Ostsee-Fanggrenzen 2020: Vollständige Nachhaltigkeit aller Fischbestände trotz drastischer Quotenkürzungen verfehlt

15.10.2019 - In der Nacht zum 15. Oktober wurden in Luxemburg die Verhandlungen der EU-Ministerinnen und Minister über die Fanggrenzen für die zehn wirtschaftlich bedeutendsten Fischbestände in der Ostsee abgeschlossen. Das rechtlich verbindliche Ziel nachhaltiger Fanggrenzen für alle Bestände bis 2020 wurde nicht erreicht. Trotz drastischer Kürzungen entspricht die Hälfte der erzielten Vereinbarungen nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Die marinen Ökosysteme sowie die Küstenfischerei geraten dadurch weiter unter Druck.

Fisch vom Kutter_(c) Uwe Sturm.jpgIn ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) hat die EU rechtsverbindlich beschlossen, bis spätestens 2020 alle EU-Fischbestände schrittweise wieder aufzufüllen und auf einem ökologisch vertretbaren Niveau zu bewirtschaften. Der gestrige Ministerrat war die letzte Gelegenheit, um nachhaltige Fanggrenzen für die Ostseebestände innerhalb der gesetzten Frist zu erreichen.

Erst kurz vor Mitternacht endeten die Verhandlungen der Fischereiministerinnen und -minister und ihrer Delegationen. Ihre Beschlüsse blieben hinter dem Kommissionsvorschlag zurück, der drastische Quotenkürzungen für die wirtschaftlich und ökologisch besonders bedeutenden Dorschbestände sowie für den westlichen Heringsbestand vorgesehen hatte. Nach ersten Analysen der Nichtregierungsorganisationen vor Ort entsprechen fünf der zehn vereinbarten Gesamtfangmengen nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Zum Ergebnis sagt Nina Wolff, stellvertretende Vorsitzende und Fisch-Expertin von Slow Food Deutschland: „Die EU hat ihr selbst gesetztes, rechtlich verbindliches Ziel nachhaltiger Fanggrenzen für alle Bestände nicht erreicht. Die Missachtung eindeutiger rechtlicher Vorgaben stellt einen Vertrauensbruch gegenüber nachhaltigkeitsbewussten Bürgern und Verbrauchern dar. Das ist ebenso besorgniserregend wie das den abnehmenden Fischbeständen zugrunde liegende Problem, nämlich der schlechte ökologische Zustand der Ostsee und der marinen Biodiversität in diesem Meer“.

Erstmals haben die acht Ostsee-Anrainer unter den EU-Staaten in einer Erklärung zu den beschlossenen Fanggrenzen die „alarmierende Situation“ in den Ökosystemen der Ostsee anerkannt, ebenso sowie die dringende Notwendigkeit, die verschiedenen Umweltbelastungen wie Verschmutzung, Überdüngung und die Zerstörung von Habitaten dringend und wirksam zu bekämpfen. Dazu Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland: „Die Entscheidungsträger müssen nun rasch einen ehrgeizigen Fahrplan für die Erholung der Ostsee entwickeln, der erheblich umsichtiger ist als die aktuelle Übernutzung einiger Fischbestände und der für die Erhaltung der biologischen und kulturellen Vielfalt im Meer und an der Küste sorgt. Slow Food Deutschland wird die politische Umsetzung dieser Absichtserklärung aufmerksam verfolgen und begleiten – sie darf kein weiteres leeres Versprechen bleiben“.

>> Zum Download des Positionspapieres von Slow Food Deutschland zu Fisch.

>> Zum Hintergrund 2019 - Das Jahr des Fischs in der Europäischen Union

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