Wie war das für dich, vom Teilnehmer zum Koordinator zu wechseln?
Das war spannend, weil sich die Wahrnehmung und der Blick auf die Akademie verändert. Als Teilnehmender konzentrierst du dich darauf, das Wissen zu verschiedenen Themen aufzusaugen, triffst auf Leute, die sich für sehr ähnliche Dinge interessieren. Als Koordinator war ich für die Abläufe verantwortlich, dass sich alle Beteiligten wohlfühlen und versorgt sind. Das war mein Job und der erforderte eine andere Art von Organisation. Hinzu kam, dass ich selbst Elia als Koordinatorin erlebt habe und ihr als Vorgängerin gerecht werden wollte. Da hatte ich durchaus einen gewissen Anspruch an mich: Die 24 Teilnehmenden sollten wie ich eine gute Akademie erleben. Gleichzeitig stand das Akademieprogramm durch Elia auf einem stabilen Fundament. Durch die Koordination habe ich indirekt ein zweites Mal an der Akademie teilgenommen. Das war toll, ich habe an einigen Themen ein noch größeres Interesse gefunden.
Welche Themen waren das?
Unter anderem der Boden. Mit der BioBoden-Genossenschaft haben wir uns zu Besitzverhältnissen ausgetauscht. Mir war vorher nicht klar, wie viele Bedingungen daran geknüpft sind, Land zu besitzen und zu bewirtschaften. Ich habe in diesem Jahr außerdem das erste mal an dem Brüssel-Wochenende teilgenommen. Wir haben uns dort u.a. mit Sarah Wiener getroffen und Hintergrundwissen über den europäischen Demokratieprozess mitgenommen. Darüber wie Gesetze diskutiert werden, was das Gelingen oder Scheitern von sozial und ökologisch nachhaltiger Gesetzesgebung beeinflusst und wie dort mit weiteren befürchteten Rechtsrucken in Mitgliedsländern umgegangen wird.
Hat dich die Akademie in deinem berufliche Schaffen beeinflusst?
Ich würde sagen, dass mich Slow Food allgemein beeinflusst hat, in dem was und wie ich es tue. Mein Wunsch war es, Teil der Gemeinschaft zu sein, die nach den Werten gut, sauber, fair und vor allem für alle handelt. Meine Kochausbildung habe ich in der Hobenköök gemacht, weil das Restaurant nach Slow-Food-Kriterien arbeitet. Dort hatte ich zwei Chef-Alliance-Köche an meiner Seite. Ich bin selbst auch Mitglied im Netzwerk und zum Arbeiten würde nur noch ein Bruchteil der Hamburger Restaurants für mich in Frage kommen. Die Akademie hat meine Sicht auf die Dinge weiter geschärft, ich bin konsequenter geworden. Durch die tiefen Einblicke reibe ich mich öfter am bestehenden Ernährungs- und Lebensmittelsystem. Immerhin kann ich mich mit Gleichgesinnten dazu austauschen und beraten. Aktuell ist es weiterhin ein Mehraufwand für Produzent*innen und Verarbeitende, nachhaltig zu arbeiten. Unsere Kreativität ist immer wieder gefordert. Allein wenn es um die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung geht. Das das ist es mir wert.
]]>Die Slow Food Youth Akademie findet seit 2017 jährlich statt und ist für junge Erwachsene mit unterschiedlichen Werdegängen anschlussfähig. 2023 sind u. a. Studierende der Sozial-, Ernährungs- und Wirtschaftswissenschaften, Bäcker*innen, Projektmanager*innen, Köch*innen und Engagierte aus Ernährungsräten dabei. Aufgeschlossenheit ist auch während der Akademie elementar und wird von Slow Food gefördert. Nina Wolff, SFD-Vorsitzende, sagt dazu: „Wir möchten, dass die Teilnehmenden – begleitet von Experten und Expertinnen – neue Spielräume beim Denken und Handeln entdecken und diese mit Leben und kreativen Ideen füllen. Sie alle bringen ein breites Spektrum an wertvollen Erfahrungen mit – und das soll einfließen. Als Nachwuchskräfte sollen sie Lust darauf bekommen, an den zentralen Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit im Ernährungssystem zu drehen. Dafür braucht es Durchsetzungsvermögen, diplomatisches Geschick, Mut und Freude.“
Die Youth Akademie ist exemplarisch für die Slow-Food-Methode für handlungsorientiertes Lernen. SFD schafft den Teilnehmenden Bedingungen, in denen Lernen Spaß macht und Wissen sich nachhaltig etabliert. Die jungen Erwachsenen sind überzeugt davon, dass Slow Food einen wertvollen Beitrag leistet, um die Ernährungswelt zum Positiven zu gestalten. Das treibt auch Moritz Niebeling an – bisher als Leitungsmitglied von Slow Food Youth Deutschland und ab heute auch als Teilnehmer der Akademie: „Ich wünsche mir, politisch noch fundierter mitreden zu können. Die Akademie ermöglicht es mir, tiefer in die Herstellungsprozesse unseres Essens einzutauchen und zu verstehen, welchen Einfluss Politik darauf hat. Und sie setzt mich in Kontakt mit Menschen, die, so wie ich, an einer Zukunft arbeiten, in der Essen und Ernährung auf nachhaltigen Beinen stehen.“
Eingebettet ist die Akademie in ein starkes Netzwerk von Referent*innen aus Erzeugung, Handwerk, Politik und Wissenschaft, Gastgeber*innen, Fördernden und Alumnis. Die Absolvent*innen selbst sorgen für frischen Wind und tragen zur Inspiration des Slow-Food-Netzwerks bei. Inzwischen zählt die Akademie über 150 Absolvent*innen, die die Slow-Food-Philosophie mit der Strahlkraft der Jugend beruflich zum Ausdruck bringen.
2023 ist die Akademie von der Europäischen Union durch das Projekt Our Food.Our Future kofinanziert. Sie wird außerdem unterstützt durch die Lighthouse Foundation, die EDEKA Südwest, die Akademie Schloss Kirchberg sowie die BioBoden Genossenschaft.
» Mehr zur Slow Food Youth Akademie
>> Hier können Sie unsere Bildungsarbeit mit einer Spende unterstützen
]]>Elia, wann und wie bist Du zur Akademie gekommen?
Seit Langem schon wollte ich bei Slow Food einen beruflichen Einstieg finden. Mit der Koordination der Slow Food Youth Akademie hat es 2016 geklappt. Als studierte Agrarwissenschaftlerin hatte ich bereits zuvor Berührungspunkte mit Menschen des Slow-Food-Netzwerks. Sowohl in den USA als auch in Spanien. Für mich ist es bis heute ein großes Geschenk, in der Slow-Food-Welt wirksam zu sein. Essen ist mein Hobby, meine Leidenschaft und auch mein Beruf. Es fühlt sich ein wenig wie Berufung an, das Wissen in diesem Bereich weiterzugeben. Die Akademie selbst startete 2017 in Deutschland, maßgeblich inspiriert von der Youth Akademie in den Niederlanden.
Wie hat sich die Akademie in den Jahren weiterentwickelt?
Der Aufbau der Akademie hat sich von Anfang an bewährt und ist im Großen und Ganzen konstant geblieben. Hinzu kamen die Themen Gastronomie und Agrarpolitik sowie sukzessive neue Partner. Wir halten regelmäßig inne, ziehen Resümee, setzen neue Akzente. Unser Dilemma ist, dass wir zu viele Ideen haben, um sie in die 48 Stunden eines Wochenendes zu integrieren. Wo wir uns verändert und geöffnet haben, ist die Einbindung von Akteur*innen des Lebensmitteleinzelhandels wie Edeka. Entwickelt hat sich natürlich das Alumni-Netzwerk der Akademie. Alumnis wirken inzwischen als Referent*innen, als Gastgeber*innen und als Auftraggeber*innen für Beratungsprojekte mit. So schließt sich ein Kreislauf. Die Teilnehmenden bilden auch uns inzwischen weiter. Es ist eine Win-win-Situation innerhalb eines gelebten und lebendigen Netzwerkes.
Was waren Deine bewegendsten Momente?
Oh, davon gibt es viele. Wie die Teilnehmenden Mut und Zuversicht tanken, sich in ihren Visionen unterstützen und einander auf Augenhöhe begegnen. In den vermeintlich kleinen Augenblicken am Ende eines Tages, beim Kochen oder am Lagerfeuer entstehen Freundschaften und gemeinsame Projekte. Das bewegt mich. Als wir uns 2018 für das erste Alumni-Treffen wiedersahen, hatte die Hälfte der Ehemaligen sich selbstständig gemacht und Neues ausprobiert! Bis heute fasziniert mich die Geschichte von Sebastian Junge, der während der Akademie beschloss, sich als Koch selbstständig zu machen, um gut, sauber und fair konsequent umzusetzen. Das tut er erfolgreich und authentisch: Er hat ein Restaurant in Hamburg, ist Mitglied der Chef Alliance und für sein Konzept mehrfach ausgezeichnet.
Warum schicken Unternehmen ihre Mitarbeitenden zur Akademie oder beauftragen Beratungsprojekte?
Einerseits holen sie sich innovatives Denken sowie ein hohes Maß an Motivation und neues Wissen ins Haus. Manchmal kehren die Mitarbeitenden mit verrückten, aber durchaus umsetzbaren
Impulsen zurück. Natürlich müssen die Unternehmen dafür offen sein. Andererseits ebnet ihnen die Akademie den Weg zu engagierten Nachwuchsmitarbeiter*innen. Sie ist also für Personalgewinnung und -entwicklung spannend. Ebenso vergrößern Unternehmen ihr Netzwerk an potenziellen Partnern.
Ist der Blick des aktuellen Jahrgangs auf das Ernährungssystem aufgrund der stetig anwachsenden Krisen ein anderer? Sind sie besorgter oder sagen sie »jetzt erst recht die Ernährungswende«?
Die Menschen, die sich für den Slow-Food-Bildungsweg entscheiden, sind bereits informiert und politisch interessiert. Sie verfolgen die Entwicklung der großen Krisen wie Klimawandel, Verlust von Biodiversität, Handwerk etc. Aber klar, viele Forderungen, für die sie sich einsetzen, werden natürlich immer wichtiger und relevanter. Was sie sichtlich bewegt, ist die Frage, wie es ihnen gelingen wird, die Motivation im Netzwerk hochzuhalten. Auch, weil die Macht der Wirtschaft und der Großkonzerne weiterhin gigantisch ist. Aber es hat sie bislang nicht entmutigt. Sie säen Samen, auch wenn der Ausgang nicht sicher ist.
Wenn Du jemandem mit drei Begriffen für die Akademie überzeugen müsstest, welche wären das?
Netzwerk, Gleichgesinnte, etwas bewegen. Oder wie die Youthies so treffend sagen »Denken, schmecken, Welt bewegen«.
Start der Bewerbungshase für die SFYA 2023
Die Bewerbungshase für die SFYA 2023 hat heute begonnen. Mehr Informationen unter: https://www.slowfood.de/was-wir-tun/projekte-aktionen-und-kampagnen/youth-akademie
Quelle: Slow Food Magazin 6/2022
]]>2016 rief Slow Food Deutschland die Slow Food Youth Akademie (SFYA) ins Leben. Das Ziel: Räume zu schaffen, in denen sich neue Perspektiven und qualifizierte Nachwuchskräfte entfalten – für Tätigkeiten in Landwirtschaft und Lebensmittelhandwerk, Wissenschaft und Forschung, sowie Wirtschaft und Politik. Jährlich kommt seither eine heterogene Gruppe von 25 jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren zusammen. Sie schlagen die Brücke zwischen verschiedenen Berufen, Ausbildungen und Studiengängen, um die Ernährungswelt positiv zu gestalten. Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen der Lebensmittelwertschöpfung begleiten sie und geben ihnen einen fundierten Überblick über Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln sowie über Ernährungspolitik und -wirtschaft. Die Akademie ist beispielhaft für die Slow-Food-Methode des handlungsorientierten Lernens: Der Besuch bei Leichtturmprojekten der Lebensmittelerzeugung und das praktische Lernen in Workshops spielt eine entscheidende Rolle, ebenso die Auseinandersetzung mit verschiedenen Akteur*innen und das Austarieren ihrer Positionen.
Unter dem Motto „Neue Gastronomie“ widmete sich der diesjährige Jahrgang vom 21. bis 23. Oktober den Potentialen der Gastronomie, um Verbraucher*innen Lust zu machen, „gut, sauber, fair“ zu genießen. Denn die Gastronomie ist ein entscheidendes Bindeglied zwischen Herstellung, Handwerk und Gast. Die Teilnehmenden lernten in Passau die vielfältigen Arbeitsaufgaben und Handlungsfelder einer sozial und ökologisch fairen sowie genussvollen Küche besser kennen. Sie verstanden, was es für Köch*innen und Betreibende in der Außer-Haus-Verpflegung heißt, sich für ihre Mitarbeitenden sowie die Wertschöpfung in der Region einzusetzen.
Für die Teilnehmenden ist die SFYA der Weg zu neuen beruflichen Qualifizierungen. Neben Fachwissen erweitern sie ihre Soft Skills. Beides fließt in ihre Beratungsprojekte ein, für die sie von verschiedenen Auftraggeber*innen der Lebensmittelerzeugung zu Beginn eines Akademiejahres beauftragt werden und innovative Lösungen für real bestehende Herausforderungen des Unternehmens erarbeiten. Das Alumni-Netzwerk der Akademie zählt inzwischen 130 Absolvent*innen. Dazu Elia Carceller, Koordinatorin der Akademie: „Das gemeinsame Jahr hinterlässt beruflich wie privat tiefgreifende Spuren bei den Teilnehmenden. Für die meisten hat sich das Leben verändert. Inzwischen inspirieren und begleiten sich die Jahrgänge sogar untereinander, was dazu beiträgt, dass sich Wissen nachhaltig etabliert.“ Gastgeber dieses Wochenendes war Josef Piwowasky. Er ist Gastronom und selbst Akademie-Alumni.
Unterstützt wird die Akademie von ihren Referenten, Gastgeberinnen, Förderern und Alumnis. Die Lighthouse Foundation gehört seit 2017 zu den Förderern. Jens Ambsdorf, Vorsitzender der Stiftung erklärt: „Die Akademie fasziniert mich, weil genau diese Initiativen die Bewegung derer, die das Lebensmittel- und Ernährungssystem wandeln möchten, lebendig hält und Zuversicht schenkt. Da erwachsen frische Ideen in klugen Köpfen. Das möchten wir unterstützen.“
Alle Informationen zur Slow Food Youth Akademie finden Sie » hier.
]]>Wie passen Metzgerhandwerk und zwei Veganerinnen zusammen? Garnicht könnte man meinen. Doch Evelyn Medawar und Malin Gütschow von Slow Food Youth können sich trotz ihrer veganen Ernährungsweise für Fleischwölfe und Wursthüllen begeistern. Grund dafür ist nicht zuletzt die Slow Food Youth Akademie, an der Evelyn und Malin 2021 teilgenommen haben, und die die beiden unter anderem in einen Schlachtcontainer für schweinefreundliche Weideschlachtung führte. Mit ihrem Unternehmen lokkalekka (in Gründung) möchten sie Elemente traditioneller Fleischverarbeitung aufgreifen – und sie in die Arbeit mit pflanzlichen Zutaten übertragen. Denn Fleischprodukte wie zum Beispiel Würstchen haben viele positive Aspekte: sie sind Symbol regionaler Esskultur, sind praktische Sättigung zwischendurch, sind wichtigste Zutat vieler sommerlicher Grillpartys.
Evelyn und Malin sind überzeugt – die Handwerkskunst und Rezeptvielfalt aus der traditionellen Fleischverarbeitung, müssen und sollten auch bei einem Wandel zu überwiegend pflanzlicher Ernährung nicht verloren gehn. Die Wertschätzung für das Lebensmittelhandwerk und für pflanzliche Proteinquellen wollen Evelyn und Malin mit lokkalekka durch Workshops und durch eigene Produkte vermitteln. In einem ersten Pilot-Workshop am 05.02.2022 in Leipzig drehte sich alles um die Wurstherstellung. Wie viele Sorten Wurst gibt es? Welche positiven Erinnerungen assoziieren die Teilnehmenden mit Wurst? Woraus ist eigentlich eine vegane Wursthülle? Nach einem kurzen theoretischen Input, stellte die Gruppe vegane Weißwürste und Thüringer Bratwürste aus Seiten her, die anschließend gemeinsam verköstigt wurden. Was den Gründerinnen besonders wichtig war: Das Workshop-Konzept vereinte den Ansatz, gemeinsam zu Lernen, Auszuprobieren und zu Genießen.
Der Würstchen-Workshop in Leipzig stellt wahrscheinlich nur den Anfang dar, weitere Workshops zu verschiedenen Themen sind geplant. Mindestens einmal monatlich in Leipzig und auf Anfrage auch bei euch zu Hause, als Team-Event oder in anderen Slow-Food-Convivien.
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Kontakt: lokkalekka@posteo.de
Instagram: @lokkalekka
]]>Es ist ein Freitag Ende August und der Auftakt für ein erfahrungsreiches Wochenende. Wir befinden uns auf Schloss Fuchsmühl in der Oberpfalz, wo wir gemeinsam in das Thema „Fisch für die Zukunft“ eintauchen. Das Element Wasser heißt uns passenderweise willkommen - es regnet. So machen wir es uns im Schlossgemäuer gemütlich und freuen uns, dass wir einander in ‚echt‘, also ohne Kamera und Headset austauschen können. Da die ersten vier Akademie-Wochenenden aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich Online stattfinden konnten, ist es schön, all die Gesichter abseits der Bildschirme jetzt ‚live‘ zu sehen. Und natürlich halten wir uns dabei an die aktuellen Sicherheitsabstände. Sie stehen unserem Kennenlernen nicht im Weg.
Wir nutzen den ersten Abend auch, um in Kleingruppen unsere Fragen an die Referent*innen der kommenden Tage zu formulieren. Spannung und Neugierde steigen! Die Zeit verstreicht und die Bäuche beginnen zu knurren. Im Speisesaal begeben wir uns deshalb auf kulinarische Reise durch Deutschland. Es werden die von den verschiedenen Teilnehmer*innen aus ihren Heimatorten mitgebrachten Köstlichkeiten genossen: Von Eingelegtem über frisch gepflückte Pflaumen bis hin zu Süßigkeiten aus Kombucha-Scobys. Vergnügt schlemmen wir uns durch den Abend. Und auch der Wetterfrosch beginnt mitzuspielen, so dass sich einige für ihr Mahl unter freien Himmel an den Schlossteich setzen.
Abtauchen ins Wissen
Der nächste Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück und der Einführung ins Thema „Nachhaltige Fischerei und nachhaltiger Fischgenuss“. Nina Wolff, die amtierende Vorsitzende von Slow Food Deutschland, teilt mit uns ihre Erfahrung im nachhaltigen Umgang mit Gewässern und ihrer biokulturelle Vielfalt. Wir erfahren, was die Gründe für zu kleine Fischbestände sind, und dass "Gut, sauber, fair!" auch beim Fisch gelten muss. Wir diskutieren über nachhaltige Verbrauchsmuster, darüber, was es bedeutet, Fisch saisonal und in kleinen Mengen zu genießen, und dass auch Fisch "nose to tail" verarbeitet werden sollte. Wir erfahren, dass die nachhaltige Wahl häufig nicht ein Meeresfisch, sondern einer aus nachhaltiger Teichwirtschaft ist. Und dann geht’s auch direkt ans Wasser. Wir fahren zur Teichwirtschaft Bächer, wo uns Lena Bächer in den Alltag der Teichwirtschaft einführt.
Sie sei in Gummistiefeln aufgewachsen und habe darin ihre Berufung gefunden, inspiriert Lena mit Klarheit und Integrität. Lena Bächer, die Landwirtschaft studiert hat und im Herbst ihren Master mit Fokus Fischerei beginnt, berichtet uns über die Alltagsroutine rund um die Teichwirtschaft sowie über den baldigen Start der Abfischungssaison; laut Lena die schönste Zeit des Jahres. Zuerst werden die Teiche gezogen. Das heißt, das Wasser wird langsam aus dem Teich gelassen und die Fische folgen dessen Fließrichtung. Es ist der Augenblick, in dem die Bächers erkennen, ob sich die Arbeit des Jahres gelohnt hat und wie hoch ihre Erträge sind. In den letzten Jahren fielen diese immer geringer aus. Nicht zuletzt, weil auch Tiere wie der Fischotter sich aus dem Fisch-Fundus sättigen. Dies birgt ein großes Risiko im Land der tausend Teiche und drängt viele Fischwirt*innen an den Rande der wirtschaftlichen Existenz. Zugleich ist er geschützt.
Kulinarischer Zauber aus Teich und Garten
Nicht nur inhaltlich, sondern auch kulinarisch war der Besuch bei den Bächers faszinierend: Lenas Oma servierte uns Karpfenburger mit Salz, Pfeffer und Wildkräutern, denn gezaubert wird nur mit dem, was aus Teich und Garten kommt. Am Nachmittag lehrt uns Lena, wie wir Fisch ausnehmen und filetieren. Eine ebenso glitschige wie spannende Angelegenheit. Bis in die einbrechende Nacht hantieren wir mit Schneidewerkzeugen und wir wärmen uns an der Grillglut, bis alle von uns einmal an der Reihe waren.
Wir haben an diesem Wochenende außerdem das Glück, mit Martin Oberle vom Institut für Fischerei der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft ins Gespräch zu kommen. Er klärt uns über nachhaltige Wege auf, wie der Fisch auf unsere Teller gelangen kann und sollte. Oberle ist Befürworter von Teichwirtschaft; für ihn die nachhaltigste Art von Aquakultur. Die meisten anderen Formen der Aquakultur unterscheiden sich oftmals nicht von Massentierhaltung, setzen Chemikalien und Antibiotika ein. Deswegen plädiert Oberle dafür, dieses Handwerk zu bewahren. Wie? Im Sinne von Slow Food: „Essen, was man retten will?“ Martin Oberle begeistert uns nicht nur für den Karpfen, sondern auch für Forellen, Seiblinge und andere Fischarten aus der Teichwirtschaft.
Ein weiteres kulinarisches Highlight: Krabbenscheren von Helgoland, mitgebracht von Lars Bäumer von „Frisch Gefischt“. Lars hat 2019 selber an der Akademie teilgenommen. Inzwischen absolviert er neben seiner Tätigkeit für eine internationale NGO eine berufsbegleitende Ausbildung zum Fundraising Manager. Außerdem betreibt er aus Leidenschaft sein Projekt ‚Frisch Gefischt‘. Eine GmbH, mit der er die Direktvermarktung frischer und teils vergessener Fischarten und Erzeugnisse versucht anzukurbeln, die direkte Beziehung zwischen Verbraucher*innen und Fischer*innen aufzubauen und Fangmethoden und Produktionskreisläufe transparent zu halten. Als Fischarten empfiehlt er beispielsweise Kliesche, Flunder (Plattfische) oder auch Petermännchen aus dem Meer, aber auch Süßwasserfische wie Brassen, Rotaugen, Rotfedern etc. Von Lars lernen wir am letzten Tag unseres Wochenendes, wie es gelingen kann, den Fischhandel in Deutschland nachhaltiger zu gestalten. Sein Rezept: Direktvermarktung sowie saisonaler und regionaler Verzehr.
Am Ende des Wochenendes verteilen wir uns glücklich, zufrieden, inspiriert und motiviert auf Autos und Züge und verstreuen uns auch schon wieder in die verschiedensten Ecken Deutschlands. Danke allen für die schönen Begegnungen!
]]>Die aktuelle Corona-Pandemie erfordert von Menschen weltweit neue Perspektiven und kreative Lösungen. Auch Slow Food hat sich dieser Herausforderung bei der Planung der Youth Akademie 2020 gestellt: „Die Teilnehmer*innen hatten sich bereits im vergangenen Jahr auf einen begehrten Platz beworben, entsprechend groß war die Vorfreude. Die Akademie einfach ausfallen zu lassen kam für uns deshalb nicht in Frage", kommentiert die Koordinatorin der SFYA, Elia Carceller. Ende April startete die SFYA 2020 mit neuem virtuellen ‚Gesicht‘, einem für alle neuen, Format, auf das sich viele Teilnehmer*innen schon durch ihren Uni- oder Arbeitsalltag hatten einstellen können. Neben diversem inhaltlichem Input zu den Strukturen von Slow Food bot das erste SFYA-Wochenende reichlich Raum für Austausch und Teambuilding, um das Gruppengefühl zu stärken. Insgesamt fanden bis Ende Juni bereits drei SFYA-Wochenenden digital statt.
Teilnehmer*innen teilen ihre Erfahrungen mit dem neuen Format
Die diesjährige ‚digitale‘ Akademie wird von den Teilnehmer*innen gut aufgenommen und mitgetragen, so Anna, Teilnehmerin der Akademie 2020: „Dass die Akademie trotz der Corona-Krise stattfindet, freut mich. Es ist spannend zu sehen, was digital alles möglich ist." Auch über den Austausch der Akademieteilnehmer*innen untereinander freut sie sich sehr. Constantin begeistert vor allem, dass die Akademie einen Blick über den eigenen Tellerrand ermöglicht. „Expert*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Lebensmittelsystems sind zu Gast und teilen wertvolle, fachlich anspruchsvolle Einblicke." Die Teilnehmer*innen loben die Organisation der Akademie. Jedoch bleiben der Wunsch und die Hoffnung für physische Treffen bestehen: „Ich würde mich freuen, wenn die Akademie bald in Präsenz stattfinden kann, da es doch einfach ein anderes Gefühl ist," erklärt Anna. Constantin erkennt zugleich die Chancen, die sich aus dem virtuellen Format ergeben, denn es kann mit nur wenigen Klicks über Ländergrenzen hinweg kommuniziert werden: "Die Diskussionen mit jungen Bauer*innen und Food-Aktivist*innen aus aller Welt haben mich nachhaltig beeindruckt. Ich habe den Eindruck, es bräuchte noch viel mehr diesen Austausch mit Engagierten von anderen Ecken der Welt."
Zu den Höhepunkten des diesjährigen Programms zählen für die Teilnehmer*innen unter anderem eine Paneldiskussion zum Slow-Food-Jahresthema Milch mit den Autorinnen der Milchstudie und Dr. Anja Frey vom Völkwaldeshof, die Einblicke in die praktische Arbeit am Hof geben konnte.
Natürlich wurde das Programm teils umgestaltet, um dem digitalen Format gerecht zu werden. Während des Themenwochenendes zu "Welternährung und bäuerliche Landwirtschaft" wurde nach Inputs zum Thema Ernährungssouveränität und Agrarökologie aus deutscher Sicht die Chance genutzt, ein weltweites Panel mit jungen Landwirt*innen aus dem globalen Süden zu organisieren. Als Vertreter ihrer Kontinente waren für Afrika Asmelash Dagne aus Äthiopien, für Asien Raveendra Kariyarassam aus Sri Lanka und für Amerika Raul Mondragon aus Mexiko vertreten. Die Möglichkeit des globalen Austauschs, die durch die internationale Vernetzung von Slow Food möglich ist, war eine große Bereicherung für alle Seiten und löste Begeisterung und Solidarität in diesen unsicheren Zeiten aus.
Die Verbindung von Theorie und Praxis – eine der großen Stärken der Akademie - zählt 2020 natürlich zu den größten Herausforderungen. Das Organisationsteam hat sich aber auch dafür einiges einfallen lassen: Beim dritten Wochenende gab es nach einem theoretischen Input zum Thema "Super Local Foods" von zwei Alumni der SFYA, die inzwischen dazu ein Buch herausgegeben haben einen Kochkurs für die Teilnehmer*innen. So wurde die Wissensvermittlung auch mit den Sinnen spürbar -. Die Teilnehmer*innen kochten unter Anleitung eines Kochs in ihrer heimischen Küche, im Anschluss wurde gemeinsam gegessen.
Alles in allem ist dieser neue und ungewohnte Auftakt und Verlauf der Slow Food Youth Akademie also ein großer Erfolg: Neugierde und Wissensdurst der Teilnehmer*innen halten an und ihre Vorfreude auf die hoffentlich noch folgenden physischen Treffen wächst. Denn gemeinsam Genießen, Geschichten teilen und voneinander lernen lässt sich weiterhin am besten von Angesicht zu Angesicht.
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Mehr Info zum Programm der Slow Food Youth Akademie >>hier
]]>Die regelmäßigen Alumninnetzwerktreffen dienen dazu, die Motivation unserer Changemaker*innen zu steigern und neue Ideen zu entwickeln. So engagieren sich die Alumni der SFYA nach ihrer Teilnahme an der Akademie weiter für eine nachhaltigere Veränderung des Lebensmittelsystems und treiben so die Agrar- und Ernährungswende voran. Als Netzwerk organisieren sie sich mittlerweile nicht nur im Rahmen der Slow Food Youth Akademie sondern auch jenseits dieser Treffen und Aktivitäten auf beruflicher Ebene. Einige Teilnehmer*innen haben sich zu diversen Projekten zusammengefunden oder Changemaker*innen einer bestimmten Berufsgruppe nutzen den Rahmen des Netzwerkes zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung.
Ein tolles Beispiel der Früchte, die die Slow Food Youth Akademie jenseits des jeweiligen Akademiejahrs schon getragen hat, ist ein Projekt einiger der SFYA-Teilnehmer*innen: Fünf Akademieteilnehmer*innen hatten 2018 im Rahmen eines SFYA-Beratungsprojekts als Ergebnis die Broschüre „super food für alle!?“ entwickelt. Ein Teil der Autor*innen haben dieses Projekt jenseits der SFYA weitergeführt und kürzlich das Buch Super Local Food herausgegeben.
Mehr Informationen zum Buch und zur Bestellung auf der Seite des Herausgebers: https://www.oekom.de/buch/super-local-food-9783962381806
Beim letzten Slow Food Youth Akademie-Alumni-Netzwerktreffen wurde konkret das gemeinsame Selbstverständnis als Netzwerk durch gemeinsames Kochen, Pasta machen und Arbeiten an Themen gestärkt und vorangetrieben. Gemeinsam wurden Ideen gesammelt, wie sich das Netzwerk noch besser organisieren und über Kommunikationskanäle austauschen kann.
Nicht zufällig fand das Treffen auf dem Gut Rothenhausen in der Nähe von Lübeck statt. Die Hofgememeinschaft Gut Rothenhausen wirtschaftet nach dem Demeter Prinzip und somit ganz im Sinne der Slow-Food-Philosophie gut, sauber und fair. Auf dem Hof sind Tierhaltung, Ackerbau, Gemüse- und Obstbau integriert, die Aktivitäten sind als Kreislaufwirtschaft organisiert. Sowohl die Arbeit auf dem Hof als auch die innerhalb der Gemeinschaft, die den Hof bewirtschaften und dort wohnen, war sehr spannend und inspirierend für die jungen Changemaker*innen.
]]>Carla Ulrich ist 23 Jahre alt, studiert Sozialwissenschaften in Berlin und arbeitet als Programmkuratorin bei der re:publica, einem großen Festival zu den Themen Digitalisierung, Kultur & Gesellschaft.
Was hat dich dazu gebracht, dich für die Slow Food Youth Akademie zu bewerben?
Ich bin durch einen Facebook-Post auf die Akademie gestoßen und war sofort begeistert. Es klang einerseits nach einer Menge Spaß und andererseits nach einer tiefgründigen, facettenreichen Auseinandersetzung mit unserem Lebensmittelsystem. Das Konzept, jeweils ein Wochenende wegzufahren und voll und ganz in ein Thema einzutauchen, hat mir extrem gut gefallen.
Welches Themenwochenende hat dir am besten gefallen und warum?
Inhaltlich fand ich das Wochenende „Globaler Süden, Globaler Handel“ sehr spannend, bei dem wir uns intensiv mit der wechselseitigen Verantwortung von Handel und Verbraucher*innen auseinandergesetzt haben. Aber auch der Termin zur Europäischen Agrarpolitik war sehr interessant, hier hat sich der Kreis dann (größtenteils) geschlossen. Abgesehen davon haben mich viele Momente berührt, von denen ich schon vorher vermutete, dass sie einprägsam sein würden: der Schlachthof, das Fleischwerk, aber auch der Besuch bei einem Demeter-Hof und die „Lobby-Tour“ in Brüssel.
Was denkst Du: Wird sich die Zeit auf Dein Leben und Deine berufliche Arbeit auswirken?
Das Akademie-Jahr hat mir auf vielen verschiedenen Ebenen umwerfende, bittere und ermunternde Erkenntnisse gebracht. Vor allem war es sehr bewegend zu sehen, mit welcher Leidenschaft viele Menschen in ihrem jeweiligen Bereich und Handlungsfeld unermüdlich für ein besseres Ernährungssystem kämpfen – auch wenn es sich manchmal wie ein Tropfen auf dem heißen Stein anfühlen mag. Die Akademie hat mich noch mehr dazu motiviert, diese Menschen und ihre Alternativen zu finden und zu unterstützen.
Ich arbeite derzeit nicht direkt im Lebensmittelbereich, sondern bei der Gesellschaftskonferenz re:publica. Als große Plattform zieht sie jedes Jahr Tausende Besucher*innen an und erzeugt eine starke Medienresonanz. Darum kann ich dort gut dazu beitragen, die Brücke zur Öffentlichkeit zu schlagen und das Thema Ernährungssouveränität und Zugang zu Lebensmitteln auf die Bühne zu bringen.
Wie viel Verantwortung trägt jeder einzelne für eine nachhaltige Lebensmittelwirtschaft? Und welche Verantwortung hat die Politik?
Es ist ein Wechselspiel: Die Wirtschaft wartet auf Signale der Verbraucher*innen; die Verbraucher*innen warten auf Maßnahmen der Politik; die Politik braucht viel Zeit, um Änderungen herbeizuführen, denn Demokratie bedeutet komplexe Entscheidungsprozesse und das ist auch richtig so. In meinen Augen kann ein positiver Wandel sich erst entfalten und stabilisieren, wenn wir kooperieren und kollektiv auf das Ziel einer nachhaltigen Gesellschaft hinarbeiten.
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Die 30jährige Eva Schüchner arbeitet derzeit in Teilzeit in einem vegetarischen Streetfood-Ladenlokal in Köln.
Was hat dich dazu gebracht, dich für die Slow Food Youth Akademie zu bewerben?
Ich habe ursprünglich Kulturmanagement und Theaterwissenschaften studiert – und irgendwann gemerkt: Sobald ich frei habe, beschäftige ich mich mit Lebensmitteln, Rezepten und Kochen. Zusätzlich zu meinen Nebenjobs in der Gastronomie habe ich versucht, möglichst viele Erfahrungen bei verschiedenen Köch*innen in unterschiedlichen Gastronomiekonzepten zu sammeln, unter anderem war ich für ein halbes Jahr in der Schweiz. Dort bin ich sehr vielen nachhaltig arbeitenden Produzent*innen begegnet, die auch die Slow-Food-Idee vertraten. Als ich dann im Januar mit Slow Food Youth auf der „Wir haben es satt“ - Demo in Berlin war, haben mich ehemalige Akademieteilnehmer*innen mit ihren begeisterten Erzählungen angesteckt.
Welches Themenwochenende hat dir am besten gefallen und warum?
Für mich gab es eigentlich zwei Highlights: Zum einen war es unser Auslands-Wochenende in Brüssel, das den EU-Apparat greifbarer gemacht und sich auch mit der Lobby-Arbeit beschäftigt hat. Spannend war hier auch der Austausch mit dem grünen Agrarpolitiker Martin Häusling, der bereits seit zehn Jahren im Europaparlament sitzt. Zum anderen war das Wochenende hochinteressant, als Edeka Südwest unser Gastgeber war. Es war bereichernd, im direkten Austausch mit einem konventionellen Handelsunternehmen zu sein und dessen Unternehmensstruktur und Nachhaltigkeitsarbeit kennenzulernen. Besonders toll fand ich die Diskussion zum Thema Ernährungssouveränität mit diversen Akteuren unterschiedlicher Initiativen und Edeka Südwest.
Was denkst Du: Wird sich die Zeit auf Dein Leben und Deine berufliche Arbeit auswirken?
Es ist mir noch klarer geworden, dass ich neben meiner Arbeit in der Küche weiter in Richtung Ernährungsberatung oder -bildung gehen möchte. Ich würde gerne eine vermittelnde Position zwischen nachhaltig arbeitenden Produzent*innen und Konsument*innen einnehmen. Die Akademie hat enorm viel Input gegeben, der mir zudem hilft, fundierter zu argumentieren.
Wie viel Verantwortung trägt jeder einzelne für eine nachhaltige Lebensmittelwirtschaft? Und welche Verantwortung hat die Politik?
Auf der politischen Ebene fände ich es wichtig, dass Subventionen anders verteilt und eine ökologische Landwirtschaft stärker gefördert wird. Außerdem sollten Konsument*innen besser aufgeklärt werden, zum Beispiel über klare transparente Informationen auf der Verpackung von Lebensmitteln und nicht über eine Vielzahl von Labeln, die nur zusätzlich verwirren. Auch eine Ernährungsbildung in Schulen ist meines Erachtens dringend notwendig. Auf der persönlichen Ebene wäre es schön, wenn Menschen bewusster mit Lebensmitteln umgehen und versuchen, einen direkten Kontakt zu lokalen Produzent*innen aufzubauen. Mehr Wertschätzung kann ich einem Lebensmittel nur geben, wenn ich weiß wo und unter welchen Umständen es entstanden ist.
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Nikolai Wystrychowski, 31 Jahre alt, ist hauptberuflich Psychologe in einer Unternehmensberatung. In seiner Freizeit koordiniert er unter anderem die „Schokofahrt“: Nachhaltig angebauter und fair gehandelter Kakao, mit dem Segelschiff emissionsfrei aus der Karibik nach Europa verschifft und dann in Amsterdam zu feiner Schokolade verarbeitet, wird von Privatleuten per Fahrrad in die Zielstädte transportiert.
Was hat dich dazu gebracht, dich für die Slow Food Youth Akademie zu bewerben?
Ich bin schon seit vier oder fünf Jahren Mitglied bei Slow Food und über zwei Freundinnen, die Ökotrophologie studierten, dorthin gekommen. Allerdings war ich nicht wirklich aktiv. Erst über die Schokofahrt bin ich näher an die Slow Food Youth rangerückt. Das Programm der Akademie fand ich sehr interessant. Konsumenten und Produzenten miteinander zu verbinden, das ist für mich die spannendste Seite. Nur so können wir die Anonymität des Konsums auflösen und wieder zu einer wahren Wertschätzung von Lebensmitteln kommen.
Welches Themenwochenende hat dir am besten gefallen und warum?
Es war ja ein unglaublich reiches Angebot mit sehr vielen Eindrücken. Aber meiner Ansicht nach war das Wochenende in Brüssel am besten, weil es die darüber liegende politische Ebene deutlich gemacht hat. Der Brüsseler Kosmos hat mich nicht abgeschreckt, sondern ich fühle mich damit jetzt vertrauter und verbundener. Wir haben erlebt, dass die Leute auf einer internationalen Ebene konstruktiv zusammenarbeiten, da wird das Veränderungspotential greifbar.
Was denkst Du: Wird sich die Zeit auf Dein Leben und Deine berufliche Arbeit auswirken?
Bei mir als Psychologen liegt das Food-Thema vielleicht nicht ganz so nahe. Aber ich habe schon häufig Genuss-Übungen als Form der Achtsamkeit gemacht und rücke jetzt auch bei Teambuilding-Veranstaltungen das Mittagessen mehr in den Blick. Am spannendsten ist für mich aber der Gemeinschaftsaspekt – das gemeinsame Erleben von Dingen ist ganz wichtig. Sei es bei den Wochenenden der Akademie, in den Projekten der solidarischen Landwirtschaft oder bei der Arbeit.
Wie viel Verantwortung trägt jeder einzelne für eine nachhaltige Lebensmittelwirtschaft? Und welche Verantwortung hat die Politik?
Diese Fragen beschäftigen mich sehr. Quasi jeder in Deutschland muss sich klar machen, dass er selbst bei einem moderaten Konsum zu den Privilegierten dieser Welt gehört, eine gewisse Demut ist da angebracht. Aus meiner Sicht sind die Schlüsselfragen: Was verstehe ich unter einem guten Leben, wie gehe ich mit Zeit um, wie mit den Ressourcen? Letztlich liegt es bei uns, einzeln und gemeinsam, Antworten und auch Gleichgesinnte zu finden. Die Politik kann vielleicht den Rahmen vorgeben, aber Gemeinschaften können motivieren, bewegen und gestalten. Veränderung kommt von uns selbst.
]]>Nicht nur auf Bundes- sondern auch auf der EU-Ebene muss Agrarpolitik neu gedacht werden. Das führen uns die Schlagzeilen täglich vor Augen. Die Anlässe werden buchstäblich immer brennender. Deshalb führt das siebte Wochenende die Akademieteilnehmenden nach Brüssel, ins Schaltzentrum der Macht. Die künftigen „Changemaker“ haben hier die Möglichkeit, Abgeordnete verschiedener Europa-Parteien zu befragen. Politexpertinnen und -experten schärfen ihren Blick auf die Einflussnahme von Lobbyistinnen und Lobbyisten auf die Landwirtschafts- und Ernährungspolitik.
„Ein so weiter wie bisher ist nicht mehr möglich. Und die Basis für eine Agrarpolitik, die nicht nur besser, sondern überhaupt zukunftsfähig ist, muss vor allem in Brüssel geschaffen und von uns Europäerinnen und Europäern mitgetragen werden. Deswegen sind unsere Changemaker hier genau richtig“, erklärt Elia Carceller, Koordinatorin der Slow Food Youth Akademie. Slow Food möchte, dass sich die Akademie-Teilnehmenden im Alter zwischen 18 und 35 mit allen Dimensionen unseres Essens auseinandersetzen. Und dazu gehört auch die Politik. Da sich die Agrarpolitik auf Ernährung, Gesundheit und Umwelt gleichermaßen auswirkt, fordert Slow Food eine ganzheitliche und ressortübergreifende Ernährungspolitik. Diese muss durch mündige Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden, damit von Brüssel bis zur lokalen Ebene neue Netzwerke lokaler Versorgungswirtschaften aufgebaut werden. Erfolgreiche Ansätze wie Marktschwärmer, Solawi oder das Terra Madre Netzwerk von Slow Food zeigen, dass es möglich ist. Die jungen Erwachsenen in den Slow-Food-Netzwerken tragen maßgeblich dazu bei.
]]>Stefan Linzmaier ist Gewässerökologe, Hobbykoch, Angler, Taucher und Slow-Food-Aktivist. Er begleitete die knapp 30 Teilnehmenden der diesjährigen Akademie nach Schleimünde. Gemeinsam widmeten sie sich zwei Tage dem Fisch, seinem Fang und seiner Zubereitung sowie der Frage, wie nachhaltige Fischerei aussehen kann. Ein komplexes Unterfangen, so die einhellige Rückmeldung der jungen Frauen und Männer. Denn die meisten Teilnehmenden sind bis zu dem Fisch-Wochenende noch sehr unerfahren im Umgang mit Fisch. Die Bilder von Äckern und Ställen sind ihnen vertraut, mit Bauern haben die meisten schon zu tun gehabt und über Nutztiere in der Landwirtschaft wissen sie viel. Die wenigsten aber kennen einen Fischer persönlich, sind mit deren Alltag und Herausforderungen vertraut. Fisch nutzen sie eher aus der Dose oder der Tiefkühltruhe, wenn auch nachhaltig gefangen. Das wird sich nach diesem Wochenende hoffentlich ändern, denn die Freude und die Neugierde, wirklich frischen Fisch genussvoll zuzubereiten war riesig – ob gebraten oder weiterverarbeitet in Fischsuppe mit Kartoffeln und Gemüse. Stefan Linzmaier leistete dazu einen wichtigen Beitrag, denn das Thema nachhaltige Fischerei liegt im schon lange am Herzen:
Wie bist du auf den Fisch gekommen?
Gute Frage, denn ursprünglich komme ich aus einer Bergregion. Aber in der Nähe meines Wohnortes gab es einen kleinen Weiher, an dem ich viel Zeit verbracht habe. Wasser und Fische haben mich von klein auf fasziniert. Mit sechs Jahren hatte ich mein erstes Aquarium, mit zehn meinen Angelschein. Nach dem Abitur habe ich zunächst einen Bachelor in Biologie und anschließend einen Master in Fischereiwissenschaften und Aquakultur gemacht. In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich aktuell mit den Auswirkungen eingebürgerter Krebsarten auf die heimischen Gewässer. Ich bin außerdem vom Sternzeichen Wassermann. Vielleicht hat sich das auch auf meine Leidenschaft für Fisch ausgewirkt (lacht).
Du bietest im Rahmen der Slow Food Youth Akademie einen Workshop zum Fisch filetieren an. Kann das jeder auch zuhause umsetzen und was brauche ich dafür?
Ja auf jeden Fall, da kann jeder ran! Es eignet sich fast jede Fischart, wobei wir natürlich nur die genießen sollten, die in ihren Beständen nicht bedroht sind. Die Fischarten unterscheiden sich zwar teilweise stark in ihrer Anatomie aber das Prinzip ist immer das gleiche. Als passendes Handwerkszeug brauche ich lediglich ein ausreichend großes Messer und ein Brett. Das Filetiermesser sollte meiner Meinung nach aus weichem Stahl sein, da sich dieser leichter nachschärfen lässt und eine lange und dünne Klinge haben. Inzwischen finden sich gute Anleitungen im Internet, die erklären, wie die Gräten entfernt und auf welche Art der Fisch weiter zubereitet werden kann. Ich persönlich genieße ihn besonders gerne gebeizt. Für dieses ursprünglich skandinavische Verfahren eignen sich alle Fettfische. Nach dem Filetieren wird der Fisch dafür mit einer Marinade aus Salz, Zucker, Gewürzen, Kräutern bestrichen und ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahrt bevor er mit Kartoffeln oder Salat genossen wird. Sehr zu empfehlen!
Was reizt dich besonders daran, dich bei der Akademie zu engagieren?
Ich finde es total spannend mit jungen Leute zusammenzukommen, die aus verschiedenen Bereichen rund um die Lebensmittelerzeugung und -weiterverarbeitung kommen. Das reicht ja von Anhängern der Permakultur bis hin zu Einzelhandelskaufmann. Die Akademie bildet die ganze Bandbreite an Menschen ab, die mit Lebensmitteln zu tun haben. Das habe ich vorher so noch nicht erlebt und die unterschiedliche Perspektiven und Fragen der Teilnehmenden zu diskutieren ist für mich sehr inspirierend.
Aktuell arbeitest du neben deiner Promotion im StartUp „Walding“, das einen natürlichen Fleischersatz auf Basis von Pilzen produzieren möchte. Das Thema Fleischersatz ist ja nicht ganz unkritisch. Denn oft sind die Ersatzprodukte hochindustriell hergestellt. Was plant ihr?
Ein 100 Prozent natürliches Produkt, das ohne Zusätze auskommt. Ich darf an dieser Stelle natürlich noch nicht zu viel verraten. Aber nur so viel: Der Pilz selber bringt so wunderbare Eigenschaften mit, dass wir hoffen, Menschen von ihm als Alternative zu überzeugen. Er ist spannend genug, um Fleisch dafür öfters mal liegen zu lassen. So ist unsere Hoffnung.
Wir sind gespannt, vielen Dank für das Gespräch!
Slow Food bedankt sich ganz herzlich bei allen Expertinnen und Experten, die das Akademie-Wochenende zum Thema „Fisch“ unterstützt und ermöglicht haben:
Jörg Grabo – Projektmanager und Öffentlichkeitsarbeit Lighthouse Foundation
Uwe Sturm – Initiative Fisch vom Kutter
Dr. Kristina Barz – Thünen Institut für Ostseefischerei
Lars Bäumer – Frischgefischt GmbH und Teilnehmer
Nina Wolff, stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland e.V. und Fischereiexpertin
Die Frage, wie die Bodenfruchtbarkeit auf natürliche Weise erhalten und verbessert werden kann, treibt auch die Akademie-Teilnehmerin Nanetta Ruf um. „Als Konditorin interessiert mich die Lebensmittelherstellung sehr. Ich fand es spannend, an diesem Wochenende auf alle Facetten eingehen zu können“, sagt sie. „Wir haben positive Ansätze kennengelernt, aber natürlich auch darüber gesprochen, was in der industriellen Produktion alles schief läuft. Gut gefallen hat mir, dass wir uns mit den entsprechenden Akteurinnen und Akteuren direkt austauschen konnten. Auf diesem Weg bekommen wir Informationen aus erster Hand.“
Exkursion auf den Acker und in die Produktion
Für fachlichen Input sorgten unter anderem Daniel Diehl und Lena Nauland, Bodenexperten bei Slow Food Deutschland, Dr. Götz Kröner, Geschäftsführer der Kröner-Stärke GmbH und Gastgeber dieses Akademie-Wochenendes, sowie Dr. Bernd Nagel-Held. Er ist als gelernter Müller und Geschäftsführer der Eickernmühle GmbH Fachmann für Bäckerei-Rohstoffe. Wie es sich bei der Slow Food Youth Akademie bewährt hat, wurden Theorie und Praxis eng verzahnt. So schauten sich die Teilnehmenden während einer Exkursion auf dem Acker von Haus Hülshoff um, einem Betrieb, der Landwirtschaft für möglichst viele Menschen erfahrbar machen will. Der Unternehmer Kröner gewährte einen Einblick in die Produktion von Stärke. Er berichtete davon, dass auch sein Unternehmen das unterschiedliche Verhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf von Lebensmitteln beobachte: Auf der einen Seite wird aus Gründen der Bequemlichkeit verstärkt auf Fertiggerichte, Kühl- und Tiefkühlkost zurückgegriffen. Auf der anderen Seite stehen gleichzeitig kritische Verbraucherinnen und Verbraucher, die gesunde Produkte mit natürlichen Inhaltsstoffen wünschen; so wie etwa Kröners Stärke ohne chemische Zusätze.
Bäckerhandwerk beklagt den Verlust von Know-how
‚Ernährungssouveränität’ war das Stichwort für Anke Kähler. Die Vorstandsvorsitzende der unabhängigen Berufsorganisation ‚Die Freien Bäcker e.V.‘ berichtete über die aktuelle Situation im Bäckerhandwerk. Dass diese besser sein könnte zeigt, dass weiterhin täglich eine Bäckerei in Deutschland schließt und damit handwerkliches Know-how verloren geht. „Dagegen steigt die Anzahl an Betrieben mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz sowie deren Marktanteil. In Deutschland erzielen 2,74 Prozent aller backenden Unternehmen 58,61 Prozent des Gesamtumsatzes“, so die Expertin. Sie schilderte die weiteren Herausforderungen, mit denen das Bäckereihandwerk konfrontiert ist: Zum einen gibt es einen eklatanten Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum anderen ächzt die Branche unter einem Übermaß an bürokratischen Reglementierungen.
Erhalt sinnstiftender Arbeitsplätze im Handwerk
„Die Belastung des Faktors Arbeit, bei dem Deutschland auch laut einer OECD Studie weltweit zu den Spitzenreitern unter den Industrieländern gehört, trägt auch zur Schwächung des Handwerks bei“, so Kähler. Gleichzeitig allerdings verwies sie auf die zahlreichen positiven gesellschaftlichen Funktionen des Handwerks: etwa die Bereitstellung sinnstiftender Arbeitsplätze oder der Beitrag zur Rekonstruierung resilienter, regionaler Versorgungsstrukturen. „Die positiven gesellschaftlichen Leistungen des Handwerks ebenso wie die bäuerlich-nachhaltig wirtschaftenden Höfe verlangen, Arbeit von Sozialabgaben und Steuern zu entlasten und die staatliche Finanzierung umzuschichten auf Kapitalabgaben und Öko-Steuern“, lautet deshalb eine zentrale Forderungen der Freien Bäcker.
Junge Generation vertreibt den Muff alter Strukturen
„Diesen schlechten Bedingungen sowie dem Muff der alten Handwerksstrukturen zum Trotz, beweisen seit einigen Jahren junge Handwerkerinnen und Handwerker sowie mutige, sich wandelnde alteingesessene Betriebe, dass kleinere, lokale Bäckereien sehr erfolgreich sein können“, betonte Anke Kähler. Das Erfolgsrezept: Umfangreiches Können, Wissen und eine handwerkliche Herstellung ohne industrielle Inputs; zudem Transparenz und Fairness entlang der Wertschöpfungskette. „Um Ernährungssouveränität zu erlangen, brauchen wir auf diese Weise aufgestellte Lebensmittelherstellerinnen und Hersteller.“
Nachhaltiger Enthusiasmus begeistert Teilnehmende
Nanetta Ruf zählt zu dieser aufstrebenden, wissbegierigen Handwerkergeneration. Nach dem Abitur hatte sie zuerst ein Studium begonnen. Schnell stellte sie fest, dass es nicht ihren Vorstellungen entsprach. Sie schwenkte um, wollte etwas mit den Händen machen. Nach einigen Praktika stand ihr Ausbildungsziel Konditorin fest. Längst hat sie inzwischen den Meisterbrief in der Tasche. Neben dem Austausch mit den Expertinnen und Experten gefällt ihr vor allem das Treffen mit Gleichgesinnten auf der Slow Food Youth Akademie, die sich als ‘Changemaker‘ verstehen. Wie auch die beiden ehemaligen Akademie-Absolventen Sebastian Geißler (Weinverkostung) und Katrin Simonis (Sauerteig-Workshop), die ihr Wissen wie an diesem Wochenende gerne weitergeben. Nicht Jammern, stattdessen Anpacken und den gesellschaftlichen Umgang mit Lebensmitteln verbessern – Elan und Leidenschaft treiben die Teilnehmenden voran.
Den Funken der Begeisterung weitertragen
Bleibt die Frage, wie sie ihre Begeisterung in die Gesellschaft tragen. „Eigentlich müssten noch viel mehr Menschen besser über unsere Lebensgrundlage Lebensmittel und Landwirtschaft informiert sein“, meint Nanetta Ruf, die auch darüber nachgrübelt, wie sich das Problem des fehlenden Interesses überwinden lässt. Auch hier setzt die Slow Food Youth Akademie an. Gemeinsam werden Strategien und Ideen entwickelt, wie Menschen über Genuss und Geschmack den besseren Umgang mit Lebensmitteln wiederentdecken, wie eine Bildungsarbeit aussieht, die alle Sinne anspricht. So sind über die Jahre tragfähige Netzwerke entstanden, die den Funken der Begeisterung weitertragen - mit langem Atem und voller Enthusiasmus.
]]>Slow Food: Warum gibt es überhaupt Hunger? Gibt es Zusammenhänge zwischen Armut und unserem Lebensstil? Welchen Einfluss haben unsere Konsum- und Produktionsgewohnheiten auf den globalen Süden?
Schöninger: Hunger hat viele Ursachen: vor allem Armut. Das heißt, dass Menschen entweder zu wenig Geld haben, um sich Lebensmittel kaufen zu können oder aber als Bäuerinnen und Bauern zu wenig anbauen können, um davon zu leben. Landrechte spielen eine große Rolle, aber auch Vertreibungen, wenn beispielsweise Regierungen Land an Firmen verpachten und die Landnutzer – kleinbäuerliche Produzenten – anschließend von ihrem Land vertrieben werden. Andere Ursachen sind gesellschaftliche Ausgrenzung, ungerechte Welthandelsstrukturen. Aber auch zunehmend Kriege und bewaffnete Konflikte wie auch Auswirkungen des Klimawandels.
Es werden ausreichend Lebensmittel produziert, um die Weltbevölkerung ernähren zu können. Doch die Ärmsten der Armen haben dazu keinen Zugang mangels Geld oder Land. Darüber hinaus werden in großem Stil Ressourcen verschwendet, weltweit gehen rund ein Drittel der Lebensmittel verloren: in den Industrieländern vor allem durch Lebensmittelverschwendung, in ärmeren Ländern nach der Ernte mangels guter Lager- und Transportmöglichkeiten. Außerdem nutzen gerade reichere Länder „virtuelles Land“ in anderen Ländern, so auch Deutschland beispielsweise für den Anbau von Soja für Tierfutter, von Palmöl für den Tank oder für Rohstoffe wie Kaffee, Kakao oder Baumwolle. Von 22 Millionen Hektar Land, das wir nutzen, liegen gerade einmal zwölf Millionen Hektar in Deutschland.
Slow Food: Welche Alltagstipps würden Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern an die Hand geben, die ihr Konsum- und Kaufverhalten sozial und ökologisch nachhaltiger gestalten möchten?
Schöninger: Wichtig ist, dass man anfängt, Dinge im eigenen Alltag positiv zu verändern. Ich kann damit beginnen, meine Lebensmittel regional, so saisonal und ökologisch wie möglich einzukaufen, im Sinne von Slow Food „gut, sauber, fair“. Es gibt auch verschiedene Labels und Zertifizierungen, die uns bei der Entscheidung helfen können. Wir sollten darauf achten, dass Menschen, die unsere Produkte angebaut und weiterverarbeitet haben, nicht nur Hungerlöhne dafür bekommen, sondern damit ihre Existenz sichern können. Eine weitere Frage beim Einkaufen ist auch: Brauche ich das überhaupt? Häufig ist weniger mehr!
Slow Food: Welche Veränderungen sind aus Ihrer Sicht politischer Ebene dringend notwendig, um bei der Herstellung von Nahrungsmitteln mehr Fairness walten zu lassen?
Schöninger: Viele Länder, gerade in Afrika, sind reine Rohstofflieferanten. In dem Moment, wo sie stärker ihre eigenen Erzeugnisse weiterverarbeiten, entsteht Wertschöpfung und damit auch neue Arbeitsplätze in den Ländern. Das ist derzeit für viele Produkte sehr schwierig, weil die Welthandelsbedingungen schwächere Länder nicht dabei unterstützen, eigene Märkte und Industrien zu entwickeln. Auch die EU-Agrarpolitik, die wir mit unseren Steuergeldern finanzieren, ist mitverantwortlich dafür, dass Überschüsse zu Dumpingpreisen, z.B. Milchpulver in Westafrika, vermarktet werden. Einheimische Bauern sind nicht konkurrenzfähig.
Politik muss kohärent sein, das heißt Ziele der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik können nicht einfach Ziele der Entwicklungspolitik konterkarieren, was in der Praxis häufig geschieht. Das Recht auf Nahrung muss Vorrang haben vor allen anderen Richtlinien – und zwar für alle Menschen weltweit.
]]>Die Slow Food Youth Akademie ist ein aus sieben Themen-Wochenenden und einer Studienreise bestehendes interaktives Trainingsprogramm für junge Auszubildende, Berufstätige sowie Studentinnen und Studenten aus den Bereichen Gastronomie und Lebensmittelproduktion und für Interessierte, die gerne mehr über das Lebensmittelsystem und dessen praktische Prozesse erfahren möchten. „Ich finde, die Gastronomie ist ein essenzieller Bestandteil der Akademie. Doch Gastronomen und Landwirte sind leider am seltensten als Teilnehmer verzeichnet, was wohl an ihren zeitintensiven Berufen liegt. Allerdings ist es ein Muss, dass die theoretischen Ideen und Konzepte der Akademie mit der Praxis abgeglichen und an sie weitergeleitet werden“, erläutert Piwowarsky seine Motivation und die Hintergründe der Veranstaltung in Passau.
Im Bild: Josef Piwowarsky
Zukunft kochen
In das Thema des Wochenendes führten ein die Slow-Food-Vorsitzende Ursula Hudson und Jens Witt, Sprecher der Chef Alliance Deutschland sowie Gründer des Hamburger Bio-Catering-Diensts „Wackelpeter“, mit dem er Schulen und Kindergärten beliefert. Die beiden Vortragenden überschrieben die Veranstaltung folgendermaßen: „Neue Gastronomie – wie die Zukunft gekocht und bekocht wird.“
Für den Gastro-Praktiker Witt liegt diese Zukunft in der Stärkung einer guten, sauberen und fairen Wertschöpfungskette. Konkret: „Die „Neue Gastronomie“ zeichnet sich neben Eigenschaften wie Gastlichkeit und Kulinarik durch Verbundenheit aus. Verbundenheit mit den Bauern, den Hirten, den Fischern oder Gärtnern. Die neue Gastronomie begreift sich als Glied in einer Kette zu deren Stärkung sie beiträgt: Sie ist Vermittlerin und Botschafterin. Die Kategorie ‚lecker’ greift hier viel zu kurz. Verkürzt könnte man es mit einem Anglizismus ausdrücken: CSA Catering supported agriculture oder GSA Gastronomic supported agriculture“.
Im Bild: Jens Witt & Ursula Hudson
Erlebnisse kreieren
In der Einführung wurde weiter deutlich: Genuss beschränkt sich nicht nur auf Geschmack. Er hängt von vielen Aspekten ab: In welcher Atmosphäre esse ich? Wie ist das Erlebnis? Tatsächlich ist es das Ziel der Gastronomie, Erfahrungen zu kreieren, die lange in der Erinnerung der Gäste bleiben. Dies ist nicht nur einem guten, sauberen und fairen Essen zu verdanken, sondern auch den räumlichen Gegebenheiten, der Stimmung und damit der Gastfreundlichkeit des Betriebs.
An die Menschen, die in der Gastronomie eine Führungsrolle einnehmen oder anstreben sind dadurch hohe Anforderungen gestellt. Sie verfügen idealerweise über ein ganzheitliches Ernährungswissen, sie leiten und motivieren ein Team von hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Service, Kundenzufriedenheit und Kosteneffizienz gleichermaßen mitdenken. Um in eine solche Führungsrolle hineinzuwachsen müssen viele Fragen beantwortet werden wie: Wo fange ich an, wenn ich einen Betrieb eröffnen will? Wie gewinne ich Kundinnen und Kunden und wie kreiere ich einmalige Erlebnisse für diese Kunden? Wie motiviere ich meine Mitarbeiterschaft, mit Spaß und Freude dabei zu sein?
Vielfältigkeit leben
Auf Grundlage dieser Fragen führte das Wochenende die Teilnehmenden durch die Themenblöcke „Geschäftsführung und –gründung“, „Gästebetreuung und Service“, „Vorstellung der Chef Alliance“ sowie „Marketing und Kommunikation“.
Zu den Vortragenden und Diskutanten gehörten neben Jens Witt und Josef Piwowarsky auch Simon Hanning (Gründer der ‚Esskultur’ in Passau mit zwei Restaurants, der ‚Umami-Bar’ und dem ‚Scirocco’), Moritz Fliegerbauer (Koch im Biowirtshaus ‚Zum Fliegerbauer’), Sebastian Junge, Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie 2017 und Gründer des Wolfsjunge Restaurants in Hamburg sowie Inés Lauber, Food Designerin, Köchin und ebenfalls Teilnehmerin der Akademie von 2017.
„Wenn von der Neuen Gastronomie die Rede ist, wird deutlich, in welch vielfältigen Formen und Konzepten sie uns begegnet“, resümiert Jens Witt die Veranstaltung. „Da gibt es ‚das neue Wirtshaus’, das Josef Piwowarsky mit Leben zu füllen versucht oder Simon Hanning, der die Verbindung von exotischer Küche und regionalen Produkten praktiziert und dabei das Crossover wohlweislich vermeidet oder Inés Lauber, die wiederum auf der Ebene ‚Food Experience Design’ mir regionalen Produkten unterwegs ist.“
Hier knüpfte auch Josef Piwowarsky noch einmal an. In zwei Wochen eröffnet er in Kooperation mit der Regiothek das essStudio. „Gedacht ist das Projekt als nachhaltige Manufaktur und Fermentationslabor für regionale Erzeugnisse, in der Bauern aus der Passauer Umgebung ihre Produkte direkt in der Altstadt verkaufen können“, erläutert der ehemalige Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie sein Vorhaben. Auch dies möglicherweise ein Weg zu einer Neuen Gastronomie!
Text: Katharina Heuberger
Bilder: Slow Food
]]>Auf dem Akademie-Programm standen die Besichtigung der Hohnhardter Demeterhöfe, die Milch, Käse, Fleisch und Wurstwaren herstellen, der Besuch der Dorfkäserei Geifertshofen, die Besichtigung des Schlachthofs der BESH und ein Workshop zur Wurstherstellung. Ein großes Problem des traditionellen Metzgereihandwerks ist es, Nachwuchs zu finden. Daniel Rögelein hat den Beruf in einer kleinen Metzgerei in Mittelfranken erlernt, als Basis, um in der Lebensmittelbranche zu arbeiten. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung als Diätassistent in München. Seit September 2018 arbeitet er als hauswirtschaftlicher Leiter eines Integrations-Kindergartens in Riem bei München. Dort kocht er jeden Tag gesunde Gerichte für die Kinder, in erster Linie vegetarisch, Fleisch gibt es nur alle zwei Wochen. Daneben führt er Bildungsprojekte mit den Kindern durch, um sie an die Lebensmittelerzeugung und ans Kochen heranzuführen. Anfang des Jahres wurde Daniel unter 70 Bewerbern für die Slow Food Akademie 2019 ausgewählt.
Daniel, was hat dich motiviert, an der Slow Food Youth Akademie teilzunehmen?
Mein Ziel und meine Leidenschaft sind es, das Lebensmittelsystem zu ändern. Die Slow-Food-Philosophie ist die perfekte Lösung, da sie die ganze Wertschöpfungskette abdeckt – von der Produktion über den Handel bis zum Konsumenten. Ich möchte mich immer weiterentwickeln, vor allem, damit ich mein Wissen weitergeben kann. An den verschiedenen Akademie-Wochenenden bekommt man einen weiteren Überblick über viele Lebensmittelbereiche. Ich freue mich auf jedes einzelne weitere Wochenende.
Das Thema des zweiten Akademie-Wochenendes war „Tierwohl auch für Gaumen und Umwelt“. Was hat dich an dem Thema interessiert?
Mich interessiert prinzipiell alles, was mit einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu tun hat, aber als gelernter Metzger natürlich besonders das Thema Fleisch. Im Vergleich zu den anderen Teilnehmern hatte ich viel Vorwissen. Am interessantesten fand ich deshalb, wie die Akademie-Teilnehmer bei der Besichtigung des Schlachthofs reagiert haben – der zu dem Zeitpunkt nicht in Betrieb war. Es roch aber nach Schwein und Blut. Ein Teilnehmer bekam Kreislaufprobleme. Meiner Meinung nach gehört aber zum Fleischverzehr, zu sehen, woher das Fleisch kommt und wie geschlachtet wird. Ich bin mit Hausschlachtungen aufgewachsen. Auch ein kleines Kind sollte meiner Meinung nach mal ein totes Tier oder einen Schlachtkörper gesehen haben. Auch viele Erwachsene kennen das nicht. Ich finde, das ist eine Bildungsfrage. Wenn man langfristig etwas ändern will, muss man bei den Kindern mit Ernährungsbildung anfangen.
Gab es einen Unterschied zu der Metzgerei, wo du gelernt hast?
Wir waren nicht Bio aber viel kleiner als die BESH. Wir haben sechs bis acht Schweine in der Woche geschlachtet, die BESH schlachtet rund 4.000. Die Gerätschaften sind aber überall mehr oder weniger gleich.
Wie hat dir als Metzger der Wurst-Workshop der Akademie gefallen?
Was ich toll fand, war die große Begeisterung der Teilnehmer. Die Leute beschäftigten sich mit dem untergehenden Handwerk, das ich so schätze, und die waren dabei richtig glücklich. Das hat mir mega gut gefallen.
Was war für dich das Besondere an dem Wochenende?
Die Leidenschaft und das Herzblut der Menschen, die Lebensmittel handwerklich herstellen. Mich fasziniert ihre Liebe zur Natur und zum Produkt und wie sie sich nicht vom herrschenden Lebensmittelsystem unterkriegen lassen, sondern etwas dagegen setzen. Ich habe allerhöchsten Respekt vor diesen Leuten, die so engagiert eine Lebensmittelwende vorantreiben.
Was hast Du für die Zukunft mitgenommen?
Ich habe die Bestätigung bekommen, dass es Lösungsansätze gibt – vom Anbau bis zum Verbrauch. Man kann sehr viel verbessern, auch in der Metzgerausbildung; zum Beispiel fehlen aktuell Hintergrundinformationen über Nachhaltigkeit bei der Haltung und Fütterung der Schweine, über Antibiotikabehandlungen und allgemein über Fleischqualität. Interessant fand ich auch das Thema, wie man nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich in einem größeren regionalen Raum zusammen arbeiten kann. Die BESH ist ein gutes Beispiel dafür. So etwas sollte ebenfalls in die Ausbildungsberufe im Lebensmittelhandwerk einfließen.
Hast Du Anregungen für die nächste SFY-Akademie?
Einmal fände ich es interessant, zusammen ein Schwein zu schlachten. Zum anderen fände ich es interessant als Akademie-Projekt die Bevölkerung hier in der Gegend zu befragen, welche Art der Fleischerzeugung sie besser finden, die der BESH oder – nur zehn Kilometer entfernt – die von VION. Das ist ein internationaler Fleischproduzent und der größte Schlachtbetrieb in Süddeutschland, mit Massenschlachtungen – 21.000 in der Woche – und vielen Arbeitskräften aus Südosteuropa, die im Akkord arbeiten. Pro ausgebeinter Schulter bekommt man soundsoviel Cent, dann Messer wechseln und weiter. Ich konnte diesen Schlachthof ebenfalls besichtigen und versuchte vergeblich, darin etwas Positives zu finden. Mich würde brennend interessieren, welche der beiden Fleischproduktionsmethoden, handwerklich oder industriell, hier in der Region beziehungsweise überhaupt mehr Akzeptanz hat und warum.
Das Interview führte Katharina Heuberger
Porträt-Bild: Daniel Rögelein
Teaserbild: Slow Food Youth Akademie
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Die 28 Teilnehmenden der diesjährigen Akademie wurden aus knapp 70 Bewerbungen ausgewählt. Ihnen gemeinsam ist die Leidenschaft für Essen und guten Geschmack sowie der Wunsch, ihr bereits vorhandenes Wissen über unser Lebensmittelsystem zu vertiefen. In diesem System möchten sie etwas bewegen und ihren Beitrag dazu leisten, dass Lebensmittel gut, sauber und fair erzeugt werden. Den Nachwuchs für die sinnliche Erfahrung guter Lebensmittel zu begeistern und sie für kulinarischen ‚Aktivismus‘ zu gewinnen, ist essentieller Bestandteil der Arbeit von Slow Food Deutschland. „Wir brauchen den Tatendrang und die Leidenschaft junger Erwachsener für die Ernährungswende. In der Akademie versammeln wir eine Menge cleverer Köpfe, die Verantwortung übernehmen wollen, für das was sie essen und wie sie leben. Mit unserer Unterstützung lernen sie, wie sie konkret an zukunftsfähiger Lebensmittelerzeugung und deren Konsum mitarbeiten können. Viele von ihnen bringen bereits klare Vorstellungen davon sowie echte Verbesserungsvorschläge mit. Teils fehlt es ihnen nur an Mut, ihre Ideen beruflich umzusetzen“, so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.
Diesen Mut sammeln viele Teilnehmende im Laufe des Akademiejahres, indem sie sich mit Gleichgesinnten vernetzen und von Menschen lernen, die innovative Ideen und Projekte ökologisch und rentabel umsetzen. Rund die Hälfte schlägt nach Abschluss der Akademie neue Berufswege ein, einige finden gemeinsam den Weg in die Selbstständigkeit.
Startschuss für die diesjährige Akademie ist der 22. März in der Naturlandschaft Döberitzer Heide von der Heinz Sielmann Stiftung. Die Teilnehmenden aus Handwerk, Handel, Gastronomie, Journalismus, Politik sowie Landwirtschaft und Fischerei lernen sich untereinander sowie die Philosophie von Slow Food kennen. Wähend des Jahres erwartet sie eine ausgewogene Mischung aus Theorie und Praxis. Sie lernen unter anderem Methoden, Texturen, Aromen und Geschmäcker von Handwerk und Industrie zu unterscheiden. Maßgeblich gefördert wird die Slow Food Youth Akademie in Deutschland von der Heinz Sielmann Stiftung. „Der Zusammenhang unserer Ernährungsgewohnheiten mit dem Artensterben, dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem globalen Klimawandel wird immer noch ignoriert, wie es die aktuelle Zulassung von 14 weiteren Ackergiften und Pestiziden durch das Bundeslandwirtschaftsministerium beweist. Deshalb möchten wir den Nachwuchs genau dafür sensibilisieren. Die Akademieteilnehmenden versuchen wir für unseren Natur -und Artenschutz, für nachhaltig produzierte Lebensmittel und eine Verarbeitung zu begeistern, die Wertschätzung und Genuss im Blick hat“, betont Michael Beier, Vorstandsvorsitzender der Heinz Sielmann Stiftung.
Bild (c) Slow Food
]]>Die Slow Food Youth Akademie wurde 2017 ins Leben gerufen und geht 2019 in die dritte Runde. Sie richtet sich an Auszubildende, berufserfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende zwischen 18 und 35 Jahren. Bisher kam der Großteil von ihnen aus der Gastronomie, der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche. An acht gemeinsamen Wochenenden im Laufe eines Jahres kommen sie an verschiedenen Orten mit Menschen zusammen, die wissen, wie Erzeugung und Weiterverarbeitung fernab von Monotonie und Standardisierung funktionieren und dabei ökonomisch und ökologisch tragbar sind. Dafür geht es auf den Acker, in die Backstube, die Käserei und die Fleischerei, um sich dort mit unseren Grundnahrungsmitteln zu beschäftigen - mit Sinn und Verstand.
Junge Menschen weiterzubilden und zu fördern ist essentieller Bestandteil der Vereinsarbeit von Slow Food Deutschland. "Mit der Akademie bieten wir den Entscheidern von morgen ein Spielfeld. Indem sie mehr darüber lernen, wo wir mit unserem Lebensmittelsystem aktuell stehen und wir bei Slow Food mit ihnen hin möchten, erforschen sie, wie uns das gemeinsam gelingen kann. Dabei sollen sie nicht nur Kritik üben, sondern müssen auch echte Verbesserungsvorschläge entwickeln. Das ist sehr kraftvoll und inspirierend, auch ich lerne immer wieder aufs Neue", so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e. V. begeistert.
Bei rund der Hälfte der Teilnehmenden schlagen sich die Erfahrungen der Akademie in den beruflichen Biographien nieder. So bei Sebastian Junge, der sich dazu entschloss, das Restaurant zu verlassen, in dem er Küchenchef war. Stattdessen gründete er sein Eigenes. "Ich setze jetzt ein für mich stichhaltiges Konzept konsequent um. Regional ist bei mir regional und nicht quer durchs Land transportiert. Ich unterstütze traditionelles Lebensmittelhandwerk, setze es in meiner Küche selber um, kenne meine Erzeuger und mache meinen Gästen den Wert solcher engen Beziehungen wortwörtlich schmackhaft. Nicht zuletzt die Gespräche mit innovativen Unternehmern über konkrete Möglichkeiten der Umsetzung, der Finanzierung und der Rentabilität während der Akademiezeit haben mich zu diesem Schritt ermutigt", so Junge. Für sein Restaurant bezieht er Kaffee und Wein von Unternehmen, die er während der Akademie kennengelernt hat.
Details zur Bewerbung stehen ab sofort bereit: slowfoodyouth.de/akademie. Die Kosten für das Weiterbildungsprogramm inklusive Unterkunft und Verpflegung belaufen sich für Privatpersonen sowie Teilnehmende aus Betrieben mit bis zu 25 Angestellten auf 600 Euro, für Teilnehmende aus Betrieben mit mehr als 25 Angestellten auf 1.500 Euro.
Maßgeblich gefördert wird die Slow Food Youth Akademie in Deutschland von der Heinz Sielmann Stiftung.
Quelle: Pressemeldung vom 3. Dezember 2018
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