Interview mit Chef Alliance Koch Manuel Reheis

12.03.2019 - Das Restaurant Broeding ist in München seit über 25 Jahren eine Institution der gehobenen Gastronomie. Küchenchef Manuel Reheis war von Anfang an dabei. Er begeistert sich für regionale Zutaten und den unverfälschten Geschmack von Lebensmitteln. „Ich kreiere beispielsweise lieber etwas, das eigenständig neben den kaltgeräucherten Saibling von meinem Fischer auf den Teller kommt, anstatt den Fisch geschmacklich zu verändern“, beschreibt er seinen Ansatz. Seit Januar ist Reheis neues Mitglied der Slow Food Chef Alliance.

Chef Alliance Koch Manuel ReheisGut, sauber, fair“, das ist die Slow-Food-Philosophie. Wie setzen sie diese um?

Wir arbeiten vielfach mit ganz kleinen Erzeugern, die ihre Produkte in der Region vermarkten. Für mich ist die Belohnung fürs Koch sein, Menschen kennenlernen zu dürfen, die bewusst arbeiten und besondere Produkte herstellen. Diese Menschen sind in der Regel ganz außergewöhnlich. Wir kaufen den Bauern selbstverständlich immer auch das ganze Tier ab, ein Schwein, ein Kalb oder eine Ziege. Ich habe auch noch nie mit einem Produzenten verhandelt. Ich sage: Was brauchst du? Entweder ich kann es mir leisten oder ich kann es mir nicht leisten. Weil ich die Erzeuger und ihre Arbeit persönlich lange kenne, bekomme ich dann nicht nur ein Stück Fleisch, sondern ein Tier, zu dem ich einen Bezug habe, von einem Menschen, zu dem ich einen Bezug habe.

Was erwarten Sie sich von der Slow Food Chef Alliance?

Ich freue mich auf den Austausch. Letzte Woche habe ich mich schon mit dem Chef Alliance Koch Bernhard Wolf am Tegernsee getroffen. Ich denke nie in Konkurrenz, ich denke immer nur in Miteinander. Jemand, der gut arbeitet, mit dem teile ich am liebsten alles. Ich teile auch Rezepte. Wenn jemand sein Rezept nicht herausgeben möchte, habe ich dafür aber auch Verständnis. Wenn ein Koch seine Quelle für gute Rohstoffe aber nicht preisgeben will, finde ich das nicht gut. Denn es geht mir auch um die Unterstützung der Produzenten.

Mit welchen drei Zutaten aus Ihrer Region kochen Sie besonders gern? Sind auch Passagiere der Arche von Slow Food dabei?

In der Region gibt es leider wenige Arche-Passagiere. Aber ich liebe das Sauerkraut vom Filder Spitzkraut. Seit vielen Jahren habe ich hier einen engen Kontakt mit einem Produzenten bei Stuttgart, der inzwischen auf mein Drängen hin sogar in Bioqualität anbaut. Sein Filder Spitzkraut ist super knackig, wenig gesäuert und hat einen feinen Geschmack. Nun gibt es seit 2017 auch den Arche-Passagier Ismaninger Kraut in der Nähe von München. Aber ich bin eine treue Seele, ich bringe es nicht übers Herz, meinem Lieferanten abzusagen. Ein weiterer Arche-Passagier im Restaurant ist der Alte fränkische Satz. Das ist ein Wein mit einem großen Spiel im Mund, der macht richtig Spaß. Durch die große Bandbreite an Trauben und Reifegraden setzt er Kontrapunkte und ist nicht nur harmonisch zu unseren Gerichten. Das gefällt mir. Harmonie ist etwas Tolles, aber sie lullt einen auch ein und fordert einen nicht. Es muss sich auch mal etwas beißen. Privat schätze ich die Nordhessische Ahle Wurscht.

Auch in Ihrer Küche entstehen jeden Tag Gerichte, die Geschichten erzählen über die Menschen, Tiere und Landschaften, denen wir diese einzelnen Produkte verdanken. Können Sie uns bitte eine davon kurz erzählen, vielleicht sogar die Geschichte zu einem typischen Gericht der Region?

Wir haben ein Gericht, in dem wir die Region am Starnberger See einfangen: Fisch, Wildkräuter und Schwarze Nüsse – eine Walnussspezialität, die wir selbst herstellen. Im Juni fahren wir zu verschiedenen Bauern in Icking, Münsing, Aufkirchen, Ammerland und Irschenhausen, klettern dort auf die Walnussbäume hinauf und ernten 40 bis 80 Kilo unreife Walnüsse. Zu der Zeit ist hinter der grünen Schale die harte Schale noch nicht ausgebildet. Jede Nuss wird zwanzigmal eingestochen, dann werden die Nüsse zehn Tage gewässert – zweimal am Tag wird das Wasser gewechselt. Danach sortieren wir die Nüsse nach Größe, kochen sie einmal in salzigem Sud und je nach Größe sieben- bis elfmal in einem Zuckergewürzsud. Dann machen wir sie ein. Teilweise haben wir die Gläser so etikettiert, dass wir wissen, von welchem Baum die Nuss ist. Frühestens an Weihnachten kann man die dann essen. Man schneidet die Schwarzen Nüsse hauchdünn auf, wie Trüffel, denn die sind extrem intensiv im Geschmack. Eine ganze Nuss könnte man gar nicht essen.

Ich habe gehört, dass Sie in Ihrem Restaurant, das ja zur gehobenen Gastronomie gehört, Leitungswasser anbieten. Stimmt das?

Ja, bei uns kriegen Sie Leitungswasser. Wir haben uns irgendwann gefragt, müssen wir überhaupt Wasser in Flaschen anbieten, wenn wir hier in München exzellentes Leitungswasser haben? Wir bieten das still und aufgesprudelt an und der Gast kann soviel haben, wie er möchte. Das ist im Preis inbegriffen. Für alle Fälle haben wir Wasser in Flaschen noch auf der Karte, aber seit vier Jahren ist nicht eine Flasche bestellt worden.

Rezept-Tipp von Manuel Reheis: Donauwaller mit Gurken, Lauch und Meerrettichsauce

Rezept für 4 Personen

1 Waller, Gewicht: 1kg

1 Suppengemüse

50 ml Weißwein

1 Lorbeerblatt, Nelke, Pfeffer, Koriander, Wacholder

1 Gurke

½ Stange Lauch

150 g Butter

1 Bund Schnittlauch

2 EL Meerrettich gerieben

50 g Rote-Bete-Blätter
Salz

Rezept Donauwaller mit Gurken, Lauch und MeerrettichsauceWaller filetieren und die Haut abziehen. Aus den Fischkarkassen einen Fischfond ansetzen. Dafür die Karkassen mit dem Suppengemüse, dem Wein und den Gewürzen in einen Topf geben, knapp mit Wasser aufgießen und aufkochen lassen. 20 Minuten simmern lassen, dann durch ein feines Sieb abpassieren. 200 ml des Fischfonds zur Seite stellen.

Die Gurke schälen, längs halbieren und mit einem Löffel das Kerngehäuse entfernen. In 1 cm große Würfel schneiden. Den Lauch waschen und auch in 1 cm große Stücke schneiden. 50 g Butter in einer Pfanne erhitzen, Lauch und Gurkenwürfel zugeben und unter Rühren anschwitzen. Mit etwas Fischfond ablöschen und 3 Minuten einreduzieren lassen.

Die Wallerfilets in 4 Stücke schneiden, salzen und in einer Pfanne mit dem restlichen Fischfond ca. 12 Minuten pochieren lassen. Wenn man mit einer Gabel einsticht, sollte kein Wiederstand mehr da sein.

Den Schnittlauch in feine Röllchen schneiden.

Die 200 ml Fischfond aufkochen und mit 100 g Butter mit einem Pürierstab aufmixen und eventuell nochmals mit Salz abschmecken.

Das Gemüse auf 4 Teller verteilen, die Filets darauf setzen, mit der Sauce übergießen, geriebenen Meerrettich darüber streuen und mit den Beteblättern und dem Schnittlauch garnieren.

Bilder © Daniel Grund

Das Interview führte Katharina Heuberger.

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