Zurück zu den Wurzeln der guten Milchherstellung

Wie entsteht eigentlich "gute" Bio-Milch? Wir haben uns angesehen, wie in Friedelhausen Menschen und Tiere leben und arbeiten, um uns hochwertige Milchprodukte und z.B. auch frische Rohmilch liefern zu können. Es geht also zurück zu den ursprünglichen Wurzeln der Milch-Herstellung.

Das Hofgut Friedelhausen liegt an einem heißen Hochsommertag in strahlendem SonnenscheinDie Wurzeltour Milch des Slow Food Conviviums Mittelhessen führte am 31. August 2019 zum Hofgut Friedelhausen, um Herkunft und Geschmacksvielfalt des Grundnahrungsmittels Milch kennenzulernen. Bettina Brandt stellte das Hofgut Friedelhausen vor. Das Hofgut wird von einer Gemeinschaft von Menschen mit und ohne Behinderung bewirtschaftet. Ein landwirtschaftlicher Betrieb – in diesem Fall demeter-zertifiziert – eignet sich für ein solches inklusives Projekt sehr gut.

Eigentlich sollen die Kühe jetzt zum Melkstand laufen, auf der schattigen Weide gefällt es ihnen aber viel besserZuerst ging es auf die Weide, um die zwanzig Angler Kühe, die derzeit gemolken werden, zu besuchen. Sie wurden dann in den Stall getrieben. Nach einem Abstecher zu den Trockenstehern, das sind Kühe, die innerhalb der nächsten zwei Monate abkalben und sozusagen in Mutterschutz sind, haben wir den Schweinen zugesehen, die mit der Molke vom Käsemachen und Grünzeug aus dem Ackerbau (Maisstengel, Rote Beete Blätter etc.) gefüttert werden. Die Kälbchen in mehrere Altersstufen dürfen bei einer Alt-Kuh, die nicht mehr gemolken wird, die Milch nuckeln, die sie noch produziert.

Bettina Brandt informiert über die Futterversorgung der Tiere aus hofeigenem AnbauKälber, Rinder und Kühe werden neben Weidehaltung mit Heu, Silage und einem kleinen Anteil Kraftfutter gefüttert. Das ganze Futter wird auf dem Hofgut selbst produziert. Die Weiden und Wiesen reichen für eine reine Gras- und Heufütterung nicht aus, deshalb wird, vor allem im Winterhalbjahr, Silage und Kraftfutter eingesetzt. Das Kraftfutter besteht aus eigenem Getreide und Ackerbohnen.

Hochbetrieb am MelkstandIm Melkstand hat jede Kuh ihren eigen Lappen mit dem die Zitzen vor dem Anlegen der Melkmaschine gereinigt werden. Beim Anmelken wird die Qualität der Milch geprüft. Nur einwandfreie Milch geht in das geschlossene Schlauchsystem, mit dem die Milch direkt in die Verarbeitungsräume der Käserei gepumpt wird. Die zwanzig gemolkenen Kühe geben insgesamt ca. 280 Liter Milch pro Tag, die zu Trinkmilch, Joghurt, Quark, Frischkäse und verschiedenen Käsesorten verarbeitet werden.

Im Hof-Café sind die Tische gedeckt und es ist alles für das große Milch-Tasting vorbereitetNach diesen informativen eineinhalb Stunden durfte probiert werden: vier Sorten Milch, davon zwei aus Friedelhausen und zwei andere Sorten. Interessant war, dass die pasteurisierte Friedelhäuser Milch, die vom Vortag stammte, für die Rohmilch gehalten wurde und geschmacklich der Favorit der meisten Teilnehmer*innen war. Sie schmeckte süß und sahnig, so wie man sich Milch wünscht. Die Rohmilch war vom Verkostungstag und auch sehr gut nur nicht ganz so süß und sahnig. Die zugekaufte Biomilch schmeckte den meisten am wenigsten. Besser war überraschenderweise eine konventionelle ESL-Milch (ESL- Extented Shelf Life). Diese Milch ist bis zu vier Wochen haltbar, und kann trotzdem als frische Milch verkauft werden. Mit einem speziellen technischen Verfahren wird sie nahezu keimfrei gemacht. Slow Food lehnt das ab, weil eine vier Wochen alte Milch nicht mehr frisch ist.

Der reichhaltige Imbiss mit hofeigenen Produkten schmeckte köstlich und ließ keinen Teilnehmer hungrig nach Hause gehenDer anschließende Imbiss bot die Vielfalt der Friedelhäuser Käsesorten u. a. Friedeltaler Italia, Friedeltaler Natur, Stangenwälder Möhrenkäse, mehrere Sorten Frischkäse, verschiedene Sorten Fruchtjoghurt und – meinen Favoriten – den Speisequark, der nach dem Dicklegen nur eine Nacht abgetropft wird und der ursprünglichste und beste Quark ist, den ich kenne.

Es war eine rundum gelungene Veranstaltung mit vielen interessanten Erkenntnissen und einer köstlichen Geschmacksprobe zum Sattessen.

Bericht & Fotos: Irmgard Becker - Slow Food Mittelhessen

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