Dresdner Plattrunde Zwiebel

Alte Landsorte mit mittelstarker Schärfe

Arche-Passagier seit 2023

Unterstützt von Slow Food Dresden

Beschreibung des Passagiers

ProSpecieRara, Ulrike Meißner_Dresdner Plattrunde Zwiebel_5a.jpgDie „Dresdner Plattrunde“ hat ihren Namen von ihrer etwas flachen und zugleich arttypischen runden Form. Sie ist eine feste Küchenzwiebel mit einem starken Zwiebelgeschmack und einer mittelstarken Schärfe. Die früh abreifende Zwiebel lässt sich roh genießen, in verschiedenen Gerichten kochen und braten oder ganz einfach als Schmelzzwiebel nur in Butter langsam braten.
Sie hat eine bräunlich-gelbe Schale und ist auch als Saatzwiebel geeignet. Bestimmungsmerkmale nach Wilhelm Kraus „Handbuch Frucht- und Zwiebelgemüse“ sind: Form im Längsschnitt: plattrund; Form Oberseite der Zwiebel: flach bis platt; Schlottansatz: kaum erhöht; Unterseite der Zwiebel: vollkommen flach bis etwas eingezogen und Querschnitt: etwas unregelmäßig bis annähernd rund, Zwiebeln mitunter in sich geteilt. Durchschnittswerte in Höhe: 40 bis 45mm; in Breite: 75 bis 95mm und Gewicht 130 bis 200g. Der Schlott ist sehr klein und kurz, weniger fest und hat keine Einsenkung am Fuß des Schlottansatzes. Der Zwiebelboden ist klein bis höchsten schwach mittelgroß; teils ganz flach, teils eingezogen in der Zwiebel liegend.

Die Zwiebel wurde seit 1850 als Speise-, aber auch als Lauchzwiebel angebaut. In den letzten Jahren wurde sie lediglich von Gärtner*innen zum Eigenbedarf verwendet. Jetzt gelangt sie wieder in Gärtnereien und steht vielen als Zwiebel und Saat zur Verfügung. Sie hat eine sehr gute Lagerfähigkeit und einen intensiven Zwiebelgeschmack Geschmack, ist aber immer noch eine Rarität.

Gefährdung des Passagiers

Anbau Jungzwiebel (c) Heike Quendt.JPGVor mehr als 150 Jahren wurde diese Zwiebel in den Gemüseanbaugebieten rund um Dresden, besonders in der Lößnitz, gezüchtet. Die Dresdner Plattrunde wird von Wilhelm Kraus „Handbuch Frucht- und Zwiebelgemüse“ als Gruppensorte geführt. Sie ist seit 1850 im Handel, wurde also schon vorher „gezüchtet“, zu Zeiten, als es noch nicht die eine Züchterin oder den einen Züchter gab, sondern Saatgut auf Höfen erhalten und getauscht wurde. Als Entstehungsort wird die „Lößnitz“ bei Dresden angegeben. In dieser Gegend gab es sehr viele Gemüsebaubetriebe.

In der DDR-Sortenliste von 1951 und in dem Buch von 1953 „Wichtigste Gemüsesorten und ihre Anbaueignung“ ist die Zwiebel Dresdner Plattrunde aufgeführt. In der Übersicht der Datenbank der Pflanzengenetischen Ressourcen findet man eine Beschreibung (siehe Quellenangabe).

Zu DDR-Zeiten wurde die „Dresdner Plattrunde“ auch außerhalb des Dresdner Umlandes großflächig angebaut, verschwand jedoch mit der Wende aus dem regionalen Anbau und dem Verkauf. Zur Selbstversorgung bauten sie einige Gärtner*innen noch an, Saatgut oder Zwiebeln konnten aber nicht mehr erworben werden. Ulrike Meißner von Prospecierara: „Ich vermute, dass die Schließung von Saatgut- und Anbaubetrieben nach der Wiedervereinigung mit zum Niedergang der Sorte beigetragen hat“.

Gesichert wurde diese Sorte in der staatlichen Genbank, von dort stammt wohl das Ursprungssaatgut der heutigen Zwiebel. Gut zehn Jahre lang wurde sie in Brandenburg im „Saatgutgarten Keimzelle“ vermehrt und selektiert.

Seit 2013 wird die „Dresdener Plattrunde“ nun im Garten der Johannishöhe in Tharandt züchterisch gepflegt. Das Interesse weiterer Gärtner*innen in der Region sorgte dafür, dass die Vermehrung seit fünf Jahren gemeinschaftlich organisiert wird. In der Gärtnerei der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) „dein Hof“ in Radebeul wird die „Dresdner Plattrunde“ nach der Voranzucht in großer Stückzahl gepflanzt. Der überwiegende Teil der Ernte wird von den Mitgliedern der Solawi verwendet. Die schönsten Zwiebeln werden herausgesucht und bilden im folgenden Jahr dann auf der Johannishöhe den Vermehrungsbestand.
Die Wurzel der Dresdner Plattrunde hat gegenüber den herkömmlichen Zwiebeln einen tieferliegenden Wurzelansatz (siehe Bilder). Dies kann zu einem erhöhten Pflege- und Verarbeitungsaufwand führen. Das Wurzelende lässt sich schlecht bzw. aufwendiger entfernen, als wenn die Wurzel gut nach außen gewölbt ist. Dieser Grund beeinträchtige zusätzlich die Verbreitung und Erhaltung dieser Sorte. Die Sorte ist vermutlich eine, die im maschinendominierten Anbau unterlegen ist.

Vermarktung des Passagiers

Im Jahr 2021 wurde eine gute Zwiebelernte in der Saatgutgärtnerei von Albrecht Vetters in Wilschdorf erzielt. Ermöglicht wurde dies im Rahmen des Projektes „Mehr Vielfalt und Regionalität beim Bio-Gemüse durch Rekultivierung traditioneller Gemüsesorten“ (www.prospecierara.de). Hier wurde der Vermehrungsbestand der Zwiebel „Dresdener Plattrunde“ angebaut und geerntet. Für den Samenbau werden die dem Sortenbild am besten entsprechenden Zwiebeln ausgewählt und für den Anbau im nächsten Jahr genutzt. Alle anderen Zwiebeln werden bspw. über die Läden der Verbrauchergemeinschaft Dresden, die Biomärkte des Vorwerks Podemus, „dein hof“ Solidarische Gemüsekoop verkauft. Die Johannishöhe in Tharandt hat 2022 Saatgut an den Auenhof geschickt, dort wurden 3.000 Töpfchen in Paletten vorgezogen. Diese Paletten hat Hof Mahlitzsch dann bekommen und gepflanzt. Knapp eine Tonne wurde geerntet und an die Verbrauchergemeinschaften in Dresden, an Vorwerk Podemus und andere Bioläden geliefert.

Regionale Bedeutung des Passagiers

Im 19. Jahrhundert entwickelten sich in Mitteleuropa eine Reihe Hauptanbaugebiete von Zwiebeln, deren Namen noch heute in alten Landsortenbezeichnungen auftauchen, wie etwa „Braunschweiger Dunkelblutrote“, „Stuttgarter Riesen“ und die „Dresdner Plattrunde“. Vor mehr als 150 Jahren wurde die „Dresdner Plattrunde“ in Anbaugebieten rund um Dresden gezüchtet. In den letzten Jahrzehnten wurde sie vernachlässigt, aber nun wieder von regionalen sächsischen Gärtnereien in Anbau genommen, selektiert und vermehrt.
Erfahrungen aus jetzigen Projekten zeigen, dass die Zwiebel sowohl auf sandigem Boden, als auch auf schweren Böden gut gedeiht. Wobei die Lößnitz als Herkunftsregion an sich sowohl sandige als auch schwere Böden hat.

Geschmack des Passagiers

Die „Dresdner Plattrunde“ ist eine roh oder gekocht sehr bekömmliche, aromatische Zwiebel mit angenehmer Schärfe und leichter Süße. Durch die gute Lagerfähigkeit ist sie bis April des folgenden Jahres genießbar. Eine Vergleichsverkostung mit einer herkömmlichen Küchenzwiebel zeigt, dass die Plattrunde roh weniger bitter und weicher schmeckt. Gegart schmeckt sie süßer.

Besonderheiten bei der Erzeugung und Weiterverarbeitung des Passagiers

Für den Erwerbsanbau wird das Saatgut heute oft vorgezogen und dann ausgepflanzt. Die Sorte ist ertragssicher und zeigt auch bei niederen Frühjahrstemperaturen nur sehr wenig Schosser.

Züchter, Erzeuger und Bezugsquellen

Bezugsquellen Samen:
Johannishöhe Natürlich leben und lernen e.V.
Dresdner Straße 13a
01737 Tharandt
Tel. (03 52 03) 3 71 81
info@johannishoehe.de
https://lebendige-vielfalt.org

Samenbau Nordost Kooperative
Bahnhofstraße 2
15306 Vierlinden OT Alt-Rosenthal
Tel. (03 34 77) 5 45 80
info@samenbau-nordost.de
https://samenbau-nordost.de

Bezugsquellen Zwiebel:
„dein hof“ Solidarische Gemüsekoop in Dresden
Niederwarthaer Straße 50
01445 Radebeul
Tel. (01 76) 72 71 47 71
kontakt@dein-hof.de
https://www.dein-hof.de

Vorwerk Podemus, Ökologischer Landbau
Bernhard Probst
Podemuser Ring 1
01156 Dresden-OT Podemus
Tel. (03 51) 43 88 86 - 0
info@vorwerkpodemus.de
http://www.vorwerkpodemus.de

VG Verbrauchergemeinschaft für umweltgerecht erzeugte Produkte eG
Schützengasse 16-18
01067 Dresden
Tel. (03 51) 49 73 98 40
info@vg-dresden.de
https://www.vg-dresden.de

Hof Mahlitzsch GbR
Mahlitzsch 1
01683 Nossen
Tel. (03 52 42) 6 56 20
kontakt@hof-mahlitzsch.de
https://www.hof-mahlitzsch.de

Weitere Informationen

Die Texte zum Archepassagier basieren auf den Recherchen von Ulrike Meißner von ProSpecieRara Deutschland gGmbH. Auf deren Webseite von finden sich auch Informationen zu anderen sächsischen Gemüsesorten.

Prospecierara gGmbH
sachsen@prospecierara.de
https://www.prospecierara.de

Links und Aktivitäten rund um den Passagier

>> Slow Food Magazin: Dresdner Plattrunde Zwiebel 

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