Plettenberger Herrenbirne
Herbes Früchtchen aus dem Sauerland
Arche-Passagier seit 2025
Unterstützt von Slow Food Sauerland
Beschreibung des Passagiers
Die Plettenberger Herrenbirne ist eine alte lokale Sorte aus dem Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen. Ihre kleinen, birnen- bis kreiselförmigen Früchte reifen im September und haben einen herben Geschmack. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Sorte in ihrer Heimatregion weit verbreitet – fast jeder Hof rund um Plettenberg hatte einen solchen Baum. Die Birne wurde vor allem für die Herstellung von Birnenkraut (einem eingedickten Sirup) sowie als Schmor- und Dörrbirne verwendet. Der Obstkundler Peter-Dietrich Frommann trug Mitte des 20. Jahrhunderts dazu bei, die Sorte in der Region zu verbreiten; einige der heute noch stehenden alten Bäume gehen wahrscheinlich auf seine Pflanzungen zurück. Erstmals erwähnt wurde diese Sorte im Jahr 1886 von dem Lüdenscheider Lehrer J.D. Lüttringhaus. Damals wurde sie unter dem Namen „Herrenbirne“ geführt. In einem heimatkundlichen Bericht von 1949 beschreibt Frommann die Herkunft des Namens: Ursprünglich soll die Sorte „Herbebirne“ (von „herb“ für den herben Geschmack) geheißen haben. Aus Herbebirne wurde im lokalen Sprachgebrauch dann Herrenbirne.
Die Grundfarbe der Birnen ist hellgrün bis gelblich. Etwa die Hälfte der Frucht kann von einer bräunlich-roten Deckfarbe bedeckt sein. Ein besonderes Merkmal ist die feine, zimtfarbene Berostung: ein rauer Überzug auf der Schale, der der Birne ein rustikales Aussehen verleiht. Die Früchte haben einen langen, leicht gebogenen Stiel und sind an der Stielseite oft leicht flach gedrückt.
Der Baum der Plettenberger Herrenbirne wächst mittelstark und bildet mit dem Alter eine breite, pyramidale Krone. Die Zweige können im Alter etwas überhängen. Der Baum gilt als robust und kaum anfällig für Krankheiten und trägt reichlich – oft über viele Jahrzehnte hinweg.
Wiederentdeckt wurde diese Birnensorte im Rahmen des LEADER-Projekts „Südwestfalens blühende Vielfalt erhalten“, das alte regionale Obstsorten sucht und erhält.
Gefährdung des Passagiers
Heute ist die Verbreitung der Plettenberger Herrenbirne stark zurückgegangen. Während es früher zahlreiche Bäume dieser Sorte gab, existieren jetzt nur noch geschätzt 12 bis 15 Altbäume in der Region. Das bedeutet, dass die Sorte kurz davor ist, vollständig zu verschwinden.
Ein Hauptgrund für die Gefährdung ist, dass die Früchte heutzutage kaum noch genutzt oder verarbeitet werden. Kleinfruchtige Birnen wie die Herrenbirne werden von vielen Obstbaumbesitzern nicht mehr in größeren Mengen geerntet oder verwertet. Ohne Verwendungskonzept bleiben die Birnen oft am Baum hängen oder fallen ungenutzt zu Boden. Diese mangelnde Nachfrage und Verarbeitung haben dazu geführt, dass die traditionsreiche Sorte fast in Vergessenheit geraten ist. Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts begann der Rückgang: Auf einem Hof in Plettenberg-Ohle standen um 1950 noch sieben Bäume der Herrenbirne. Seitdem sind viele dieser Bäume verschwunden, ohne dass neue nachgepflanzt wurden.
Vermarktung des Passagiers
Der Wert der alten Sorte wurde von engagierten Menschen aus der Region erkannt. Angedacht ist die Herstellung von Birnenbrand, Likör, Birnensenf und Dörrbirnen. Ein ansprechendes Etikett soll entworfen werden. Eine Beteiligung am Projekt „essbare Lenneschiene“ ist vorgesehen, ebenso wie die Vermarktung in Plettenberg, z.B. durch das Lecker-Lädchen (Plettenberg-Eiringhausen) und das Büro der Plettenberger KulTour GmbH. Aktuell ist die Sorte als Baum beim Naturschutzzentrum Märkischer Kreis in Lüdenscheid erhältlich. Zukünftig soll sie auch in einer Baumschule zu beziehen sein.
Regionale Bedeutung des Passagiers
Die Sorte war früher in Altena, Werdohl, Plettenberg und Sundern verbreitet und hatte im 19. Jahrhundert für die Höfe der Region eine große wirtschaftliche Bedeutung. Traditionell wurde sie als Schmorbirne verwendet, für Kompott und eingelegtes Obst, oder zum Dörren. Aus ihren saftigen Früchten stellte man außerdem Birnenkraut her – einen süßen Brotaufstrich, der durch langes Einkochen entsteht.
Geschmack des Passagiers
Das Fruchtfleisch der Plettenberger Herrenbirne schmeckt süß mit kräftiger Säure – vorausgesetzt, die Birne ist noch nicht ganz reif. Beim Nachreifen wird die Säure schwächer und der Geschmack milder. Die Früchte eignen sich kaum für den rohen Verzehr, da sie viele herbe Gerbstoffe enthalten. Sie wurden daher schon immer hauptsächlich als Schmorbirnen oder zum Dörren (Trocknen) genutzt. Gedörrte Birnen der Sorte entfalten ein intensives, leicht zimtiges Aroma.
Besonderheiten bei der Erzeugung und Weiterverarbeitung des Passagiers
Die Bäume der Plettenberger Herrenbirne lassen sich als Hoch- und Halbstamm erziehen.
Züchter, Erzeuger und Bezugsquellen
Lecker-Lädchen
58840 Plettenberg
info@lecker-laedchen.de
Büro der Plettenberger KulTour GmbH
Wilhelmstraße 9
58840 Plettenberg
(0 23 91) 60 54 28
Naturschutzzentrum Märkischer Kreis e.V.
Oelken 79
58515 Lüdenscheid
(0 23 51) 43 22 40
Verwendete Literatur und weitere Informationen
Frommann, P. D. (1949): Von der Hünenburg auf dem Sundern bei Ohle und ländlichen Siedlungen in ihrer Umgebung 1949, 33.
Knipp, V. (2023): Wiederentdeckung der Plettenberger Herrenbirne in LEADER-Projekt. – Pomologen-Verein Jahresheft 2023, 102-106.
Lüdringhaus, J.D. (1885): Kurze Anleitung zur Zucht und Pflege des Obstbaumes für ländliche Obstzüchter im westfälischen Süderland. Lüdenscheid 1885, 137.
Meyer, J. (2023): Plettenberger Herrenbirne Beschreibung für das LEADER-Projekt durch Pomologe J. Meyer Pomologen-Verein Jahresheft 2023, S. 102-106.
https://likk.eu/obstsorten/birne/plettenberger-herrenbirne/
Sie sind Erzeuger*in oder kennen Menschen Ihres Netzwerks, die im Sinne von Slow Food produzieren?
Wir freuen uns über Ihren Vorschlag unter archekommission@slowfood.de