Interessiert uns die Bohne!

17.02.2020 - Am internationalen Tag der Hülsenfrucht, dem 10. Februar, interessierte uns nicht nur die Bohne, sondern auch die Linse, die Erbse, die Lupine und die Kichererbse. Slow Food Deutschland lud ein zur Enthüllung der Hülse in die Gourmanderie in Charlottenburg, für #EchteVielfalt.

Elisabeth Berlinghof (c) Marion Hunger.JPGIrgendwann kam es mir wie eine Erleuchtung,“ sagt Elisabeth Berlinghof, Absolventin der Universität der Gastronomischen Wissenschaften in Pollenzo und aktiv bei Slow Food Youth. „Hülsenfrüchte sind der Knotenpunkt!“ Egal, welchen Kurs sie besucht hätte, in jedem Fach wären sie immer auf die Hülsenfrucht zu sprechen gekommen. Insbesondere wenn es darum ging Genuss und Nachhaltigkeit zusammenzudenken. „Extrem anpassungsfähig und überall auf der Welt zu finden ein bisschen wie wir Menschen,“ meint Berlinghof. Nur, dass Hülsenfrüchte unsere Böden nicht ausmergeln, sondern sogar fruchtbarer machen: Sie binden nämlich Stickstoff aus der Luft und speichern ihn im Boden. Ein natürliches Düngemittel sozusagen. Die Hülsenfrüchte sind außerdem ein wichtiges Lebensmittel für die Bienen genau wie für uns. Ihr hoher Eiweißgehalt trägt zu einer ausgewogenen Ernährung bei, die gleichzeitig auch noch ressourcenschonend und abwechslungsreich ist. Schließlich gibt es rund 18.000 Hülsenfruchtsorten. Hülsenfrüchte sind zudem eine sehr gute und schmackhafte Alternative zu Fleisch und tierischen Erzeugnissen im Allgemeinen. Deswegen ist sie für Slow Food essentieller Bestandteil eines Speiseplans der Zukunft, berichtet Nina Wolff, stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland bei der Begrüßung der Gäste: „Aufgrund der planetaren Grenzen kommen wir nicht umhin, die Hülsenfrucht in ihrer Vielfalt weiter für uns zu entdecken. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen wie regionale, ökologische Wertschöpfungsketten wieder auf- und ausbauen und zugleich die Nachfrage nach den Hülsenfrüchten steigern. Und, ganz ohne Zweifel, sollten wir dafür sorgen, dass sie auf unseren Tellern statt im Futtertrog für die Massentierhaltung landen.“

Die Bohne kann süß und salzig

Cecilia Antoni (c) Marion Hunger.JPGCecilia Antoni kocht am liebsten mit der Ackerbohne, auch als Favabohne, Saubohne oder Dicke Bohne bekannt. Seit zehn Jahren schon dreht sich das Leben der Köchin, Bloggerin und Hülsenfrucht-Aktivistin um die Bohne und inzwischen vor allem um die heimischen Sorten. Die Wintererbse beispielsweise, oder eben die Ackerbohne. „Wir exportieren etwa 80 % davon ins Ausland, wo sie als Delikatesse gilt. Bei uns hingegen verwenden wir sie als Tierfutter,“ erzählt Antoni, die für diesen Abend Ackerbohnen-Falafel und Ackerbohnen-Salat sowie verschiedene Aufstriche zubereitet hat. Höhepunkt für viele Gäste ist die Ackerbohne als Knabberei: Als solche gibt es sie geröstet, leicht gesalzen oder gesüßt. Es ist das erste Produkt von Antonis Start-Up Bohnikat. Auf ihrem Blog Bean Beat veröffentlicht Antoni kreative Rezeptideen wie beispielsweise Erbsen-Waffeln oder Bohnen-Brownies. Die Ackerbohnen-Cantuccini, die sie für die Gäste des Abends vorbereitet hat sind zwar nicht ganz so knusprig wie das ‚Original‘, schmecken aber viel gefälliger, als es vielleicht klingt und sind zu 100 % aus regionalen Zutaten gemacht.

Ackerbohne – die erste Bohne Europas

Hülsenfrüchte Buffet (c) Marion Hunger.JPG.jpgEinst war die Ackerbohne eine der wichtigsten Nahrungsmittel, aber Anfang der 1960er Jahre geriet sie in Vergessenheit und somit auch das Wissen rund um ihren Anbau. „Doch dieses Wissen gibt es noch, wir müssen es nur wieder zusammentragen,“ sagt Antoni. Mit dem rückläufigen Verzehr von Hülsenfrüchten seien auch die Zubereitungsmethoden und viele Rezepte verloren gegangen. Diesen Verlust aufzuhalten und die Bohne wieder bekannt zu machen – dafür setzt Antoni sich mit ihrer Arbeit ein, u.a. zusammen mit Slow Food. „Oft fehlt den Leuten einfach nur ein schönes Rezept.“

Hülsenfrucht und Korn verstehen sich gut

Hülsenfrüchte Tag(c) Marion Hunger.JPGWenn es um die richtige Zubereitung von Leguminosen geht, so berichtet Berlinghof, scheinen sich die Kulturen der Welt einig zu sein. Die goldene Regel beziehungsweise Kombination lautet: Hülsenfrucht plus Korn. Sei es Hummus mit Pita in Israel, Pasta e Fagioli in Italien, Dhal und Reis in Indien, Reis und Bohnen in Brasilien oder Couscous und Kichererbsen in Marokko — die Hülsenfrucht wird weltweit in Kombination mit einem Getreide gegessen. Aber warum ist das so? „Der Mensch braucht neun Aminosäuren,“ erzählt Elisabeth Berlinghof, „und ein Großteil davon ist in den Hülsenfrüchten enthalten. Die, die fehlen, finden sich im Korn.“

Mitverantwortlich für den Rückgang des Hülsenfruchtverzehrs im letzten Jahrhundert macht Berlinghof unter anderem die Entdeckung des synthetischen Düngers - Bohnen im Boden brauchte es nicht mehr. Umso mehr aber braucht es heutzutage die Aufnahme vieler Leguminosen in die Arche des Geschmacks - ganze 253 Sorten sind dort gelistet, die die Menschen wieder kennen lernen sollen, damit sie nicht vom Acker und unserenSpeiseplänen verschwinden. Im Gegensatz zu den 90 verschiedenen Hülsenfrüchten in Italien haben wir es in Deutschland mit nur vier Sorten relativ einfach. Es gilt die Ahrtaler Kökjse, die Alblinse, die Kesselheimer Zuckererbse und die Paas Lintorfer Frühe zu kennen, zu kochen und zu essen - für nichts Geringeres als den Erhalt unserer biokulturellen Vielfalt. Interessiert uns also sehr, die Bohne.

Text von Marianne Rennella

Bilder (c) Marion Hunger

>> Zum ausführlichen Interview mit Cecilia Antoni und ihrem Rezept.

>> Mehr zum Thema biokulturelle Vielfalt #Echte Vielfalt

>> zum Hülsefrüchte Rezept von Slow Food Youth

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