Warenkunde Artischocke

»Esst mehr Blumen!« Denn die Artischocke ist keine Frucht, sondern eine Blütenknospe, die frisch immer noch den Status eines komplizierten Gourmetgemüses hat. Luka Lübke, Mitglied der Chef Alliance von Slow Food, macht uns nicht nur etwas vertrauter mit der Schönen, sondern auch Mut, sie auf den Teller bringen. Ein Gemüse zum Verlieben.

IMG_4139.jpegHerkunft und Anbau

Köstlich ist sie und gesund, aber keine einfach so zum Anbeißen. Die Artischocke, lat. Cynara scolymus, ist eine, die uns auch was beibringt. Nämlich Respekt vor der Natur und den Menschen, die sie anbauen und verarbeiten. Sie hat Stacheln und macht Arbeit, zumindest wenn man sie nicht fertig aus dem Glas fischt, sie ist ein Charaktergemüse! Ihren Namen hat sie einer Sage nach von der schönen Nymphe Cynara, in die sich Zeus schwer verliebte. Als sie ihn jedoch energisch abwies, verwandelte er sie in ein stacheliges Gewächs.

Die wilden Vorfahren der zu den Korbblütlern gehörenden Artischocke wuchsen in Nordafrika, wurden bis zu zwei Metern hoch und verbreiteten sich sowohl als Gemüse als auch als Arznei schnell über den gesamten Mittelmeerraum. Inzwischen gibt es hunderte Arten, von der großen grünen Green Globe, der länglichen Violetto di Chioggia, der französischen Verte de Provence oder der kleinen Castraure, die im Raum Venedig beliebt ist. Die Hauptanbauländer heute sind Italien und Frankreich, aber auch in Süd- und Nordamerika stehen sie inzwischen auf dem Speiseplan. Die Kultivation in Deutschland ist aufgrund der Kühle kompliziert, aber nicht unmöglich, was die milden Abauregionen wie Rheinhessen und die Pfalz zeigen. Auch der Anbau im eigenen Garten ist möglich, einerseits als Zierpflanze, aber auch zum Verzehr. Die Aussaat sollte schon Anfang März erfolgen, um im Herbst die ersten Früchte, genauer gesagt, Blütenknospen ernten zu können. Eine Artischockenpflanze kann bis zu 5 Jahre alt werden. In den kalten Monaten muss der Wurzelballen durch angehäuften Sand und Reisig geschützt, oder ausgegraben und in Erde an einem kühlen Ort drinnen aufbewahrt und leicht gewässert werden.

IMG_4138.jpegGenuss und Gesundheit

Die Artischocke ist eine der ältesten erforschten Heilpflanzen der Welt. Wir finden Ihr Abbild in alten Malereien und zur Zierde von Pharaonengräbern. Ihr Bitterstoff Cynarin stimuliert und schützt Leber und Galle zugleich. Sie wirkt entgiftend, entsäuernd und antioxidativ, gilt als Blutdruck- und Cholesterin-Senkerin. Durch ihren hohen Flavonoid-Anteil werden Auszüge aus Artischocken sogar in der Krebsmedizin eingesetzt. Und nicht zuletzt: im Digestiv-Bereich - der italienische Kult-Bitter Cynar fördert durch das namensgebende Cynarin die Fettverdauung und sorgt so nach dem Essen für ein gutes Gefühl im Bauch.

So vielfältig wie ihre Verwendung als Heilpflanze sind auch die Zubereitungsarten der Artischocke. Klassisch wird sie vom Stiel und den äußeren Blättern befreit, ist einem Weißweinsud gedämpft und im Ganzen serviert. Dann pflückt man ein Blatt nach dem anderen von der Blüte, taucht es in Vinaigrette oder Zitronenbutter und „zutzelt“ das essbare Fruchtfleisch aus dem unteren Blattteil. In der Mitte der Blüte angekommen, entfernt man das nicht essbare Heu vom Boden, um ihn mit Messer und Gabel als krönenden Abschluss zu genießen. In den Küchen südlicher Länder finden wir als nur wenige Beispiele traditioneller Garnituren die Carciofi alla Romana (mit Kräutern und Knoblauch gefüllt), à la Grècque (nur die Böden mit Koriander gedünstet), Carciofi ripiene (gedämpft mit einer Füllung aus geriebenem Brot und Käse, Ei und Petersilie) und Carciofi alla Guida (überkopf am Stiel frittiert). Wie bei jedem Lebensmittel gilt uns Chef Alliance Köchen auch hier: alles verwenden, nichts verschwenden! In den folgenden Rezepten von Hubert Hohler sehen wir, dass auch der Stiel essbar ist, wenn man ihn richtig behandelt und dass der Fond, in dem die Artischocke gekocht hat, immer noch ein zweites Leben verdient hat. Ob als Grundlage für Suppen und Saucen oder einreduziert als Aromageber von Dressings oder einer Hollandaise.

Wichtig bei ihrer Verarbeitung ist eine gute Planung und Konzentration. Ist die Blütenknospe einmal angeschnitten, verändert sie ihre Farbe sehr schnell von hellbeige zu dunkelgrau. Um die Oxidation zu verhindern, sollte ein Zitronenwasser bereitstehen, bevor man mit dem Kochen beginnt. Zu viel Säure verfälscht allerdings den natürlichen Geschmack der Artischocke, sodass es ratsam ist, sie nicht allzu lange im Zitronenbad verweilen zu lassen - besser zu zweit und zügig arbeiten!

IMG_4137.jpegFrisch oder Dose? Diese Frage ist wie bei fast jedem Lebensmittel einfach zu beantworten: Frisch! durch die Konservierung mit Ascorbinsäure gehen dem Gemüse sowohl Geschmack als auch wertvolle Nährstoffe verloren. Artischocken aus Dose oder Glas sind deshalb kein schlechtes Lebensmittel, aber wenn es etwas Besonderes sein soll, lohnt sich der Aufwand, frische zu verwenden.

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