Milch-Workshop: das gute Milchprodukt

Workshop 4: „Das gute Milchprodukt“ - Käse und handwerkliche Milchverarbeitung, 18. Juni 2018, Haus Bollheim, Zülpich-Oberelvenich

Im vierten Workshop ging es um die handwerkliche Milchverarbeitung in Hofkäsereien. Zu Beginn legte Olaf Seyd vom Haus Bollheim dar, was aus seiner Sicht eine erfolgreiche Hofkäserei ausmacht. Anschließend diskutierten wir mit den teilnehmenden Käsern und Käserinnen sowie Ladenbetreibern und Verbrauchern die möglichen Einflussfaktoren für eine gelungene Wertschöpfung durch Hofkäseherstellung. Wir diskutierten dies entlang derjenigen Punkte, die wir in den vergangenen Workshops bereits als Erfolgsfaktoren für „gute Milchprodukte“ haben identifizieren können.

Einflussfaktoren:

Standort
Für den Erfolg einer Hofkäserei, die Direktvermarktung betreibt, ist ein günstiger Standort entscheidend. Im direkten Kundenkontakt können die Regionalität und der Nachhaltigkeitsaspekt bei der Produktion gut herausgestellt werden.

Qualität
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Käsevermarktung ist, dass der Käse geschmacklich überzeugt.

  • Handwerkliches Können

Wichtig sind langfristige Mitarbeiter, die eine gleichbleibende Qualität sicherstellen.

  • Transportwege

Die Vorteile einer Hofkäserei gegenüber Käse aus der Molkerei sind die kurzen Transportwege der Milch und die frische Verarbeitung der Milch. Dadurch wird bei nicht homogenisierter Milch die Zerstörung der Fettstruktur verringert, vor allem wenn ganz auf Pumpen verzichtet werden kann. Um eine höhere Qualität beim Käse zu erzielen, wird auf hohe Kraftfutterzugaben verzichtet und die Kühe beziehen ihr Futter von der Weide. Hier ist allerdings ein Abwägen zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität erforderlich.

  • Fütterung

Die Verfütterung von Silage kann für die Käseherstellung problematisch werden, da sie Clostridien enthält, die bei einer Hartkäsebereitung zu Spätgärung im Käse führen können. Entscheidend sind hier die Hygiene beim Füttern und Melken sowie die Vermeidung von Erde im Grasschnitt. Deshalb wird von vielen Hofkäsereien Weidehaltung und eine Fütterung mit Heu bevorzugt.

  • Lab

Die anwesenden Bio-Käser nutzen tierisches Lab zur Käseherstellung, da sie die Qualität des daraus entstandenen Käses bevorzugen. Allerdings vertreibt der Großhandel kein Kälberlab in Bio-Qualität, es stammt aus industriellen Mastbetrieben, meist aus Neuseeland. Es wurde über Versuche berichtet, selber im kleinen Maßstab Lab zu gewinnen, die aber sehr aufwändig sind.

Regionalmarke
Das Landmarkt-Label in Hessen wurde als beispielhaft hervorgehoben, wie erfolgreiche Direktvermarktung über den Lebensmitteleinzelhandel und unter Regie des Verbandes Hessischer Direktvermarkter funktionieren kann. In NRW ist es leider nicht so erfolgreich. Dort gibt es nur einzelne Läden, die das Regionalitätskonzept erfolgreich umsetzen. Für Hofkäsereien ist dieses Verkaufsargument in ihrer Vermarktung sehr wichtig. Bestrebungen, es auch über den Großhandel zu etablieren, lehnen viele der anwesenden Käser ab, da sie so keinen Einfluss mehr auf die Preisgestaltung und die Präsentation ihrer Produkte nehmen können.

Die Wünsche der Kunden

  • Sortimentsaufbau – Vielfalt

Einige Käsereien stellen ein vielfältiges Sortiment her, auf Wunsch ihrer Kunden. Andere beschränken sich auf wenige Sorten und tauschen ihren Käse dafür mit anderen Käsereien aus, so dass sie in ihren Hofläden auch ein großes Sortiment anbieten können. Vor allem in kleinen Käsereien mit nur sehr wenig Mitarbeitern wäre ein großes Sortiment nicht realisierbar.

  • Naturrinde oder Kunststoffüberzug

Die Vor- und Nachteile von Kunststoffüberzug gegenüber Naturrinde beim Käse waren ein weiteres Thema. Der Kunststoffüberzug verringert den Pflegeaufwand und verzögert die Schimmelbildung. Auch im Handel an der Käsetheke ist die Handhabung von Käse mit Kunststoffüberzug einfacher. Allerdings bevorzugen viele Kunden Käse mit Naturrinde. Wegen der Problematik des Schimmelns wird der Überzug von den meisten Kunden jedoch akzeptiert.

Ausbildung und Schulung
Ausbildung und Schulung ist unter zwei Aspekten von Bedeutung – einerseits in Bezug auf Käsefachverkäufer, andererseits für handwerkliche Käseproduzenten. Zum einen geht die Tendenz im Handel zu mehr abgepacktem Käse im SB-Regal, zum anderen aber auch zu Käse-Bedientheken. Dort benötigt das Personal eine Schulung. Einige Anbieter gibt es dafür bereits, die vor Ort in der Käserei einen Teil der Schulung durchführen. Bezüglich der Käser-Ausbildung gibt es in Deutschland einerseits den Beruf des Milchtechnologen, bei dem handwerkliche Käseherstellung keine große Rolle spielt. Zum anderen hat der Verband handwerklicher Milchherstellung (VHM) eine Ausbildung aufgelegt, die von den Anwesenden sehr geschätzt wird. Sie plädieren dafür, dass von staatlicher Seite ein Zuschuss für die Kosten gewährt wird.

Mindesthaltbarkeitsdatum - Produktionsdatum
Wie auch schon in den anderen Workshops plädierten die Käser dafür, statt des Mindesthaltbarkeitsdatums lieber das Produktionsdatum auf die Verpackungen zu schreiben, da dadurch die Frische des Produktes deutlich gemacht werden kann. So kann der Qualitätsunterschied zwischen Produkten von Hofkäsereien und Direktvermarktern gegenüber denen aus industrieller Produktion hervorgehoben werden.

Fazit
Für den Erfolg einer Hofkäserei ist neben handwerklichem Können auch eine gewisse Portion Idealismus nötig, da der Arbeitsaufwand deutlich höher ist. Außerdem verlangt eine Hofkäserei den Aufbau einer funktionierenden Wertschöpfungskette: von der guten Milch bis zum wertschätzenden Kunden. Um die Angebotsvielfalt sicherzustellen, bedarf es funktionierender Netzwerke der Hofkäsereien. Das Wissen um Käse kann beim Kunden durch den direkten Kundenkontakt aufgebaut werden, was auch Themen wie Schimmelbildung, Konsistenz und die Art der verarbeiteten Milch (Rohmilchkäse) umfasst, Der Vorteil ist, dass man nicht von der Preisgestaltung der großen Molkereien abhängig ist, sondern den Käse für einen selbst festgelegten Preis verkaufen kann, unabhängig vom gegenwärtigen Milchpreis.

Weitere Workshop-Berichte:

Workshop 1 | „Direkt und fair“: Neue und alte Wege der Vermarktung.
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Workshop 2 | „Gute Milch von gesunden Tieren“: nachhaltiges Wirtschaften in regionalen Kreisläufen
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Workshop 3 | „Die gute Milch“: Rohmilch, Vorzugsmilch und ihr neuer Vertriebsweg der Milchautomaten
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