Milch-Workshop: Gutes Wirtschaften

Workshop 5: „Gutes Wirtschaften“ - Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit der verschiedenen Wirtschaftsstile und Betriebsgrößen, 30. Oktober 2018, Hof Pfaffendorf, Südliches Anhalt

Der Workshop 5 Gutes Wirtschaften führte uns nach Sachsen-Anhalt auf einen bedeutend größeren Milchviehbetrieb, als die, bisher besuchten. Hier erfuhren wir, wie die Landwirte die Umwandlung der ehemaligen LPGs gemeistert haben und welche Rolle die Nachhaltigkeit in ihren Betrieben spielt.

Hof Pfaffendorf

Die ehemalige LPG wurde von einer Familie aus dem Niedersachsen kurz nach der Wende übernommen. Der Betrieb ist inzwischen auf die Kinder und damit auf fünf Betriebsteile aufgesplittet . Er umfasst Milchviehwirtschaft, eine Molkerei und sehr vielfältigen Ackerbau. Insgesamt werden mit 42 festen Mitarbeitern 3400 ha bewirtschaftet, im Kuhstall stehen 700 Milchkühe plus Nachzucht. Die seit zwei Jahren bestehende eigene Molkerei verarbeitet bisher nur einen geringen Teil der erzeugten Milch. Sie füllt Trinkmilch ab und erzeugte Joghurt. Geliefert wird an den regionalen Lebensmitteleinzelhandel

Im Jahr 2000 wurde der erste Betriebsteil auf Bio umgestellt. Die ökologische Produktion wurde von Jahr zu Jahr erweitert und hat mittlerweile einen Anteil von 70 %. Die Milchviehhaltung befindet sich zur Zeit im ersten Jahr der Umstellung auf Bio.

Agrargenossenschaft Wörlitz

Die ehemalige LPG Wörlitz hält 600 Milchkühe plus Nachzucht und bewirtschaftet 3500 ha, ein Drittel davon mit ökologischem Landbau. Seit anderthalb Jahren gibt es einen Milchautomaten am Hof, über den Rohmilch abgegeben wird, Neu aufgebaut wurde eine Käserei. Der Käse wird über einen eigenen Hofladen vermarktet, in dem man auch Wurst von den eigenen Tieren und demnächst selbstgepresstes Rapsöl kaufen kann.

Bis vor 10 Jahren wurden Jungvieh und Trockensteher auf der Weide gehalten. Aber zur Arbeitserleichterung und wegen diverser Einschränkungen bei der Weidenutzung auf Biosphären-Flächen wurde die Weidehaltung abgeschafft. Kühe, die nicht mehr für die Milcherzeugung genutzt werden sollen, werden mit Fleischrassen gekreuzt, so dass die Nachkommen zu Fleisch und Wurst verarbeitet werden können.

Landwirtschaftsbetrieb Scheffler

Seit 1991 besteht der Betrieb der Familie Seheffler. Sie bewirtschaften 250 ha Land und melken 85 Milchkühe. Außerdem werden landwirtschaftliche Dienstleistungen angeboten. Es gibt eine Biomasseheizung, die mit Rapsstroh betrieben wird und das halbe Dorf mit Wärme versorgt sowie sechs Milchautomaten in Supermärkten der Region. Über diese wird ein Teil der Milch als pasteurisierte Milch vermarktet. Sie liefen anfangs sehr gut, mittlerweile ist der Absatz etwas rückläufig, da die Kunden oft vergessen, ihre leeren Flaschen mitzubringen, aber nicht gewillt sind, jedes Mal eine neue Flasche zu kaufen. Es wird nach einer anderen, für die Kunden bequemeren Verpackung gesucht, bisher aber erfolglos. Außerdem sind die Auswirkungen auch beim Absatz von pasteurisierter Automatenmilch zu spüren, wenn über mögliche gesundheitliche Probleme beim Verzehr von Milch aus Rohmilchautomaten berichtet wird.

Betriebsgrößen

Die Vertreter der großen Betriebe plädierten dafür, nicht nur auf die Tieranzahl pro Betrieb zu schauen, sondern die Anzahl in ein Verhältnis zur verfügbaren Fläche zu stellen, um zu beurteilen, ob es in dem Betrieb „Massentierhaltung“ gibt. Ein interessantes Argument für große Betriebe auf genossenschaftlicher Basis: Die Gemeinschaft von produzierenden Landwirten, die sich zusammengeschlossen haben, hat u.a. das Ziel, für jeden einzelnen ein bisschen mehr Freizeit zu ermöglichen.

Direktvermarktung

Alle drei Betriebe vermarkten einen Teil ihrer Milch selbst. Die Gründe für den Einstieg in die Direktvermarktung sind vielfältig: Durch den Kontakt zu den Kunden erhoffen sich die Landwirte eine Verbesserung des Images der Landwirtschaft. Sie können für diesen Teil der Milch den Preis selber bestimmen und verringern dadurch ihre Abhängigkeit von der Molkerei. Manche Kunden regten die Erweiterung des Sortiments an eigenen Produkten an. Durch die Erweiterung sollen weitere Zielgruppen erreicht werden, die durch die Eröffnung neuer Milchautomaten in der Region weggeblieben sind.

Auch wenn der Wunsch nach Regionalität bei den Verbrauchern wächst, betonten alle anwesenden Landwirte die Notwendigkeit, das Image der Landwirtschaft zu verbessern, noch mehr Verbraucher über die Landwirtschaft zu informieren und deren Interesse in Richtung Regionalität und Nachhaltigkeit zu lenken. Hier spielen für sie die Schulen eine große Rolle. Alle beteiligen sich an Bildungsangeboten für Schulkinder.

Land

Keiner der Betriebe sah ein flächenmäßiges Wachstumspotential für sich. Die Möglichkeit mehr Land zu erwerben, ist praktisch nicht vorhanden. Ursache sind zum einen die stetige Reduzierung der zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzfläche durch Urbanisierung, Versiegelung und Naturschutzmaßnahmen, zum anderen die extrem gestiegenen Landpreise.

Bürokratie und Behörden

Die Genehmigung von Bauvorhaben – seien es Neu- oder Umbauten – gestalten sich für die anwesenden Landwirte sehr langwierig und kraftaufwändig. Die Genehmigungsverfahren für Neu- oder Umbau von Molkereien und Biogasanlagen nehmen bis zu zwei Jahre in Anspruch. Aus diesem Grund ist die Bereitschaft größere Bauvorhaben in Angriff zu nehmen, eher zurückhaltend.

Andere gesetzliche Regelungen wie die Düngeverordnung oder die Einführung des Mindestlohnes bereiten weniger Probleme.

Neben der Entbürokratisierung wurde als Wunsch an die Politik geäußert, dass der Markt für landwirtschaftliche Produkte innerhalb der EU wieder mehr geschützt wird. Eine finanzielle Förderung der regionalen Direktvermarktung würde auch begrüßt werden.

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