Chef Alliance: Keine Angst vorm Kochen

07.04.2020 - Katharina Bäcker betreibt in Frankfurt das „beet root" und verwöhnt ihre Gäste dort täglich mit einem frisch zubereiteten Mittagsangebot. Aufgrund der Corona-Pandemie bleiben ihre Herdplatten inzwischen aus. Wie sie die Wochen des Stillstands überbrückt, davon berichtet sie im Interview und gibt Tipps und Anregungen für eine gelungene Mittagspause zu Hause.

Katharina Bäcker_(c)_Markus Kirchgessner.jpegFrau Bäcker, wie gehen Sie mit der aktuellen Situation um?

Es fällt mir natürlich sehr schwer innerhalb von so kurzer Zeit von 100 auf 0 herunterzufahren. Aber mir blieb nichts anderes übrig, weil meine Kund*innen zunehmend ins Home Office zogen. Das verschärfte sich mit Schließung der Kitas und Schulen sowie mit den Kontaktsperren. Da lohnte es sich für mich nicht mehr, aufzuhaben und jetzt dürfte ich es eh nicht mehr.

Das heißt Sie haben Ihren Betrieb komplett geschlossen?

Ja, Außer-Hauslieferungen sind für mich keine Alternative, weil die meisten meiner Stammgäste ums Eck arbeiten, aber nicht wohnen. Das heißt ich müsste mir für ein solch neues Format eine neue Kundschaft aufbauen. Das, so schätze ich, ist in dieser Zeit kein leichtes Unterfangen. Hinzu kommt, dass ich abends gar nicht geöffnet habe. Das ist aber die Zeit, in der die meisten Essen bestellen. Es gibt natürlich weiterhin Gäste, die tageweise in ihr Büro gehen und es bedauern, dass ich nicht geöffnet habe. Ich würde natürlich jede Anfrage gerne bedienen, aber mit nur vereinzelten Gästen haut das wirtschaftlich nicht hin. Da würde ich am Ende draufzahlen.

Wie überbrücken Sie die Zeit?

Ich nutze die Zeit zum Aufräumen (lacht). Und abgesehen davon helfe ich im Hofladen meines Landwirtes aus. Die haben sehr viel zu tun. Da ich als Köchin nicht an die landwirtschaftlichen Maschinen kann, stehe ich halt im Hofladen und das macht mir Spaß. Die Situation löst bei vielen Unsicherheit aus, so auch bei mir. Am meisten Unbehagen bereitet es mir, dass wir alle nicht wissen, wie lange die Einschränkungen noch gelten. Wenn wir ein Datum hätten, ließe sich das besser aushalten. Viel länger als vier Wochen werde ich diese ‚Zwangspause‘ nicht stemmen können. Dann muss ich umplanen und über Alternativen nachdenken. Natürlich beantrage auch ich finanzielle Unterstützung. Aber einmal abgesehen vom Finanziellen, muss ich auch aufpassen, nicht den Kontakt zu meinen Kund*innen zu verlieren. Ich bin in dieser Zeit sehr dankbar über den Austausch in meinen Netzwerken, allem voran dem der Chef Alliance. Wir hören und lesen uns und geben uns Zuversicht, dass es weitergeht. 

Viel mehr Menschen als sonst stehen jetzt zuhause am Herd und kümmern sich um ihren Lebensmitteleinkauf. Mit welcher Haltung sollten sie das Ihrer Meinung nach tun?

Dem Großteil würde mehr Neugierde, Experimentierfreude, Flexibilität und Wissen, was gerade Saison hat, gut tun. Ich erlebe tagtäglich im Hofladen, wie Menschen mit ihrem Einkaufszettel kommen und erwarten, dass wir jeden ihrer Wünsche erfüllen. Wenn es dann beispielsweise statt Spinat 'nur' anderes grünes Gemüse wie Mangold oder Grünkohl gibt, sind sie beleidigt und ungeduldig. Besonders sensibel sind viele bei den Zutaten für die 'Grüne Soße'. Dabei ist es für die benötigten Kräuter gerade einfach noch zu kalt. Ich würde mir wünschen, dass Menschen neugieriger mit dem kochen, was sie vorfinden. Wenn es schlecht läuft haben sie vielleicht mal ein Abendessen, das ihnen nicht schmeckt. Läuft es gut, haben sie etwas Neues entdeckt, dass sie gerne mögen. Wenn wir dahin kämen, wäre viel erreicht. Verhungern muss bei uns doch niemand.

Was empfehlen Sie Menschen, die sonst selten kochen, jetzt aber nicht anders können, als sich auszuprobieren?

Dass sie mit dem starten, worauf sie am meisten Lust haben. Klar kann was schief gehen, aber es macht doch auch Spaß und es ist schön was auszuprobieren. Ich sage immer: Keine Angst vorm Kochen!

Bundesweit hamstern die Menschen. Was wären Zutaten, auf die sie nicht verzichten möchten?

Hülsenfrüchte, insbesondere rote Linsen habe ich immer da. Pasta auch. Aber ich kann mit dem Hamstern nicht viel anfangen und halte es für Unsinn. Frisches ist mir viel wichtiger und das lässt sich nicht hamstern. Wobei das leider auch einige machen. Und am Ende wird sicherlich das Meiste weggeschmissen. Viele, zu viele, kaufen weiterhin Unmengen ein. In Frankfurt darf man pro Person nur noch einen Einkaufswagen durch den Markt schieben. Das es einen solchen Erlass überhaupt braucht sagt schon alles.

Was fehlt Ihnen in dieser Zeit beruflich und privat am meisten?

Ich vermisse sehr das Kochen! Ich bereite einfach wahnsinnig gerne Essen für viele Menschen vor. Und privat fehlt es mir, dass ich mich mit Freund*innen treffen und beispielsweise Abendessen gehen kann. Eine schöne Entwicklung aber ist, dass ich wieder viel und lange mit Menschen telefoniere, darunter Menschen, zu denen ich lange keinen Kontakt hatte.

Rezepte

Von Suppe über Risotto bis zum Ofengemüse - Katharina Bäcker hat die perfekten Tipps, wie die Mittagspause zuhause gelingt >> zu ihren Rezepten.

>> zum beet root 

Copyrights: Porträt (c) Markus Kirchgessner; Teaserbild (c) Katharina Bäcker

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