Warum faire Preise für alle wichtig sind!

30.07.2025 - Es gibt die unterschiedlichsten Werte, nach denen Menschen leben möchten. Aus meiner Sicht ist einer der wichtigsten, Respekt voreinander zu haben. Slow Food hat sich zum Ziel gesetzt, eine Ernährungswelt zu schaffen, die auf respektvollen und fairen Beziehungen basiert. Doch was genau versteht man eigentlich unter »fair«? Wer eine Definition dafür sucht, findet: »Gerecht im Verhalten gegenüber anderen« / »anständig « / »den Regeln des Zusammenlebens entsprechend«. Aber ist das heute die Normalität? Möchten alle am Wirtschaftssystem Beteiligten, dass fair miteinander umgegangen wird? Nein!

Zitat: »Die Anerkennung für gute Produkte drückt sich auch darin aus, Erzeuger*innen den benötigten Preis zu zahlen.«

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Vor Jahren gab es eine Firma, die im Rahmen ihrer Werbung ihren Mitmenschen klarmachen wollte, dass niedrige Preise beim Einkauf eine gute Sache sind. Doch dieser Slogan schien nicht zu Ende gedacht. Denn tut man dies einmal, wird klar, dass es nicht funktionieren kann. Niedrige Preise im Handel bedeuten immer, dass auf allen Stufen des Systems die Preise gedrückt werden. Das Unternehmen, welches die Lebensmittel anbietet, drückt also auf die Preise der Lieferant*innen und diese auf die der Produzent*innen. Am Ende hat dies auch Einfluss auf die Gehälter der Mitarbeitenden in den jeweiligen Betrieben. Doch die Mitarbeitenden sind wiederum auch Kund*innen des oben genannten Unternehmens. Mit einem arg geschrumpften Einkommen aber können sie sich die Waren, selbst die mit dem niedrigeren Preis, vielleicht irgendwann nicht mehr leisten. Am Ende sind alle in diesem System also ärmer geworden.

Wir von Slow Food möchten hingegen, dass alle am Ernährungssystem Beteiligten – Produzentinnen und Produzenten sowie Verbraucher*innen – nicht ärmer, sondern reicher werden, wobei hier aber nicht nur die monetäre Seite des Geschäftes gemeint ist. Wenn die Beteiligten eines Geschäfts sich kennen und gegenseitig vertrauen, beginnt, erweitert oder vertieft sich ein persönliches Verhältnis zwischen diesen Menschen, sodass auch im menschlichen Bereich ein Zuwachs über den eigentlichen Einkauf hinaus entsteht. Dazu gehört auch, dass die Tiere, die wir essen und deren Produkte wir genießen wollen, ein gutes Leben haben. Dafür müssen Landwirt*innen aber wiederum viel Sorgfalt walten lassen. Auch möchten wir Obst, Gemüse und Getreide essen, die niemals chemische Pestizide gesehen haben. Auch dafür ist der Aufwand der Gärtner*innen höher als für eine Landwirtschaft mit der chemischen Keule. Möchten wir die genannte Fairness im gesamten Ernährungssystem umsetzen, heißt dies aber auch, dass der Einsatz der Produzent*innen nicht nur wertgeschätzt, sondern auch honoriert werden muss. Denn der Verzicht auf Pflanzenschutz- und chemische Düngemittel geht meist mit einem etwas geringeren Ertrag einher – bei gleichem oder höherem Einsatz an Pflanzen beziehungsweise Saatgut.

Gelingt dies, haben wir die Gewissheit, dass das, was wir essen, nicht mit Giftstoffen belastet ist. Und dass wir damit unserem Körper, und somit auch unserer Seele, etwas Gutes tun. Der Grundwert von Respekt, Fairness sowie Ehrlichkeit verbindet also ökologisch wirtschaftende Produzenten mit ihren Kund*innen. Das daraus erwachsene Vertrauen wiederum sorgt dafür, dass die Konsument*innen die Leistung der Produzent*innen anerkennen. Diese Anerkennung für gute, saubere und faire Produkte drückt sich am Ende darin aus, dass wir Produzent*innen den benötigten Preis gern zahlen. Bei dieser Art des Miteinanders zeigen wir aber auch Wertschätzung für die Arbeit die hinter den Produkten steckt. Die damit verbundene Zufriedenheit lässt alle Beteiligten auf ihrem Weg zu gutem, sauberem und fairem Essen gestärkt weitergehen.

Text: von Ulrike Höller, Schatzmeisterin von Slow Food Deutschland

Quelle: erschienen im Slow Food Magazin 04/2025

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