Berlin: Schnippeldisko auf dem Evangelischen Kirchentag (DEKT)

Evangelischer Kirchentag 2017: Berlin rettet Lebensmittel!

Auf dem Evangelischen Kirchentag 2017 veranstalteten Slow Food Deutschland zusammen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen der Initiative Zu gut für die Tonne! drei Tage lang die Schnippeldisko gegen Lebensmittelverschwendung mit Bühnentalks zum Lebensmittelsystem, Musik, Protestsuppe, Diskussionen und Informationen. Die Vorstandsvorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson, erzählt hier im Interview, was es mit dieser Initiative auf sich hat und wofür Slow Food einsteht.

Schnippeln, Kochen und Debattieren für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem

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Auf dem diesjährigen Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin ging es heiß her: Bei Temperaturen von bis zu 30 Grad wurde nicht nur optisch krummes Gemüse geschnippelt und zu bunten Eintöpfen weiterverarbeitet. Informationsstände luden die Besucher ein, sich auf unterhaltsame Weise den Themen Lebensmittel und Ernährung zu nähern.

Das Zentrum Jugend am Anhalter Bahnhof bot krummem Gemüse eine große Bühne: Drei Tage hintereinander wurde geschrubbt, geschält und geschnippelt. Das Gemüse hatten Jugendliche auf einer Erntetour zuvor gesammelt und vor der „Tonne“ gerettet. Denn die Karotten waren zu krumm und schief, die Kartoffeln zu knubbelig. Dass der Geschmack eines Lebensmittels nichts mit der Form zu tun hat, erfuhren die teilnehmenden Jugendlichen mit allen Sinnen. Denn vom Geschmack ihrer selbstgemachten Suppen waren sie begeistert.

Die Jugendlichen waren mit bester Laune und Engagement dabei. Und je mehr sie über das Thema Lebensmittelverschwendung lernten, desto erschrockener waren sie über das globale Ausmaß. Gleichzeitig aber boten Bühnentalks und Tischgespräche mit Politikern und Fachleuten die Möglichkeit, sich über Lösungswege auszutauschen und diese zu debattieren. Dabei wurde deutlich: Es gibt sie, die innovativen Ansätze, um vermeidbare Lebensmittelabfälle zu reduzieren und Verbraucher aufzuklären. Dafür setzt sich die Initiative Zu gut für die Tonne! des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein, in Kooperation mit Slow Food Deutschland e. V. und der Evangelischen Jugend in ländlichen Räumen (ejl)/Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej).

Die Akteure inspirierten Jung und Alt mit ihren Projekten und Tipps, wie sie mit bereits wenig Aufwand und kleinen Schritten während des Einkaufs, der Lagerung von Lebensmitteln sowie bei der Zubereitung am Herd umweltschonender handeln können.

Zu Gast auf der Bühne waren in diesen Tagen Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär und Dr. Klaus Hei-der, Abteilungsleiter im BMEL sowie Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende Slow Food Deutschland e. V. und Dr. Karsten Schulz, Referent für Evangelische Jugend in ländlichen Räumen (ejl)

Bild oben: Fleißige Helfer mit zufriedenen Gesichtern beim Schnippeln des Gemüses.

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Sommerliche Beats

Unterstützt wurden die Hobbyköche nicht nur von dem Aktionskoch Wam Kat und seiner Flä-ming Kitchen sondern auch von flotten sommerlichen Beats, welche die DJane Florinn auflegte. Zum kulturellen Unterhaltungsprogramm gehörte außerdem Livemusik wechselnder Bands und Improtheater. Kreative Mitmach-Angebote am Slow Food Youth Informationsstand stellten den Besuchern anschaulich die lange Reise einer Tomate dar – von ihrem Anbau in Almería bis zum Verkauf in unseren Supermärkten. Dass die Tomate damit keinen einfachen Lebensweg hat, stand außer Frage.

Am Ende des Tages schienen alle Teilnehmenden davon überzeugt: Es liegt in unser aller Verantwortung, weniger Lebensmittel wegzuschmeissen und mehr Nachhaltigkeit in der Lebens-mittelherstellung, ihrer Weiterverarbeitung und beim eigenen Konsum voranzutreiben.
Bild oben: Livemusik bei 30 Grad, die Musiker halten die jungen Erwachsenen bei Laune.

Video zur Erntetour auf dem Ökohof "Die Kuhhorster"

Die Erntetour am 24. Mai 2017 führte mit Jugendlichen der Evangelischen Jugend im Ländlichen Raum zum Ökohof "Die Kuhhorster": www.diekuhhorster.de
Hier wurde gemeinsam das Gemüse abgeholt, welches während des Evangelischen Kirchentags geschnippelt und verkocht wurde. 

Weitere Informationen zu den einzelnen Initiativen:

Slow Food Schnippeldisko

Die Schnippeldisko ist eine öffentliche, kulinarische Protestaktion gegen Lebensmittelverschwendung. Sie wurde von Slow Food Youth und Partnern 2012 erstmals in Berlin veranstaltet und hat seitdem große und kleine Veranstaltungen in aller Welt inspiriert, von Südkorea bis São Paolo, von Irland bis Nairobi, New York bis Indien. Genuss und Verantwortung gehören zusammen, und regionales, saisonales Essen ist cool – das wollen die VeranstalterInnen mit der gemeinsamen Aktion beweisen.Das Slow Food Youth Network, die Jugendbewegung von Slow Food, ist ein weltweites Netzwerk von jungen Leuten, die sich für gute, saubere und faire Lebensmittel für alle einsetzen.

Zu gut für die Tonne!

Wie sich Lebensmittelabfälle reduzieren lassen, zeigt die Initiative Zu gut für die Tonne! des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Akteure aus Industrie, Handel, Gastronomie und Landwirtschaft sowie Verbraucherverbände, Kirchen und NGOs unterstützen die Initiative. Unter www.zugutfuerdietonne.de finden sich Tipps zu Lebensmittellagerung und -haltbarkeit, Fakten zur Lebensmittelverschwendung sowie Rezepte für beste Reste.

Evangelische Jugend in ländlichen Räumen (ejl) / Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej)

Die Evangelische Jugend in ländlichen Räumen (ejl) ist ein Facharbeitsbereich der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej). Der Arbeitsbereich ejl geht besonders den aktuellen Themen und Herausforderungen rund um ländliche Räume und Ernährung aus Jugendsicht nach. Als Dachorganisation vertritt die aej die Interessen der Evangelischen Jugend auf Bundesebene gegenüber Bundesministerien, gesamtkirchlichen Zusammenschlüssen, Fachorganisationen und internationalen Partnern. Ihre derzeit 33 Mitglieder sind bundeszentrale evangelische Jugendverbände und Jugendwerke, Jugendwerke evangelischer Freikirchen und die Kinder- und Jugendarbeit der Mitgliedskirchen der Evan-gelischen Kirche in Deutschland (EKD). Acht evangelische oder ökumenische Verbände, Einrichtungen und Fachorganisationen sind als außerordentliche Mitglieder angeschlossen. Die aej vertritt die Interessen von ca. 1,35 Millionen jungen Menschen.

Impressionen zur Schnippeldisko beim Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin

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Genuss und Verantwortung gehört zusammen. Panoramablick auf die Aktionen im Zentrum Jugend.

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Gerettet: Krumme Karotten.

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Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland während des Bühnentalks zum Thema Lebensmittelverschwendung.

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Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am Informations-stand von Restlos Glücklich e.V. Der Verein hat zum Ziel, Menschen dazu zu bewegen, Lebensmittel mehr wertzuschätzen und bewusster zu konsumieren. In Berlin-Neukölln zaubert das Team Gerichte aus überschüssigen Lebensmitteln.

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Besucher erkunden am Informationsstand von Slow Food Deutschland die Lebensstationen einer Tomate.

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Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) begrüßt die Besucher am 26. Mai mit einem Grußwort und stellt die BMEL-Initiative Zu gut für die Tonne! vor.

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Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt die fleißigen Helfer beim Verteilen der selbst gekochten Suppe.

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DJane Florinn stärkt sich während einer kurzen Pause mit Suppe.

Bilder Nachbericht: © Ingo Hilger (8), Slow Food Archiv (2)

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Lebensmittelverschwendung – ein Slow Thema

Gurke zu krumm? Kartoffel zu schrumpelig? Auf den Müll damit? Über 40% unserer Lebensmittel werden weggeworfen, ungewollt, ungebraucht – und unnötigerweise! – während viele Menschen Hunger und Not leiden, nicht nur in fernen Ländern sondern auch vor unserer Haustür.

Lebensmittelverschwendung hat im Globalen Norden erschreckende Ausmaße angenommen. Vom Acker bis zum Endverbraucher gehen Tonnen von gesunden, nahrhaften Lebensmitteln verloren. Der Kunde wünscht die Auswahl an frischen Waren bis Geschäftsschluss und möchte zu jeder Jahreszeit alles kaufen können. Die Folge ist, dass allein in Deutschland etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Jahr von der Lebensmittelindustrie, dem Handel, den Großverbrauchern und den privaten Haushalten weggeworfen werden. Das Ausmaß der Verschwendung an sich ist schon erschreckend – dramatisch wird diese Situation, wenn man betrachtet, dass in anderen Regionen der Erde Menschen nicht satt werden und unsere Verschwendung weltweit den Druck auf die Preise erhöht.

Im Zentrum stehen Wertigkeit und Wertschätzung von Lebensmitteln. Die Bedeutung von Essen und Kochen für die eigene Lebensqualität wird ebenso angesprochen wie die Auswirkungen der persönlichen Kauf- und Essgewohnheiten auf Landschaft- und Naturschutz, Klimawandel, den Umgang mit unseren Ressourcen, Erhalt oder Verlust einer bäuerlichen, nachhaltigen Landwirtschaft und auf die Ernährungssouveränität in der Welt.

Bild oben: Slow-Food-Aktionstag im Rahmen der Initiative "Zu gut für die Tonne". | ©  Ingo Hilger

Mehr Informationen:

Slow Thema "Lebensmittelverschwendung": Informationen, Positionen, Aktionen

Weitere Aktionen von Slow Food Deutschland auf dem Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin

Ein Slow-Food-Aktionstag im Rahmen der Initiative "Zu gut für die Tonne":

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