Beim Zubereiten eines ganzen Lammes und anschließender Verkostung diskutierten Experten über Verschwendung beim Fleischkonsum und den Zusammenhang von Weidewirtschaft und Ressourcenschutz. Teilnehmer der Koch- und Diskussionsrunde in der Schäferei Eichhorn im Altmühltal waren Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland; Rupert Ebner, Mitglied im Vorstand von Slow Food Deutschland e.V. und Referent für Gesundheit, Klimaschutz und Umwelt der Stadt Ingolstadt; Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer; Michael Jobst, Küchenchef im Restaurant Antonius Schwaige Ingolstadt und Alfred Eichhorn, Inhaber der Schäferei Eichhorn. Rechtsanwalt Michael Olma, Leiter der lokalen Slow-Food-Gruppe Ingolstadt, moderierte die Veranstaltung.
Bild oben: Beim zweiten Slow Food Kuttelgespräch wurde gleichzeitg diskutiert und gekocht. Von rechts: Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland; Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer; Rupert Ebner, Mitglied im Vorstand von Slow Food Deutschland e.V. und Referent für Gesundheit, Klimaschutz und Umwelt der Stadt Ingolstadt; Alfred Eichhorn, Inhaber der Schäferei Eichhorn und Michael Olma, Moderator und Leiter von Slow Food Ingolstadt. | © Holger Riegel
Vergeudung beginnt bereits nach der Schlachtung
Seit 2011 engagiert sich Slow Food Deutschland mit Aktionstagen und Informationsveranstaltungen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Beim Fleisch beginnt die Vergeudung bereits zwischen Schlachtung und Verzehr. Nachgefragt wird von deutschen Verbrauchern in erster Linie mageres Muskelfleisch wie Filet und Schnitzel. Der Rest des Tieres, die so genannten „unedlen Teile“ werden anderweitig verwertet, beispielsweise als Tierfutter. Verglichen mit anderen Fleischlieferanten wie Schwein, Rind oder Huhn liegt beim Schaf der verzehrte Anteil des geschlachteten Tieres mit 33 Prozent am niedrigsten (Quelle: Fleischatlas extra, 2014, Heinrich-Böll-Stiftung).
Bild oben: Ursula Hudson (grüne Schürze), Vorsitzende von Slow Food Deutschland, paniert Lammzungen, die anschließend wie Schnitzel in Butterschmalz gebraten werden (Rezept siehe unten). Die Zunge gehört zu den 67 Prozent des Lammes, die in der Regel nicht vom Menschen verzehrt, sondern zu Tierfutter verarbeitet werden.
Alfred Eichhorn, Inhaber der Schäferei Eichhorn im Altmühltal, berichtet während der Betriebsführung über das Leben und die Arbeit eines Hüteschäfers. | © Holger Riegel
"Mein Lammfleisch ist mir zum Wegwerfen zu schade!"
Laut Alfred Eichhorn, Wanderschäfer in dritter Generation, der auf seinem Hof selbst schlachtet und das Fleisch direkt vermarktet, fragt der deutsche Verbraucher eben auch beim Lamm nur die so genannten Edelteile nach: Keulen zu Ostern, Koteletts zum Grillen im Sommer. Die Gastronomie nimmt meistens nur die Schulter ab. Wichtig ist: Das Fleisch muss mager sein und soll keine Knochen enthalten. Wenn er nur diese Teile verkaufen würde, rechnete Eichhorn vor, wären das jeweils zwei bis drei Kilo einer zehn Kilogramm schweren Lammhälfte. Da er für Katzen- und Hundefutterhersteller als kleiner Erzeuger zu kleine Mengen liefert, müsste er das restliche Fleisch entsorgen. „In dem von mir produzierten Lammfleisch steckt sehr viel Arbeit, das ist mir zum Wegwerfen zu schade! Deshalb verkaufe ich als kleinste Abgabemenge halbe Lämmer“, erklärte Eichhorn.
Verbraucher sollen den Erzeugern ganze Tiere abnehmen
Um auf den ökologischen und moralischen Missstand der Verschwendung beim Fleischkonsum hinzuweisen, wurde beim Slow Food Kuttelgespräch in der Schäferei Eichhorn ein ganzes Lamm gegrillt und verzehrt. Auch Lammzungen, die es selten in den Handel schaffen, wurden zubereitet. „Lammfleisch aus extensiver Haltung ist ein wertvolles, gesundes und natürliches Lebensmittel, da die Tiere das ganze Jahr auf natürlichem Grünland in ökologischen Nischen, wie beispielsweise den kräuterreichen Mager- und Trockenrasen im Naturpark Altmühltal verbringen“, erläuterte Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Die Verbraucher, der Handel und die Gastronomie seien gefragt, wenn es darum geht, Erzeugern das ganze Tier abzunehmen und wieder zu lernen, dieses zuzubereiten. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang auch, dass in Kochmedien meistens nur Rezepte für Lammkeulen zu finden seien. Auch hier sei ein Umdenken gefordert, zumal aus kulinarischer Sicht das etwas fettere Bauchfleisch beispielsweise saftiger, zarter und geschmackvoller sei.
Bild oben: Der Koch Michael Jobst testet, ob das Lamm am Grill fertig gegart ist, um es den Gästen des Slow Food Kuttelgesprächs zu servieren.
Schafe sind als Graser keine Nahrungskonkurrenten des Menschen
Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer, betonte die zusätzlichen Vorteile des Nutztiers Schaf. Schafe seien als Graser keine Nahrungskonkurrenten der Menschen, anders als die Nutztiere, die Pflanzen wie Soja, Getreide und Mais fressen, die weltweit auch wichtige Ressourcen für die Ernährung von Menschen darstellen. Zudem seien Schäfer und ihre Schafe agrarökologische Dienstleister für die ganze Gesellschaft. “Schafe schützen die Luft, da Grünland auch im Winter Sauerstoff produziert und große Mengen von CO2 bindet. Beweidetes Grünland filtert zudem sehr viel Stickstoff, das verhindert eine Nitratbelastung des Trinkwassers. Und Schafe schützen den Boden vor Erosion, da sie ihn mit sanften Tritten festigen.“
Bild oben: Bayerische Merino-Landschafe und ihre Ziegen-Kollegen bei der Arbeit - Gras fressen.
Unter den Gästen waren neben Vertetern deutscher, bayerischer und lokaler Schafhalter-Verbände sowie Vertretern von Naturschutzverbänden und -behörden auch Tanja Schorer-Dremel, Abgeordnete im Bayerischen Landtag (CSU) und Mitglied im Landwirtschafts- und Umweltausschuss (braune Jacke). Hier bei der Begrüßung durch Ursula Hudson (grüne Schürze), der Vorsitzenden von Slow Food Deutschland.
Der ZEIT Kochtag
Anlass der Veranstaltung war der ZEIT Kochtag, der am 17. April 2015 erstmalig und in Zusammenarbeit mit Slow Food Deutschland stattfindet. Der Aktionstag möchte Menschen dazu anregen, selbst zu kochen und sich mit ihrem Essen bewusst auseinanderzusetzen. (Ausführliche Informationen unter ZEIT-Kochtag)
Über die Veranstaltungsreihe „Slow Food Kuttelgespräche“:
Das „Slow Food Kuttelgespräch“, eine Gesprächsrunde am Herd zu guten, fairen und sauberen Lebensmitteln, ist ein neues Slow-Food-spezifisches Format. Das erste Slow Food Kuttelgespräch fand im Dezember 2014 anlässlich des internationalen Slow Food Terra Madre Tags statt. Die Reihe wird bundesweit bei verschiedenen Veranstaltungen fortgesetzt. „Kutteln“ als Teil der Wortneuschöpfung „Kuttelgespräche“ sind bewusst gewählt. Kutteln lösen im kulinarischen Kontext starke, oft widersprüchliche Reaktionen aus: Sie werden als Lebensmittel von manchen abgelehnt, von anderen als Spezialität geliebt oder sogar mit heimatlichen Ernährungstraditionen identifiziert. Symbolhaft stehen sie in dieser Veranstaltungsreihe für unangepasste, provokative und neue Sichtweisen von Slow Food auf das aktuelle Lebensmittelsystem, über die man sich in Experten-Gesprächen austauscht. Die charakteristische Slow-Food-Prägung erhält das Format zudem durch das gemeinsame Kochen und den Genuss der zubereiteten Gerichte.
Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland vom 17. April 2015
Fotos: © Holger Riegel (2), Katharina Heuberger (4)
Mehr Informationen:
Slow Thema Lebensmittelverschwendung
Slow Thema Tiere in der Landwirtschaft
Erstes Slow Food Kuttelgespräch in München
Während des Zweiten Slow Food Kuttelgesprächs wurde folgendes Rezept zubereitet:
Lammzunge,
mit Senf und Meerrettich verfeinert, in Schwarzbrotpanade
Fleisch:
10 Lammzungen
2 Liter Gemüsebrühe
3 Wacholderbeeren, 4 Lorbeerblatt, 1 Zweig Rosmarin, 1 Zweig Thymian
Marinade:
2 EL mittelscharfer Senf und 1 EL süßer Senf gemischt
6 EL frisch geriebener Meerrettich
1 EL Liebstöckel, Petersilie, gehackt
1 Knoblauchzehe, gehackt
Panade:
150 Gramm Mehl zum Panieren
2 Eier, verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen
500 Gramm getrocknetes Schwarzbrot, gerieben
Zum Braten:
500 Gramm Butterschmalz
Lammzungen in Gemüsebrühe mit Wacholderbeeren, Lorbeerblatt, Rosmarin, Thymian rund zwei Stunden köcheln. Dann putzen, die Haut abziehen und halbieren. Für die Marinade den Senf, Meerrettich, Liebstöckel, Petersilie und Knoblauch mischen. Die Zungen mit der Marinade bestreichen und danach wie Schnitzel panieren. Panierte Zungen in Butterschmalz bei leichter Hitze rund drei bis vier Minuten auf jeder Seite braten (siehe Bild oben).
Tipp zum Verfeinern: Rosmarin und/oder Thymianzweige ins Bratfett geben.
Lammrezept zum Nachkochen (als PDF)
Rezept: Michael Jobst, Küchenchef Restaurant Antonius-Schwaige, Ingolstadt
Foto: © Katharina Heuberger
Es dunkelt bereits, als die Repräsentanten der Arche-Passagiere am Nachmittag des 10.12.2015 ihre Marktstände im Exerzitienhaus Himmelspforten aufbauen und den Kreuzgang in einen Arche-Markt verwandeln. Den ganzen Tag liegt Würzburg unter einer dicken Nebelschicht. Doch nun, gen Abend, scheinen die Arche-Passagiere und Anwärter unter dem barocken Gewölbe neues Licht zu verbreiten. Sie laden die Besucher, die ab 17 Uhr durch das Foyer in Richtung Markt strömen, ein, sich auf neue Weise mit alten Nutztierrassen und Gemüsesorten wie den Slow-Food-Presidi Bamberger Hörnla und dem Fränkischen Grünkern zu verbinden.
Herr Glasbrenner von der Züchtervereinigung Limpurger Rind e. V. berichtet den interessierten Besuchern von der Besonderheit des Weideochsens vom Limpurger Rind. In der ländlichen Region um Hohenlohe wurde das Limpurger Rind, das karge Böden liebt und ein guter Futterwerter ist, lange als Arbeitstier eingesetzt und hat sich sein Wesen als gutmütiger Charakterkopf bewahrt. Auch die Geschichte des Schwäbisch-Hällischen Landschweins Alter Zuchtrichtung, das in den 1980ern fast ausgestorben war, erzählt die Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall wie ein spannendes Drama – eines mit Happy End. Das schafft kein standardisiertes, überzüchtetes oder für die Anforderungen des modernen Handels und Logistik designtes Produkt.
Eine Überraschung bot der "Alte fränkische Satz", denn seinen Charakter bestimmt eine Vielfalt an Rebsorten: Winzer und Slow-Food-Mitglied Ulrich Bürks vom Ickelheimer Schloßberg präsentierte eine Palette aus 18 verschiedenen Rebsorten und Winzer Peter Götz sogar 20. Anita Idel, Mitglied der Arche-Kommission bei Slow Food Deutschland, überbrachte die freudige Nachricht, dass der „Alte fränkische Satz“ kurz vor der endgültigen Aufnahme als Passagier in die Slow Food Arche des Geschmacks steht. Später beim Essen erfahren wir mehr darüber, wie die Reben damals im bunten Bündel verkauft und dann gesetzt wurden. Doch vor dem Essen steht nun das Kuttelgespräch auf dem Programm. Nach der warmherzigen Begrüßung durch Gudrun Dittman-Nath, die Verwaltungsleiterin in Himmelspforten, begeben sich die Marktteilnehmer und Gäste zu den Diskutanten.
Bild oben: Die Ernte der Bamberger Hörnla, die am Terra Madre Tag auf dem Arche-Markt in Würzburg präsentiert wurden. Die alte Kartoffelsorte ist Passagier auf der Arche des Geschmacks. Das internationale Projekt der Slow Food Stiftung für Biodiversität schützt und fördert traditionelle Nutztierrassen, Kulturpflanzen und Lebensmittel, die vom Verschwinden bedroht sind, und trägt so zur Rettung unseres kulinarisch-kulturellen Erbes bei.
Das Slow Food Kuttelgespräch
Mit Anita Idel, Lead-Autorin des Weltagrarberichtes und Autorin des Buches „Die Kuh ist kein Klima-Killer!“ (Salus-Medienpreis 2013), Rupert Ebner, Vorstand Slow Food Deutschland und Umweltbeauftragter der Stadt Ingolstadt, und Andreas Grabolle, Veganer und Autor des als Sachbuch des Jahres 2013 prämierten Buches des Titels „Kein Fleisch macht glücklich“, ist das Podium prominent besetzt. Charmant moderiert die freie Journalistin Gabi Toepsch das Gespräch vor gut sechzig Gästen. Alle drei Gesprächsteilnehmer sind sich einig, dass der Fleischkonsum drastisch zurückgehen muss. Während Andreas Grabolle auch in der Biolandwirtschaft grundsätzliche Probleme im Umgang mit Nutztieren sieht und die These aufstellt, Bio sei [für die Tiere] nicht automatisch besser, erläutert Rupert Ebner, warum regionale ökologisch-biologische Landwirtschaft den richtigen Weg mit den größten Potenzialen für die Slow-Food-Devise gut, sauber und fair darstellt. Seine Tierarzt-Kollegin Anita Idel verweist darüber hinaus auf die eigentlich notwendige Unterstützung der Bauern durch die örtlichen Veterinäre. Aber das Studium der Tiermedizin qualifiziere weniger für die nachhaltige als für die Intensivtierhaltung. So gehöre eine große Portion Glück dazu, dass die Kompetenz des Tierarztes zu Betrieben passe, die Tierwohl und Nachhaltigkeit anstreben.
Andreas Grabolle, der durch die Recherche zu seinem Buch „Kein Fleisch macht glücklich“ zum Veganer wurde, beklagt die fehlende Empathie gegenüber Nutztieren. Der Tierschutz sei auch bei Förderung von Zweinutzungsrassen und Lebensleistung nach wie vor nicht hinreichend im Fokus. Im konkreten Zusammenhang mit artgerechter Haltung und Schlachtung spricht er von einer „Käfig-Ethik“.
Bild oben: Die Teilnehmer am Slow Food Kuttelgespräch (v. l. n. r.): Gabi Toepsch, Moderation; Anita Idel, Tierärztin und Autorin; Andreas Grabolle, Veganer und Autor; Rupert Ebner, Tierarzt, Vorstand von Slow Food Deutschland und Umweltbeauftragter der Stadt Ingolstadt.
Ist Bio die Antwort?
Rupert Ebner lenkt die Aufmerksamkeit zurück auf die Vorteile von Bio-Landwirtschaft. In einem Kreislaufsystem gehört die Beweidung von Grünland durch Rinder und Schafe ganz natürlich dazu. Rinder rülpsen Methan, doch holistisch betrachtet würden die Vorteile des Wiederkäuers deutlich überwiegen, weil er für Klima, Böden und biologische Vielfalt so viel mehr leiste als ein Rasenmäher. Darin bestätigt ihn auch Anita Idel, die landwirtschaftliche Betriebe auf internationaler Ebene berät. In ihrem Buch: „Die Kuh ist kein Klima-Killer!“ beschreibt sie ausführlich, wie genau Rinder die Fruchtbarkeit des Bodens fördern: In nachhaltiger Beweidung lösen sie einen Wachstumsimpuls aus – nicht nur für das oberirdische Grün, sondern auch für die Wurzeln. Und diese bilden die wesentliche Biomasse für den Humus von morgen.
Der normale Verbraucher, stellt Grabolle in den Raum, sei völlig überfordert, könne trotz Qualitätssiegeln kaum souveräne Entscheidungen treffen. Die Einführung der Kennzeichnungspflicht von Eiern zum Beispiel sei auch heute noch ein gutes Beispiel dafür, welche Dynamik Verbrauchermacht und Tierschutz zusammen entfalten können.
An dieser Stelle würdigt Rupert Ebner, ohne Vegetarier und Veganer wäre die Diskussion heute nicht da, wo sie ist. Eine Landwirtschaft ohne Tiere ist für den Slow-Food-Vorstand jedoch keine Option. Auf den Hinweis Grabolles, man müsse die Tiere ja nicht töten, nachdem sie der Erde Gutes getan und die Weide „gemäht“ hätten, argumentiert Ebner dagegen: „Die täglichen Fragen im Umgang mit sehr alten Tieren auf Gnadenhöfen, ob die Zähne noch halten und wie lange sie noch fressen, stellt in der täglichen Arbeit der Tierärzte eine große Belastung dar. Wenn die Tiere zu alt werden, muss man sie irgendwann aus Tierschutzgründen töten.“ Das Ziel im Umgang mit Nutztieren müsse neben extensiver, artgerechter Haltung und Fütterung vielmehr sein, auch bei der Schlachtung auf kurze Wege zu setzen sowie stress- und schmerzfreie Wege für die Tiere zu finden. Ein Exkurs und Einblick in Intensivzuchtmethoden durch Anita Idel offenbart weitere Horrorgeschichten, die im Plenum sichtbar Spuren der Betroffenheit und Wut hinterlassen. Sie selbst isst nur noch Fleisch, dessen Herkunft sie kennt. Denn statt Tiere aus anonymer Haltung zu verzehren, sei es doch denen am besten ergangen, die einen Namen hatten. Eine Vorstellung, die für Andreas Grabolle sichtlich unverständlich bleibt.
Doch zurück zur Erde, dem übergeordneten Thema des heutigen Terra Madre Tages. Idel beklagt einen Fakt, der deutlich macht, wie tief die Misswirtschaft der globalen Landwirtschaft reicht: 70 Prozent der Futterproteine in der EU kommen seit Jahrzehnten aus Südamerika. Deren Fäkalien gehen nicht in die dortigen Böden zurück. „Unsere Überproduktion hängen am Import-Tropf und die Böden in Argentinien und Chile werden ausgelaugt“, resümiert sie sehr anschaulich.
Ob die erodierte, ausgelaugte und durch den intensiven Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger und Pestiziden verseuchte Erde wirklich, wie die FAO warnt, nur noch 60 Ernten schaffe, bevor sie unumkehrbar kollabiere? Dem mulmigen Raunen im Saal zufolge will es von den heute Anwesenden niemand darauf ankommen lassen.
Forderungen an die Politik
Welche politischen Forderungen müssen formuliert werden, möchte Gabi Toepsch abschließend wissen. Hier zeichnen sich wieder die drei Bereiche Zucht, Fütterung, Haltung ab: Tierfutter – aus der Region und für Tiere geeignet; radikales Umdenken bei den Haltungsformen – Ebner nennt zum Beispiel die tierunwürdigen Spaltenböden in der Schweinehaltung – und generell die Qualzucht: Immer mehr Milch, Fleisch und Eier, die Tiere dem Burn-out ausliefern und mehr Ferkel, als eine Sau ernähren kann. Die Zuchtverbände müssten unter Druck gesetzt werden, um Gesundheit und Wohlbefinden als Zuchtziele anzustreben – bis hin zu staatlichen Regulierungen. Der Tierschutz brauche eine noch breitere Lobby, einen noch längeren Arm in die Politik hinein, bekräftigt Andreas Grabolle. Anita Idel setzt noch einen drauf: Irreführende und offensichtlich auf Täuschung ausgerichtet Werbung gehöre schlichtweg verboten, auch weil sie den Wettbewerb zulasten ökologischer Produzenten verzerre.
Gemacht werden müssen die Gesetze zum Schutz der Tiere und der Verbraucher, der Biologischen Vielfalt, der Böden und des Klimas, jedoch von der Politik. So das Fazit der Runde, bei der sich Gabi Toepsch unter dem Applaus der Anwesenden nach einer guten Stunde bedankt.
Kulinarischer Ausklang
Angeregt und nachdenklich gehen die Gäste nach der Diskussion in den Speisesaal. Heute Abend kommen Vegetarier und Fleischesser durch das Engagement des örtlichen Conviviums und den tollen Einsatz der Küchen- und Service-Crew hier in Himmelspforten gleichermaßen in den Genuss hundertprozentig fairer, sauberer und guter Lebensmittel. Die Wirsingrouladen kommen mit Grünkern und mit Rhönschaf-Füllung, beides Arche-Passagiere.
Beim geselligen Mahl gehen die Gespräche weiter bis in den späten Abend. Unterbrochen nur von wohligen Genuss-Bekundungen und Anmoderationen der begleitenden Weine durch die Winzer.
Bild oben: Das Dessert des Menüs - Quitten-Mousse mit Rotwein-Birnenspalten.
Der Terra Madre Tag
Jedes Jahr am 10. Dezember findet rund um den Globus ein Festtag des internationalen Slow-Food-Netzwerkes und seinen Terra-Madre-Lebensmittelbündnissen statt: Viele lokale Initiativen weltweit vereint in einem Fest – dies ist der Grundgedanke des Terra Madre Tages. Gemeinsam wird an diesem Tag die Bedeutung des lokalen Essens und das Recht aller Menschen auf den Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln gefeiert. Picknicks und Festtafeln, Filme und Konzerte, Besuche auf Bauernhöfen, Kampagnen, Angebote zur Ernährungs- und Geschmackserziehung, Gespräche und Diskussionen – hunderte solcher Veranstaltungen finden am 10. Dezember auf allen fünf Kontinenten statt.
Der Veranstaltungsort - das Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg.
Alle Bilder auf dieser Seite: © Kirsten Kohlhaw
Mehr Informationen:
Slow-Food-Positionen zum Thema "Tiere in der Landwirtschaft"
Slow Food Essay: Genuss, Verantwortung und das Lebensmittelsystem der Zukunft
]]>Teilnehmer der Koch- und Diskussionsrunde in der Kustermann-Kochschule am Viktualienmarkt waren Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, und Rupert Ebner, Tierarzt und Mitglied im Vorstand von Slow Food Deutschland, sowie die Gäste Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant, Georg Schweisfurth, Bio-Unternehmer und Autor, Jürgen Körber, Metzgermeister der Herrmannsdorfer Landwerkstätten und Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer. Wilfried Bommert, Vorstandssprecher des Instituts für Welternährung und Autor, moderierte die Veranstaltung.
Foto oben: Die Teilnehmer am ersten Slow Food Kuttelgespräch schneiden küchenfertige Lammkutteln in mundgerechte Stücke. Von links.: Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer; Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland; Jürgen Körber, Metzgermeister der Herrmannsdorfer Landwerkstätten; Georg Schweisfurth, Bio-Unternehmer und Autor und Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant. | © Andrea Huber
Vom Speisezettel verschwunden: Kutteln und andere Innereien
Als Beispiel für die Vergeudung von rund der Hälfte des produzierten Fleisches in Deutschland standen bei der Veranstaltung Innereien im Mittelpunkt. Basierten Kochrezepte vor wenigen Jahrzehnten noch auf der vollständigen Verwertung der geschlachteten Tiere, also auch der Innereien, sind diese heute fast völlig aus dem Angebot der Metzger, Supermärkte und Restaurants verschwunden. Als so genannte unedle Teile werden sie beispielsweise an Haustiere verfüttert, in der Düngemittelindustrie verwendet oder als Biokraftstoff verarbeitet. Nachgefragt werden in erster Linie Filets, Koteletts und Schnitzel.
Ein zentraler Gedanke der Slow-Food-Philosophie heißt: Essen hat einen Wert. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, kritisiert diese Fleischverschwendung in unserem Lebensmittelsystem deshalb vehement und fordert: „Das ganze Tier zu essen, muss wieder kulinarische Normalität werden! Nur Edelteile zu essen, ist weder ökologisch noch moralisch vertretbar.“ Als konkrete Maßnahmen in der Wertschöpfungskette schlägt Hudson deshalb vor, verloren gegangenes Wissen wieder zu fördern, nämlich die handwerklichen Kenntnisse der Metzger, Innereien küchenfertig zu machen und die Kochkenntnisse der Konsumenten, diese Spezialitäten schmackhaft zuzubereiten.
Bild oben: Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, demonstriert die beeindruckende Größe von Kuhkutteln. Dieser große Magen und andere Innereien vom Rind wie Leber, Nieren und Lunge waren im Ganzen als Anschauungsbeispiele für die Gäste des Terra Madre Tags von der Herrmannsdorfer Bio-Metzgerei in Glonn in den Veranstaltungsraum mitten in München gebracht worden. | © Andrea Huber
"Wir müssen Innereien wieder sexy machen!"
Umgesetzt wurden diese Forderungen bereits während des „Slow Food Kuttelgesprächs“, einem Format, bei dem während des Gesprächs gemeinsam gekocht wird. Unter der Leitung von Bio-Spitzenkoch Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant, bereiteten die Teilnehmer zwei Gerichte zu: Lammkutteln mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen und "Vitello Tonnato" von der Schweinezunge (links). "Innereien richtig zubereitet sind sehr wohlschmeckend", sagte Tress. Um dies nicht nur einem eingeweihten Kreis von Feinschmeckern zugänglich zu machen, sei es die Aufgabe von Köchen, Innerereien wieder "sexy zu machen", beispielsweise mit neuen und modernen Rezepten.
Bild oben: "Vitello Tonnato" von der Schweinezunge nach einem Rezept der Kuttelgespräch-Teilnehmer Georg Schweisfurth und Simon Tress aus deren gemeinsamen Kochbuch "Fleisch". | © Andrea Huber
Der Terra Madre Tag - der globale Aktionstag der Slow Food Bewegung
Anlass der Veranstaltung war der internationale Terra Madre Tag der Slow-Food Bewegung, der jedes Jahr am 10. Dezember mit hunderten Veranstaltungen in über 150 Ländern gefeiert wird. An dem weltweiten Aktionstag stehen regionale Esstraditionen, eine reiche Vielfalt auf unseren Tellern und das Engagement für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem im Mittelpunkt.
Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland vom 10. Dezember 2014
Weitere Informationen:
Slow Thema: Tiere in der Landwirtschaft
Publikationen: Fleischatlas extra - Abfall und Verschwendung
Die Veranstaltungsreihe
Das „Slow Food Kuttelgespräch“, eine Gesprächsrunde am Herd zu guten, fairen und sauberen Lebensmitteln, soll als Slow-Food-spezifisches Format bei verschiedenen Veranstaltungen fortgesetzt werden. Die „Kutteln“ als Teil der Wortneuschöpfung „Kuttelgespräche“ sind bewusst gewählt. Kutteln lösen im kulinarischen Kontext starke, oft widersprüchliche Reaktionen aus: Sie werden als Lebensmittel von manchen abgelehnt, von anderen als Spezialität geliebt oder sogar mit heimatlichen Ernährungstraditionen identifiziert. Symbolhaft stehen sie in dieser Veranstaltungsreihe für unangepasste, provokative und neue Sichtweisen von Slow Food auf das aktuelle Lebensmittelsystem, über die man sich in Gesprächen austauscht. Die charakteristische Slow-Food-Prägung erhält das Format zudem durch das gemeinsame Kochen und den Genuss der zubereiteten Gerichte.
Bei der Veranstaltung im Rahmen des 25- jährigen Vereinsjubiläums von Slow Food Deutschland e. V. im Landhaus Schulze-Hamann in Blunk stattfand, stand ein für viele Verbraucher etwas ungewöhnlicher Fleischkonsum im Fokus: Die Verwertung verschmähter Stücke wie Herz, Niere, Gehirn und Zunge. Während der einführenden Gesprächsrunde erläuterten Frederik Schulze-Hamann, Vorstandsmitglied von Slow Food Deutschland, Inken Mohr, Züchterin der Angler Sattelschweine, Jörn Vollstedt, Schlachtermeister bei Schulze-Hamann sowie die Gastwirtin Angela Schulze-Hamann warum ein Umdenken in Richtung Ganztierverwertung unabdingbar ist. Nicht nur weil diese die Küche um eine Vielzahl an – manchmal schon fast vergessenen – Speisen bereichert. Sondern vor allem, weil dies ein entscheidendes Kriterium für einen gegenüber Mensch, Tier und Umwelt verantwortlichen zukünftigen Fleischkonsum ist. Jörn Vollstedt erklärte, zu was sich die einzelnen Stücke Fleisch weiterverarbeiten lassen und welches handwerkliche Können dafür nötig ist. Der Debatte angeschlossen war ein kreativ-buntes Buffet u.a. mit Gegrillter Zunge auf Blunker Bio-Wildkräutersalat, Flambierte Nierchen in Cognacsahne und Gebackenes Hirn mit Tempura auf Graupen, zubereitet von Angela Schluze-Hamann
Bild oben: Gastwirtin Angela Schulze-Hamann präsentiert das Von-Kopf-bis-Schwanz-Buffet.
"Verbraucher tragen Mitverantwortung!"
Die Frage nach der Erzeugung, Weiterverarbeitung und des Konsums tierischer Produkte ist für Slow Food im Hinblick auf das Erreichen eines zukunftsfähigen Lebensmittelsystems schon lange zentral. „Wir wollen Wege aufzeigen, wie wir uns weg vom Tierleid hin zum Tierwohl bewegen können sowie Möglichkeiten, wie Verbraucher zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung von tierischen Produkten beitragen können,“ so die Vorsitzende von Slow Food Deutschland Ursula Hudson zum Thema. „Durch den so genannten ‚von Kopf bis Schwanz‘-Verzehr von qualitativ hochwertigem Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und der Reduzierung des Fleischkonsums auf wenige Male pro Woche, können Verbraucher den dringend nötigen Wandel mittragen. Sie tragen Mitverantwortung, damit Tierfabriken und Massenschlachthöfe bald der Vergangenheit angehören“.
"Für vier Portionen sollen nicht zwei Schweine sterben!"
Während des Kuttelgespräches erläuterte die Köchin Schulze-Hamann: „Auch die Gastronomie muss dringend enkeltauglicher werden. Seit Jahren führe ich keine Schweinemedaillons mehr auf der Karte, denn ich kann es nicht verantworten, dass für vier Portionen, zwei Schweine sterben müssen. Stattdessen führe ich Leber, Schweinebäckchen und Schnitzel vom Weideschwein.“
Dass Genuss mit Verantwortung einhergehen kann und muss machte Inken Mohr, Züchterin von Angler Sattelschweinen und anderen alten Tierrassen während der Diskussion deutlich: „Anders als die Schweine aus der gängigen ‚100-Tage-Mast‘, darf das Angler Sattelschwein ein Jahr lang leben, gängigerweise als Weideschwein. Das heißt es bekommt drei Mal so viel Futter und Zeit zum Wachsen, was sich dann in der Qualität des Fleisches sowie im Geschmack positiv bemerkbar macht.“ Mohr beklagte außerdem, dass das handwerkliche Können und Wissen rund um die Ganztierverwertung von Tieren nahezu vom Aussterben bedroht sei. Eine Tatsache, die auch Schlachtermeister Jörn Vollstedtwährend in der Diskussionsrunde unterstrich: „Leider ist das Bewusstsein für die Vielzahl an genießbaren Teile von Tieren in einem schleichenden Prozess abhanden gekommen und der Verbraucher hat sich immer mehr vom Knochen entfernt,“ so Vollstedt. Diese Entwicklung spiegelt den von der Lebensmittelindustrie angetriebenen, fortwährenden Prozess der Entfremdung des Verbrauchers von den Nahrungsmitteln wider.
Bild oben: Bäuerin Inken Mohr aus Blunk mit einem ihrer Angler Sattelschweine. | © Heyka Glißmann
Erschreckend wenig Wertschätzung für Fleisch
Durch Veranstaltungen wie die Kuttelgespräche möchte Slow Food vom Vergessen bedrohte Fleischteile wieder salonfähig machen, Verbrauchern Tipps zur Verwertung an die Hand geben und der Lebensmittelverschwendung tierischer Produkte entgegenwirken. Denn häufig wird nur ein relativ geringer Anteil eines geschlachteten Tieres verzehrt. Vor allem in Deutschland und anderen Industriestaaten können nur die edlen Fleischteile gewinnbringend verkauft werden. Beim Schaf liegt der verzehrte Anteil des mit lediglich 33 Prozent noch niedriger als bei Rind, Schwein und Geflügel – ein erschreckendes Beispiel für die mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln, der für die Produktion investierten Ressourcen sowie allgemein für die Schieflage des industrialisierten Lebensmittelsystems.
Bild links: Unter den Spezialitäten des Abends ist unter anderem Hausmachersülze. Weitere Gerichte sind Gegrillte Zunge auf Blunker Bio-Wildkräutersalat, Flambierte Nierchen in Cognacsahne und Gebackenes Hirn mit Tempura auf Graupen.
Slow Food Kuttelgespräche
Das „Slow Food Kuttelgespräch“, eine Gesprächsrunde am Herd zu guten, fairen und sauberen Lebensmitteln, ist ein Slow-Food-spezifisches Format. „Kutteln“ als Teil der Wortneuschöpfung „Kuttelgespräche“ sind bewusst gewählt. Symbolhaft stehen sie in dieser Veranstaltungsreihe für unangepasste, provokative und neue Sichtweisen von Slow Food auf das aktuelle Lebensmittelsystem, über die man sich in Experten-Gesprächen austauscht. Die charakteristische Slow-Food-Prägung erhält das Format zudem durch das gemeinsame Kochen und den Genuss der zubereiteten Gerichte. Das erste Slow Food Kuttelgespräch fand im Dezember 2014 anlässlich des internationalen Slow Food Terra Madre Tags statt. Die Reihe wird bundesweit bei verschiedenen Veranstaltungen fortgesetzt.
25 Jahre Slow Food Deutschland. Das Slow Food Kuttelgespräch in Blunk gehört zu den den diesjährigen Jubiläumsveranstaltungen. Unter dem Motto „25 Jahre Slow Food Deutschland – Weil uns die Zukunft des Essens und unserer Lebensmittelerzeuger wichtig ist“ feiert Slow Food Deutschland gemeinsam mit den rund 14.000 Mitgliedern das 25-jährige Vereinsjubiläum. Veranstaltungen in ganz Deutschland rücken Erzeuger und Produkte in den Fokus, die schon heute im Zeichen eines zukunftsfähigen Lebensmittelsystems und ökologischer Nachhaltigkeit stehen.
Weitere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland vom 18. August 2017
Mehr Informationen:
Die Slow-Food-Broschüre „Fleisch: Ganz oder gar nicht"
Slow Thema: Tiere in der Landwirtschaft - Informationen, Aktionen, Positionen
Arche-Passagier Angler Sattelschwein
Alle Bilder:© Sharon Sheets
Jedes Jahr wird die Gesundheit von Millionen von Tieren, die Milch, Fleisch und Eier für den menschlichen Verbrauch liefern, stark beeinträchtigt.
Der Großteil der Nutztiere – Schweine, Hühner, Hasen, Kälber, Enten und Wachteln – werden in Käfige eingesperrt, die natürliche Verhaltensweisen wie Kratzen und Flügelschlagen verhindern und manchmal so klein sind, dass sich die Tiere nicht einmal umdrehen können.
In den intensiven Schweinezuchtbetrieben verschiedener Länder verbringen Sauen immer noch bis zu vier Monate in Mastkäfigen, in denen sie sich nicht frei bewegen können. In einigen europäischen Staaten verbietet die Gesetzgebung zwar die industrielle Käfighaltung, dennoch verbringen nach wie vor gut 300 Millionen Nutztiere den Großteil ihres Lebens in Käfigen.
Besonders besorgniserregend ist die Situation in China, dem größten Fleischproduzenten der Welt, wo es keine landesweiten Gesetze gibt, die die Misshandlung von Tieren ausdrücklich verbieten und Standards zur Käfighaltung vorschreiben.
Der Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2007 schreibt vor, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bei ihren Entscheidungen die Gesundheit der Tiere berücksichtigen müssen. Obwohl es alternative Systeme gibt, die artgerechte Tierhaltung garantieren, werden nach heutigem Stand in den meisten EU- Mitgliedsstaaten rund 700 Millionen Nutztiere ihr gesamtes Leben lang in Käfigen gehalten.
Slow Food engagiert sich seit vielen Jahren für die Sensibilisierung der Bauern zum Thema Tierschutz und unterstützt die von der Organisation Compassion in World Farming (CIWF) lancierte Europäische Bürgerinitiative (EBI),die das Europäische Parlament zum Verbot der industriellen Käfighaltung in den EU-Ländern auffordert.
Mehr Informationen:
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