FAO-Studie

21.9.2013 - Seit dem Jahr 2011 klärt Slow Food auf bundesweiten Aktionstagen über Ursachen und Folgen der Lebensmittelverschwendung in Deutschland auf.  Jetzt liefert eine Studie der Welternährungsorganisation FAO erstmals Zahlen zu den weltweiten ökonomischen und ökologischen Kosten der Nahrungsmittelvermüllung. 

Neue FAO-Studie: Lebensmittelverschwendung verursacht gigantische Kosten

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Rund 1,3 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel wandern jährlich auf den Müll, so die Autoren des FAO-Berichts "Foodwastage Footprints: Impact on Natural Resources" (siehe Link unten). Dies verursacht nicht nur enorme wirtschaftliche Verluste, sondern bedeutet auch einen erheblichen Schaden für Klima, Wasser, Land und die biologische Vielfalt.

Unter den wichtigsten Einsichten des Papiers: Jedes Jahr wird für die Erzeugung von Lebensmitteln, die einfach nur auf dem Abfall landen, ein Wasservolumen verbraucht, das dem Jahresdurchfluss der Wolga entspricht. Zusätzlich werden 3,3 Milliarden Tonnen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freigesetzt.

Enorme wirtschaftliche Verluste

Neben den Umweltauswirkungen schätzt der FAO-Bericht die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen der Verschwendung für Lebensmittelerzeuger auf 750 Milliarden US-Dollar im Jahr. "Jeder von uns – Landwirte und Fischer, Lebensmittelverarbeiter und Supermärkte, kommunale und nationale Regierungen, einzelne Verbraucher – muss an jedem Glied der menschlichen Nahrungskette Veränderung erwirken, um Lebensmittelverschwendung zuerst einmal zu verhindern, und wenn das nicht möglich ist, nicht verbrauchte Nahrungsmittel zumindest wiederzuverwenden und zu recyclen,“ so FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva. "Wir können es schlicht und ergreifend nicht zulassen, dass ein Drittel aller erzeugten Lebensmittel wegen unangemessener Praktiken verschwendet wird, während 870 Millionen Menschen täglich Hunger leiden.”

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Werkzeugkasten zur Vermeidung von Verschwendung

Neben der neuen Studie hat die FAO auch einen umfassenden “Tool Kit” mit Ratschlägen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung an jedem Punkt der Nahrungskette veröffentlicht.

- Höchste Priorität sollte der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung schon auf der Erzeugerebene zugemessen werden. Ernteverluste bei Agrarbetrieben auf Grund schlechter Praktiken müssen verringert werden, aber ebenso muss ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage hergestellt werden, damit nicht so viele natürlich Ressourcen für die Erzeugung von unbenötigten Lebensmitteln verbraucht werden.

- Im Falle von Lebensmittelüberschüssen ist eine Weiterverwendung innerhalb der menschlichen Nahrungskette, zum Beispiel durch Sekundärmärkte oder Spenden an bedürftige Mitmenschen, die beste Lösung. Sind die Lebensmittel nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet, so ist die nächstbeste Option die Verwendung als Futtermittel, was seinerseits Ressourcen für die kommerzielle Produktion von Tierfutter spart.

- Wo eine Weiterverwendung nicht mögliche ist, müssen Recycling und Verwertung angestrebt werden: Recycling von Nebenprodukten, anaerobe Vergärung, Kompostierung und Verbrennung mit Energiegewinnung erlauben die Wiedergewinnung von Energie und Nährstoffen aus dem Lebensmittelabfall, was einen großen Fortschritt gegenüber der Deponielagerung bedeutet. Verfaulende nicht-verzehrte Lebensmittel auf Mülldeponien produzieren große Mengen des besonders gefährlichen Treibhausgases Methan.

Foto: Diese bayerischen Biokartoffeln sind zu groß und zu unregelmäßig geformt für den Geschmack des deutschen Handels, der Erzeuger muss sie normalerweise zur Biogas-Anlage bringen. In diesem Fall hat er Glück. Ein Chips-Hersteller interessiert sich für die Ware. | © Katharina Heuberger

Die wichtigsten Zahlen und Fakten der FAO-Studie

  • Das weltweite Gesamtvolumen an verschwendeten Lebensmitteln wird auf 1,6 Milliarden Tonnen an „Primärproduktäquivalenten“ geschätzt. Das Volumen an verschwendeten essbaren Teilen entspricht hierbei 1,3 Milliarden Tonnen.
  • Die geschätzte Klimabilanz der Lebensmittelverschwendung zeigt einen jährlichen Ausstoß an Treibhausgasen in die Atmosphäre entsprechend 3,3 Milliarden Tonnen CO2.
  • Die jährliche zur Herstellung der verschwendeten Lebensmittel genutzte Wassermenge (250 km3) entspricht dem jährlichen Durchfluss der Wolga, oder dem dreifachen Volumen des Genfer Sees.
  • Ebenso werden 1,4 Milliarden Hektar Land – 28% der weltweiten Agrarflächen – jährlich für die Erzeugung von Lebensmitteln genutzt, die dann verschwendet werden.
  • Die landwirtschaftliche Produktion trägt den Großteil der Verantwortung für die Gefährdung bedrohter Pflanzensorten und Tierarten auf der Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN).
  • Nur ein kleiner Prozentsatz aller verschwendeter Lebensmittel wird kompostiert: das meiste endet auf Mülldeponien. Methanemissionen von Deponien sind eine der größten Quellen von Treibhausgasen im Abfallsektor.
  • Heimkompostierung könnte die kommunale Abfallentsorgung mit bis zu 150kg an Lebensmittelabfällen pro Haushalt pro Jahr entlasten.
  • Lebensmittelverluste fallen im globalen Süden zu einem größeren Teil in der landwirtschaftlichen Produktion an, während in Ländern mit hohem oder mittlerem Einkommensniveau ein Großteil des Verlustes in Handel und Haushalten zustande kommt.
  • Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen von Lebensmittelverschwendung (mit der Ausnahme von Fisch und Meeresfrüchten) werden auf $750 Milliarden Dollar im Jahr geschätzt.
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Wussten Sie schon?

Rund 83 Kilogramm Essen wirft jeder Deutsche pro Jahr weg. Traurige Spitzenreiter im Müll sind Obst und Gemüse mit 44 Prozent. Slow Food Deutschland protestiert gegen diese Verschwendung von Lebensmitteln und klärt bundesweit Verbraucher auf. Zum Beispiel auf dem Aktionstag "Dresden rettet Gemüse", am 28. September in der Elbestadt. Der Aktionstag findet statt in Kooperation mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und dem Bundesverband Deutsche Tafel e. V. im Rahmen der BMELV- Initiative „Zu gut für die Tonne!“.

Foto: Gemüsesammeln für einen Slow Food Aktionstag gegen Lebensmittelverschwendung auf einem Feld in der Nähe von Berlin. | © Stefan Abtmeyer

Was Slow Food sonst noch gegen Lebensmittelverschwendung unternimmt:
Positionen und weitere Aktionen
Aktionstag "Dresden rettet Gemüse!" am 28. Septemeber 2013

Weitere Informationen:

FAO-Bericht (Englisch)
Die FAO-Studie als PDF (auf Englisch)
Der FAO-Werkzeugkasten als PDF (auf Englisch)

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