Warenkunde Matjes

Mit dem Heringsfang wurde im 7. Jahrhundert begonnen und diesem Seefisch ist es wohl zu verdanken, dass im Mittelalter in Europa keine nennenswerten Hungersnöte wüteten. Die Dänen erkannten als erste die Bedeutung des Herings und fingen ihn in grossen Mengen, denn die Heringsschwärme tummelten sich vor ihrer Nord- und Ostseeküste.

Friedrich der Grosse und Bismarck machten den Hering im 18. und 19. Jahrhundert zum Volksnahrungsmittel der Deutschen. Auch heute noch hat der Hering hinter dem Alaska-Seelachs die grösste Bedeutung im Markt. Er wird gefolgt von Tunfisch, Lachs und Rotbarsch.

Doch nicht jeder Hering ist ein Matjes

Ein Matjes ist ein gekehlter mild gesalzener, enzymatisch gereifter Hering ohne Ansatz von Milch oder Rogen. Im Frühjahr vermehrt sich das Plankton im Meer explosionsartig. Der abgemagerte Winterhering findet daher viel Nahrung und ist zum Sommeranfang prall gefüllt mit Wuchs- und Aufbaustoffen, er ist sozusagen gemästet. Vielfach wird Matjes als jungfräulicher Hering bezeichnet, das bedeutet, dass er noch keine Geschlechtsprodukte gebildet haben darf, weder Milch bei den Männchen noch Rogen bei den Weibchen. Ein Hering ist jedes Jahr wieder aufs Neue jungfräulich, deshalb ist Matjes nicht gleichzusetzen mit Jungfisch.

Das Kehlen ist eine spezielle Art, den Hering auszunehmen, und wurde im 14. Jahrhundert erfunden. Der Fisch wird mit einem scharfen Messer auf der Bauchseite zwischen den Kiemen geöffnet, die Kiemen und die Innereien werden bis auf einen Teil der Bauchspeicheldrüse entfernt. Der am Hering verbleibende Teil der Bauchspeicheldrüse enthält fischeigene Enzyme, die den Hering reifen.

Früher galt Hering als Arme-Leute-Essen. Vor beinahe jedem Fischgeschäft und vielen Tante-Emmaläden war die Heringstonne zu finden. Wurde das Geld knapp, dann kaufte die Hausfrau Hering. Und das war damals meist ein Salzhering. Der Hering wurde in dir Regel frisch von den Kuttern angelandet, auf Eis transportiert und dann in Lake mit hohem Salzgehalt eingelegt. Darin blieb er rund 30 Tage liegen. Schliesslich war der Hering dann mit mindestens 6 Prozent Salz im Filet recht haltbar. Gleichzeitig wurden die bekannten Heringswürmer oder Nematoden abgetötet. Sie überlebten das Salzbad nicht. Damit man einen solchen Salzhering essen kann, muss er gewässert werden.

Ganzjahres-Produkt

Matjes werden im Gegensatz zu diesen Salzheringen mild gesalzen. Die Reifung mit dem fischeigenen Enzym, die durch das Kehlen möglich wird, verleiht dem Matjes seine zarte Konsistenz und den besonderen Geschmack. Dieser milde, feine Matjes war früher ein Frische-Produkt. Man konnte ihn nur so lange geniessen, wie es die frischen Anlandungen des fetten Herings gab, also ab etwa Mitte Mai bis Ende Juli. Der gereifte Matjes musste sofort gegessen werden.

Vom Saison-Artikel zum Ganzjahres-Produkt wurde der Matjes durch das Tiefkühlen. Bereits in den 70er Jahren wurde in Holland das Tiefkühlen Pflicht und gut zehn Jahre später auch in Deutschland. Das so genannte Schutzfrosten tötet eventuell vorhandene Nematoden ab. Der gekehlte Matjes wird über 20 Stunden lang auf ca. 20 Grad minus tiefgekühlt, wodurch auch die enzymatische Reifung stoppt. Sobald man den Fisch wieder auftaut, setzt die enzymatische Reifung wieder ein.

Auch wenn man Matjes durch das Frosten das ganze Jahr frisch geniessen kann, ist der Beginn der Matjes – Saison jedes Jahr ein Ereignis ganz besonders in Holland, wo sie auch als fünfte Jahreszeit bezeichnet wird. Der Beginn der Matjes-Saison richtet sich nach den klimatischen Bedingungen, nach dem Planktonwachstum sowie den Wassertemperaturen und Wanderrouten der Heringsbestände. Erst wenn der Hering im Frühjahr soviel Plankton gefressen hat, dass sein Fettanteil über 12 Prozent gestiegen ist, beginnt die Saison. Das kann bereits im Mai so weit sein oder erst Anfang Juni.

Matjes, Hering & Rollmops

Matjes ist ein gekehlter, mild gesalzener, enzymatisch gereifter Hering ohne erkennbaren Ansatz von Milch oder Rogen, mit einem Fettgehalt von mindestens 12 Prozent im essbaren Anteil.
Salzhering ist nicht mehr und nicht weniger als das, was der Name sagt: ein gesalzener Hering. Er muss nicht gekehlt sein und hat keinen vorgeschriebenen Mindestgehalt. Oft wird er "hart gesalzen", das bedeutet, er enthält dann mindestens 20 Prozent Salz im Fischgewebewasser.
Fetthering ist ein frischer, fetter Hering ohne Milch und Rogen, der gekehlt ist, aber - im Gegensatz zum Matjes – hart gesalzen wird (mindestens 20 Prozent).
Milder Vollhering ist gekehlt, mild gesalzen (maximal 20 Prozent) und fett, enthält aber schon Milch und Rogen. Ist er hart gesalzen, heisst er nur Vollhering. Kräuter- oder Gewürzhering enthält zwar mindestens 12 Prozent Fett, muss aber nicht gekehlt und enzymatisch gereift sein.
Heringsfilet nach Matjes-Art darf weniger Fett haben als "richtiger" Matjes (mindestens 10 Prozent). Es wird nach einem besonderen Verfahren unter Zusatz von Genuss-Säuren und anderen Zutaten hergestellt, bei diesen Zutaten handelt es sich z.B. um naturidentische Reifer.
Grüner Hering ist die Bezeichnung für den frischen Fisch, der noch nicht in irgendeiner Form verarbeitetet ist. Es ist verboten, Fische an den Verbraucher zu verkaufen. die nicht ausgenommen sind.
Bückling ist ein heiss geräucherter Hering.
Brados ist ein kalt geräucherter Matjes.
Bismarck Heringe werden in Essigmarinade eingelegt.
Ein gerollter Bismarck-Hering wird als Rollmops bezeichnet.

Quelle : Warenverkaufskunde Lebensmittel-Praxis

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