Das war die Sommer Akademie /Slow Food Youth Akademie 2025
Ein Bericht von Silja Van Vliet, Teilnehmerin der Akademie 2025
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und einer Schlossführung ging es direkt thematisch los: Julia Firlus und Rupert Ebner aus dem Vorstand von Slow Food Deutschland gaben uns spannende Einblicke in die Hintergründe der Bewegung. Anschließend stellte Rudolf Bühler die Geschichte und Arbeit der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) vor. Gegründet wurde sie, um das bereits als ausgestorben geltende Schwäbisch-Hällische Landschwein wieder in die Zucht zu bringen. Heute garantiert die Gemeinschaft ihren Landwirten feste Abnahmepreise und stärkt so regionale Wertschöpfung.
Fest auf dem Sonnenhof
Am Sonntag feierte die Familie Bühler in Wolpertshausen ihr traditionelles Sonnenhof-Fest – mittlerweile in der 16. Generation. Der Tag begann mit einem Gottesdienst, der die Freiheit der Bauern 500 Jahre nach dem Bauernkrieg thematisierte. Bei strahlendem Wetter wurden anschließend traditionelle Gerichte nach dem Prinzip „nose to tail“ serviert. Höhepunkt war die Prämierung des Schwäbisch-Hällischen Landschweins (Arche-Passagier) – inklusive einer kleinen Überraschung, als ein Eber kurzerhand die Einzäunung überwand. Abgerundet wurde der Tag mit einem Vortrag und einer Diskussion, geleitet von Gesa Gerloff, über die Bedeutung saisonaler und regionaler Lebensmittel.
Von Heumilch bis Gewürze
Der Montag führte uns zunächst in die Heumilchkäserei Geifertshofen. Dort erfuhren wir, wie Heumilch entsteht – nämlich durch Fütterung ausschließlich mit Gras und Heu, ganz ohne gegärte Futtermittel. Besonders eindrücklich war der Besuch bei Bioland-Bauer Hannes Gall, dessen 35 Braunvieh-Kühe diese Milch liefern. Am Nachmittag ging es weiter zur Ecoland-Gewürzmanufaktur Herbs&Spices in Wolpertshausen. Dort wird die Philosophie gelebt, Gewürze fair, ökologisch und transparent weltweit zu beziehen und lokal zu verarbeiten. Im Mittelpunkt stand der Pfeffer – das meistverkaufte Gewürz der Manufaktur.
Regionalmarkt und Bio-Musterregion
Später besuchten wir den von der BESH betriebenen Regionalmarkt. Im Gegensatz zum klassischen Einzelhandel zeichnet er sich durch rund 250 Direktlieferanten sowie einen hohen Anteil an Bio- und Regionalprodukten aus. Den Abschluss des Tages bildete eine Präsentation über die Bio-Musterregion Hohenlohe, ein Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg.
Demeterhöfe und Regionalvermarktung
Am Dienstag erkundeten wir die Hohenhardter Demeterhöfe. Neben der Milchviehhaltung gehören eine eigene Käserei, Getreideanbau und Obstwirtschaft zum Betrieb, der sich zudem stark in der Bildungsarbeit engagiert. Am Nachmittag folgte ein Store-Check im REWE in Kirchberg, bei dem wir im Nachgang die Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung diskutierten.
Wald, Permakultur und Gemeinschaft
Mittwoch begann mit einer Waldführung im Kirchberger Stadtwald. Försterin Florentine Blessing zeigte uns, dass ihre Arbeit weit über die Waldpflege hinausgeht: Sie reicht von Waldpädagogik über die Beratung privater Waldbesitzer bis hin zu jagdlichen Gutachten.
Am Nachmittag besuchten wir die Gemeinschaft Tempelhof. Zunächst lernten wir mit Geraldine Sommer den Waldgarten kennen – ein nach dem Vorbild des Waldes gestaltetes Anbausystem, das nach den Prinzipien der Permakultur bewirtschaftet wird.
Anschließend berichtete Agnes Schuster von der Entstehungsgeschichte und dem heutigen Leben in der Gemeinschaft. 2010 hatte eine Gruppe von visionären Menschen das Dorf gekauft, renoviert, aufgebaut. Heute wohnen und arbeiten rund 180 Menschen gemeinsam, mit Tätigkeiten in Bildung, Landwirtschaft, Handwerk, Kultur etc. Gekocht wird beispielsweise auch für alle.
Lebensmittelverschwendung und Sauerteigbrot
Der Donnerstagmorgen begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Maren Jakob über Lebensmittelverschwendung.
Sie machte deutlich, dass vielen Konsument*innen der Bezug zur Lebensmittelproduktion fehlt – ein Grund, warum Bildung in diesem Bereich so entscheidend ist.
Ein weiteres Highlight war der Besuch beim Freibäcker Arnd Erbel. Er arbeitet ausschließlich mit Sauerteig und Getreide von Bioland-Betrieben. Mit Leidenschaft und handwerklichem Können bäckt er Brote von besonderer Qualität. Wir durften selbst Teig kneten, formen und schließlich unser eigenes Brot mitnehmen.
Grüne Gentechnik und Blütensekt
Von Christoph Then, Tierarzt und Autor, erhielten wir spannende Einblicke in die Chancen und Risiken der grünen Gentechnik. Seine Kritik richtete sich weniger gegen die Methode selbst, sondern gegen unzureichende Kontrollmechanismen, die ökologische Schäden verursachen könnten.
Am Abend gab es eine Verkostung der Blütensekte von Bernulf Schlauch. Besonders der Holunderblütensekt überzeugte durch sein feines Aroma, das durch schonende Verarbeitung entsteht.
Bodensee-Exkursion und Abschluss
Am Freitag führte uns die Reise zum Hofgut Rengoldshausen am Bodensee. Der Demeterbetrieb beeindruckt mit einem umfassenden Konzept, das Mutterkuhhaltung, Acker- und Gemüsebau, Direktvermarktung und Bildungsarbeit miteinander verbindet. Dass trotz der Grösse des Hofes biodynamisch produziert wird, hat uns sehr beeindruckt. Besonders bemerkenswert: Der in Erde gezogene Chicorée als Hauptprodukt des Gemüsebaus.
Am Nachmittag folgte ein inspirierender Vortrag von Hubert Hohler über planetare Gesundheit und die Rolle des Mikrobioms. Nach einem Spaziergang am See wurden wir vom Slow Food-Convivium Bodensee im „Landgasthof Keller“ kulinarisch verwöhnt.
Fazit
Die Woche bot eine Fülle an Eindrücken – von praktischen Einblicken in gelebten Idealismus über fundierte Fachvorträge bis hin zu bereichernden Diskussionen. Sie hat nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Handeln angeregt. Ein besonderer Dank gilt Julia Firlus, Rupert Ebner, Sabrina Buchholz und Karoline Baumann sowie allen weiteren, die diese Erfahrung möglich gemacht haben.