Meeresschutz: Rettungsplan für gesunde Meere in Europa bis 2030

29.01.2020 - Gestern präsentierten 102 Umweltschutzorganisationen, darunter Seas At Risk, Slow Food Deutschland, BirdLife Europe, ClientEarth, Oceana, OceanCare, Surfrider Foundation Europe und WWF das „Blaue Manifest“. Dieser Rettungsplan beschreibt konkrete Maßnahmen, die innerhalb des gegebenen Zeitrahmens umgesetzt werden müssen, um das Ruder herumzureißen und die Zerstörung und Verschmutzung der Meere und Küsten umzukehren.

Fischerei © Alberto PeroliUm dabei erfolgreich zu sein, braucht es Veränderungen zu Wasser und zu Land. Die Organisationen fordern im "Blauen Manifest":

- mindestens 30% der Meere unter hohem und höchstem Schutz bis 2030

- Umstieg auf schonendere Fischerei

- Schluss mit der Verschmutzung der Meere

- Maßnahmen zur Wiederherstellung gesunder mariner Ökosysteme

Die Lage der Meeresökosysteme ist auf der ganzen Welt düster. Das betonten auch die jüngsten Berichte des Weltklimarats (IPCC) und des Weltbiodiversitätsrat (IPBES) der UNO (3). Es besteht dringender Handlungsbedarf und Europa kann sich dieser Herausforderung in führender Position stellen. Die Meere, von denen das Leben auf der Erde abhängt (4), stehen unter großem und zunehmendem Druck. Die Empfehlungen des Blue Manifesto zu beherzigen, wird Europa auf den richtigen Pfad für den Schutz und die Gesundung der Weltmeere bringen. Mit dem European Green Deal (5) hat sich die Europäische Kommission zur Umsetzung von Klima- und Biodiversitätsstrategien bekannt, die diesen Namen auch verdienen und die Gesetzgebung und die Finanzflüsse in Richtung Klimaschutz und Artenvielfalt umlenken. Die Umweltorganisationen fordern nun von der Europäischen Kommission, den Schutz der Meere als wesentliches Element in diesen Strategien zu verankern und den im Blauen Manifest dargelegten Richtschnüren zu folgen.

„Die Meere bedecken 70% der Oberfläche unseres Planeten, puffern den Klimawandel und liefern Sauerstoff – sie sind das Lebenserhaltungssystem der Erde. Damit sie ihre lebenswichtigen Funktionen weiter erfüllen können, müssen die Meere gesund und voller Leben sein. Wir rufen die Entscheidungsträger in der EU auf, Meeresschutz ganz oben auf die politische Agenda zu bringen und gesunde Ozeane zu einer Realität zu machen. Das gemeinsame Blue Manifesto ist die blaue Antwort auf den European Green Deal“, sagt Monica Verbeek, Geschäftsführerin von Seas At Risk.

Bruna Campos, Senior Marine Policy Officer, BirdLife Europe & Central Asia hält fest: „Indem wir die Ozeane retten, retten wir nicht nur die Meerestiere, sondern auch ihre Lebensräume. Es geht darum, die Meeresböden heilen zu lassen und der zerstörerischen Fischerei Einhalt zu gebieten. Es ist unverständlich, dass der Beifang von Delphinen, Seevögeln und Meeresschildkröten noch immer toleriert wird. Wenn wir unsere Ozeane retten wollen, braucht es in den nächsten 10 Jahren eine fundamentale Veränderung. Das Leben im Meer ist gefährdet, weil es uns an Engagement fehlt, den Status quo zu verändern. Das können wir uns nicht leisten.”

Flaminia Tacconi, EU-Fischereirechtsexpertin bei ClientEarth ergänzt: „Um bis 2030 intakte Meere zu erreichen, brauchen wir ein Fischereirecht mit ambitionierten Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen. Und wir brauchen eine starke Umsetzungskultur durch transparente, zuverlässige und verantwortungsvolle Entscheidungen in der EU.“

„Die Meere sind eine akustische Welt. Schall spielt eine essenzielle Rolle im Leben der Meerestiere. Wenn Schall zu Lärm wird, ist dieser aber zerstörerisch und oftmals todbringend. Der präsentierte Fahrplan für leisere europäische Gewässer ist ein konstruktiver Ansatz, um das Lärmniveau zu senken, die Meeresfauna zu schützen und zur Erreichung der Klimaziele beizutragen“, sagt Nicolas Entrup, Co-Leiter Internationale Zusammenarbeit bei OceanCare.

Pascale Moehrle, Geschäftsführerin von Oceana Europe, betont: „Die EU hat mehr Wasser- als Landfläche und sollte als ökonomische Weltmacht mit gutem Beispiel vorangehen. Die Meeresgewässer der EU werden sehr stark genutzt und müssen rasch wieder in ihren früheren Zustand des Tierreichtums zurückversetzt werden. Die EU muss dringend handeln, um sämtliche Fischerei nachhaltig zu machen. Es liegt in den Händen der EU-Entscheidungsträger, Maßnahmen zu ergreifen. Ozeane, in denen das Leben pulsiert, bedeuten eine gesündere Biosphäre.“

„Menschliche Aktivitäten zu Wasser und zu Land ziehen die Meere massiv in Mitleidenschaft. Sichtbare und unsichtbare Verschmutzung, wie Plastik, Schadstoffe, Öl oder Lärm, beschädigen die Widerstandskraft der Ozeane ebenso wie die Gesundheit und das Wohlergehen von Millionen Menschen. Die EU muss konkrete Maßnahmen für saubere und gesunde Meere umsetzen“, fordert Antidia Citores, Sprecherin der Surfrider Foundation Europe.

„Angesichts des Klimanotstands ist es sehr dringend, dass Maßnahmen für die Resilienz unserer Ozeane ergriffen werden, angefangen bei der Wiederherstellung der marinen Biodiversität. Ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten, das zumindest 30% der Meere umfasst und mit langfristiger Finanzierung und Managementplänen ausgestattet ist, sowie eine nachhaltige Nutzung der übrigen 70% werden florierende Meeresökosysteme ermöglichen. Die EU muss diese Vision durch wirksame Politik in die Tat umsetzen“, verlangt Samantha Burgess, Head of Marine Policy des WWF European Policy Office.

Führende Umwelt-NGOs laden alle Bürger, Institutionen und Stakeholder ein, an den kostenfreien Aktivitäten im Rahmen der „Ocean Week“ von 3. bis 9. Februar (6) teilzunehmen, Erfahrungen auszutauschen und Lösungen für die Probleme zu finden, denen unsere Meere und die Küstengemeinden ausgesetzt sind.

Anmerkungen

(1) Liste der Organisationen, die das Blaue Manifest unterzeichnet haben: A Rocha (International Marine and Coastal Conservation Programme); Animal latitude; APECE - Portuguese Association for the Study and Conservation of Elasmobranchs; Archipelagos Institute of Marine Conservation; ASOC - Antarctic and Southern Ocean Coalition; Asociación plataforma "El Chorlitejo"; BIOM association; BirdLife Sverige; BirdLife Cyprus; Birdlife Europe and Central Asia; BirdLife Malta; BirdLife Suomi; Birdwatch Ireland; Bloom; Brot für die Welt; BUND - Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland; By the Ocean We Unite; Climate Action Network Europe; CCB - Coalition Clean Baltic; CFFA-CAPE; ClientEarth; Compassion in World Farming; Cork Env Forum; Cork nature network;  Deep Sea Conservation Coalition; Deep wave; DEPANA; DN - Danmarks Naturfredningsforening; DSM - Deutsche Stiftung Meeresschutz; DUH - Deutsche Umwelthilfe; Ecologistas En Acción; Ecos; EEB - European Environmental Bureau; ENT Foundation; Environmental Justice Foundation; FANC - Finnish Association for Nature Conservation; France Nature Environnement; Friends of the Black Sea; Friends of the Earth Europe; Fundajia Aquarium; Geota; Good fish foundation; Greenpeace; HOS - Hellenic Ornithological Society; IFAW - International Fund for Animal Welfare Europe; INCA - Iceland Nature Conservation Association; International Programme on the State of the Ocean; Irish Sea Sanctuary; Irish Wildlife Trust; Legambiente; Living Sea; LOB - Latvian Ornithological Society; LOD - Lithuanian Ornithological Society; LPN - Liga para a Protecção da Natureza; LPO - Ligue pour la Protection des Oiseaux; MARE Foundation; Mare Nostrum; Marevivo; MCS - Marine Conservation Society; MedReact; MedSOS; MEER; MIO-ECSDE -  Mediterranean Information Office for Environment, Culture and Sustainable Development; Mundus Maris; NABU - Nature and Biodiversity Conservation Union; Natuurpunt; New Economics Foundation; Ocean and Climate Platform; Oceana; OceanCare; Oceanografica; OMA - Observatório do Mar dos Açores; Otop - Ogólnopolskie Towarzystwo Ochrony Ptaków; Our Fish; PongPesca; Poseidonia green project; Project Aware; Pro Wildlife; Quercus; ReefCheck; Rethink Plastic Alliance; Retorna; RSPB - Royal Society for the Protection of Birds; SAR - Seas At Risk; Sciaena; SDN - Stichting de Nordzee; Sea First; SEO - Sociedad Española de Ornitología; Slowfood Germany; SMILO - Small Islands Organisation; SPEA - Sociedade Portuguesa para o Estudo das Aves; SSNC - Swedish Society for Nature Conservation; Sunce; Surfrider; SWAN - Sustainable Water Network; T&E - Transport and Environment; TNC - The Nature Conservancy; Tour des deux Amériques solidaire en voilier; Under the pole; WDC - Whale and Dolphin Conservation; WWF; Zero Waste Europe.

(2) Das Blaue Manifest zum Download:

https://seas-at-risk.org/24-publications/1020-blue-manifesto-the-roadmap-to-a-healthy-ocean-in-2030.html

(3) Der Sonderbericht des Weltklimarats „Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate“ analysiert die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Meere und die grimmigen Folgen: https://www.ipcc.ch/2019/09/23/b-roll-ipcc-srocc/

Der Bericht des Weltbiodiversitätsrats „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ zeigt, dass der Biodiversitätsverlust weltweit in einem alarmierenden Tempo zunimmt, natürliche Lebensräume bedrohlich schwinden und die Aussterberaten steigen: https://ipbes.net/news/Media-Release-Global-Assessment

(4) Die Meere bedecken 70% der Oberfläche des Planeten, fungieren als unerlässliche Kohlenstoffsenke, puffern den Klimawandel ab, regulieren das Wettergeschehen und produzieren Sauerstoff.

(5) Der European Green Deal ist die Vision der Europäischen Kommission, um die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Er sieht Maßnahmen vor, um die Effizienz der Ressourcennutzung zu verbessern, eine saubere Kreislaufwirtschaft anzusteuern, dem Klimawandel entgegenzuwirken, den Biodiversitätsverlust zu stoppen und die Verschmutzung zu senken. Er beschreibt die erforderlichen Investitionen und die verfügbaren Finanzierungsinstrumente, und erklärt, wie ein gerechter und inklusiver Übergang gewährleistet werden kann.

(6) Von 3. bis 9. Februar 2020 veranstaltet eine Gruppe von Umwelt-NGOs die „Ocean Week“. In einer Reihe von Veranstaltungen werden Erfahrungen ausgetauscht und Lösungen für die Probleme diskutiert, denen unsere Meere ausgesetzt sind. Das Programm der Ocean Week ist unter www.oceanweek.eu abrufbar.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des am Blue Manifesto beteiligten NGO-Bündnisses

Inhaltspezifische Aktionen