Fish Dependence Day 2014

4.4.2014 - Bereits ab Sonntag, den 6. April 2014 übersteigt der deutsche Fischkonsum mit mehr als 15 Kilogramm pro Kopf und Jahr die legalen Fangmöglichkeiten deutscher Fischer in EU-Gewässern. Ab dem so genannten Fish Dependence Day ist Deutschland statistisch gesehen für den Rest des Jahres vollständig auf den Import von Fisch und Meeresfrüchten angewiesen.

Fish Dependence Day 2014: Wiederaufbau der Fischbestände jetzt!

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Darauf weist die europaweite OCEAN2012-Allianz gemeinsam mit Slow Food Deutschland und Brot für die Welt hin. Die Organisationen fordern die Bundesregierung auf, mit einer zügigen Umsetzung der reformierten Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) den Wiederaufbau und die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in der EU ab 2015 zu gewährleisten. Ziel sollte sein, den Fish Dependence Day möglichst Richtung Jahresende zu verschieben.

Im Bild oben: Deutscher Fischer mit Kabeljau. | © Corey Arnold/OCEAN2012

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"Die Verschwendung der Meeresressourcen ist gesellschaftlich nicht akzeptabel!"

Der Fish Dependence Day ist ein Indikator dafür, wie gut der heimische Bedarf an Fisch aus eigenen Gewässern gedeckt werden kann. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind darauf angewiesen, dass eine verantwortungsvolle Fischereipolitik den Konsum von Fisch aus nachhaltigen heimischen Beständen ermöglicht. „Für eine wachsende Zahl von Menschen sind Verantwortung und Nachhaltigkeit Voraussetzung für Genuss und Genießen – die Erschöpfung oder Verschwendung der Meeresressourcen vor unserer Haustür ist gesellschaftlich nicht zu akzeptieren“, erklärt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Nachhaltige Fanggrenzen bis 2015 sind ein wichtiger Schritt für die Lösung der Probleme in unseren Meeren und sie sind für die europäischen Bestände machbar – dieses wichtige GFP-Ziel muss ohne Aufschub umgesetzt werden.“

Nur mit gesunden, das heißt genügend großen Fischbeständen, kann die Abhängigkeit von Fischimporten, deren nachhaltiger Ursprung oft zweifelhaft ist, verringert werden. „Die EU und Deutschland als weltgrößter Importmarkt für Fisch sind mit verantwortlich für die weltweite Überfischung. Sie führt auch dazu, dass Fisch den Menschen in armen Ländern als wichtigste Eiweißquelle fehlt. Die EU muss dazu ihre eigene Fangkapazität auf den Weltmeeren drastisch reduzieren. Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern darf es nur bei wirklichen Überschüssen für wenige Arten geben und der Fisch sollte in den Ländern selbst verarbeitet werden, um Arbeitsplätze zu schaffen“, betont Francisco J. Marí, Fischereiexperte von Brot für die Welt.

Im Rahmen der Reform der europäischen Fischereipolitik hat sich die OCEAN2012-Allianz seit 2009 für das Ende der Überfischung und destruktiver Fischfangmethoden in der und durch die EU eingesetzt. „Die reformierte Fischereipolitik der EU enthält unter anderem den Umsetzungsauftrag für die Bundesrepublik, die verschwenderische Praxis von Rückwürfen wertvoller Meeresressourcen zeitnah zu beenden“, erklärt die Meeresschutzexpertin und deutsche OCEAN2012-Koordinatorin Nina Wolff. „Wir fordern die Bundesregierung eindringlich auf, sich dafür einzusetzen, dass Ausnahmen für das Anlandegebot nur auf der Grundlage eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse erteilt werden.“

Dem Fish Dependence Day liegt ein jährlich aktualisierter Bericht der englischen New Economics Foundation (nef) zugrunde, der das Maß der Selbstversorgung für die Europäische Union und jeden einzelnen Mitgliedstaat ermittelt: http://www.neweconomics.org/publications/entry/fish-dependence-2014-update

Im Bild oben (von links): Francisco Mari (Brot für die Welt), Nina Wolff (OCEAN2012), Ursula Hudson (Slow Food Deutschland), Maria Flachsbarth (Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) und Uwe Sturm (Fisch vom Kutter) mit einem Rapfen aus der Spree, einem Fisch, der viel zu selten auf deutschen Tellern landet. | © Bredehorst/Brot für die Welt

Quelle: Gemeinsame Pressemeldung von OCEAN2012, Slow Food Deutschland und Brot für die Welt

Verantwortungsvolle Fischereipolitik für verantwortungsvollen Genuss.
Ein Statement von Ursula Hudson, der Vorsitzenden von Slow Food Deutschland

Fischerei ist, wie die Landwirtschaft, ein Schlüsselthema für die Zukunft unseres Planeten und der menschlichen Gesellschaft. Die derzeitige Situation ist kritisch. Nach Studien der FAO sind rund 28% der Fischbestände der wichtigsten gehandelten Arten überfischt oder am Rande der Erschöpfung; weitere 52% werden bereits maximal ausgebeutet.

Der Fish Dependence Day bringt dieses Thema zu uns: ab Sonntag (06. April 2014) ist Deutschland auf den Import von Fisch aus anderen Ländern angewiesen. Der Trend, dass dieser errechnete Tag im Kalender immer weiter nach vorne rutscht, muss auf-gehalten werden, das fordern wir, das fordern die Bürger und Bürgerinnen. Für eine wachsende Zahl von Menschen sind Verantwortung und Nachhaltigkeit Voraussetzung für Genuss und Genießen – die Erschöpfung oder Verschwendung der Meeresressour-cen vor unserer Haustür ist gesellschaftlich nicht zu akzeptieren. Wir brauchen eine ver-antwortungsvolle Fischereipolitik, die es ermöglicht, unseren heimischen Bedarf an Fisch aus eigenen Gewässern zu decken. Nachhaltige Fanggrenzen bis 2015 sind ein wichti-ger Schritt für die Lösung der Probleme in unseren Meeren und sie sind für die europäi-schen Bestände machbar – dieses wichtige GFP-Ziel muss ohne Aufschub umgesetzt werden.

Vielfalt im Wasser, Vielfalt auf dem Teller

Es gibt über 25.000 genießbare Arten von Fisch; generell werden weltweit aber nur 20 Arten verzehrt. Das übt immensen Druck auf diese Fischbestände aus und führt auch dazu, dass Fische, die nicht nachgefragt werden und auf dem Markt nur wenig einbrin-gen, als „Beifang“ tot ins Meer zurückgeworfen werden. Dabei haben diese Fische viele Vorzüge: sie schaffen Vielfalt zu verschiedenen Jahreszeiten, schmecken gut und sind nahrhaft. Oft sind sie mit traditionellen Methoden gefischt und unterstützen so ein altes Handwerk und die lokale Wirtschaft der Küstenregionen. Nicht zuletzt stärkt ein Bewusst-sein für lokal erhältlichen Fisch die Bindung zwischen Verbrauchern und ihrer Umwelt.

Fischgenuss geht auch anders, das zeigt heute Sternekoch Stefan Hartmann: als kulinarische Besonderheit serviert er Köstlichkeiten von Rapfen, Giebel, Plötze und Flussbrasse. Fische aus Gewässern rund um Berlin, grätenreiche Weißfische, die seltenst gegessen werden, sondern ihr Leben meist als Fischmehl oder in der Biogasanlage beenden. Eine ökologisch einwandfreie (da aus lokalen Gewässern), genussvolle und überfischungsunverdächtige Alternative für Fischesser mit Verantwortung.

Mehr Informationen:

Slow Food Aktivitäten zur nachhaltigen Fischerei

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