Hamburg rettet Obst - Nachbericht

1.9.2013 - Nein zur Verschwendung von Lebensmitteln: Tausende Hamburger setzten am Sonnabend ein eindrucksvolles Zeichen für die Wertschätzung von Nahrungsmitteln und kamen zum Aktionstag von Zu gut für die Tonne! – Hamburg rettet Obst.

Großer Andrang auf dem Slow Food Aktionstag in Hamburg

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An zahlreichen Mitmach-Ständen schälten, schnitten und rührten sie eigene Marmeladen, kosteten leckere Kreationen von Spitzenköchen und erfuhren in Gesprächsrunden vieles über die Haltbarkeit, Aufbewahrung und Weiterverarbeitung von nicht mehr Supermarkt-tauglichen Früchten. Eingeladen auf den Gerhart-Hauptmann-Platz im Herzen der Stadt hatten das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und Slow Food Deutschland e.V.

„Jedes Jahr landen allein in Deutschland elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall“, sagte Marie-Luise Dittmar vom Ministerium. Laut einer Studie der Universität Stuttgart entfielen davon 6,7 Millionen Tonnen auf die privaten Haushalte, zwei Drittel davon seien aber vermeidbar. In Geld umgerechnet würde jeder Deutsche durchschnittlich 235 Euro pro Jahr aus dem Fenster werfen.

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Wertschätzen statt Wegwerfen

Die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson, wies darauf hin, dass es in den vergangenen fünfzig Jahren eine fatale Entwicklung in Deutschland gebe. „Wir entfernen uns immer weiter von den Lebensmitteln: Wir wissen nicht mehr, wie angebaut wird, wie verarbeitet wird – und was da eigentlich auf unseren Tellern landet“, so Hudson. So aber würde die Wertschätzung für Nahrungsmittel immer geringer, die Neigung zum Fortwerfen immer größer. Die Geringschätzung könne man auch daran ablesen, dass nur zehn Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für Lebensmittel aufgewendet werde – damit sei Deutschland europaweit auf dem letzten Platz.

Für die Slow Food Chefin sei es darüber hinaus nicht nachvollziehbar, dass schon bei den Produzenten und Händlern tonnenweise Obst und Gemüse aussortiert würden, nur weil sie nicht den Supermarkt-Normen entsprächen. Ursula Hudson: „Geschmack hängt nicht an Schönheit. Und Mutter Natur lässt sich schließlich nicht vorschreiben, wie sie zu produzieren hat.“ Durch die immer größer werdende Standardisierung im Nahrungsmittelbereich leide auch die Geschmacks- und damit Artenvielfalt.

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Das Beste aus den Resten

An diversen Ständen konnten die Hamburgerinnen und Hamburger probieren, was sich aus dem nicht Norm gerechten Obst noch machen lässt. So ließ sich Thomas Sampl, Küchenchef des Hamburger Restaurants VLET, bei seinen Gerichten über die Schulter gucken, Jörg Nöcker und Thorsten Behnk von der NöckerBehnk Küchenpraxis kochten gemeinsam mit den Nachwuchsköchen der Staatlichen Gewerbeschule Gastronomie verschiedene Chutneys und Klaus Lange vom Caféhaus in Rahlstedt bereitete Marmelade im Wok zu. Wer sich Zuhause weiter schlau machen möchte, findet unter www.zugutfuerdietonne.de im Internet und bei der gleichnamigen App hunderte Rezepte für „Beste Reste“ und Tipps zu Haltbarkeit und Aufbewahrung von Lebensmitteln, so Marie-Luise Dittmar.

Das BMELV hat die Initiative Zu gut für die Tonne! im März 2012 gestartet. Akteure aus Industrie, Handel, Gastronomie und Landwirtschaft sowie Verbraucherverbände, Vertreter von Kirchen und NGOs unterstützen die Initiative, die immer wieder Aktionen vor Ort veranstaltet: gemeinsam mit dem Studentenwerk in Mensen und Wohnheime, mit den Landfrauen in Supermärkte sowie mit Slow Food Deutschland e.V. und dem Bundesverband Deutsche Tafel e.V. in sechs Städten. Bisher haben in Bremerhaven, Berlin, Essen, Konstanz und nun in Hamburg Aktionstage stattgefunden. Mit einem weiteren Ende September in Dresden geht die Tour durch Deutschland vorläufig zu Ende.

Quelle: Pressemeldung der Veranstalter vom 1.9.2013

Fotos von oben nach unten: Großer Andrang herrschte an den Ständen während des Aktionstags; Podiumsdiskussion mit Marie-Luise Dittmar, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, und Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland; Kochauszubis im zweiten Lehrjahr der Gewerbeschule für Gastronomie und Ernährung (Hamburg) kochen Chunteys und weitere Köstlichkeiten aus dem gesammelten Obst. | © Petra Lorey

Mehr Informationen:
Aktionstag "Hamburg rettet Obst!"

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Stand von Slow Food Hamburg: Hier wird aus Obst, das am Großmarkt eingesammelt wurde und zur Vernichtung vorgesehenen war, Kompott und Marmelade gekocht.

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Ursula Hudson (re.), Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Heinrich Stevens (Mitte), Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft, und sein Kollege (li.) begutachten sogenannte "Fehler" auf Äpfeln, die dazu führen, dass sie im Handel ausgemustert werden.

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