Slow-Food-Philosophie in der Gastronomie: Chef Alliance Koch Sebastian Junge im Interview

13.08.2019 - Sebastian Junge ist Mitglied in der Chef Alliance. In seinem Restaurant »Wolfs Junge« in Hamburg Uhlenhorst setzt er seine Ansprüche an ‚gut, sauber, fair‘ konsequent um. Seine Leidenschaft für Lebensmittel, deren Zubereitung und Genuss bringt er schon von Zuhause mit. Menschen für gutes Essen zu begeistern und ihr Verhalten damit positiv zu verändern gehört zu seinen Zielen. Im Interview mit Slow Food berichtet er, wie ihm das gelingt.

Sebastian Junge_(c) www.wolfs-junge.de.jpegGut, sauber, fair‘, das ist die Slow-Food-Philosophie. Mit welchen drei Ansätzen gelingt Ihnen diese Umsetzung in Ihrer Küche und wie nehmen Ihre Gäste Ihr Engagement wahr?

‚Land&Handgemacht‘ ist das Motto, unter dem wir als Brigade Gäste empfangen und von unserem Handwerk überzeugen und begeistern. Der erste Aspekt ist Landgemacht, darunter verstehen wir die Unterstützung kleiner Biobetriebe aus dem Umland, welche bei allem, was sie tun, darauf achten, ressourcenschonend und nachhaltig zu arbeiten. Durch den direkten Bezug von diesen Produzenten stehen wir stetig im Kontakt mit ihnen. Dadurch lernen wir auch voneinander. Als zweiten Aspekt steht das Handgemachte. Alles, was wir servieren, stellen wir selber her und verzichten dabei auf Zusatzstoffe und Helfer. Auf Basis alter, handwerklicher Techniken servieren wir eine moderne Küche, in die wir klassische Geschmacksbilder einarbeiten. Großen Stellenwert hat bei uns außerdem das Verarbeiten des ganzen Tieres, das Herstellen eigener Wurst und Schinken, sowie das Backen von Sauerteigbroten und die Herstellung von Petit Fours. Außerdem sind wir konsequent. Alles, was wir machen, gestalten und kommunizieren wir transparent und einsehbar für den Gast. Gerade in unserer Branche werden Begrifflichkeiten wie Nachhaltigkeit, Saisonalität und Regionalität viel zu inflationär und werbewirksam benutzt, ohne darzustellen, was das jeweils bedeutet. Die Gäste geben uns tolle Rückmeldungen für unser Engagement und bestärken uns sehr in dem, was wir tun und wie wir es tun. Besonders unsere Projekte wie das Bestellen unserer Ackerparzelle und den Urban Garden neben unserem Restaurant sorgen bei ihnen für Begeisterung.

Mit welchen drei Zutaten aus Ihrer Region kochen Sie besonders gern?

Ich backe täglich Sauerteigbrote mit Vollkornmehlen vom Demeter Hof Klostersee. Durch ein Praktikum bei dem dortigen Bäckermeister auf dem Hof habe ich viel über Brotbacken, Getreide und biodynamischen Anbau gelernt. Es ist für mich eine große Freude, dieses Grundprodukt zu verarbeiten und unser tägliches Brot zu backen. Molkereiprodukte beziehen wir unter anderem von unserem Anteil an der solidarischen Landwirtschaft des Kattendorfer Hofes und diese sind von herausragender Qualität, besonders die saure Sahne, welche wir gerne zu Eiscreme verarbeiten. Wir beziehen Schweinefleisch von der Demeter Metzgerei Dreymann von Gut Wulfsdorf. Daraus bereiten wir verschiedene Würste und Schinken zu. Die Qualität ist einmalig und die dort arbeitenden Metzger sind passioniert und engagiert. Bei allen Produkten ist die Leidenschaft der jeweiligen Produzenten schmeckbar und vor allem auch bei jedem Besuch erlebbar.

Auch in Ihrer Küche entstehen jeden Tag Gerichte, die Geschichten erzählen über die Menschen, Tiere und Landschaften, denen wir diese einzelnen Produkte verdanken. Können Sie uns bitte eine davon kurz erzählen, vielleicht sogar die Geschichte zu einem typischen Gericht der Region?

Wir stellen unsere eigene Blutwurst her und servieren diese sehr klassisch als Himmel und Erde mit Apfel und Kartoffeln. Mittags zum Lunch gibt es das etwas handfester als größere Portion, abends gerne definierter angerichtet als Zwischengang. Früher gab es dieses Gericht häufig auch bei uns zu Hause und es ist in den verschiedensten Regionen Deutschlands, unter anderem eben auch im Norden, beheimatet. Dieses Gericht erzählt viel über unsere Philosophie, unsere Produkte und vor allem auch darüber, wie wir tierisches verarbeiten. Es ist eine Art Zeugnis von unserem Anspruch, alles zu benutzen, was das Jeweilige für uns bereithält. Neben dem Blut verwerten wir weitere Innereien wie Herz oder Zunge. Besonders begeistert uns daran die Individualität der daraus entstehenden »Cuisine« – von dieser Wurst können wir uns sicher sein, dass sie kein anderes Restaurant serviert.

Rezept-Tipp Gemüsefrikadelle von Sebastian Junge: HIER

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