Essen, was man retten will! - Traditionelle regionale Lebensmittel im Frühling

PRESSEINFORMATION –  Berlin, 08. Juni 2016

Mit der Arche des Geschmacks unterstützt Slow Food Pflanzensorten, Tierrassen und traditionelle Lebensmittel, die sich der gängigen 'Wachse-oder-weiche'-Mentalität der Lebensmittelindustrie nicht anpassen lassen, und dadurch vom Verschwinden bedroht sind. Dagegen etwas zu tun ist einfach: Essen, was man retten will! Denn was nachgefragt wird, wird auch weiterhin erzeugt und trägt so nicht nur zur Vielfalt auf unserem Teller bei, sondern auch zur biologischen und kulturellen Vielfalt unserer Region. Folgende traditionelle einheimische Sorten und Erzeugnisse lassen sich in dieser Jahreszeit durch Erwerb genießen oder können selbst angebaut werden:

Maiwirsing: Der Maiwirsing ist eine sehr helle und zarte Form des Wirsingkohls mit lockerer Kopfbildung aus dem Raum Köln-Bonn (Nordrhein-Westfalen). Es gibt heute nur noch 7 Betriebe, die ihn mit eigenem Saatgut anbauen. Die Botanischen Gärten der Universität Bonn haben die Sorte „Bonner Advent“ des Maiwirsings in ihre Sammlung „Bedrohte regionale Nutzpflanzensorten“ aufgenommen und versuchen so die Sorte zu erhalten. Bei Kennern und Liebhabern ist er immer noch - oder wieder - sehr begehrt und auch die Gastronomie kommt langsam auf den Geschmack. Auch VertreterInnen des Slow Food Convivium Köln setzen sich für dessen Erhalt und Saatgutvermehrung ein.

Bremer Scheerkohl: Als Scheerkohl bezeichnet man in Bremen und Ostfriesland (Niedersachsen) eine lokale Varietät des Rapses. Der Scheerkohl war ein alltägliches Produkt in der Region. Er war ein fester Bestandteil der Bremer Küchentradition und gehörte zur regionalen Esskultur. Der Bremer Scheerkohl ist auf die klimatischen Bedingungen der Region mit den relativ geringen Temperaturschwankungen im Jahresverlauf und der Seltenheit starker Fröste eingestellt und in seinem Wachstum darauf angewiesen. Bis in die 1960er-Jahre handelte es sich um ein populäres Frischgemüse, preiswert und im Garten einfach anzubauen, das in gemüsearmen Monaten mehrfach in der Woche auf dem Tisch stand. Danach ist es aus der Mode gekommen, so dass die zahlreichen regionalen Schnittkohlsorten verschwanden. Mittlerweile hat er durch die Aktivitäten des Slow Food Conviviums Bremen eine gewisse Renaissance erfahren.

Nordhessische Ahle Wurscht: Die Nordhessische Ahle Wurscht ist ein Paradebeispiel dafür, dass es bei der Wurstherstellung auch ohne künstliche Schnellreifung und viele Zusatzstoffe geht: Traditionell hergestellte Ahle Wurscht ist eine lange gereifte Rohwurst aus Schweinefleisch. Die Verarbeitung zur Rohwurst erfolgt in warmem Zustand, spätestens jedoch am anderen Tag. An Zusätzen werden traditionell nur Salz und Salpeter sowie frisch gemahlene Gewürze beigegeben, die je nach Hersteller differieren und der Wurst eine individuelle Note gibt. Jegliche Art von chemischen Zusätzen, die die Reife beeinflussen, sind verboten. Je nach Wurstdurchmesser reift Nordhessische Ahle Wurscht zwischen 3 und 9 Monaten.

Hintergrund:

Regionale und handwerklich erzeugte Lebensmittel, alte Sorten und heimische Tierrassen sind Teil des kulturellen, historischen und biologischen Erbes Deutschlands. Sie gehören untrennbar zur Identität ihrer Region, und die regionale Erzeugung und der Vertrieb dieser traditionellen Lebensmittel tragen zu einer starken Lokalwirtschaft bei. Darum hat sich das Slow-Food-Projekt der Arche des Geschmacks ihren Erhalt auf die Fahne geschrieben. Bei der Erzeugung dieser guten, sauberen und fairen Erzeugnisse geht es nicht nur um die sinnlichen Eigenschaften des Produktes, sondern auch darum, dass sie mit Bedacht und Respekt gegenüber der Natur produziert werden und traditionelle Verarbeitungsmethoden aufrecht erhalten. 

Die von Slow Food geförderten traditionellen Pflanzensorten, Tierrassen und handwerklichen Erzeugnisse – „Arche-Passagiere“ genannt – sind einige der letzten Erzeugnisse aus landwirtschaftlichen und handwerklichen Strukturen, die an Landschaft, Klima und Lokalkultur angepasst sind und mit diesen in positiver Wechselwirkung stehen. Sie sind „best-practice“-Beispiele eines enkeltauglichen Lebensmittelsystems.

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Das internationale Projekt "Arche des Geschmacks" der Slow Food Stiftung für Biodiversität schützt seit 1996 traditionelle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Verschwinden, die unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen am Markt nicht bestehen oder "aus der Mode" gekommen sind. Die Passagiere der Arche des Geschmacks bringen Abwechslung auf den Teller und erhalten dabei die kulturelle und biologische Vielfalt der Regionen. Schwerpunkt der Arbeit ist das aktive Sammeln, Beschreiben, Katalogisieren und Bekanntmachen der Passagiere. Das Motto lautet: Essen, was man retten will! Denn: Was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden und wird deshalb nicht hergestellt. Weltweit gibt es über 2.000 Arche-Passagiere, in Deutschland sind zur Zeit 56: http://www.slowfood.de/biodiversitaet/arche_des_geschmacks/

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