Slow Food kritisiert Plan zur Deregulierung neuer Gentechniken: EU-Kommissionsvorschlag stellt Profite der Agrarindustrie über Wahlfreiheit und Biodiversitätsschutz

02.02.2024 – Am 7. Februar stimmen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments voraussichtlich über die Deregulierung der neuen Generation gentechnisch veränderter Organismen (neue GVO oder so genannte "Neue Züchtungstechnologien") ab. Vor diesem Hintergrund setzt sich Slow Food für die Beibehaltung eines Rechtsrahmens ein, der die Bürger*innen und die Umwelt schützt. Die Organisation fordert die EU-Entscheidungsträger*innen dringend auf, den Deregulierungsvorschlag abzulehnen, da dieser die biologische Vielfalt gefährdet sowie das Recht von Verbraucher*innen, Gastronomen, Landwirt*innen sowie des Einzelhandels untergräbt, gentechnikfreies Essen anzubauen, zu handeln, zuzubereiten und zu konsumieren.

"Die Deregulierung neuer GVO ist keine Lösung für die vielfältigen Krisen, mit denen wir im Lebensmittelsystem konfrontiert sind, einschließlich der Belastungen, denen die Landwirt*innen ausgesetzt sind", kommentiert Marta Messa, Generalsekretärin von Slow Food. "Wenn wir zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen übergehen wollen, müssen Landwirtinnen und Bürger in der Lage sein, zu wählen und zu wissen, woher ihr Saatgut und ihre Lebensmittel kommen: Der Vorschlag der Kommission nimmt ihnen dieses Recht".

Die Europäische Kommission möchte mit der Deregulierung den Zugang zu den neuen GVO, im Vergleich zu den aktuell für GVO geltenden EU-Rechtsvorschriften, vereinfachen. Die Industrie behauptet, dass neue GVO zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion beitragen würden. Der Vorschlag und der vom Umweltausschuss des Europäischen Parlaments im Januar angenommene Bericht sind jedoch voller leerer Versprechungen - und stark auf die Lobbygruppen der Agrarindustrie ausgerichtet. Es wird vorgeschlagen, die Risikoeinschätzung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der meisten neuen GVO abzuschaffen.

Wissenschaftler*innen, u. a. vom Europäischen Netzwerk von Wissenschaftlern für soziale und ökologische Verantwortung (ENSSER), sowie offizielle Stellen wie das deutsche Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die französische Nationale Agentur für Lebensmittel, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES), betonen die Notwendigkeit einer fallweisen Sicherheitsbewertung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit für neue GVO. All diese Kontrollinstanzen werden im aktuellen Vorschlag gestrichen.

Der Deregulierungsvorschlag würde dazu führen, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ohne unser Wissen auf unsere Felder und Teller gelangen und Profite über die Umwelt und Verbraucherschutz gestellt werden. So sind viele dieser neuen genetischen Veränderungen nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern dienen in erster Linie der Steigerung des Marktwerts für die Agrarindustrie. Auch die Frage der Patentierung neuer GVO wird im Rahmen der Deregulierung nicht geklärt, was den Weg für die Privatisierung von Produkten durch einige wenige multinationale Konzerne ebnet und das Grundrecht der Landwirt*innen auf freien Zugang zu Saatgut untergräbt.

Weiterführende Informationen finden Sie in unserem » Policy Brief über den Vorschlag der Kommission zu neuen GVO.

Nächste Schritte

Nachdem die Mitglieder des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments (ENVI) am 24. Januar dafür gestimmt haben, die neuen GVO von jeder Art von Sicherheitsprüfungen, Kennzeichnungsvorschriften und Haftungsprozessen auszunehmen, muss der Text von allen EU-Parlamentariern im Plenum abgestimmt werden. Diese Abstimmung wird für nächste Woche Mittwoch, den 7. Februar erwartet. Parallel dazu finden im EU-Rat Diskussionen statt.

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