Positionspapier: Bundesregierung muss für eine nachhaltige und sozial gerechte Digitalisierung in der globalen Landwirtschaft eintreten

16.01.2020 - Anlässlich des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) veröffentlichen am 14. Januar 22 zivilgesellschaftliche Organisationen - darunter Slow Food Deutschland - ein gemeinsames Positionspapier für eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Digitalisierung der globalen Landwirtschaft. Das breite Bündnis fordert die Bundesregierung auf, die Digitalisierung so zu gestalten, dass weltweit Bäuerinnen und Bauern sowie andere Arbeitende in der Landwirtschaft davon profitieren und die globalen Umwelt- und Klimaziele erreicht werden können. Beim GFFA soll unter anderem ein Konzept für einen Internationalen Digitalrat für Landwirtschaft und Ernährung vorgestellt werden. Die internationale Konferenz findet vom 16. bis zum 18. Januar in Berlin statt.

Weizenernte_USA © Slow Food Archiv.jpg „Die Interessen der Agrar- und Digitalkonzerne dominieren bislang die Digitalisierung in der Landwirtschaft“, kritisiert Lena Luig von der Entwicklungsorganisation INKOTA. „Die Unternehmen wollen anhand der Daten vor allem immer mehr Kontrolle über Betriebe, Bauern und Bäuerinnen sowie andere Arbeitende in der Landwirtschaft gewinnen und damit ihre Profite steigern. Bislang haben die Konzerne dabei quasi einen Freifahrtschein. Die Bundesregierung muss hier für klare Verhaltensregeln sorgen und sollte den Aufbau konzernunabhängiger digitaler Plattformen fördern.“

„Auch wenn digitale Technologien etwa Arbeitsabläufe erleichtern können, müssen die Anforderungen von Bäuerinnen und Bauern mehr berücksichtigt werden“, hebt Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hervor, der Milchbauer in Schleswig-Holstein ist. Digitalisierung sei eine Rationalisierungstechnologie. Sie sei nur dann hilfreich, wenn mit ihr der Energie- und Ressourceneinsatz drastisch sinke. „Die Algorithmen einer digitalisierten Landwirtschaft können bäuerliches Erfahrungswissen ergänzen, aber nicht ersetzen. Bäuerinnen und Bauern müssen die Hoheit über ihre Daten behalten und entscheiden, wer sie wofür verwerten darf.“

Eine wichtige Frage ist außerdem, wer sich die neuen Instrumente überhaupt leisten kann und wer Zugang zum Internet und zu digitaler Infrastruktur hat. Zwar leben 93 Prozent der Weltbevölkerung in Reichweite von mobilen Breitbandnetzen, jedoch nutzen nur 53 Prozent das Internet. „Die Kluft in der Internetnutzung zwischen Nord und Süd, Stadt und Land sowie zwischen den Geschlechtern spiegelt die großen ökonomischen Unterschiede und gesellschaftlichen Machtverhältnisse wider“, sagt Stig Tanzmann von Brot für die Welt. „Damit bereits marginalisierte Bevölkerungsgruppen nicht noch weiter abgehängt werden, müssen Staaten den Zugang zu digitaler Infrastruktur als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge garantieren.“

Auch Umweltaspekte sollten zwingend in die politische Regulierung einfließen. „Anders als oft behauptet, führt eine sogenannte Präzisionslandwirtschaft keineswegs automatisch zur Einsparung von Energie, Pestiziden und Düngemitteln“, sagt Christian Rehmer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Dafür braucht es eine umfassende Agrarwende. Digitale Instrumente sollten gezielt zur Förderung von Agrarökologie eingesetzt werden.“

Bitte beachten Sie, dass das Positionspapier auch einen Katalog mit Erläuterungen zu den sieben zentralen Forderungen des Bündnisses enthält.

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