich. Alle Produzenten verwenden selbsterzeugtes Saatgut oder erhalten Samen bei älteren Frauen aus der Nachbarschaft, die die langwierige Arbeit der Samengewinnung noch machen. Auch in den Gemüsebauernfamilien sind es meistens die älteren Generationen, die sich übers Jahr der Nachzucht und Pflege der Samen widmen.
Nach der Ernte im August werden beim Sortieren der Zwiebeln die besten und schönsten zur Nachzucht beiseitegelegt. Wenn diese Mitte März anfangen auszutreiben, werden je vier um einen Stock eingepflanzt, an dem später die langen Triebe mit Blütendolden aufgebunden werden. Im Sommer werden die noch grünen Dolden abgeschnitten und getrocknet. Nun muss man die Samen von Hand ausreiben und waschen. Dabei schwimmen Spreu und schlechte Samen oben auf, gute Samen sinken ab. Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt. Danach werden die Samen mehrere Tage getrocknet, dabei tritt eine Schwarzfärbung ein. Abschließend werden die Samen durch Sieben nach Größe sortiert. Sie sind dann maximal zwei bis drei Jahre haltbar, wobei sich die Qualität mit der Zeit verschlechtert.
Die Samen werden im März gesät, während des Wachstums muss drei- bis viermal gejätet werden. Da die Zwiebeln relativ druckempfindlich sind, wird bei der Ernte im August zunächst der Boden maschinell gelockert, die Ernte erfolgt dann von Hand. Um die Zwiebeln verkaufsfähig zu machen, werden ihre Wurzeln und die verdorrten Stängel abgeschnitten, die Knollen gereinigt und bis zum Verkauf zum Trocknen ausgebreitet.
Adressen von Produzenten findet man auf der Internetseite des Vereins Höri-Bülle e. V. unter www.hoeri-buelle.de
>>Das Höri-Bülle-Buch - Lesung mit Verkostung
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Bannerbild: © Gabriele Schindler, weitere Bilder © Gabriele Schindler (2)
Arche-Passagier seit 2005
Unterstützt von Slow Food Stuttgart, Slow Food Tübingen und Slow Food Ulm
Die gewöhnliche Weinbergschnecke „Helix pomatia" ist in Mitteleuropa weit verbreitet. Sie ist sehr eiweiß- und mineralstoffreich und gleichzeitig cholesterinfrei. Als Fastenspeise war sie vor allem in katholischen Regionen bekannt. Dabei wurde sie als so genannte Deckelschnecke geerntet. Deckelschnecken sind Schnecken in Winterruhe, die ihre Hausöffnung mit einem Kalkdeckel verschließen, um so geschützt zu überwintern.
Zur Vorbereitung dieser Lebensphase werden Magen- und Darmtrakt entleert und etwas Fettgewebe angelegt, das für den herrlich nussigen Geschmack verantwortlich ist. Dies zeichnet die Weinbergschnecken im kalkhaltigen Mittelgebirge der Schwäbischen Alb mit seinem speziellen Klima und seinen besonderen Nahrungspflanzen aus und charakterisiert sie als Albschnecke. Weiler im Großen Lautertal war im 18. und 19 Jhdt. eine echte Hochburg für Schneckengeschäfte. In Indelhausen wirbt noch ein letzter Gastwirt mit „eigenen" Schnecken.
Albschneck® ist ein eingetragenes Markenzeichen zur Wiederbelebung der traditionellen Schneckenproduktion auf der Schwäbischen Alb. Helix pomatia, die „gewöhnliche" und auch auf der Alb heimische Weinbergschnecke muss dazu mindestens ein Jahr lang in extensiver Haltung aufgezogen und überwiegend mit Wildpflanzen gefüttert werden. Ihre Herkunft muss ebenfalls aus dem Naturraum der Schwäbischen Alb stammen. Nur Deckelschnecken kommen infrage. Sie können lebend, in Dosen konserviert, tiefgefroren und mit heimischer Kräuterbutter im Häuschen angeboten werden. Die IG Albschneck garantiert und überwacht diese Richtlinien. Klassische regionale Gerichte sind u. a. die Vorspeise in Kräuterbutter, Schneckensüpple, Schneckensalat, oder Bandnudeln mit Schneckensoße.
Die Schwäbische Alb.
Für den Arche-Passagier Albschnecke existiert seit März 2004 die Interessensgemeinschaft (IG) Albschneck, die sich aus angehenden Erzeugern, einem Verarbeiter, Gastronomen und Touristikern etc. zusammensetzen. Unterstützt werden Sie von der Archegruppe der Convivien Stuttgart und Tübingen. Ihre Aufgaben sind neben dem Fördern und Unterstützen der vorhandenen Produktion das Entwickeln der Kommunikation, aber auch das Erweitern der Zahl der Erzeuger, ihre Versorgung mit professionellen Daten, die Einbindung in einen ökologisch sanften Tourismus sowie die Förderung der Wahrnehmung und Bevorzugung von Lebensmittel-Spitzenqualität durch den Verbraucher.
In der Interessengemeinschaft Albschneck befinden sich derzeit sechs Kleinerzeuger, die bis zum Herbst 2005 erste Albschneck-Deckelschnecken produzieren, verarbeiten und vermarkten.
Bannerbild und Foto: © Stefan Abtmeyer
Zart schmeckender Kohl aus der Gärtnerstadt
Arche-Passagier seit 2014
Unterstützt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe
Der Bamberger Spitzwirsing oder Bamberger Wirsing trägt den botanischen Namen für den Wirsing allgemein: Brassica oleracea L. convar. capitata (L.) Alef. var. sabauda D.C. Der Spitzwirsing hat einen großen, lockeren Kopf mit einer längsovalen Grundform, die von der rein elliptischen Form bis zu Ei- und Herzformen variieren kann. Der vom gewöhnlichen Wirsing bekannte kugelrunde, dicht geschlossene Kopf kommt trotz der großen Inhomogenität der Sorte nicht vor. Die Blätter sind weit weniger „blasig“, also weniger gekräuselt und wesentlich zarter als beim Rundkopf.
Der Bamberger Wirsing ist aufgeführt in der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland (Stand Juni 2013), die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) herausgegeben wird. Der Spitzwirsing existiert gegenwärtig noch in circa zehn Haussorten von Gärtnern in der Stadt Bamberg und der Nachbarstadt Hallstadt sowie als Haussorte des nicht mehr wirtschaftenden Hallstadter Gärtners Johann Pflaum, die beim österreichischen Sortenerhalterverein „Arche Noah“ weiter gepflegt wird. Der Handel mag den Bamberger Wirsing nicht. Er ist nur eine mäßige Zeit lagerfähig, sperrig und verletzlich im Transport, und er bringt im Verhältnis zu seinem großen Volumen nur wenig Gewicht auf die Waage. Gärtner, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Direktvermarktung zum Absatz über den Großhandel übergegangen sind, verzichteten auf die alte Sorte und bauten den kompakten Rundkopf an.
Der Bamberger Spitzwirsing ist käuflich erwerbbar im Hofverkauf Bamberger und Hallstadter Gärtner, auf dem Bamberger Wochenmarkt und vereinzelt auch in Gemüseläden und Supermärkten im Bamberger Stadtgebiet. Derzeit wird der Spitzwirsing auf rund 7,5 Hektar Fläche angebaut.
Adressen von Züchtern, Erzeugern und Bezugsquellen finden Sie weiter unten auf dieser Seite.
Der Spitzwirsing ist in Bamberg unverzichtbarer Begleiter für Enten- und Gänsebraten, wird dort aber auch zu Kalbsbraten, Kalbsnierenbraten und Schweinebraten serviert. Er entstammt der fast 700-jährigen Tradition des Bamberger Gartenbaus. Kern ist die Bamberger Gärtnerstadt, innerstädtische Freiflächen für den Gemüseanbau, die etwa ein Drittel der Bamberger Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe) umfassen. Weiter gehört zur Ursprungsregion das ganze Stadtgebiet von Bamberg und das Gebiet der Nachbarstadt Hallstadt. Beide Stadtgebiete zusammen bilden die Kernzone der Flussniederung an der Mündung der Regnitz in den Main, die als Bamberger Becken bezeichnet wird.
Zart und mild, mit einem Wirsinggeschmack feinster Prägung, der die Nähe zum Kohl fast vergessen lässt – so wird der Bamberger Wirsing gelobt. Er benötigt nur die Hälfte der bei anderen Wirsingsorten nötigen Garzeit, kann also schonend gegart werden und behält so seine feinen Geschmacksnoten in allen denkbaren Anwendungen in der Küche.
Die Bamberger Küche hat eine Zubereitungsart entwickelt, die den geschmacklichen Charakter des Wirsings voll zur Geltung bringt: zart gekocht und gequirlt. Das klassische Bamberger Wirsinggemüse wird zubereitet als Püree, dem eine fühlbare Struktur belassen ist. Sogar die dunkelgrünen bis hellgelben Farben der Wirsingblätter sind nebeneinander zu unterscheiden. Das Püree wird gebunden mit ein wenig Buttermehlschwitze.
Der Anbau unterscheidet sich nicht von dem anderer Wirsingsorten, fordert allerdings Rücksichtnahme auf seine im Vergleich zu anderen Wirsingsorten geringere Lagerfähigkeit. Winterfest ist er nicht.
Erzeugerliste selbstvermarktender Gärtner*innen:
Robert Bittel
Jäckstr. 36
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 9 68 66 04
ostermann1972@web.de
Christian Burgis
Memmelsdorfer Str. 48
96052 Bamberg
Tel. (0951) 41 90 70 51
christianbu@web.de
Pankraz Deuber
Gundelsheimer Str. 51
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 22 14
pankraz.deuber@t-online.de
Adalbert Eichelsdörfer
Dörfleinser Str. 58
Tel. (09 51) 7 56 65
Hans-Jürgen Eichfelder
Gundelsheimer Str. 76
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 2 20 82
eichfelder@t-online.de
Wolfgang Emmerling
Hallstadter Str. 25
Tel. (09 51) 2 32 68
emmerling-wolfgang@web.de
Erhard und Adelgunde Groh
Mainstr. 13
96103 Hallstadt
Tel. (09 51) 7 11 43
Gemüsebau Hallstadt
Inh. Philip Streitberger
Dörfleinser Str. 68
96103 Hallstadt
Tel. (09 51) 30 12 53 80
philip@gemuesebau-hallstadt.de
Andreas Gütlein
Egelseestr. 61
96050 Bamberg
Tel. (09 51) 20 35 20
Fax (09 51) 9 17 92 27
Hubert Lang
Weiherstr. 10
96103 Hallstadt
Tel. (09 51) 7 55 16
gemuesebau.lang@gmx.de
Heinrich Neubauer
Heiliggrabstr. 32
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 61 12
gaertnerei.neubauer@arcor.de
Sebastian Niedermaier
Bioland-Gärtnerei
Mittelstr. 42
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 12 06 09 16
info@sebastian.niedermaier.de
Peter und Birgit Schumm
Spiegelgraben 10
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 6 95 30
schummbirgit@t-online.de
>>Die Arche des Geschmacks und ihre fränkischen Passagiere
>>Genusskultur unter den Domtürmen - Einladung zu einem kulinarischen Rundgang durch Bamberg
>>Buchtipp: "Nicht nur Süßholzraspler und Zwiebeltreter"
>>Slow Food Magazin: Bamberger Spitzwirsing
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Anspruchsloser und widerstandsfähiger Winterweizen
Archepassagier seit 2023
Unterstützt vom Convivium Rhein-Mosel
Der „Westerwälder Fuchsweizen“ (Triticum aestivum L.) ist eine alte eigenständige Winter-Weizensorte, die vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch ertragreichere Weizensorten verdrängt wurde und in Vergessenheit geriet. Der Anbau der Sorte im Südwesten Deutschlands wurde bereits für das Jahr 1820 beschrieben. Das Hauptanbaugebiet war zu dieser Zeit unter anderem der Westerwald und das Gebiet der Wetterau, die Sorte wurde den Landwirt*innen als vorzüglicher Winterweizen bestens empfohlen.
Saatmaßnahmen und Mähdruscheignung sowie Lagerung sind getreideüblich. Die Aussaat erfolgt Mitte/Ende Oktober mit 300-400 Körnern pro Quadratmeter. Der Erntezeitpunkt ist in der Regel Ende Juli/Anfang August.
Westerwälder Fuchsweizen ist winterfest und langstrohig (Wuchshöhe 1,20m), die begrannte Ähre färbt sich zum Zeitpunkt der Reife rot-braun. Er bildet ein großes Korn mit einem schönen Mehlkörper aus, das Korn ist härter als bei modernen Weizensorten. Das Tausendkorngewicht liegt durchschnittlich bei 37g, und der Ertrag bei ca. 15-25 dt/ha (Hochzuchtweizen ist 2-3x ertragreicher). Die Mähdruscheignung ist gut, da er sehr gut freidreschend ist (ohne Spelzen).
Charakteristisch für die Sorte ist auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Steinbrand und anderen Pilzkrankheiten. Darüber hinaus ist der Stickstoffbedarf des Westerwälder Fuchsweizen auffallend gering. Einschließlich des pflanzenverfügbaren Stickstoffs im Boden kommt die Sorte mit ca. 50kg N/ha zurecht. Der Stickstoffbedarf moderner Hochertragssorten ist dreimal so hoch. Wird dem Westerwälder Fuchsweizen mehr Stickstoff zugeführt, kommt es zum Halmbruch. Auf den Einsatz von mineralischem oder organischem Stickstoffdünger muss daher verzichtet werden. Eine potentielle Auswaschung des Stickstoffdüngers als Nitrat und eine damit verbundene Grundwassergefährdung wird so vermieden.
Der Westerwälder Fuchsweizen bereichert mit seinen beschriebenen Eigenschaften die Fruchtfolge. Durch den geringen Stickstoffbedarf entfallen die üblichen Düngemaßnahmen. Aufgrund seiner Widerstandskraft kann der Pflanzenschutz reduziert werden.
Die Sorte bildet viel Blattmasse und Stroh. Dadurch werden unerwünschte Beikräuter wie Ampfer oder Disteln im Frühling gut unterdrückt. Da die Sorte dünner steht und weniger Ähren pro Quadratmeter ausbildet als moderne Hochertragssorten, finden kleinwüchsige Beikräuter ihre Nische. Fällt mit der beginnenden Reife mehr Licht auf den Boden, kommen Ackerwildkräuter wie Vergissmeinnicht, Ackerfrauenmantel oder Mäuseschwänzchen zum Blühen und können Insekten als Nahrungsquelle dienen. Die Sorte eignet sich daher sehr gut für eine ökologische Wirtschaftsweise oder für Vertragsnaturschutzprogramme zur Förderung von Ackerwildkräutern. Das lange Stroh speichert zudem viel Wasser, das bei Dürrephasen genutzt werden kann.
Des Weiteren hinterlässt die Sorte hohe Stroh- und Wurzelrückstände, die zum Humusaufbau und besserer Bodengare genutzt werden können. Ein Teil des Kohlenstoffs, den die Weizenpflanze als CO² aufnimmt und in die Strohmasse einlagert, kann so dem Boden zugeführt und darin in Form von organischer Masse gespeichert werden (Nutzung der humosen Ackerkrume als Kohlenstoffsenke).
Nachdem der Westerwälder Fuchsweizen ca. 100 Jahre von den Feldern verschwunden war, wurde er seit 2012 durch Andreas Esch aus Salmtal wieder vermehrt. Grundlage war eine Saatgutprobe aus der Genbank Gatersleben mit wenigen Gramm. In den ersten beiden Jahren fanden die Aussaat, Voranzucht und Ernte per Hand statt. Im dritten Jahr wurden die geschnittenen Garben mit einer alten Dreschmaschine ausgedroschen. Für die Ernte 2015 wurde ein alter Mähdrescher (Fahr M44) angeschafft, der bis heute zur sortenreinen Beerntung verwendet wird.
Der Westerwälder Fuchsweizen ist in die „Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen“ aufgenommen und wurde im Jahr 2020 beim Bundessortenamt als Erhaltungssorte angemeldet. Unter dieser Voraussetzung kann Saatgut an interessierte Landwirt*innen abgegeben werden; im Jahr 2023 bauten insgesamt 24 Bäuerinnen und Bauern auf ca. 30ha Westerwälder Fuchsweizen an. Die Anbauflächen befinden sich verteilt in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg (Rheinstetten/Durmersheim und Bad Mergentheim). Unterstützt und beworben wurde der Anbau bisher vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück über die Initiative „Biodiversität – Förderung historischer Nutzpflanzen“.
Für eine erfolgreiche Vermarktung und größere Wiedererkennung wurde ein Fuchsweizen-Logo geschaffen (Fuchs/Ährenemblem mit dem Schriftzug Fuchsweizen), das jeder, der Produkte aus Westerwälder Fuchsweizen vertreibt, verwenden soll. Ein kleiner Beitrag im SWR-Fernsehen über den Westerwälder Fuchsweizen hat viele Menschen erreicht, die ihr Brot selbst backen. Einige erzeuger*innen können bereits einen Teil ihrer Ernte durch Hofläden direkt an Verbraucher*innen verkaufen.
Um größere Flächen anbauen und vermarkten zu können, werden nun Bäckereien als Abnehmer gesucht. Durch die Vermarktungsgesellschaft von Bioland „Die Kornbauern“ ist es gelungen, die komplette Erntemenge von zwei Tonnen eines Betriebes aus der Eifel zu Mehl Typ 550, Vollkornmehl und Gries zu vermahlen. Damit führten mehrere Bäckereien Backversuche durch und planen ab der Ernte 2023, dauerhaft Backwaren mit Westerwälder Fuchsweizen zu erzeugen und in ihrem Sortiment zu etablieren.
Ein weiteres geplantes Projekt ist die Vermälzung und Herstellung eines regionalen Fuchsweizen-Weizenbieres zusammen mit einer kleinen regionalen Brauerei in der Eifel.
Die Ansprüche des Westerwälder Fuchsweizen an Klima und Anbau sind insgesamt niedriger als bei modernen Weizensorten. Er ist noch immer gut an den Standort Westerwald angepasst. Die Anbauerfahrung zeigen auch, dass er Extremwetterereignisse als Folge des Klimawandels gut übersteht.
Neben Privatleuten sollen handwerkliche Bäckereien in der Region als Abnehmer gewonnen werden, Ziel ist es, bei Verbraucher*innen ein Bewusstsein für die Rettung dieser alten Weizensorte zu schaffen. Durch das Motto „Vielfalt schaffen und erhalten durch bewussten Konsum“ soll der Erhalt dieser genetischen Ressource und des regionalen Kulturerbes gefördert werden. Im Jahr 2022 wurde durch den Brotverein in Weyerbusch ein Backfest mit Brot aus Westerwälder Fuchsweizen veranstaltet.
Das Mehl lässt sich gut in Hefeteig, aber auch zusammen mit Roggen in Sauerteig verarbeiten. Das Brot aus Westerwälder Fuchsweizen hat eine schöne, rösche Kruste und gleichzeitig lockere Krume, es ist saftig und der Geschmack nussig-kräftig. Typisch für die alte Sorte ist die geringere Wasseraufnahme und ein schnelleres Überkneten des Teiges, d.h. eine Verschlechterung der Backeigenschaften bei zu langem Kneten. Die verarbeitenden Bäcker*innen sollten daher handwerklich mit langer Teigführung arbeiten.
Auch eine Verarbeitung zu Gebäck und Kuchen ist möglich.
Seit 2017 werden jährlich ausführliche Backanalysen im Labor Aberham in Oberaitingen durchgeführt, die die gute Backfähigkeit dieser Sorte belegen.
Erhaltungszüchter:
Andreas Esch
Vor den Gruben 65
54528 Salmtal
Tel: (01 74) 9 98 82 30
Email: AndreasEsch@gmx.de
Bezugsquellen Backwaren:
Bäckerei Johann Utters & Sohn
Inh. Josef Utters e.K.
Hauptstraße 6
54552 Dockweiler
Telefon: (0 65 95) 9 20 60
E-Mail: mehlbox@brotkunst.de
Traditions-Bäckerei Süss -Backstuff Tobias Ehses
Trierer Str. 38
54421 Reinsfeld
Tel.: (0 65 03) 71 16
>>Slow Food Magazin: Getreidesorten Passagiere
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Ein starkwüchsiger Pfirsich aus dem Rheinland
Arche-Passagier seit 2016
Unterstützt von Slow Food Düsseldorf
Am Rande des Naturparks Schwalm-Nette, zwischen Heinsberg und Wegberg, liegt das alte Städtchen Wassenberg, das dem Wassenberger Sämling seinen Namen gab. Eine Legende besagt, dass eine Baronesse einige Pfirsichsteine aus Italien mitgebracht und dann am Wasserschloss Elsum eingepflanzt habe. Eine andere erzählt, dass ein Auswanderer aus Wassenberg, der später zurückgekehrt sei in heimische Gefilde und den man im Volksmund den „Amerikaner“ genannt habe, das Steinobst bekannt machte.
Der Wassenberger Sämling ist eine langlebige und für lockere, sandige Böden empfehlenswerte Pfirsichsorte aus dem Rheinland. Das Besondere an der im Heinsberger Raum einst sehr häufigen Sorte ist die Sämlingsvermehrung: Der Baum muss nicht veredelt werden. Der Wassenberger Sämling ist von starkem Wuchs und bildet eine langlebige, frostwiderstandsfähige, breit ausladende Krone. Er kann als Busch oder Halbstamm erzogen werden. Die Reifezeit ist etwas uneinheitlich und folgernd, etwa von Ende August bis Mitte September. Die Frucht ist mittelgroß bis groß. In der Vorderansicht ist der Pfirsich rundlich oval mit starker Bauchnaht, die die Frucht etwas ungleichhälftig teilt – teils mit eingeschnittener Rückenfurche, in der Seitenansicht ist er tennisballähnlich rund. Bei Pflückreife ist die Grundfarbe grünlich, später weißlich gelb. Die tiefrote Deckfarbe findet sich auf einem Viertel bis zwei Dritteln der Frucht, teils etwas gesprenkelt. Die Stielgrube ist tief, eng und zu Bauch und Rücken eingeschnitten. Der Stempelpunkt ist klein, teils auf kleinem, in einer Furche sitzendem Spitzchen. Der Wassenberger Sämling hat einen sehr kurzen, knopfartigen Stiel. Das Fruchtfleisch ist grünlich weiß, um den Fruchtstein dunkel gerötet und saftreich-schmelzend. Im Geschmack hat er deutliche Säure und ist etwas herb. Er ist gut steinlöslich. Die Schale ist filzig. Trotz des festen Fruchtfleisches ist der Pfirsich nicht lagerfähig.
Der Wassenberger Sämling eignet sich besonders für die Weiterverarbeitung, dort entfaltet er sein einmaliges Aroma. Eingesetzt werden kann er in vielen Bereichen: halbiert in Einkochgläsern, verarbeitet in Marmeladen und Gelees, gepresst als Saft. Der Wassenberger Sämling ist äußerst kalorienarm, 100 Gramm haben nur etwa 40 Kilokalorien. Reif geerntetes Obst und Gemüse enthält viele Vitalstoffe. Diesen Vorteil bietet auch der regional vermarktete Pfirsich gegenüber importierten Früchten.
Die Gründe für das weitgehende Verschwinden des Wassenberger Sämlings liegen nicht nur im Untergang der Einmach- und Marmeladenkultur. Der gewerbliche Anbau dieser Pfirsichsorte ist auch riskant: Der Baum trägt unzuverlässig und ist zudem als Frühblüher in vielen Jahren ein Opfer später Fröste. Um die Ernte zu retten, zündeten die Obstbauern früher sogar Feuer unter den Pfirsichbäumen an, wenn es zu kalt wurde.
Kräuselkrankheit, Schorf, die Pilzkrankheit Monilia und Gummifluss können beim Wassenberger Sämling standort- beziehungsweise witterungsabhängig auftreten. Schädlingsbefall, Arbeitskräftemangel bei Bodenbearbeitung und Baumschnitt, fehlende Wärme während der Blütezeit mit wenig Bienenflug und die Nutzung früherer Anbauflächen für den Wohnungsbau führten Schritt für Schritt zur Aufgabe größerer Plantagen. Schließlich hatten Billigangebote von ausländischen Pfirsichen in Supermärkten eine sinkende Nachfrage nach dem Wassenberger Sämling zur Folge.
Im Jahr 2014 waren etwa 200 Bäume auf Plantagen und rund 500 Bäume in Privatgärten im Kreis Heinsberg und Rhein-Kreis Neuss zu verzeichnen. Offizielle Statistiken gibt es nicht, aber in Zeitungsberichten ist eine Erntemenge von 150 000 Kilogramm im Jahr 1953 bei einem Baumbestand von 15 000 Exemplaren erwähnt. Daraus kann für den gewerblichen Anbau in einem normalen Erntejahr eine Menge von 8 000 Kilogramm abgeleitet werden.
Das Anbaugebiet betrug im Jahr 2006 nur noch circa vier Hektar. Bis 2014 wurde der Bestand wieder auf etwa fünf Hektar erweitert. In Regionen mit passenden klimatischen Bedingungen werden heute wieder neue Flächen angelegt, unter anderem im Rheinischen Obstgarten auf dem Gelände einer ehemaligen Plantage des Wassenberger Sämlings. Die Stadt Wassenberg und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) betreiben im Rahmen eines vom Landschaftsverband Rheinland und den Biologischen Stationen im Rheinland geförderten Projektes den Rheinischen Obstsorten-Garten. Im Rahmen dieses die Biodiversität fördernden Projektes konnten bereits viele verschollene Sorten aufgespürt werden. Diese werden beschrieben im Handbuch „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland – vom Aussterben bedroht!“ Der Pfirsich ist als Frischfrucht noch bei zwei Plantagenzüchtern erhältlich, eine Baumschule hat Pflanzen im Sortiment und in mehreren gastronomischen Betrieben in Wassenberg wird der Sämling verarbeitet.
In den 1930er-Jahren wurden vor allem in der Wassenberger Oberstadt und im Stadtteil Birgelen Plantagen angelegt. Der Höhepunkt des Pfirsichanbaus in der Region wurde in den 1960er-Jahren mit 20 Plantagen und einem Ertrag von bis zu 7 500 Zentnern pro Jahr erreicht. Dadurch kam manche Familie zu bescheidenem Wohlstand. Die Plantagen sind seit den 1990er-Jahren zunehmend aus dem Stadtbild verschwunden. Die Bevölkerung weiß jedoch um die einstige Bedeutung des Wassenberger Sämlings und hält die Erinnerung wach. So wurde von einer Karnevalsgesellschaft schon ein „Sämlingsorden“ verliehen und von der Stadt Wassenberg 2014 zur Wiederbelebung des Pfirsichtourismus das Maskottchen „Samy, der Sämling“ kreiert. Außerdem bekommt jeder Neubürger der Stadt einen Pfirsichbaum für den Hausgarten geschenkt. Diese Aktivitäten fördern die Vermarktung des Pfirsichs. Die überaus gute Ernte 2015 ist restlos verkauft worden.
In frischem Zustand schmeckt der Wassenberger Sämling leicht herb, er hat eine deutliche Säure. Sein prickelnd feinherbes, säuerliches Aroma kommt erst in Verbindung mit Zucker voll zur Entfaltung, durch Einkochen ganzer Früchte oder als Marmelade.
Die Bäume werden im Herbst stark zurückgeschnitten, denn nur die neuen Triebe tragen Früchte.
Gastronomische Betriebe:
Restaurant Landhaus
Hans Brender
Am Roßtor 20
41849 Wassenberg
Restaurant Tüschenbroicher Mühle
Gerderhahner Str. 1
41844 Wegberg
Burgstuben Residenz
Feldstr. 50
52525 Heinsberg-Randerath
Burg Wassenberg GmbH
Kirchstr. 17
41849 Wassenberg
Pfirsichbäume:
Baumschule Morjan
Rheinweg 30
41812 Erkelenz-Grambusch
Slow Food Einkaufsführer die Region Düsseldorf, Neuss und Mönchengladbach
>>Slow Food Magazin: Wassenberger Sämling
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Bannerbild: © Hans Ulrich List, weiteres Bild © Naturschutzstation Wildenrath e.V.
Stattliche Weißkrautköpfe aus dem Münchner Norden
Arche-Passagier seit 2017
Unterstützt von Slow Food München
Beim Ismaninger Kraut handelt es sich um eine eigene botanische Weißkraut-Variante, die seit Jahrhunderten in Ismaning angebaut und gepflegt wird. Die Vermehrung der Samen erfolgt durch die Anbauer in Eigenregie. Das Ismaninger Weißkraut unterscheidet sich von den gängigen modernen Sorten durch seine Größe und sein Gewicht (bis zu zehn Kilogramm pro Kopf), seine flachrunde Form, seinen langen Strunk, seinen lockeren Kopf und einen mild-süßen Geschmack. Es eignet sich gut für Sauerkraut, Krautsalat, Kohlrouladen und Bairisch Kraut, eine traditionelle Zubereitung mit Zucker und Essig.
Die Wuchsform, das Gewicht und ein ungleicher Erntezeitpunkt der einzelnen Krautköpfe auf einem Feld bedingen einen arbeitsintensiven Anbau des Ismaninger Krautes, der es aus wirtschaftlicher Sicht kaum noch konkurrenzfähig macht. Zunächst braucht es spezielle Maschinen zum Anhäufeln des jungen Krautes, damit der lange Strunk (siehe Bild) genügend Halt hat und der Krautkopf im Laufe des Wachstums nicht aus der Pflanzreihe fällt. Zum anderen ist der ungleichmäßige Erntezeitpunkt einer maschinellen Ernte nicht förderlich. Es muss häufiger durch die Reihen gegangen werden, um die einzelnen reifen Krautköpfe mit der Hand zu ernten. Da das Ismaninger Kraut zu den Starkzehrern gehört, ist es außerdem wählerisch bei den Düngergaben. Es akzeptiert nur Kuhmist auf Strohbasis, und der ist bei der heutigen Kuhhaltung nur noch schwer zu finden.
Auf Grund der oben genannten Nachteile bauen nur noch wenige Bauern in Ismaning das Kraut an und verkaufen es zwischen Anfang Oktober und etwa Weihnachten. Danach ist dort auch Sauerkraut aus dem echten Ismaninger erhältlich. Die ursprünglich vorhandenen zwei Krautfabriken schlossen in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Verbrauchergewohnheiten hatten sich geändert, so dass der Absatz des Krautes stark zurückgegangen war. Liste der Erzeuger siehe Punkt „Züchter, Erzeuger und Bezugsquellen“.
Laut einer Broschüre der Gemeinde Ismaning aus dem Jahr 2009 (siehe PDF unter „Weitere Informationen“) wurde das Ismaninger Kraut 1509 erstmalig urkundlich erwähnt, als Bischof Philipp von Freising den Ismaninger Bauern die Gemeindegründe als Eigentum übergab. Sie mussten als Gegenleistung jährlich 2.500 Krautköpfe an den Freisinger Bischofshof liefern. Daher rührt auch der Name Bischofskraut für das Ismaninger Kraut. Diese Vereinbarung hatte bis zur Säkularisierung Bestand.
Um das Kraut haltbar zu machen, wurde es zu Sauerkraut verarbeitet. Auf Grund der Beschaffenheit des Bodens in der Gemarkung Ismaning – es handelt sich um einen leicht moorigen Almboden mit einer ausgeprägten Kalkschicht in geringer Tiefe – entwickelte sich in Ismaning ein Zentrum des Kraut- und Gemüseanbaus, das einen ersten Höhepunkt im Jahr 1898 in der Gründung einer genossenschaftlichen Sauerkrautfabrik, der „Ersten Bayerischen Krautverwertungsgenossenschaft mbH“ fand. Damit war der Ruf des überregionalen „Krautdorfes“ Ismaning für die nächsten Jahrzehnte begründet.
Das Ismaninger Kraut schmeckt mild, weich und süß und wesentlich intensiver als andere rundköpfige Krautsorten. Dies kann an den lockereren Köpfen und der besonderen Bodenbeschaffenheit liegen.
Als Dünger akzeptiert das Ismaninger Kraut nur Kuhmist auf Strohbasis. Der lange Strunk bedingt ein starkes Anhäufeln, das spezielle Vorrichtungen am Traktor erfordert. Die Ernte wiederum ist nur von Hand möglich, da der lange Strunk die sehr großen und schweren Köpfe nach links und rechts aus der Reihe fallen lässt. Zudem ist der Reifezeitpunkt ungleichmäßig, so dass man durch die Reihen gehen und die Köpfe einzeln aussuchen muss.
Max Kraus
Bahnhofstr. 21
85737 Ismaning
Tel. (0 89) 96 88 73
Nikolaus Kraus
Freisinger Str. 22
85737 Ismaning
Tel. (0 89) 96 75 49
Gemeinde Ismaning (Hrsg.): Einkaufen auf dem Bauernhof in Ismaning, 2009 (PDF)
>> Slow Food Magazin: Ismaninger Kraut
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Alte fränkische Rebsorte
Arche-Passagier seit 2021
Unterstützt von Slow Food Hohenlohe-Tauber-Mainfranken
Der Silvaner ist die typische fränkische Weißwein-Rebsorte. Bereits 1659 wurde sein Anbau in einer Urkunde erwähnt, die sich im Archiv des Fürstlich Castell`schen Domänenamtes in Castell (zwischen Würzburg und Bamberg) befindet. Bis ins 20. Jahrhundert war es üblich, verschiedene Rebsorten im sog. „gemischten Satz“ anzubauen. Dazu gehörte neben dem Grünen, Gelben und Roten auch der Blaue Silvaner.
Die Trauben des Blauen Silvaners sind mittelgroß, dichtbeerig und haben eine rundliche Form. Die Besonderheit ist ihre Färbung: In der Reifezeit nehmen sie eine dunkelrote bzw. violette oder blaue Farbe an. Der Name „Blauer Silvaner“ hängt sicher mit dieser Beerenfarbe zusammen. Ampelografisch lassen sich Blauer und Grüner Silvaner bis zur Reifezeit fast nicht voneinander unterscheiden.
Im Durchschnitt erreicht der Blaue Silvaner einen mindestens genauso hohen Öchslegrad wie der Grüne Silvaner. Das hat der Winzer und Rebzüchter Kaspar Steinmann aus Sommerhausen über mehrere Jahre hinweg ermittelt.
Mit einer gewissen Maischestandzeit – je nach Ausbaurichtung – kann der Wein des Blauen Silvaner kupfergolden bis lachsrot werden. Um eine Rotweinsorte handelt es sich aber nicht, weil der Wein bei der Maischegärung nicht viel Farbe abgibt. Anthocyane oder auch Pflanzenfarbstoffe, die für eine rote, violette, blaue oder blauschwarze Färbung sorgen, sind im Fruchtfleisch der Beeren des Blauen Silvaner sehr gering enthalten oder fehlen ganz.
Im frühen 20. Jahrhundert ging man dazu über, den Grünen Silvaner auch dank seiner Frühreife, niedriger Säure und Ertragsstabilität sortenrein anzubauen und auszubauen, jedoch nicht den Blauen Silvaner. Dieser blieb noch längere Zeit ein Bestandteil des gemischten Satzes in alten fränkischen Weinbergen.
Bis heute hat der Blaue Silvaner eine vergleichsweise geringe Anbaufläche: 2018 betrug nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes die bestockte Rebfläche in Deutschland 29 ha. Für den Grünen Silvaner wurde im selben Jahr eine Anbaufläche von 4.744 ha erfasst. An der gesamten Silvaner-Anbaufläche hatte der Blaue Silvaner somit einen Anteil von nicht einmal einem Prozent.
2018 kam der Blaue Silvaner im Weinbaugebiet Franken auf 22 ha und der Grüne auf 1.501 ha. Das entspricht beim Blauen Silvaner einem Anteil von 1,4 % an der gesamten Silvaner-Anbaufläche in dieser Weinbauregion. Zudem ist auch die Anbaufläche je Weingut für diese Rebsorte im Durchschnitt sehr klein.
Diese Tatsachen machen den Blauen Silvaner zu einem absoluten Nischenprodukt. Zur Zeit gibt es vom Blauen Silvaner nur einen Klon, der sich im Besitz der Rebschule Steinmann in Sommerhausen befindet.
Angebaut und vermarktet wird der Blaue Silvaner derzeit von Weingütern in Franken, Baden, an der Nahe, in Rheinhessen, im Saale-Unstrut-Gebiet und in Württemberg.
Vom Slow-Food-Convivium Hohenlohe-Tauber-Mainfranken wurde im Silvaner-Jubiläumsjahr 2009 eine Weinprobe zum Blauen Silvaner durchgeführt. 2017 fand eine Verkostung statt, bei der verschiedene Weingüter ihre Blauen Silvaner vorstellten.
Die schon erwähnte Rebschule Steinmann bemüht sich als Erhaltungszüchter um den Blauen Silvaner, u. a. durch fortgesetzte Leistungsselektion, d. h. aus Anlagen mit dieser Rebsorte werden Stöcke mit gewünschten guten Eigenschaften ausgewählt und weitervermehrt.
Inzwischen befassen sich auch das Staatliche Weinbauinstitut Freyburg/Unstrut und die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg mit dem Blauen Silvaner.
Es ist bis heute noch unklar, ob der Blaue Silvaner die Ursprungsrebe des Grünen Silvaners oder eine Mutation desselben ist. Erwähnt bzw. beschrieben wird der Blaue Silvaner im „Handbuch über die Obstbaumzucht und Obstlehre“ bereits um 1804 und in „Der Rheinische Weinbau“ um 1827. Die Rebsorte war also schon bekannt, aber neben dem Grünen, Gelben und Roten Silvaner als Bestandteil des gemischten fränkischen Satzes. Auf die einzelnen Silvaner-Varianten wurde dabei bis ins 20. Jahrhundert kein besonderer Wert gelegt.
Erst der bereits erwähnte Kaspar Steinmann fand 1964 in einer 1,3 ha großen Anlage mit Grünem Silvaner einen Stock von der blauen Variante: Der optische Vergleich zeigte deutliche positive Merkmale im Vergleich zu den benachbarten Rebstöcken des Grünen Silvaner. Diese Entdeckung löste nun einige Aktivitäten für den Blauen Silvaner aus: Von der Rebschule Steinmann wurde die genetische Stabilität sowie von in- und ausländischen Fachlabors die Stockgesundheit überprüft. Im Jahr 1968 begann die Rebschule mit der Selektion des Blauen Silvaners und stellte nach Abschluss der Leistungsselektion den getesteten Kleinklon dem Bundessortenamt in Hasloch (Pfalz) für die erforderliche Registerprüfung zur Verfügung. 1984 konnte die Prüfung erfolgreich abgeschlossen werden. Der Blaue Silvaner wurde als eigene Weißweinsorte unter dem Klon ST25 in die Sortenliste eingetragen, Kaspar Steinmann als erster Erhaltungszüchter registriert.
Bei der Regierung von Unterfranken erfolgten die Anträge auf Anbaueignungsversuche und als Voraussetzung für den freien Anbau auf Klassifizierung. Durch die Initiative der Rebschule Steinmann fand der Blaue Silvaner wieder seinen Platz im Weinbau.
Durch den höheren Gerbstoffgehalt in der Beerenschale beim Blauen Silvaner ist die Zusammensetzung der Aromen etwas anders als beim Grünen Silvaner: Töne von milder Birne, Quitte und Honig sind reduziert. Apfel, Stachelbeere und Gras/vegetativ lassen sich in ähnlicher Ausprägung wie beim Grünen Silvaner feststellen. Beim Blauen Silvaner kommt allerdings eine Mischung aus mineralischen, sehr feinen Bitterstoffen dazu. Während der Grüne Silvaner mehr Fruchtigkeit und Floralität hat, ist der Blaue Silvaner intensiver im Geschmack. In der Summe bringt der Blaue Silvaner eher robuste, kräftige und reife Weine hervor, die sich gut als Essensbegleitung eignen und auch lagerfähig sind. Abhängig von Bodenart und Ausbau ist auch ein anderes Geschmacksprofil möglich.
Der Blaue Silvaner beansprucht mittlere bis gute Lagen mit Silvaner-geeigneten Böden. Er gedeiht besonders gut auf Muschelkalk, aber auch auf Keuper und Buntsandstein. Die Anbautechnik kann vom Grünen Silvaner übernommen werden.
Diese Rebsorte besitzt eine mittlere Winterfrosthärte. Aufgrund des etwas späteren Blühzeitpunktes ist sie weniger frostanfällig. In frostsicheren Lagen ist sie dank starker Blütenfestigkeit zu hohen Erträgen fähig. Außerdem kommt sie aufgrund ihrer Robustheit mit dem Klimawandel bisher gut zurecht. Die Anfälligkeit für die Pilzkrankheiten Falscher Mehltau (Peronospora) und auch für Grauschimmelfäule (Botrytis) ist gering bis mittel, für den Echten Mehltau (Oidium) fällt sie mittel aus.
Erhaltungszüchter*innen für den Blauen Silvaner:
Rebschule Steinmann e.K.
Sandtal 1,
97286 Sommerhausen,
Tel: (09333) 225
info@reben.de
Weingut Arnold
Klosterstraße 19b
97236 Randersacker
Tel. (0931) 708326
info@arnoldwein.de
Weingut Bürgerspital
Theaterstraße 19
97070 Würzburg
Tel. (0931) 35030
info@buergerspital.de
Weingut Bauer
Bühlstraße 19
97291 Thüngersheim
Tel. (09364) 1300
frankenwein-bauer@hotmail.de
Weingut Deppisch
Kirchgasse 4
97288 Theilheim
Tel. (09303) 8986
kontakt@weingut-deppisch.com
Winzerhof Geißendörfer
Am Hühnerberg 2
97320 Buchbrunn
Tel. (09321) 7369
info@winzerhof-geißendörfer.de
Winzerhof Hofmann
Herrengasse 9
91465 Ergersheim
Tel. (09847) 203
hofmann_stefan@gmx.de
Weingut Hulle
Maintalstraße 11
97855 Homburg am Main
Tel. (09395) 7809520
info@weingut-huller.de
Weingut König
Herrngasse 29
97236 Randersacker
Tel. (0931) 708166
info@weingut-koenig.de
Weingut Krämer
Türkenstr. 1
7247 Eisenheim
Tel. (09386) 90115
info@weingut-krämer.de
Weingut Zehnthof Theo Luckert
Kettengasse 3-5
97320 Sulzfeld am Main
Tel. (09321) 23778
luckert@weingut-zehnthof.de
Weingut im Pfülben
Wegscheide 26
97236 Randersacker
Tel. (0931) 708097
info@weingut-im-pfuelben.de
Weingut Horst Sauer
Bocksbeutelstr. 14
97332 Volkach
Tel. (09381) 4364
mail@weingut-horst-sauer.de
Weingut Lange - Schloss Saaleck
Ulrike Lange
Am Marktplatz 1
97762 Hammelburg
Tel. (0 97 32) 788 74 50
info@weingut-schloss-saaleck.de
www.weingut-schloss-saaleck.de
Weingut Schloss Sommerhausen
Ochsenfurter Straße 17-19
97286 Sommerhausen
Tel. (09333) 260
info@weingut-schloss-sommerhausen.de
Weinerlebnis Stühler
Landwehrstraße 1
97247 Untereisenheim
Tel. (09386) 243
info@weinerlebnis-stuehler.de
>>Weißwein aus blauen Trauben: Blauer Silvaner ist neuer Arche-Passagier
>>Die Arche-Kommission im Gespräch mit Weinexpert*innen
>>Fränkisches Weinland und Steigerwald
>>Rettung des ältesten und größten Pfahlweinbergs in Deutschland
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]]>Die “Pfennigsucher” von den Ufern der Leine und aus dem Eichsfeld
Arche Passagier seit 2020
Unterstützt von Südniedersachsen
Das Leineschaf ist ein frohwüchsiges, marsch- und widerstandsfähiges Landschaf mit leichten Geburten und sehr guten Muttereigenschaften. Beide Geschlechter sind hornlos, reinweiß und ohne Pigmentflecken. Die Tiere haben einen langen, schmalen, unbewollten Kopf mit Ohren, die zum Herabhängen neigen. Das Gewicht der Muttertiere liegt zwischen 60 und 80 kg, die Böcke wiegen 100-120 kg. Früher wurde es überwiegend als Hüteschaf – statt als Wanderschaf - gehalten. Aufgrund seiner Genügsamkeit bekam es von den Schäfer*innen den Spitznamen "Pfennigsucher".
Beim Leineschaf handelt es sich um eine Landschafrasse, die vermutlich auf das „Rheinisches Schaf“ im 19. Jahrhundert zurückzuführen ist. Es gehörte zu den robusten und anspruchslosen Landrasseschlägen. Seit 1906 existierte mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Hannover ein einheitliches Zuchtziel. Für eine kontinuierliche Zucht der Leineschafe wurden damals Elite- bzw. Stammherden insbesondere im südniedersächsischen Raum eingerichtet. Das Zuchtgebiet lag flächendeckend entlang der Hügel des Leineflusses – von dem der Rassename stammt - vom thüringischen Eichsfeld über Göttingen bis Hannover. Hier beweideten die Herden der Guts- und Genossenschaftsschäfereien die hängigen Hutungen, die „Dreische“ (ackerbaulich ungenutzte Flächen bzw. Brachen, im Rahmen der „Feldgraswirtschaft“), die Wegränder und die Stoppelfelder der Ackerbaugebiete. Bis 1937 hatte sich die Population des Leineschafes in seinem Verbreitungsgebiet bis auf etwa 70.000 Tiere vergrößert. In der Nachkriegszeit verschwand die Rasse weitgehend aus seinem Herkunftsgebiet.
1954 und 1960 wurden etwa 1.500 Leineschafe als Reparationszahlungen nach Polen gebracht. Sie blieben dort nahezu unverkreuzt bis zur Jahrtausendwende erhalten. In Deutschland hingegen gab es von diesem Typ nur noch im Erfurter Zoopark eine kleine Zuchtgruppe. Rückimporte aus Polen - 30 Zuchtböcke und etwa 70 weibliche Tiere aus der bis 2002 in Cerkwica noch vorhandenen staatlichen Herde - erreichten in der Zeit von 1993 bis 1999 Sachsen und Thüringen, wo Leineschafzuchten des ‚ursprünglichen Typs‘ wiederaufgebaut wurden.
In Westdeutschland wurden seit etwa 1965 die fruchtbareren Ostfriesischen Milchschafe und die fleischreicheren Texelschafe eingekreuzt. Das führte in Niedersachsen zu einem ‚neuen schwereren Typ’ des Leineschafes, welches dort zu den 'Fleischschafen' gehörte und damit vieles von seiner „Genügsamkeit“ verlor.
Seit 1995 wurden diese beiden Zuchtrichtungen in zwei unterschiedlichen Zuchtbüchern geführt. Jedoch kam es im Laufe der Zeit zu einer fortschreitenden Durchmischung der Zuchtrichtungen. Deshalb entschlossen sich die Züchter*innen 2016 zu einer Zusammenlegung. Zum Stichtag 1. Januar 2016 waren in den sieben Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Berlin-Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen insgesamt 3.491 Leineschafe, davon 90 Böcke eingetragen. Zuchtziel wurde die Erhaltung und Wiederherstellung der alten Zuchtrichtung.
Der Landschaftspflegeverband Göttingen (u.a. vertreten durch Heinz König) hat sich dem Erhalt bzw. der Wiederansiedlung des Leineschafs in seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet sehr erfolgreich verschrieben. Die jährlich im Herbst stattfindenden "Leinelamm-Wochen" haben sich beim Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten (Schäfer*innen/Züchter*innen – Schlachter*innen – Gastronomie/Verbraucher*innen) erfolgreich etabliert. Durch die Vermarktung des Leinschafs erhalten die Verbraucher*innen ein vielfältiges Spektrum unterschiedlichster Produkte. Es gibt das hochwertige Leinelammfleisch sowie Milch bzw. Käseprodukte. Auch die Verarbeitung der Wolle zu Pullovern, Westen, Seifen u.v.m. sind bedeutende Leistungen der Haltung des Leineschafs. Dabei handelt es sich immer um eine hohe Produktqualität und eine regionale Erzeugung. Diese wiederum steht für eine tier- und umweltgerechte Erzeugung.
Das Leineschaf wird heute vor allem aufgrund seiner Robustheit und Anpassungsfähigkeit in der Landschaftspflege eingesetzt. Ziel dabei ist die Erhaltung der vielgestaltigen Kulturlandschaft mit ihren blühenden Magerrasen, Streuobstwiesen und nassen Leineuferwiesen in seinem Ursprungsgebiet, dem Leinebergland und im Eichsfeld. Schließlich ist das Landschaftsbild entlang der Leine ein Ergebnis der Jahrhunderte langen, einst weit verbreiteten Beweidung mit diesen Schafherden. Die Schafe verbringen so fast das ganze Jahr auf der Weide. Nur zur Ablammzeit in den Wintermonaten kommen sie in den Stall.
Im Gegensatz zu anderen Haltungsverfahren und Rassen, deren Lämmer bereits mit drei bis fünf Monaten schlachtreif sind, haben Lämmer des Leineschafes durch eine weniger energiereiche Futtergrundlage im Rahmen der Landschaftspflege eine längere Aufzuchtdauer.
Langsames Wachstum sowie das kräuterreiche Futter bringen mit sich, dass das Fleisch vom Leinelamm einen dezent würzigen, leicht kräuterigen Geschmack hat und besonders zart ist.
Die Köchin Jacqueline Amirfallah beschreibt es so: „Je nach Teilstück und Zubereitungsart schmeckt es intensiver nach Lamm, die fleischigen Schultern und Keulen haben durch das längere Schmoren mehr Zeit, das typische Aroma zu entwickeln, der Rücken und die Filets, die beim Leinelamm meist ein wenig dünner ausfallen, sind dagegen eher zurückhaltend im Geschmack.”
Herdbuch-Zuchtbetriebe, bei denen Tiere und Fleisch erworben werden können:
Werner Borgelt
Offenser Str. 8
37170 Uslar OT Verliehausen
Tel. (0 55 71) 91 38 26
borgelt@leineschaf.info, borgelt.u@outlook.de
Schäferei Bodmann
Wollbrandshäuser Str. 5
37136 Seeburg-Aussiederhof
Tel. (01 75) 8 61 47 92
Karl-Heinz Kempe
Am Mühlenland 7
34399 Wesertal-Oedelsheim
Tel. (01 70) 2 86 12 93
schafzuchtkempe@gmail.com
www.facebook.com/schafzuchtkempe/
Schaffleisch:
Rüdiger Grossert c/o Schäferei Gutinga
Freienhägener Str. 3
37130 Gleichen-Ischenrode
Tel. (01 60) 96 63 51 08
schaeferei-gutinga@t-online.de
www.schaeferei-gutinga.de
Monika & Meinolf Timmerberg
Kirchrain 4
37242 Bad Sooden-Allendorf-Dudenrode
Tel. (0 56 04) 79 58
Pascale und Eckhard Wiesenthal
Am Eschenberg18
37130 Gleichen-Bremke
Tel. (01 72) 4 31 79 85
ewiesenthal@tiergartengestaltung.de
Ilse GbR
Friedländer Str. 12
37133 Klein Schneen
Tel. (0 55 04) 79 99 94 74
hof.Ilse@web.de
https://www.hof-ilse.de
Fleischerei Sebert
Fäutlingsgasse 2
37083 Göttingen
Tel. (05 51) 7 90 68 70
info@fleischerei-sebert.de
www.fleischerei-sebert.de
Landfleischerei Osterhus
Bethelstraße 4
37139 Adelebsen-Barterode
(Adresse Hauptgeschäft, auch Wochenmärkte in der Region)
Tel. (0 55 06) 2 65
info@landfleischerei-osterhus.de
http://landfleischerei-osterhus.de/
Einen Einblick in die Geschichte des Leineschafs im Göttinger Land gibt es in diesem Video:
>>Slow Food Magazin: Leineschaf
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Bilder: © Karin Weinsberg
„Verträgt auch eine steife Brise“
Arche-Passagier seit 2024
Unterstützt von Slow Food Berlin und Mecklenburger Seenplatte
Der Mecklenburger Marienroggen (Secale cereale L.), ist eine alte regionale Roggensorte. Bereits vor 1900 züchtete Professor Heinrich, der im 19. Jahrhundert an der landwirtschaftlichen Hochschule in Rostock tätig war, den nach ihm benannten Professor-Heinrich-Roggen aus skandinavischer Herkunft. Aus dieser Population wurde der Marienroggen selektiert und züchterisch bearbeitet, die Sortenzulassung wurde 1920 dem Mecklenburger Züchter Wilhelm Brandt, Toitenwinkel bei Rostock erteilt. Daneben hat auch die Firma Otto Breustedt einen „Breustedts neuer Professor Heinrich Roggen“ entwickelt, der dem Marienroggen sehr nahe kommen dürfte, leider ist davon kein Material in der Genbank erhalten. 1945 wurde „Brandts Marienroggen“ in „Mecklenburger Marienroggen“ umbenannt und als solcher in der Sortenliste der DDR noch bis 1961 geführt.
Angebaut wurde diese Winterform in Nord- und Mitteldeutschland, insbesondere in Pommern, Mecklenburg und Holstein. Der Marienroggen ist mittelspät und wird mit ca. 1,60 m weniger hoch als Champagnerroggen, das Stroh ist kürzer und vergleichsweise standfest. Die dichte, etwas fischgrätförmige Ähre hat lange bräunliche Grannen und ein graugrünes kleines Korn , das Tausendkorngewicht liegt unter 30g.
Mecklenburger Marienroggen gedeiht auf weniger guten, leichteren Böden und besitzt eine sehr gute Standfestigkeit, daher seine besondere Eignung für windige und maritime Standorte.
Trotz der Wuchshöhe stabil bei Wind und Wetter, reguliert der Marienroggen Beikräuter und Wildgräser ohne sie zu unterdrücken. Auch bei reduziertem Pollenflug in der Blüte zeigt der Marienroggen eine gute Mutterkornabwehr. Auf Herbizide und Halmverkürzer kann verzichtet werden. Das schützt Ackerwildkräuter und begünstigt Insekten und Feldvögel, ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.
Der hochwüchsige Roggen unterscheidet sich deutlich in Farbe und Erscheinung von den heute angebauten, modernen Sorten, sein Ertrag liegt mit durchschnittlich 2,5 t/ha bei der Hälfte des konventionellen Anbaus züchterisch bearbeiteter Populationssorten. Bereits zur Zeit der Zulassung war der Marienroggen nicht unter den Top 15 nach Anbaufläche, da der „Petkuser“ wegen seines deutlich höheren Ertrags dominierte.
Im Jahr 2023 zeigten sich je nach Wasserversorgung, extreme Ernte und Qualitätsunterschiede auf kleinem Raum, die auch den Marienroggen betrafen.
In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg gewannen ertragreichere Sorten an Bedeutung, um die Nahrungsmittelknappheit zu bekämpfen. In den sechziger Jahren war der Marienroggen von den Feldern verschwunden und wurde erst in den 1990er Jahren vom VERN e.V. ( Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen ) aus einem Saatgutmuster der Genbank Gatersleben wieder angebaut. Die Anbaufläche für kommerzielle Verwertung beträgt ca. 20 ha. Die Sorte wird in der Roten Liste geführt und ist vom VERN e.V. als Erhaltungssorte registriert. Letzterer organisiert die Erhaltungszucht der Sorte, derzeit bei der Landwirte GmbH Gräbendorf, die über ausreichend Ackerfläche zum Sortenerhalt verfügen.
Seit 2023 wird eine Zusammenarbeit der Störtebeker Brennerei GmbH auf Rügen, mit dem ökologisch wirtschaftenden Betrieb Hartmann in Wustrow/Darß erprobt. Die erste Ernte ist derzeit in der Mälzerei (via Störtebeker Brauerei) und soll im ersten Quartal 2024 zu einem Whisky gebrannt werden, eine Fassprobe wird im Lauf des Jahres 2026 Aufschluss über das Geschmacksprofil und die weiteren Vermarktungsmöglichkeiten geben.
Bereits seit 2020 arbeiten der VERN e.V. und die Mecklenburger Backstuben GmbH in Waren/Müritz zusammen an der Vermarktung des Mecklenburger Marienroggens. In 2021 und 2022 wurden erstmalig aus Marienroggen gefertigte Brote und Backwaren in den Verkaufsstellen über nahezu ganz Mecklenburg angeboten. Das Korn wird regional in der Mecklenburger Seenplatte auf dem ökologisch wirtschaftenden Gut Ahrensberg in Wesenberg angebaut. Die Vermahlung erfolgt bei der Rätzemühle in Spittwitz. Brote und weitere Backwaren aus Marienroggen werden in konsequenter Sauerteigführung in der eigenen Forschungsabteilung der Mecklenburger Backstuben GmbH entwickelt und erprobt. Da der Marienroggen etwas kleinkörniger als üblich ist, besitzt er dadurch mehr wertvolle Inhalts- und Ballaststoffe. Teig aus Marienroggen ist nur begrenzt maschinenfähig, von Bäckern erfordert er handwerkliches Geschick und die Anpassung der Verarbeitungsprozesse. Dies bedeutet auch, dass kulturell bedeutsames, traditionelles Handwerk praktiziert wird und dadurch auch erhalten bleibt. Das Brot wird geprägt von den milden Aromanoten des Natursauerteigs, und beschert ein einzigartiges und facettenreiches Geschmackerlebnis.
Rudolf Vögel / VERN e.V.
Burgstr. 20
16278 Angermünde/OT Greiffenberg
(0 15 77) 7 06 04 09
https://vern.de/
Landwirte GmbH Gräbendorf
Gussower Str. 13
15754 Heidesee, OT Gräbendorf
(03 37 63) 6 34 81
landwirtegraebendorf@gmx.de
Manfred Arndt / Freunde alter Landtechnik
Lange Straße 15
15370 Fredersdorf-Vogelsdorf, OT Fredersdorf/Nord
(03 34 39) 5 95 52 / (01 71) 7 72 78 60
Mail: manfredarndt@web.de
http://www.freunde-alter-landtechnik.de/
Bemerkung: Baut nicht jedes Jahr an
Gut Ahrensberg
Gutshof 1
17255 Wesenberg
(03 98 32) 2 02 83
(01 51) 44 24 66 57
Bemerkung: Anbau für Mecklenburger Backstuben GmbH
Frank Hartmann
Ernst-Thälmann-Straße 56B
18347 Wustrow
(01 70) 5 75 75 90
bauer.hartmann@googlemail.com
https://www.bauer-hartmann.de/
Bemerkung: Anbau für Störtebeker Brennerei GmbH
Martin Brauer-Siebrecht
Mühlenwinkel7
38871 Abbenrode
martinb-s@t-online.de
Mecklenburger Backstuben GmbH
Am Alten Bahndamm 15
17192 Waren (Müritz)
(0 39 91) 73 81 49
volker.kroeger@meckback.de
www.meckback.de
Vermarktung des Marienroggens als Brot
Herr Triebe / Störtebeker Brennerei GmbH
Alt Reddevitz 36, 18586 Mönchgut
(03 83 08) 3 41 05
k.triebe@stoertebeker.com
https://www.stoertebeker-whisky.com/
Vermarktung des Marienroggens als Destillat
Ein lebendiger Käse mit Tradition
Arche-Passagier seit 2006
Unterstützt von Slow Food Leipzig-Halle
Milbenkäse ist ein „Trüffel" unter den Käsesorten, seine ungewöhnliche Geschmacksvielfalt ist sehr geschätzt. Er wird aus getrocknetem Magerquark hergestellt. Die Grundlage dafür ist Ziegen-, Schafs- oder Kuhmilch. Der Käse lagert viele Wochen in Kisten mit speziellen Käsemilben. Hier erfährt der Quark seinen Reifeprozess. Die Milben fermentieren den Käse. Damit er nicht von ihnen aufgefressen wird, werden die Milben mit Roggenmehl gefüttert. Dieser Prozess kann ein viertel bis hin zu einem halben Jahr in Anspruch nehmen und erfordert eine intensive und individuelle Betreuung. Weil die Milben im Winter eine Ruhephase haben, kann der Käse auch nur saisonal vom Frühjahr bis zum Herbst hergestellt werden. Das Besondere des Milbenkäses ist die extrem lange Haltbarkeit, die bei einzelnen Exemplaren bis zu 30 Jahren nachgewiesen werden konnte. Der Käse ist im besten Reifezustand bernsteinfarben und die Textur ist mittelfest bis hart. Milbenkäse schmeckt nicht nur, sondern kann auch homöopathisch wirken. Er hat positive Auswirkungen auf den Verdauungstrakt und die Darmflora und kann einen Beitrag gegen Allergien leisten.
Die Herstellung des Milbenkäses ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts durch den Rückgang der bäuerlichen Strukturen im Altenburger Land fast ausgestorben. Bis auf wenige private Familien, die die Tradition pflegen, gibt es nur ein Unternehmen, dass sich der Herstellung auf Grundlage lebensmittelrechtlicher Verordnungen verschrieben hat.
Helmut Pöschel und Christian Schmelzer betreiben mit der Würchwitzer Milbenkäse Manufaktur den gegenwärtig einzigen Betrieb, der Milbenkäse herstellt und auch mittels Onlineshop vertreibt. Erhältlich auch in Feinkostläden (Pfunds Molkerei, Dresden).
Schon seit mehr als 300 Jahren ist der Milbenkäse nachweislich im Altenburger Land bzw. in Würchwitz angesiedelt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts ist diese traditionelle Art der Käseherstellung immer mehr in Vergessenheit geraten. Während die Milbenkäse-Tradition spätestens nach den Zweiten Weltkrieg in den anderen Orten ausgestorben war, haben sie in Würchwitz einige Familien weiter gepflegt. Heute ist der Käse in der Region nicht nur ein kulinarisches Unikum, sondern zieht auch Besucher aus aller Welt an.
Der Geschmack des Milbenkäses ist vergleichbar mit einem besonders würzigen Harzer Käse. Die speziellen Aromen sind jedoch nur schwer zu benennen und bilden einen für den Milbenkäse typischen Geschmack mit einer leichten Bitternote.
Weltweit einzigartig ist, dass der Würchwitz Milbenkäse seiner Haltbarkeit und seinen besonderen Geschmack ausschließlich beim Reifen in der Milbenkiste durch die besonderen Enzyme der Käsemilbe erhält.
Sporaer Str. 8
06712 Zeitz / OT Würchwitz
Tel. (03 44 26) 2 13 46
www.milbenkaese.de
info@milbenkaese.de
>>Drei Fragen an Chef-Alliance-Koch Thomas Marbach
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Bannerbild und weitere Bilder: © Christian Schmelzer
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