Neuer Arche-Passagier: Früher Gelber Malinger

09.09.2025 - Der Frühe Gelbe Malinger ist eine weiße Rebsorte. Sie wurde als „Malingre Précoce“ um das Jahr 1840 in der Nähe von Paris von einem französischen Gärtner namens Malingre aus Sämlingen gezogen. Die Beeren sind saftig und süß. Die konus- bis walzenförmige Traube ist mittelgroß und lockerbeerig. Die länglichen Beeren sind mittelgroß, von gelblicher Farbe und dünnhäutig.

Frühe Rebsorte aus dem Siebengebirge

Arche-Passagier in Deutschland seit 2025

Unterstützt von Slow Food Bonn

Beschreibung des Passagiers

Gelber Malinger (c) Ursula Brühl, Julius Kühn-Institut, Federal Research Centre for Cultivated Plants, Institute for Grapevine Breeding Geilweilerhof

Der Frühe Gelbe Malinger ist eine weiße Rebsorte. Sie wurde als „Malingre Précoce“ um das Jahr 1840 in der Nähe von Paris von einem französischen Gärtner namens Malingre aus Sämlingen gezogen. Die „Elternschaft“ wurde erst 2009 durch DNA-Analyse ermittelt: Genetisch ist die Sorte eine Kreuzung aus der Tafeltraube „Bicane“ und „Pinot“.

Im VIVC (Vitis International Variety Catalogue) wird die Sorte unter der Nummer 7249 geführt. Eine Vielzahl weiterer gebräuchlicher Bezeichnungen ist dort aufgeführt. Die Beeren sind saftig und süß. Die konus- bis walzenförmige Traube ist mittelgroß und lockerbeerig. Die länglichen Beeren sind mittelgroß, von gelblicher Farbe und dünnhäutig.


Gefährdung des Passagiers

Angeblich wurde der Frühe Gelbe Malinger Mitte des 19. Jahrhunderts von einem französischen Verwaltungsbeamten aus dem Anjou an den Rhein (Siebengebirge) bzw. an die Ahr gebracht. Vom 19. Jahrhundert bis in die 1960er Jahre war der landwirtschaftliche Mischbetrieb im Siebengebirge sehr verbreitet. Wald machte ca. 75% der Nutzfläche aus. Die restlichen 25% setzten sich aus Wiesen und Weideland sowie Acker und Weinberg zusammen. Dabei wurde der Wald nicht nur zur Holzwirtschaft genutzt, auch das Vieh wurde zum Weiden in den Wald getrieben, das Laub wurde als Einstreu und Dünger verwendet, junges Rahmholz wurde als Rankhilfe für die Reben verwendet usw. Die unterschiedlichen Bereiche der landwirtschaftlichen Nutzung waren eng miteinander verzahnt und sicherten ein Auskommen durch ihre Bandbreite auch in schlechten Jahren.

Der Frühe Gelbe Malinger wurde nicht nur im Weinberg kultiviert, sondern auch als Spalierrebe am Haus angepflanzt. Vorteilhaft war die frühe Reife im Vergleich zu anderen Rebsorten, denn so wurden die Trauben auch in weniger warmen Jahren reif, anders als etwa beim Riesling.

Von der Ahr ist bekannt, dass der Frühe Gelbe Malinger in den Weinorten an der oberen Ahr (Mayschoss und Rech) in den schlechten, d.h. kühleren Lagen angebaut wurde, in denen der Riesling nur schwer reif wurde. Die Rebsorte war unter dem Namen „Frühwiess“ bekannt. Durch die Beimischung des säureärmeren Malingers wurde in manchen kühlen Jahren der Riesling erst trinkbar. Ahrabwärts von Rech wurde in den schattigeren Lagen statt des „Frühwiess“ „Frührot“, nämlich der Frühburgunder, angepflanzt, der bereits Archepassagier ist und dessen Bestand sich nicht nur an der Ahr stabilisiert hat.

Durch die Mechanisierung des Weinbaus wurde in den 1970er Jahren in den meisten Weinbaukommunen an Rhein und Ahr eine Flurbereinigung durchgeführt. Kleine Parzellen wurden zusammengelegt und neu bepflanzt. Dabei wurde auf ertragreiche und bekannte Rebsorten gesetzt. Zeitgleich erlebte der Weinbau am Mittelrhein (und in Deutschland allgemein) einen drastischen Markteinbruch, sodass spätestens in den 1980er Jahren viele Weinbaubetriebe geschlossen wurden. Beides führte dazu, dass Rebflächen mit Malinger entweder gerodet oder mit anderen Sorten bestockt wurden. Lediglich eine Parzelle an der Ahr blieb als wurzelechte Pflanzung bestehen.

Die Pflanzung im Niederdollendorfer Heisterberg (Mittelrhein, Siebengebirge) erfolgte 2002 mit Propfreben auf einer Fläche, die dem Rheinischen Verein gehört. Dort sollte ein Weinberg entstehen, der den Weinbau im Siebengebirge im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt. So wurde der Frühe Gelbe Malinger dort in Einzelpfahlerziehung mit Buchen-Rahmhölzern gesetzt.

Es ist davon auszugehen, dass es in Oberdollendorf an einigen alten Häusern noch Frühen Gelben Malinger als Spalierreben gibt – allerdings wissen die meisten Bewohner*innen nicht, um welche Rebsorte es sich tatsächlich handelt.

Gelber Malinger_Kay-Weine.de (c) Kay Thiel

Vermarktung des Passagiers

Aktuell wird aus beiden noch bestehenden Weinbergen von den jeweiligen Weinbaubetrieben Wein erzeugt und vermarktet.
Das Weingut Johannes Hostert hat ca. 1300 wurzelechte, über 100 Jahre alte Rebstöcke. Die Pflanzung im Niederdollendorfer Heisterberg wurde 2020 mit ca. 100 Jungreben ergänzt, sodass dort nun ca. 400 Rebstöcke stehen.

Aktuell gibt es darüber hinaus - unseres Wissens nach - keinen weiteren Betrieb, der Frühen Gelben Malinger anbaut oder dies beabsichtigt. Auch gibt es keine Verbände, Vereine oder Initiativen, die sich um den Erhalt kümmern.

Es gibt keine Rebschule, die Frühen Gelben Malinger veredelt. Nachpflanzungen sind somit nur möglich, wenn Rebschulen speziell beauftragt werden, mit Reisern aus den bestehenden beiden Parzellen Pfropfreben zu produzieren.

Heute lässt sich der Frühe Gelbe Malinger mit dieser Historie und dem regionalen Bezug zum Siebengebirge gut vermarkten und wird von Kund*innen aufgrund seiner Seltenheit geschätzt. Geschmacklich zeigt er eine andere Aromatik als die klassischen Rebsorten der Gegenwart, was ebenfalls viele Kund*innen überzeugt.


Regionale Bedeutung des Passagiers

Wie bereits beschrieben hatte der Frühe Gelbe Malinger seine Bedeutung in Zeiten des Siebengebirgsweinbaus im kleinen landwirtschaftlichen Mischbetrieb. Besonders in der Phase in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der das Klima am nördlichen Mittelrhein etwas kühler war, garantierte die früh reifende Rebsorte die Ernte. Ungeklärt ist, wie genau der Frühe Gelbe Malinger aus der Gegend um Paris ins Siebengebirge und die Ahr gelangt ist. Sicher ist, dass es Mitte des 19. Jahrhunderts weinbegeisterte Menschen in Frankreich und im Rheinland gegeben haben muss, die miteinander in Kontakt standen und Rebmaterial weitergegeben haben – vielleicht eine französisch-deutsche Weinfreundschaft, die sich bis heute auswirkt.

Geschmack des Passagiers

Durch die Züchtung u.a. aus einer Tafeltraube ist der Frühe Gelbe Malinger auch als süße, saftige und dünnschalige Beere als Obst zu genießen. Vinifiziert zeigt der Frühe Gelbe Malinger Aromen von gelben Früchten wie Birne, Pfirsich und Quitte sowie würzige Noten, die an Muskatblüte erinnern. Diese Aromen entwickeln sich besonders gut bei einer spontanen Vergärung und Ausbau im kleinen Holzfass, ähnlich, wie dies auch zu früheren Zeiten üblich war.

Gelber Malinger (c) Herbert Steiner


Besonderheiten bei der Erzeugung und Weiterverarbeitung des Passagiers

Wie bereits oben beschrieben, gibt es lediglich die Möglichkeit der „Auftragsveredelung“, um daraus Jungpflanzen zu gewinnen.

Der Arche-Passagier in der Küche

Aus den Frühen Gelben Malinger erzeugter Wein ist eher leicht und säurearm, eignet sich daher gut als Speisebegleiter für leichte Gerichte mit Gemüse oder Fisch.


Züchter*innen, Erzeuger*innen und Bezugsquellen


Weingut Johannes Hostert

Bärenbachstraße 12, 53506 Rech
Telefon: 02643 / 8489
E-Mail: Johannes.hostert@live.de
Webseite: www.jjhostert.de
Produkt: Malinger Weißwein feinherb

Kay Weine
Bergstraße 45, 53639 Königswinter-Oberdollendorf
Telefon: (0170) 4173317
E-Mail: hallo@kay-weine.de
Webseite: www.kay-weine.de
Produkt: Malinger Weißwein trocken


Quellen, weitere Informationen und Kontaktadressen rund um den Passagier

Vitis International Variety Catalogue: https://www.vivc.de, Nummer 7249

Ausstellung „Zwischen Wingert und Busch. Historische Landnutzungen rund um den Weinbau" im Siebengebirgsmuseum Königswinter vom 08.05.2024 bis 05.01.2025, die Publikation zur Ausstellung erscheint Mitte 2025

Unveröffentlichtes Dossier von Thomas Riedl über den Frühen Gelben Malinger: https://glossar.wein.plus/frueher-gelber-malinger
Thomas Riedl, Experte für Historische Rebsorten und Slow-Food-Mitglied
Robert-Havemann-Straße 8, 53121 Bonn, th_riedl@gmx.de

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BCher_Malingre


Sie sind Erzeuger*in oder kennen Menschen Ihres Netzwerks, die im Sinne von Slow Food produzieren?

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