Hintergründe

Wir leben in einer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. Lebensmittel sind für uns oft nicht mehr die im eigentlichen Sinne notwendige Mittel zum Leben, sondern frei und immer verfügbare Waren, deren genaue Herkunft viele von uns nicht einmal kennnen. Diese Entfremdung von unserem täglichen Essen hat in den modernen Industriegesellschaften zu einer Nahrungsverschwendung von grotesken Ausmaßen geführt.

Die Slow Food Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung

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Laut einer UN-Studie (2011) werden in der Europäischen Union pro Kopf etwa 300 Kilogramm Lebensmittel im Jahr einfach vermüllt, wobei rund 100 Kilogramm im Haushalt vergeudet werden und der Rest bei der Erzeugung und im Handel. In den industrialisierten Ländern verschwenden wir jedes Jahr fast 50 Prozent der Weizenernte und 46 Prozent des angebauten Obsts und Gemüses, so die Studie weiter. Davon scheitert viel bereits an den vom Handel gesetzten optischen oder logistischen Kriterien und Normen: es ist zu klein, zu groß, zu krumm. Allein in Deutschland, so eine Studie der Universität Stuttgart (2011), landen rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll – eine fatale Verschwendung von Boden, Ressourcen und menschlicher Arbeit. Zur Veranschaulichung: der Wasserverbrauch bei der Erzeugung von einem Kilogramm Äpfel liegt bei ungefähr 1500 Litern, für ein Kilogramm Rindfleisch sind gar 15000 Liter nötig (Quelle: Studien-Durchschnittsschätzungen)!

Foto: Eine Kiste voller herzförmige Kartoffeln, die auf einem bayerischen Bio-Bauernhof aussortiert wurden. Für Liebhaber, ab Hof. Der Handel hat kein Herz für die Herzen.

Was Slow Food gegen Lebensmittelverschwendung unternimmt

Gegenwärtige Kampagnen zum Thema erregen viel öffentliches Interesse, greifen aber oft zu kurz. So wird weder die Lebensmittelindustrie in die Verantwortung genommen, noch werden die Konsequenzen für die ärmeren Länder der Welt thematisiert. „Das Bewusstsein für das, was wir essen, ist der Mittelpunkt der Slow Food Philosophie,“ erklärt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. „Unser Essen ist von zentraler Bedeutung für die Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt – viel mehr als nur eine Ware. Slow Food setzt sich dafür ein, den Zyklus von Überproduktion und Verschwendung zu durchbrechen und unserem Essen wieder seinen wahren Wert zu verleihen.“

Slow Food setzt der Verschwendung vier Prinzipien entgegen:

  • die Wertschätzung des Essens
  • die Geschmacks- und Lebensmittelbildung
  • die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
  • und die Förderung des Genusses von echten Lebensmitteln aus handwerklicher, nachhaltiger Produktion.

Slow Food bringt Produzenten, Händler und Ko-Produzenten (Verbraucher) miteinander in Kontakt, vermittelt Wissen und Können rund um Lebensmittel und unterstützt die nachhaltige und handwerkliche Lebensmittelproduktion und den bewussten Genuss des Essens.

Netzwerke gegen Verschwendung

Lebensmittel aus der Nähe und regionale Wirtschaftskreisläufe vermeiden Verschwendung: durch kurze Transportwege und kürzere Lagerzeiten kommen Lebensmittel schneller und frischer zum Endverbraucher. Ein partnerschaftliches Miteinander von Produzenten und Ko-Produzenten stärkt zudem die sozialen Netzwerke und das Bewusstsein um die Herkunft und den wahren Wert der Lebensmittel.

Bildungsprojekte sind ein wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit von Slow Food. Sie nehmen verschiedene Formen an: Verkostungen, Schulgärten, Besuche auf Bauernhöfen und in Produktionsstätten, Kinderkochclubs, Konferenzen, Workshops und Abendessen mit den Produzenten. Geschmacksbildung und Lebensmittelwissen ermöglichen uns, bewusst einzukaufen, Reste zu verwerten und Lebensmittel durch Verarbeiten, Konservieren und richtiges Lagern vor dem frühzeitigen Verderben zu schützen. Und genießen lässt es sich so auch besser.

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Die Slow Food Aktion "Teller statt Tonne"

Qualitativ gute, aber krumme und knubbelige Gemüse-Individualisten haben im Lebensmittelhandel keine Chance. Angeblich werden sie aufgrund ihrer Form oder Beschaffenheit vom Kunden verschmäht – oder sie passen einfach nicht in die Verpackungsnormen des Zwischenhandels.  Die Folge: Produzenten müssen hochwertige Waren oft wegwerfen. Nicht bei Slow Food! Deutschlandweit macht die Bewegung mit der Aktion "Teller statt Tonne" auf den täglichen Verschwendungswahn aufmerksam. Freiwillige Helfer sammeln dazu verschmähtes Gemüse und andere Lebensmittel bei lokalen Erzeugern ein und bereiten daraus ein Gratisgericht, das auf öffentlichen Plätzen an Passanten ausgereicht wird. Bei der gemeinsamen Mahlzeit an langen Tafeln  können sich Besucher dann über die Lebensmittelverschwendung informieren und erfahren, was sie ganz persönlich dagegen unternehmen können.

Weitere Informationen:

Aktuelle Slow Food News zur Lebensmittelverschwendung

Positionspapier zu Lebensmittelverschwendung und -verlusten

Slow-Food-Aktionstage "Teller statt Tonne"

Teller statt Tonne Info-Faltblatt (PDF)

 

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