Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart

Biergeschmack aus vorindustrieller Zeit

Arche-Passagier seit 2017

Unterstützt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe

Beschreibung des Passagiers

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Der Geschmack des Bamberger Rauchbieres traditioneller Herstellungsart wird bestimmt von der Herstellung des Rauchmalzes, die in der Stadt Bamberg eine lange und durchgängige Tradition hat. Dabei wird das sogenannte grüne, also noch feuchte Malz nicht in den heute allgemein üblichen rauchfreien Trocknungsanlagen, den Darren, sondern durch den heißen Rauch offenen Holzfeuers in brauereieigenen Rauchdarren getrocknet.

Das Bier früherer Zeiten hatte ausnahmslos – und nicht nur in Bamberg – einen deutlichen Rauchgeschmack, weil man das Malz nicht rauchfrei trocknen konnte. Erst seit der Einführung der rauchfreien Trocknungstechnik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Rauchbier zu einer Besonderheit, die sich nur in Bamberg eine treue Anhängerschaft bewahren konnte. Ab ca. 1935 waren die Bamberger Brauereien Schlenkerla und Spezial die einzigen, die dem Rauchbier traditioneller Herstellungsart treu blieben, ihre Rauchdarren modernisierten und auf eine je eigene Art weiterentwickelten. Aus dem Traditionsbier machten sie so eine lokale Spezialität.

Das mit diesem Rauchmalz erzeugte „Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart“ gibt es ganzjährig als Vollbier, als Märzenbier und saisonal in der Vorweihnachtszeit als Bockbier; seit einigen Jahren wird mit diesem Rauchmalz auch Weizenbier gebraut.

Bild oben: Ofenbefeuerung der Rauchdarre in der Brauerei Spezial.

Gefährdung des Passagiers

Die geringe Anzahl von nur zwei kleinen Brauereien, die das Bamberger Rauchbier noch nach traditioneller Art herstellen, stellt alleine schon eine Existenzbedrohung dar. Zwar sind beide Familienbetriebe wirtschaftlich gesund und haben keine absehbaren Probleme mit der Betriebsnachfolge, doch können unerwartete Geschehnisse hier schnell zu einer ernsten Gefährdung führen.

Nicht sicher abzuschätzen ist auch, ob die Erschwernisse des Produzierens in der beengten Innenstadt von Bamberg sich in Zukunft meistern lassen. Dazu zählen schlechte Erreichbarkeit für Anlieferer und fehlender Verkehrsraum für Ladevorgänge, Anforderungen des Brandschutzes und der Hygiene in den alten Betriebsgebäuden und die Emissionen der Rauchdarren, die von der Nachbarschaft zunehmend als Belästigung empfunden werden. Sollten zukünftige behördliche Auflagen nur durch eine Betriebsverlagerung zu erfüllen sein, wären die Betriebe wohl wirtschaftlich überfordert und ihre Rauchbierproduktion ernsthaft gefährdet.

Bedrohlich für das Bamberger Rauchbier könnte eine weitere Verschiebung der Geschmackspräferenzen der Verbraucher werden. Die modernen milderen Rauchbiere, denen nur geringe Mengen Rauchmalz aus der Herstellung von Handelsmälzereien beigegeben werden, um mit einem Hauch von Rauch ein interessantes Geschmacksprofil zu erreichen, sind seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Die Craft-Beer-Bewegung, die gerne mit Geschmacksvarianten spielt, verstärkt diese Tendenz. Es ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft der Kreis der Liebhaber des kräftig rauchigen Bieres schrumpft. Das brächte nicht die beiden Traditionsbrauereien, die ja auf andere Biersorten ausweichen können, wohl aber das Traditionsprodukt „Bamberger Rauchbier“ in Gefahr.

Während in der Produktion beide Bamberger Rauchbierbrauereien die traditionelle Herstellungsart beibehalten, beschreiten sie in der Vermarktung unterschiedliche Wege. Das Schlenkerla vermarktet das Rauchbier in aller Welt. Die damit verbundene Produktionssteigerung ist vom Betrieb gut aufzufangen. Das Spezial dagegen beschränkt sich bewusst auf den regionalen Markt, um den Betrieb nicht in eine unverträgliche Größenordnung hineinwachsen zu lassen.

Folgende Zahlen mögen den Anteil des Rauchbieres an der Biererzeugung in Bamberg verdeutlichen: Um 1820, also vor dem Siegeszug der rauchfreien Malzdarren, waren alle erzeugten 44.000 Hektoliter originales Bamberger Rauchbier. Im Jahr 1935, als erstmals nur noch die Brauereien Schlenkerla und Spezial Rauchbier herstellten, betrug der Rauchbieranteil am Gesamtausstoß von 102.000 Hektolitern grob geschätzt etwa 10.000 Hektoliter, also rund zehn Prozent; sicher bestimmbar ist dieser Anteil nicht mehr. Für das Jahr 2015 finden sich rund 25.000 Hektoliter Rauchbier traditioneller Herstellungsart unter den 250.000 Hektolitern der Bamberger Gesamterzeugung; das sind ebenfalls 10 Prozent.

Erwerbbarkeit des Passagiers

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Das Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart wird ausgeschenkt in der Brauereigaststätte Schlenkerla in der Dominikanerstraße und dem Brauereigasthof Spezial in der Oberen Königstraße und auf dem sogenannten Spezialkeller, der seit einigen Jahren ganzjährig betriebenen Gaststätte mit großem Biergarten über dem ehemaligen Lagerkeller der Brauerei Spezial auf dem Oberen Stephansberg. Als Flaschenbier erhältlich ist das Bamberger Rauchbier im Verkauf der Brauereigasthäuser und im Getränkehandel. Brauereiunabhängige Gaststätten, die Spezialitätenbiere führen, bieten es aus der Flasche, gelegentlich auch aus dem Fass an.

Bild oben: Brauereigaststätte Schlenkerla in der Dominikanerstraße.

Regionale Bedeutung des Passagiers

Die Stadt Bamberg ist seit jeher berühmt für ihre außerordentliche Bierkultur. Es ist die einzige Stadt, in der das Bierbrauen aus Rauchmalz brauereieigener Herstellung auch nach der Einführung rauchfreier Malzdarren und der Auslagerung der Malzherstellung in Handelsmälzereien beibehalten wurde, weil man den Rauchgeschmack im Bier nicht missen wollte.

Man kann über die Frage, warum zwei der heute noch acht Bamberger Braustätten als einzige auf der ganzen Welt die alte Technik des Trocknens (Darrens) von Malz über offenem Feuer beibehalten haben, nur spekulieren. Das Motiv war vermutlich weniger das Festhalten am Althergebrachten, das den Franken und speziell den Bambergern als Wesenszug nachgesagt wird, sondern der ganz besondere Geschmack dieses Bieres, vorausgesetzt man kannte und schätzte ihn aus Gewohnheit. Wie wichtig die Gewöhnung ist, zeigt die scherzhafte Warnung der Bamberger an Neulinge im Rauchbiertrinken: Dieses Bier schmeckt erst nach dem zweiten „Seidla“ (Seidla: fränkisch für einen halben Liter Bier).

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Eine innige Beziehung

Die Bamberger haben zu ihrem Bier eine ebenso innige Beziehung wie zu ihrem Gemüse, und die Gärtnerstadt Bamberg wie die Bierstadt Bamberg haben eine gleich lange Tradition, deren Anfänge bis ins späte 13. Jahrhundert zurückreichen. Die Tourismuswerbung setzt das Bamberger Rauchbier wirkungsvoll als Alleinstellungsmerkmal ein. Selbst ein Massenandrang von Touristen wird es nicht schaffen, die einheimischen Bamberger aus den Rauchbier-Brauereigaststätten zu verdrängen.

Bild oben: Stammgäste und Touristen in einer Bamberger Rauchbier-Brauereigaststätte.

Geschmack des Passagiers

Charakteristisch ist der unverkennbare und unvergleichliche Geschmack geräucherter Lebensmittel, der durch das Rauchmalz ins Bier kommt. Je nach der Art der Feuerung und des dabei entstehenden Rauches variiert der Geschmack von mild-rauchig bis zu kräftig-rauchig mit deutlichen Anklängen an Räucherschinken. Die Rauchnoten verbinden sich mit den süßen Tönen des Malzes und den bitteren des Hopfens harmonisch zu einem voluminösen Aroma ureigener Prägung, das sich von dem aller anderen Biere, auch dem moderner milder Rauchbiere deutlich unterscheidet.

Spezielles Know-how zur Erzeugung des Passagiers

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Das Trocknen des Malzes über offenem Holzfeuer erfordert besondere bauliche Anlagen und besonderes handwerkliches Geschick. Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart wird gebraut wie jedes andere Bier auch. Seine Besonderheit erhält es durch die spezielle Art der Trocknung des Malzes im heißen Rauch des offenen Feuers von Buchenholz (gelegentlich auch Eichenholz), so dass das Räuchern integraler Bestandteil des Trocknungsprozesses ist. Dazu bedarf es spezieller Anlagen, in denen die Abluft des Holzfeuers über Spalten- oder Lochböden unmittelbar in das darüber aufgeschichtete nasse, zu trocknende Malz geleitet wird, dieses Grünmalz durchzieht und dann erst an die Außenluft abgegeben wird. Trocknung und Räucherung geschehen auf diese Weise in ein und demselben Vorgang. Dies ist kennzeichnend für das „Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart“. Die Technik des nachträglichen Räucherns von bereits in rauchfreien Darren fertig getrocknetem Malz ist für das „Bamberger Rauchbier traditioneller Herstellungsart“ ausgeschlossen.

Beide Bamberger Rauchbierbrauereien verfügen über eine hauseigene Rauchdarre. Je nachdem, wie sie in aufwändiger handwerklicher Arbeit den Brennvorgang über einen Zeitraum von ca. 18 bis 22 Stunden steuern und rauchfreie Luft zumischen, erhalten sie Malze mit unterschiedlichem Rauchgeschmack, der auch dem Geschmack der Biere deutlich unterschiedlichen Charakter gibt. Die Öfen werden mit großen Holzscheiten geschürt. Im Rauch gedarrt wird ausschließlich Gerstenmalz. Anlagentechnik und Prozesssteuerung der nach wie vor handbefeuerten Rauchdarren gehören zu den gut gehüteten Betriebsgeheimnissen der beiden Bamberger Rauchbierbrauereien.

Bild oben: Rauchmalz. 

Erzeuger und Bezugsquellen

Brauerei Schlenkerla
Dominikanerstr. 6
96049 Bamberg
Tel. (09 51) 5 60 60
service@schlenkerla.de
www.schlenkerla.de

Brauerei Spezial
Obere Königstr. 10
96052 Bamberg
Tel. (09 51) 2 43 04
brauerei-spezial@t-online.de
www.brauerei-spezial.de

Links und Aktivitäten rund um den Passagier

>>Projekt "Heimatbrot": Eine Brotzeit mit Arche-Passagieren

>>Arche des Geschmacks: Drei neue Passagiere an Bord

>> Slow Food Magazin: Bamberger Rauchbier

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Bannerbild: © Georg Lang, weitere Bilder © Georg Lang (1), Ralf Gamböck/Spezial-Brauerei (2), Katharina Heuberger (2)

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