Waldschaf
Robuste Landschaftspfleger der Mittelgebirge
Arche-Passagier in Österreich seit 2009
Unterstützt in Deutschland von Slow Food Niederbayern
Beschreibung des Passagiers
Das Waldschaf stammt vom heimischen Zaupelschaf ab, einem Nachfahren des jahrtausendealten Torfschafs, das früher in Österreich und Süddeutschland, insbesondere im Bereich des Bayer- und Böhmerwaldes bis nach Mähren und Ungarn verbreitet war und erstmals 1536 in einem Dekret des Herzogs Ulrich von Württemberg Erwähnung fand.
Während das Zaupelschaf mittlerweile als ausgestorben gilt, entwickelten sich aus ihm drei genetische Äquirassen: das Waldschaf in Österreich und Deutschland, das Šumavská-Schaf in Tschechien und das ungarische Cikta-Schaf. Die Mischwolle der Tiere aus feinen Fasern, langen Grannenhaaren und groben Stichelhaaren verweist bereits auf ihre Wetterunempfindlichkeit unter den rauen klimatischen Bedingungen der Mittelgebirge. Wegen des strubbelig-zotteligen Aussehens wurden sie im bayerisch-österreichischen Dialektgebiet auch als Zoderte bezeichnet.
Ihre Genügsamkeit lässt sie selbst mit dem dort häufig kargem Nahrungsangebot zurechtkommen. Als wichtige Glieder der extensiven Landschaftspflege erhalten sie zudem auf Hängen und Steillagen wertvolle Kulturlandschaften. Aufgrund ihrer guten Futterverwertung und Widerstandsfähigkeit werden sie aber auch in der Koppelhaltung eingesetzt. Wie die Arche-Passagiere Coburger Landschaf und Alpines Steinschaf gehören sie zu den vom Aussterben bedrohten Rassen.
Weibliche Tiere werden 60-65 cm groß, männliche 65-70 cm. Waldschafe zählen deshalb zu den kleinen bis mittelgroßen Schafrassen. Beide Geschlechter gibt es behornt oder unbehornt. Die Mehrzahl der Tiere ist weiß, es gibt jedoch auch schwarze, braune oder gescheckte. Die gutmütigen, feingliedrigen Schafe fallen neben ihrer zotteligen Mischwolle durch fast waagrecht abstehende kleine Ohren und einen langen, bewollten Schwanz auf. An unbewollten Stellen, besonders am Kopf, finden sich bei weißen Tieren oft dunkle Pigmentflecken. Der recht kurze Kopf mit bewollter Stirn (Schaupe) ist meist gerade und bei den Widdern mitunter leicht gewölbt (geramst). Die robuste Rasse zeichnet sich auch durch geringe Anfälligkeit für Erkrankungen des Euters und ihre harten, widerstandsfähigen Klauen aus.
Gefährdung des Passagiers
Die mischwolligen, inzwischen ausgestorbenen Zaupelschafe, von denen auch die Waldschafe abstammen, waren über Jahrhunderte als Landschafe die am meisten verbreitete Rasse in Süddeutschland und im Alpenraum, bis ins heutige Tschechien und Ungarn hinein. Mit dem Aufschwung der Textilindustrie ab dem 19. Jahrhundert gingen die Bestände der Waldschafe (und der Äquirassen Cikta- und Šumavà-Schafe) kontinuierlich zurück, da sich die Verarbeitung der filzigen Mischwolle immer weniger lohnte, trotz der hohen Milch- und Fleischausbeute der grazilen Tiere. An ihre Stelle traten andere Rassen mit noch besserem Fleischertrag bzw. leichter zu verarbeitender sogenannter Schlichtwolle. Die hervorragende Eignung der gröberen Wolle für robustere Wollprodukte (z.B. Tweed) oder Filz, bzw. zum nicht-maschinellen Spinnen, die hervorragende Fleischqualität und der hohe Milchertrag der Waldschafe konnten diese Entwicklung nicht verhindern.
1890 kursierte der Begriff Waldlerschaf – Schaf der bis heute Waldler genannten Bewohner*innen des Bayerischen bzw. Böhmerwaldes – die es selbst nur s´Schaf nannten. In den späten 1980ern fanden sich nur noch vier Restbestände mit ein paar Dutzend Tieren im Bayerwald. Sie bildeten mit wenigen weiteren aus Tschechien und Österreich Restpopulationen, die mutmaßlich alle untereinander verwandt waren (und die Basis des heutigen Zuchtbestands bilden). Die aus der geringen Tierzahl resultierenden Inzuchtprobleme konnten aber zwischenzeitlich immer weiter reduziert werden – mittels wissenschaftlich begleiteter Anpaarungs-
berechnungen und durch Erhaltungs- und Zuchtprogramme, die den Erhalt der typischen Rasseeigenschaften und den Schutz deren genetischer Vielfalt zum Ziel haben.
Seit 1987 findet sich das Waldschaf als eigene Rasse zunächst im Bayerischen Herdbuch, dann auch in österreichischen bzw. internationalen Abstammungsbüchern. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen listet das Waldschaf (Stand 5.2024) in ihrer Roten Liste in der Kat. II (stark gefährdet). Die Tiere selbst und Produkte davon sind frei von gentechnischer Veränderung.
Vermarktung des Passagiers
In Bayern wird die Haltung von Zuchttieren mit einer Prämie gefördert. Zwar stieg in diesem Bundesland die Zahl aller gehaltenen Schafe 2024 um 3,1% auf mehr als eine Viertelmillion Tiere, die Zahl der Schafhalter*innen nahm ebenfalls um 180 auf 2150 Betriebe gegenüber dem Vorjahr zu. Dabei wurden aber die einzelnen Schafrassen nicht gesondert erfasst; die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) geht – Stand 2021 – lediglich von gut 1000 Waldschafen im gesamten in- und ausländischen Verbreitungsgebiet aus (5, 8).
In Bayern wird die Haltung von Zuchttieren mit einer Prämie gefördert. In diesem Bundesland stieg die Zahl aller gehaltenen Schafe 2024 um 3,1% auf mehr als eine Viertelmillion Tiere, die Zahl der schafhaltenden Betriebe nahm ebenfalls zu, um 180 auf jetzt 2150 Betriebe gegenüber dem Vorjahr. Der aktuelle Waldschafbestand in Bayern umfasst laut Bayer. Landesanstalt für Landwirtschaft 1046 Schafe und 54 Böcke in 26 Zuchtbetrieben. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) ging noch 2021 lediglich von gut 1000 Waldschafen im gesamten in- und ausländischen Verbreitungsgebiet aus.
Regionale Bedeutung des Passagiers
Seit 2009 ist das Waldschaf Passagier der Arche des Geschmacks von Slow Food Österreich und dort nicht nur in den traditionellen Verbreitungsgebieten Mühl- und Waldviertel, sondern inzwischen in allen Bundesländern zu finden.
In Süddeutschland, insbesondere auch erneut im ursprünglichen Gebiet der Bayerwaldes, nimmt die Zahl der Waldschafhaltungen seit einigen Jahren wieder zu.
Geschmack des Passagiers
Bei arttypischer Haltung der genügsamen und robusten Tiere in der extensiven oder ökologischen Landwirtschaft, sowie bei der Landschaftspflege bewirkt die Vielfalt der aufgenommenen Grünpflanzen eine hohe Fleischqualität mit delikat-feinem Geschmack. Der Fettanteil ist gering. Nicht nur den wenige Monate alten Lämmern der Waldschafe, auch älteren Tieren fehlt gänzlich ein unangenehmer oder strenger Beigeschmack.
Züchter*innen, Erzeuger*innen und Bezugsquellen
zeitgeistY. Bio-Permakulturhof
Jörg Schäfer & Astrid Gelandemans
Schlott 9
94121 Salzweg-Straßkirchen
Tel. (0 85 05) 8 50 59 15 93 59
mail@zeitgeistY.bio
www.zeitgeistY.bio
Floßmann Hof
Anja Floßmann
Eggersdorf 1a
94121 Salzweg
(01 52) 27 28 82 95
anja@flossmannhof.de
https://www.flossmannhof.de/
Josef Rebitzer
Waldbadstr. 2
93115 Hemau
Tel. (0 94 91) 34 89 Mobil (01 75) 5 63 87 00
josef-rebitzer@t-online.de
https://www.g-e-h.de/arche-hoefe/178-archehof13
Schafhof Mehringer
Oberschneitberg 132
84144 Geisenhausen
Tel. (08743) 9 69 44 60
johanna.mehringer@yahoo.de
Quellen und weitere Informationen rund um den Passagier
Schafzucht (Ausgabe 1.2020)
Pro-Vieh e.V. (Alte Schafrassen: Das Waldschaf)
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Waldschaf
Bayerisches Landesamt für Landwirtschaft (Schafrassen)
Fundus Agri-Cultura Alpina: https://fundus-agricultura.wiki/tiere/waldschaf-d/
Bayerisches Landesamt für Statistik: https://www.statistik.bayern.de/presse/mitteilungen/2024/pm371/index.html
Bayerische Herdbuchgesellschaft für Schafzucht: https://www.bhg-schafzucht.de/images/dateien/zuchtprogramm/ZP_WAD_2021_11_17_final.pdf
Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH): https://www.g-e-h.de/images/stories/rassebeschreib/schaf/Das%20Waldschaf.pdf
https://www.slow-food.at/arche-des-geschmacks/l/waldschaf
Sie sind Erzeuger*in oder kennen Menschen Ihres Netzwerks, die im Sinne von Slow Food produzieren?
Wir freuen uns über Ihren Vorschlag unter archekommission@slowfood.de