Nachhaltigkeit geht über Bord

Die neuen Fangquoten für die Fischerei in Nordsee und Atlantik sind ein enttäuschender Rückfall in die Ära der alten Kurzsichtigkeit

Presseinformation - Berlin, 17. Dezember 2014

(mk) Die Enttäuschung zum Jahresende. Die jetzt von den Fischereiministern der EU beschlossenen Fangmengen für die Fischbestände in Atlantik und Nordsee sind ein Rückfall in die überwunden geglaubte Ära der Kurzsichtigkeit und Ignoranz. Die mit so viel Hoffnungen und Applaus begleitete Reform der Fischereipolitik hat damit einen ernsthaften Einbruch erlitten.

Nachhaltigkeit hieß die neue dicke Überschrift für die Fischereipolitik der EU. Nach Jahren und Jahr-zehnten der rücksichtslosen Ausbeutung und Überfischung hatte die jetzt abgelöste EU-Fischerei-Kommissarin Maria Damanaki den neuen Kurs gemeinsam mit vielen Mitstreitern und unter dem Beifall der Umweltverbände und NGOs durchgesetzt. Es ging dabei nicht nur um die Fischerei. Auch die Politik bekam plötzlich ein neues freundlicheres Gesicht. Sie orientierte sich nicht mehr vorrangig an Lobbyisten und industriellen Fischtrawlern mit ihren monströsen Riesennetzen, sondern an der Zukunft. An den Bedürfnissen der überfischten Meere, der Umwelt und – der Nachhaltigkeit. An den Empfehlungen der Wissenschaft.

Jetzt mussten EU-Kommission und Fischereiminister zum ersten Mal zeigen, wie ernst sie es meinen mit dem neuen Kurs, die Meere so schonend zu bewirtschaften, dass sich die Fischbestände endlich erholen können. „Diese erste Bewährungsprobe haben der neue Fischereikommissar Karmenu Vella und die Ministerrunde eindeutig nicht bestanden“, sagt die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson. Entgegen allen Versprechen, so Hudson, habe man die Empfehlungen der Wissenschaftler an mehreren Einzelpunkten ignoriert und großzügigere Fangmengen erlaubt als vorge-schlagen.

Damit geht die Überfischung in mehreren Fischerein weiter. Auch die Aufbruchsstimmung für eine neue, wirklich nachhaltige Fischereipolitik werde empfindlich eingetrübt, Umweltverbände und NGOs, die den Prozess der Neuorientierung wohlwollend begleitet haben, werden vor den Kopf gestoßen. „Die Nach-Damanaki-Ära hat mit einem Rücksetzer begonnen“, erklärt Ursula Hudson.

Mit den neuen Fangquoten wird sich die Erholung der Bestände weiter verzögern. Damit werden auch die langfristigen Erträge der Fischer hinter den Möglichkeiten zurückbleiben. „Diese Kurzsichtigkeit macht einen wirklich ratlos“, bilanziert Hudson, „die Überfischung schadet ja nicht nur Meeren und Fischbeständen, sie ist auch ökonomisch ruinös, weil die Fischer auf Jahre weniger Beute in ihren Netzen haben werden!“ Hinzu kommt, dass man auch in Sachen Beifang zurückrudert und die Vorschriften aufweicht.

Es ist tragisch und bedrückend, dass mit den überhöhten Fangquoten auch der zarte Konsens und das Einvernehmen zwischen Umweltgruppen, NGOs und der Politik beschädigt wird. Offenbar müssen wir die Fische weiterhin vor der EU-Politik beschützen. Nachhaltig!

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