Dreschflegel-Klage

Hohe Gebühren: Saatgut-Initiative klagt gegen Bundesrepublik

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2.5.2013 - Die Witzenhausener Saatgut-Initiative Dreschflegel e.V. hat vor dem Verwaltungsgericht Hannover Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Der Verein, der sich dem Erhalt alter und regionaler Nutzpflanzen verschrieben hat, sieht in der Gebührengestaltung des Bundessortenamts ein intransparentes Steuerungselement zu Lasten traditioneller und kleiner Saatgutverbreiter.

Aus der Pressemitteilung von Dreschflegel e.V. vom 2. Mai 2013: 

"Eine simple Gebührenerhöhung zeigt, wie es um das Saatgutrecht bestellt ist Die Aufregung ist groß derzeit: Auf EU-Ebene wird für den 6. Mai mit der Veröffentlichung eines neuen Entwurfes der künftigen EU-Verordnung für den Saatgutverkehr gerechnet. Diese Verordnung wird, sobald sie in Kraft tritt, die bisherigen Richtlinien zum Saatgutverkehr ablösen.

In diese Situation fällt eine Gerichtsverhandlung, die mit einer - so mag es klingen - „Lappalie“ zu tun hat: Es geht um eine Gebühr von 300,- €. Der Dreschflegel e.V. hat vor 11 Jahren mit der Möhre Duwicker erstmalig eine Sorte, deren Sortenzulassung erloschen war, wieder in die reguläre Zulassung bekommen, die Zulassungsgebühren und jedes Jahr 100 € sogenannte Überwachungsgebühr bezahlt. Bis vor drei Jahren mit der achten Änderung der Verordnung über das Verfahren vor dem Bundessortenamt (BSAVfV) diese Überwachungsgebühr für Gemüsesorten plötzlich auf 300 € angehoben wurde. Nachdem unser Widerspruch ohneinhaltliche Begründung abgelehnt worden war, klagen wir seit Februar 2010 gegen die
Änderungsverordnung.

Unsere Motivation für Widerspruch und Klage ist politischer Natur: Wir kritisieren, dass die jährliche Überwachungsgebühr für Gemüsesorten nun progressiv steigt - ein Steuerungselement, welches das Sortenkarussell beschleunigen soll. Zum anderen kommen Gemüsesorten mit Sortenschutz bei der Gebührenerhöhung günstiger weg als solche ohne diesen.

Das BSA versuchte, die Angelegenheit auf dem Niveau einer Gebühren-Bagatelle zu halten, und ermöglichte nur auf gerichtlichen Druck Einsichtnahme in die Akten zur Verordnungsgebung. Was unsere Rechtsanwältin Katrin Brockmann dann herausfand: Die Gebührenerhöhung war vom Bundesrechnungshof wegen mangelnder Kostendeckung angemahnt worden, BSA und Landwirtschaftsministerium plädierten sogar für niedrigere Gebühren – in eigenem Interesse, um nämlich mit der Konkurrenz durch das europäische Sortenamt (CPVO) wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die neue Einteilung der Kulturpflanzen in Artgruppen und die Bemessung der Gebühren war jedoch weitgehend willkürlich und nicht nachvollziehbar. Die vorgeschriebene Beteiligung der betroffenen Wirtschaftsverbände wurde erst durchgeführt, als nichts mehr verhandelbar war, und damit zur Farce. Statt auf schriftliche Äußerungen verschiedener Verbände einzugehen, wurde mit dem BDP hinter verschlossenen Türen gekungelt... Vor allem aber wurden laufend Sortenzulassungs- und Sortenschutzbelange vermengt und unzulässige Quersubventionierungen vorgenommen. Dass es sich hier um zwei Gesetze aus getrennten Rechtssphären handelt (öffentliches und Privatrecht), ist der Bundesregierung und ihrer Behörde offenbar nicht sonderlich bewusst. In den Erwiderungen auf unsere Klagebegründung wurde sogar ein Gerichtsurteil zu Patentgebühren als auf die Überwachungsgebühren nach dem Saatgutverkehrsgesetz übertragbar bezeichnet! Was ist von einer Verordnung zu halten, die mit einem solchen Rechtsverständnis erlassen wird?

Aber ist das nicht alles Schnee von gestern? Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig Durchführungsverordnungen zum Saatgutverkehrsrecht und Gebühren auf nationaler Ebene erlassen werden. Unsere Klage gegen die BRD kann folgendes zeigen: die Ausgestaltung von Saatgutrecht darf nicht mit Willkür und auf der Basis eingefahrener Lobby-Strukturen vorgenommen werden, sondern muss transparent, nachvollziehbar und im gesamtgesellschaftlichen Interesse erfolgen. In diesem Sinne erwarten wir sehr gespannt den Entwurf der neuen Verordnung am 6.5. und den Ausgang unserer Verhandlung!

Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Hannover am 16.5.2013, 1100 Uhr, Eintrachtweg 19, Hannover."

Im Bild: Samenfeste Salatgutsorte Attraktion | K. Heuberger

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