EU-Konferenz: Europas multifunktionaler ländlicher Raum

23.6.2015 - Im EU-Pavillon der diesjährigen Expo in Mailand, Italien, eröffnete Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, gestern den Themenblock "Traditionelles Essen" bei der Konferenz "Europas multifunktionaler ländlicher Raum" (Conference on Europe’s Multi-Purpose Countryside).

EXPO 2015: "Traditionelle Produkte sind wichtige landwirtschaftliche Ressourcen."

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Die Veranstaltung wurde von der Rural Investment Support for Europe Foundation (RISE) im Namen der Europäischen Kommission organisiert und befasste sich in verschiedenen Diskussionsforen mit den Themen ländliches Umweltmanagement, Freizeit, Tourismus und regionaltypische Küche.

Im Fokus stand die zentrale Rolle der Landbewirtschafter für den Umweltschutz, sowohl in Regionen mit einer hohen Nahrungsmittelproduktion als auch in abgelegenen Gebieten. In ihrem Beitrag erklärte Hudson, warum Essen eine wesentliche Bedeutung für die Menschheit hat: "Ernährung steht im Zentrum aller menschlichen Aktivitäten. Essen bedeutet Nahrung, Gesundheit und Wohlsein für jeden Einzelnen, für Gemeinschaften, Gesellschaften und Nationen. Essen ist Kultur und Identität. Essen verbindet uns Menschen mit der Welt um uns herum. Die Landwirtschaft ist die menschliche Aktivität, die uns mit der Natur verbindet und die von der Natur, von gesunden Ökosystemen und einer reichen biologischen Vielfalt abhängt." Aus diesem Grund setzt sich Slow Food weltweit dafür ein, regionaltypische Küche und die damit verbundenen Traditionen und Techniken durch Projekte, Bewusstseinsbildung und Aktivitäten zu erhalten.

Um dies möglich zu machen und lokale - vor allem ländliche - Wirtschaften zu stärken, muss das Land nachhaltig bewirtschaftet werden, mit Rücksicht auf die klimatische, geografische und kulturelle Gegebenheiten. Hudson unterstrich: "Gutes, sauberes und faires Essen anzustreben muss mit einer Neuausrichtung des Lebensmittelsystems einhergehen. An erster Stelle müssen Ernährungssicherheit, Ernährungssouveränität und Vielfalt an Kulturpflanzen, Tierarten, Gerichten, Geschmack, Aromen, Herstellungsmethoden, Wissen, Kultur und Traditionen stehen. Traditionelle Lebensmittel haben sehr viele Vorteile und vor allem das Potenzial und die Fähigkeit, in ihrem Herkunftsgebiet zu gedeihen, selbst in schwierigen Terrains wie Wüsten- oder Bergregionen handelt. In dieser Hinsicht sind traditionelle Produkte die wichtigste landwirtschaftliche Ressource und grundlegend zum Erreichen von Ernährungssouveränität. Außerdem sind sie mit der Kultur der lokalen Gemeinschaft durch Gebräuche, Rezepte, Wissen, Sprache und vielem mehr verbunden. Ein Lebensmittelsystem, das auf allen Ebenen von Erzeugung, Vertrieb und Verzehr Vielfältigkeit aufweist, unterstützt auch eine Vielfalt an Wissen und beruflichen Tätigkeiten."

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Die Vorteile traditioneller Nutzpflanzen gegenüber industriellen Sorten

Die Effizienz traditioneller Kulturpflanzen wird oft übersehen: Lokales Saatgut oder lokale Kulturpflanzen haben sich besser an das lokale Klima und die externen Bedingungen angepasst als die weltweit standardisierten industriellen Sorten. Dies verdeutlicht das Beispiel der Alblinse, einer traditionellen Kulturpflanze der Schwäbischen Alb, wo schlechte Böden und raues Wetter eine Herausforderung für die Landwirtschaft sind. Als sich früher noch nicht jeder Fleisch leisten konnte, dienten Hülsenfrüchte, traditionell mit auf Getreide basierenden Lebensmitteln wie Nudeln verzehrt, als wichtige Proteinquelle für die Bewohner. Außerdem werden Linsen oft auf demselben Feld mit anderen Kulturpflanzen angebaut, zum Beispiel zusammen mit Gerste. Diese Anbaumethode ist effizient in Bezug auf Flächennutzung, Bodenfruchtbarkeit und lokale Biodiversität.

Die Alblinse ist ein Slow-Food-Presidio, ein Projekt, das lokale Ökosysteme und regionaltypische Lebensmittel erhält. Ein Presidio übernimmt aktive Förder- und Schutzaufgaben für traditionelle Pflanzensorten und Tierrassen, traditionelle Lebensmittel und Herstellungsweisen, und die damit verbundenen Kulturlandschaften und Ökosysteme.

Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland e. V. vom 22. Juni 2015

Bild oben: Alblinsen. | © Simon Reitmeier


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