Bauernproteste: Agrarwende unumgänglich – Weitblick von Bäuer*innen, Verbraucher*innen und Politik erforderlich

26.11.2019 - Seit einigen Wochen demonstrieren Bäuerinnen und Bauern mit grünen Kreuzen und zuletzt auch mit ihren Traktoren für mehr Wertschätzung und um auf wachsende Anforderungen an die bäuerliche Arbeit hinzuweisen. Zu diesen Protesten aufgerufen haben vom Bauernverband unabhängige Initiativen, u.a. die Initiative Land schafft Verbindung. Tausende Landwirt*innen demonstrieren heute in Berlin.

Kürbis ernten (c) Friedemann LätschAls Sprecherin des Wir haben es satt!-Bündnisses, dem auch Slow Food Deutschland angehört, kommentiert Saskia Richartz die aktuellen Proteste der Bäuer*innen: „Wir teilen die Sorge der Bauern und Bäuerinnen, sie könnten mit dem notwendigen Umbau der Landwirtschaft alleine gelassen werden. Die Landwirte brauchen verlässliche Vorgaben und finanzielle Unterstützung für die notwendigen Veränderungen. Darauf weisen wir seit Jahren hin. Die Agrar-Subventionen müssen die Bauernhöfe gezielt dabei unterstützen mehr Tier-, Umwelt- und Klimaschutz umzusetzen. Je länger das unionsgeführte Landwirtschaftsministerium und die Spitzen des Deutschen Bauernverbands notwendige Reformen der EU-Agrarpolitik verhindern, desto mehr leiden darunter auch die bäuerlichen Betriebe und der ländlichen Raum.“ Mit Blick auf die anstehende Wir haben es satt!-Demonstration am 18. Januar 2020 in Berlin, ergänzt Richartz: „Der vielfach geforderte, konstruktive Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft findet in unserem Bündnis bereits seit zehn Jahren statt. Wir dürfen uns aber nicht aufs Reden beschränken, sondern müssen endlich gemeinsam handeln! Intensive Tierhaltung, übermäßige Düngung von Böden und der routinemäßige Pestizideinsatz sorgen für vielfältige Probleme. Es darf nicht mehr darum gehen, immer mehr und billigere Lebensmittel für den Weltmarkt zu produzieren. Politik, Handel und Verbraucher müssen Enkeltauglichkeit mit fairen Preisen honorieren. Und die Bundesregierung muss einen Plan vorlegen, wie sie die anstehenden Veränderungen und damit die Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft finanziert. Das geht nur, wenn sie auch die Verursacher von Umweltschäden mehr in die Verantwortung zieht. Untätigkeit führt nur zu massivem Frust bei allen!“.

Auch Slow Food Deutschland Vorsitzende Ursula Hudson äußerte sich zu den bundesweiten Bauernprotesten: „Slow Food begrüßt, dass nicht zuletzt durch Proteste an allen Ecken und Enden deutlich wird, dass das aktuelle Lebensmittelsystem aus den Fugen geraten ist. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dem Sektor der Lebensmittelproduktion wieder mehr Wertschätzung gegenüber zu bringen und ihn enkeltauglich zu gestalten. Das agrarindustrielle System schadet Mensch, Tier, Umwelt, Natur und treibt den Klimawandel voran. Es gefährdet unser aller Lebens- und Ernährungsgrundlagen und erfordert deshalb, dass wir alle - Bäuer*innen, Verbraucher*innen, sowie Wirtschaft und Politik – unseren Blick weiten und innerhalb unserer Aktionsfelder die Weichen für ein sozial und ökologisch verantwortungsvolles Lebensmittelsystem stellen, welches die biokulturelle Vielfalt und das Tierwohl schützt. Maßnahmen für den Klima-, Umwelt und Biodiversitätsschutz müssen von der Politik gefördert, von Erzeuger*innen umgesetzt und von Handel und Verbraucher*innen durch den Kauf und Vertrieb nachhaltiger Lebensmittel mitgetragen werden“.

Mit der Forderung „Agrarwende anpacken, Klima schützen!“ gehen am 18. Januar 2020 wieder zehntausende Teilnehmer*innen der Wir haben es satt!-Bewegung in Berlin auf die Straße.

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